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Zedler: Sünde [5] HIS-Data
5028-41-1-7-05
Titel: Sünde [5]
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 41 Sp. 41
Jahr: 1744
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 41 S. 34
Vorheriger Artikel: Sünde [4]
Folgender Artikel: Sünde, (Boßheits-)
Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel
  • Für die Auflösung der Quellenangaben siehe: Personen, Bibel
  • : Absatz in der Vorlage vorhanden
  • Transkribierter griechischer Text der Vorlage

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Übersicht

  [Stufen der Sünden]
  [Bibelstellen]
  [Rechte]
  [Siehe auch]

Stichworte Text Quellenangaben
Stufen der Sünden Die Sünden sind einander nicht gleich, sondern übertreffen einander an Grösse. Es giebet daher gewisse Stuffen der Sünden. Daß dieses seine Richtigkeit habe, können wir aus der heiligen Schrifft erweißlich machen. Denn in derselben finden wir, daß einige ausdrücklich grösser genennet werden, als:  
 
  • Joh. XIX, 11. Der mich dir überantwortet hat, der hats grössere Sünde.
 
 
  • Ezech. XVI, 15. Samaria hat nicht die Helffte deiner Sünden gethan.
 
  Durch einige Sünden wird es mit dem Menschen schlimmer
  • 2 Petr. II, 20.
  • 1 Timoth. V, 8.
  • Ezech. VIII, 17.
  • Esa. VII, 13.
  Der Heyland vergleichet einige Sünden mit Splittern und Mücken, andere mit Balcken und Camelen Matth. VII, 3. u.ff. cap. XXIII, 21.
  Einige Sünden werden härter bestrafft als andere
  • Luc. XII, 47, 48.
  • Matth. XI, 21.
  Eine Obligation kan grösser oder kleiner seyn. Weil ihre Grösse durch eine genommene Einheit kan bestimmet werden, so machet sie Stuffen. Die Schuld hat mit denen Sünden, und auch mit der Verbindlichkeit eine Proportion. Die Sünden welche eine grössere Schuld verursachen, sind schwerer; daher folget, daß einige Sünden schwerer als andere sind, und daß Stuffen unter den Sünden sind.  
  Man wendet ein, die Natur der Sünde bestehe in einer Privation, eine Privation aber könne keine Stuffen haben. Allein, ob schon eine Privation an und vor sich, wie es scheinet, nicht grösser oder kleiner seyn kan; so hat sie doch in Ansehung ihres Objects, dessen wir beraubet werden, und in Betrachtung der Nothwendigkeit und des Nutzens desselben Stuffen? Ob auch gleich das Wesen der Sünde in einer Privation bestehet; so machet doch dieselbe nicht die Sünde allein aus, sondern dieselbe hat nothwendig zugleich etwas positives bey sich.  
  Wenn man die Stuffen der Sünden beurtheilen will, so hat man auf die Ursachen derselben zu sehen, wobey  
  {Sp. 42}  
  man den Sünder zu betrachten hat. Hierbey hat man folgende Regeln zu mercken:  
 
1. Je vortrefflicher Gaben und Fertigkeiten der Seelen einer vor den andern hat, desto gröblicher mißhandelt er, wenn er eben die Sünde thut, die jene begehen.
 
 
2. Je mehr einer Göttliche Erkänntniß, und Gelegenheit, dieselbe zu erhalten und zu vermehren hat, desto schwerer ist der Sünden Schuld.
 
 
3. Je mehr einer übernatürliche Kräffte, desto grösser ist die Schuld, wenn er sündiget.
 
 
4. Je mehr Wohlthaten einer von GOtt empfangen und je öffterer er durch feyerliche Bündnisse verbindlich worden; desto grössere Schuld hat er, wenn er sündiget.
  • Matth. XIII, 12. cap. XXV, 24 u.ff. Cap. XI, 21.
  • Jac. IV, 17.
  • Luc. XII, 47.
  • 2 Petr. II, 20.
  • Rom. II, 9. cap. VI, 1.
  • 5 B Mos. XXXII, 6 u.ff.
  • Esa. I, 2.
  • Jerem. II, 13.
  • 2 Sam. XII, 7.
  Der äusserliche Zustand der Menschen und ihre Lebens-Art machet offte die Sünde grösser. Daher fliessen die Regeln:  
 
1. Je bequemere Gelegenheit einer hat wohl zu thun, desto unverantwortlicher sündiget er, wenn er dieselbe nicht achtet, oder das Gegentheil thut.
  • 1 Joh. III, 17.
  • 2 Corinth. VIII, 12.
  • B. Hiob XXXI, 10.
 
2. Je mehr Ansehen einer hat, desto schwerer sündiget er, da er dasselbe entweder gar nicht, oder übel gebrauchet.
  • Jac. III, 1.
  • 1 B. der Könige XII, 30. cap. XIV, 16.
  • Malach. II, 7, 8, 12.
  • Jerem. XXIII, 30.
  Der sündigende Theil des Menschen machet einen Unterscheid unter den Sünden. Hier hat man folgende Regeln:  
 
1. Die äusserlichen Sünden, wenn man sie an und vor sich betrachtet, sind schwerer als diejenigen, die nur im Hertzen begangen werden. Oder: die mit dem Munde und mit der That zugleich begangen werden, sind schwerer, als welche nur im Hertzen und in Gedancken sind.
 
 
2. Je mehr einer Glieder des Leibes und Kräffte der Seelen zur Sünde anwendet, desto mehr sündiget er.
 
 
3. Die Sünden, so aus Gewohnheit, und einem blinden Triebe kommen, sind nicht so schwer, als welche mit bedacht von der Seele determiniret werden. Doch sind die Gewohnheiten und eingewurtzelten Sünden ärger, als die vorbeygehenden bösen Handlungen.
 
  In Betrachtung der Motiven zur Sünde hat man folgende Regeln:  
 
1. Die Sünden, welche aus irrendem Gewissen geschehen, sind mehr zu entschuldigen, als welche ohne Wissen, und wieder das Gewissen begangen werden.
Rom. X, 2.
 
2. Welche von andern verführet werden, haben mehr Entschuldigung, als welche sich selbst verführen.
 
  {Sp. 43|S. 35}  
 
3. Je leichter und ungewisser die Motiven zur Sünde sind, desto grösser ist die Schuld, wenn man sich dadurch bewegen lässet.
 
 
4. Wer um eines scheinbaren Übels willen sündiget, verdienet mehr Entschuldigung, als wer sich durch ein scheinbares Gut zur Sünde bewegen lässet.
 
  In Ansehung derer, welche durch die Sünden beleidiget werden, sind diese Regeln zu mercken:  
 
1. Die Sünden, durch welche Gott gerade und unmittelbar beleidiget wird, sind schwerer, als welche wir wieder uns, und andere begehen.
  • Esa. VII, 13.
  • Marc. XII, 30.
  • 1 Sam. II, 25.
 
2. Die Sünden wieder uns sind schwerer, als wieder andere.
  • Sprüchw. XXXIV, 8. Marc. XII, 13, 33.
 
3. Je näher, die Leute, die wir beleidigen mit uns verbunden sind, desto mehr sündiget man.
  • Rom. XIII, 2.
  • Apostel Gesch. XXIII, 5.
  • 2 B. Mos. XXII, 28.
  • Psalm XXXI, 10.
  • 1 Corinth. VI, 8.
  • 2 Corinth. XI, 2, 6.
 
4. Je mehr Leute durch eine Sünde beleidiget werden, desto grösser ist sie.
 
 
5. Je genauer die Leute mit Gott verbunden sind, desto schwerer ist die Sünde, wenn sie beleidiget werden. Vornehmlich
 
 
  • wenn sie um Gottes willen verfolget worden
  • Zach. II, 8.
  • Psalm CV, 14.
  • Psalm IX, 4, 5.
 
  • wenn sie arm, fremde, schwach, Wittwen und Waysen sind
  • Psalm XCIV, 6.
  • Psalm LXVIII, 6.
  • Jes. I, 17, 23.
  In Erwegung der Gesetze hat man diese Regel:  
 
1. Die Sünden wieder das natürliche Gesetze sind schwerer als die, welche wieder die geoffenbahrten lauffen
1 Corinth. V, 1.
 
2. Je mehr Gesetze durch eine Handlung zugleich übertreten werden desto schädlicher ist sie.
Apost. Geschichte VIII, 18 u.ff.
 
3. Je offenbahrer die Billigkeit der Gesetze, und je nützlicher die Beobachtung derselben, desto sündlicher ist derselben Übertretung.
 
 
4. Je öffterer, klärer und solenner die Ankündigung und Bestätigung eines Gesetzes ist, desto grösser ist die Schuld der Übertretung.
 
 
5. Die Sünden, da man das Böse thut, sind ärger, als da man das Gute unterlässet.
 
  Siehet man auf die Sachen, bey welchen gesündiget wird, so ereignen sich folgende Regeln:  
 
1. Je heiliger eine Sache ist, oder je näher sie mit Gott und dem Gottesdienst verbunden ist, desto weniger Entschuldigung hat man, wenn man sie verunheiliget
  • 1 Corinth. III, 17.
  • Gal. VI, 7.
 
2. Je weniger man eine Sache braucht, die andere zur höchsten Noth bedürffen, desto mehr sündiget man, wenn man sie ihnen raubet, verderbet oder verzehret.
2 Sam. XII, 1. u.ff.
 
3. Je grösser das Recht ist, nach welchem einer etwas besitzet, mit desto grösserm Unrecht wird er desselben beraubet.
 
  {Sp. 44}  
 
4. Die Sünden wieder unsere und anderer Leute Seele, und also wieder die ewige Seeligkeit, sind grösser als die Sünden wieder den Leib.
 
  Aus der innerlichen Form und Zeugung der Sünden fliessen folgende Regeln:  
 
1. Die bewilligten Sünden gehen über die unbewilligten.
 
 
2. Sünden, welche mit vorhergehender und nachfolgender Bewilligung verrichtet werden, sind schwerer, als welche durch nachfolgendes Vergnügen erst bewilligte Sünden worden.
 
 
3. Sünden, welche mit langer Überlegung und Unterdrückungen der Gewissens-Regungen begangen werden, sind schwerer, als diejenigen, bey welchem sich keines von beyden findet.
 
 
4. Die Sünden der Übereilung und der Schwachheit sind schwerer, als die Sünden der Unwissenheit.
 
 
5. Die aus Unwissenheit begangenen Sünden, sind nicht so schwer, als die ein unwissender thut.
 
 
6. Die Tod bringenden Sünden, sind schwerer als die tödlichen.
 
 
7. Die fremden Sünden, daran man Theil nimmt, sind grösser, als die eigenen Sünden.
Rom. I, 32.
 
8. Je öffter, länger, hefftiger einer sündiget, und je öffter und mehr sich einer hernach an der Sünde vergnüget, desto gröber sündiget er.
 
  In Ansehung der Würckungen ist zu mercken:  
 
1. Je mehr die Herrlichkeit Gottes durch eine Sünde verdunckelt wird, desto grösser ist dieselbe.
  • 2 Sam. XII, 14.
  • Rom. II, 23.
  • 1 Timoth. VI, 1.
 
2. Je mehr Seuffzer andern mit Unrecht ausgepresset werden, desto mehr wird gesündiget.
  • Jac. V, 4.
  • Ebr. XIII, 17.
 
3. Je mehr die Sünde Ärgerniß verursachet, desto grösser wird sie.
  • Matth. XVIII, 6.
  • Marc. IX, 42.
  Zeit und Ort unterscheiden auch die Sünden.  
 
1. Offenbahre und öffentliche Sünden sind ärger als heimliche.
2 Sam. XVI, 22.
 
2. Sünden, die an Orten, so Gott und seinem Dienst gewidmet sind, begangen werden, sind schändlicher, als die, so anderswo begangen werden.
Matth. XXIII, 35.
 
3. Sünden, so zu der Zeit, die zum Gottesdienst bestimmet ist, vorgenommen werden, sind schwerer als andere, die zu anderer Zeit gethan werden.
Matth. XXVI, 3. cap. XXVII, 62 u.ff.
 
4. Sünden, welche alsbald nach einer genossenen Wohlthat von Gott, nach dem Gottesdienst, oder nach einer besondern Gnaden Würckung ausgeübet werden, überwiegen diejenigen, bey welchen dergleichen nicht ist.
 
  Wir können die Grösse der Sünden noch weiter aus folgenden Punckten erkennen:  
 
1. Je höher der Herr ist, an dem ich mich versündige, desto sträfflicher und grösser ist die Schuld meiner Boßheit. Nun wird eine jede
 
  {Sp. 45|S. 36}  
 
Sünde
 
 
 
 
  • wieder GOtt, der nicht allein heilig ist, sondern auch ein König der Heiligen
Apoc. XV, 3.
 
  • wider GOtt den Hohen und Erhabenen, der ewiglich wohnet, dessen Nahme heilig ist,
Jes. LVII, 15.
 
  • wider GOtt, um dessen Thron eitel Feuerflammen sind, welchem tausend mahl tausend Seraphinen mit bedecktem Angesicht dienen, und vor welchem zehen tausend mahl zehen tausend aufwarten,
Daniel VII, 9. 10. 13 bis 15.
 
Einen solchen HErrn wandelt ein Sünder recht entgegen, und läßt sich erfinden, als einer der wider GOtt streitet, ja er untersteht sich seine Worte mithin die Befehle seiner allerhöchsten Obrigkeit zu verachten, und ihn selbst zu verwerffen. Ist nun der gerechte Zorn eines sterblichen Königes ein Bote des Todes, was wird denn die gerechte Ungnade dessen zu sagen haben, der Leib, und Seele verderben mag in die Hölle?
 
 
2. Je geringer und verächtlicher die Person ist, gegen die Majestät GOttes, die sie mit Sünden beleidiget, desto straffbarer ist ihre Bosheit.
 
 
3. Je mehr man seinem GOtt zu einem unausbleiblichen Gehorsam und Unterthänigkeit verpflichtet ist, desto sträfflicher ist die Bosheit, wenn man seine Oberherrliche Majestät muthwillig mit Sünden beleidiget. Menschen sind in der Policey ihren Fürsten unterthan und verpflichtet, weil sie sie im Fall der Noth schützen, und ihnen zur nöthigen Ruhe Nahrung und Billigkeit helffen; mithin weil sie ihnen viele Wohlthaten erweisen. GOtt hat auch alle Menschen an diese Ordnung gebunden.
Röm. XIII, 1.
 
Inzwischen haben die Unterthanen von ihren Fürsten ihr Leben und Odem, ihr Brod und Wasser, ihre Gesundheit und Kräffte, und 1000 andere Dinge nicht, sondern allein von GOtt. Entspringet denn nun schon eine so grosse Verbindung zum Gehorsam gegen einen Fürsten; wie vielfach höher wird denn die Verbindlichkeit gegen den allmächtigen GOtt, den Fürsten aller Fürsten, die allerhöchste Obrigkeit im Himmel und auf Erden stehen müssen?
 
 
4. Je öffters man von GOttes wegen der Sünde halber, erinnert, gewarnet und gestraffet worden: Je straffbarer ist die Sünde. Wir rechnen hieher nicht allein die Offenbahrung des Willens GOttes im Licht der Natur und durchs Gewissen; nicht allein alle Zeugnisse des Buches GOttes, von dem was unser GOtt von uns fordert; nicht allein alle Drohungen seiner heiligen Gerechtigkeit gegen alle Übelthäter, und alle Exempel der an demselben von Anbegin der Welt her schon verübten Straffen; sondern auch alle Lockungen des frommen GOttes; alles sein flehentliches Bitten und Vermahnen; und alle seine Verheissungen auf dem Fall des Gehorsams. Ist es nicht an dem, daß wer 100 mahl mehr Wahrheiten gewust als ein anderer,
 
  {Sp. 46}  
 
auch 100fach schuldiger wird als jener, so er ihnen nicht gehorsam worden? Und für 100fach mehr Rührungen und Gnadenwürckungen GOttes an seiner Seele erfahren hat, als ein anderer, wiederum 100fach sträfflicher wird als jener, wenn er ihnen nicht Raum giebet? Wer 1000mahl mehr Erleichterung, Gelegenheit und Antrieb zum wahren Christenthum vor sich gesehen, als ein anderer, wird denn der nicht 1000mahl mehr zu verantworten haben, als jener, so er sie nicht in Acht genommen?
 
 
5. Je mehr es GOtt und Christum den HErrn gekostet hat, die Menschen zu erlösen, desto sträfflicher ist ihre Bosheit, wenn sie gleichwohl nicht glauben, und dem Evangelio JEsu Christi nicht gehorsam seyn wollen,
2 Thess. I, 8. 9.
 
6. Je mehr Sünden einer begehet, das ist, in je mehrere Arten von Sünden er hineinfället; auf je mehrere Art und Weise er eine Sünde begehet, und je mehrmahl er eine Art von Sünden ausübet, je sträfflicher ist seine Bosheit, und je grösser ist seine Schuld. Wer die Zahl seiner eignen Sünden nur von einem einigen Tage recht überschlagen will, der muß auf jedes der bemeldten Stücke insbesondere Achtung gegeben. Wenn man demnach nach GOttes Wort feste setzet, daß nicht nur alle Gedancken, Begierden, Affecten und Bewegungen des Gemüths, ja auch alle Entschlüssungen, ob sie gleich nicht ausgeübet würden, wenn sie wider das Gesetz geschehen, Sünden sind; sondern auch, daß in der Seele eines Menschen, die allermeisten, allergrösten, allerschädlichsten und allerunbekanntesten Sünden vorgehen; und daß ein Mensch des Tages über leichte tausendmahl mehr Sünden in und mit der Seele verüben kan, als mit dem Leibe; so wird daraus die grosse Rechenschafft gar deutlich erhellen, die er GOtt zu geben hat.
 
 
7. Je länger ein Mensch sündiget, je grösser und schwerer wird seine Rechnung.
 
  Man setze, man habe 26 Jahr gelebet, so sind das 9496 Tage, 7 Stunden, 14 Minuten, indem nach der neuesten Berechnung das Sonnen-Jahr 365 Tage, 5 Stunden, 49 Minuten währet. Man setze, man habe an einem jeden Tage nur eine eintzige Sünde begangen; so hat man die höchste Majestät GOttes diese Zeit über 9000 mahl beleidiget. Da aber ein Mensch des Tages wohl 100 Sünden begehet, so wird er auch um desto mehr, nehmlich in 26 Jahren 900000mahl mehr GOtt beleidigen. Diese 26 Jahre machen 227911 Stunden 14 Minuten aus.  
  Nun sollen wir von einem jeden unnützen Worte Rechenschafft geben, das wir geredet haben. Man setze also: man habe in jeder Stunde 10 unnütze Worte geredet, die Stunden des Schlaffes und Stillschweigens mitgerechnet, als welche durch den schrecklichen Überfluß des Redens richtig ersetzet werden, so hat man schon 2279110 solcher Worte geredet, von der jedem man Rechenschafft geben soll.  
  Doch nicht allein die Worte, sondern  
  {Sp. 47|S. 37}  
  auch die Gedancken werden öffters in uns zur Sünde. Man setze, man habe in einer Minute nur einen sündlichen Gedancken gehabt, so wird man derselben, da 26 Jahre 13674674 Minuten ausmachen, 13 Millionen und drüber zählen müssen.  
  Wenn die Berechnung eigener Sünden Schulden auf diese Weise angewendet, und beschlossen wird, so ist sie bey dem allergrößten Sünder nicht gefährlich. Wenn die Rechnung auf 26 Jahre so hoch zu stehen kommt, wie hoch wird sie denn von zwey oder dreymahl 26 Jahren angesetzet werden müssen? Wenn aber ein Mensch in 78 Jahren eine so unbegreiffliche Anzahl Sünden begehen, mithin so unabträgliche Schulden häuffen kan, die er doch gewißlich alle ewig wird tragen müssen, und niemahls abtragen können, so ferne er kein Recht zu JEsu Christo hat, was ist doch von der unendlichen Ewigkeit zu gedencken?  
 
8. Je schädlicher eine Sünde ist, und je mehr sie schon würcklich geschadet, oder noch schaden kan, desto schuldbarer wird sie vor GOtt, wenn man sie, des allen ungeachtet begehet. Was aber die Sünde für Schaden so wohl in dem Menschen selbst, als ausser demselben bringe, haben wir oben weitläufftig dargethan.
 
 
9. Je mehr sich jemand nach seinem Stand und Beruff, fremder Sünden theilhafftig machet, und wiederum andere an seinen eigenen Lastern Theil nehmen lässet, desto schrecklichere und verdammlichere Schulden häuffet er, und zwar solche Schulden, die sich auch noch nach seinem Tode viele hundert Jahre auf seine Rechnung mehren können.
 
  Es kan dieses auf folgende Weise geschehen:  
 
1. Durch ein gottloses Leben, und eine jegliche Sünde insbesondere, die ein anderer siehet oder etwas davon lieset, oder der von ihm was erzehlet wird.
  • Matth. XVIII, 6.
  • 1 Corinth. X, 32.
  • Röm. XIV, 13.
  • 1 Petr. III, 1 u.ff.
 
2. Wenn man andern etwas Böses anrathet.
  • 4 B. Mos. XXXI, 16.
  • 2 Sam. X, 3.
 
3. Wenn man etwas Böses befiehlet.
  • Matth. II, 16.
  • 2 B. Mos. I, 15. 16.
  • 1 B. Könige XII, 28. 30.
 
4. Wenn man andere auf allerley Weise zum Bösen verführet und verleitet.
  • 2 Petr. II, 19.
  • Ephes. V, 6.
 
sonderlich durch Versprechungen einigen Vortheils von der Sünde.
Jer. XLIV, 17. 18.
 
5. Wenn man Sünden unbilliger Weise entschuldiget, billiget oder gar vertheidiget.
  • Röm. I, 32.
  • Luc. XXII, 5.
 
6. Wenn man sie nicht möglichst verhindert, und alle Gelegenheit, wo man nur kan, dazu abschneidet.
  • Ezech. XXXIII, 6. 7. 8. Cap. XXIV, 3.
  • 1 B. Mos. XVIII, 19.
 
7. Wenn man sie nicht mit gehörigen Ernst straffet, versucht und untersucht nicht alles, was dagegen möglich und nöthig ist, da man es doch von GOtt und Amtswegen schuldig ist, sondern lästs aus Furcht vor den Gottlosen, oder gar um schändlichen
 
  {Sp. 48}  
 
Gewinstes Willen geschehen.
1 Sam. III, 13. Cap. II, 24.
 
8. Wenn man Sünden verhehlet, und ihnen wo man nur kan, überhilfft, da man sie angeben solte.
  • 3 B. Mos. V, 1. 2.
  • 2 Chron. XIX, 4.
 
9. Wenn man mit Gottlosen, besonders aber mit den Abtrünnigen, die von der wahren Gottseeligkeit wieder abgefallen sind, ohne Noth umgehet.
  • 1 Corinth. V, 9. u.ff.
  • Apocal. XVIII, 4. 10.
 
10. Wenn man seinen Neben-Menschen, besonders aber seinen Mitt-Christen nicht mit Fleiß und Ernst ermahnet, tröstet und zur Seeligkeit nicht erbauet.
  • 3 B. Mos. XIX, 17.
  • Ephes. V, 19.
  • Coloss. III, 16.
  • 1 Thess. V, 11. 14.
  • 1 Petr. I, 22.
 
11. Eine gantz eigene und typische Maxime haben die Gottlosen, womit sie versuchen, die Frommen in Sünden zu stürtzen; Diese stehet im Buch der Weisheit C. II, 12 bis 20. beschrieben;
und verdienet von dergleichen Künsten gelesen zu werden des Herrn Prof. Riegers in Stuttgard erbauliche und gelehrte Erzehlung von den emigrirenden Saltzburgern, unter dem Titel: Der Saltz-Bund GOttes mit der Evangelisch-Saltzburgischen-Gemeine ...
 
12. Noch eine sehr merckwürdige Manier, nach welcher sich jemand anderer, ja der gantzen Welt Sünde theilhafftig machen kan; wenn man die Knechte GOttes verfolget, das Göttliche Wort verwehret, versperret und hindert, den gottlosen Eltern nachfolget, den Kindern GOttes allenthalben in den Weg tritt, die von den Vorfahren geschlossenen Eyde und Bündnisse bricht u.s.w.
  • Matth. XXIII, 25.
  • Luc. XI, 50. 51.
  • 1 Thess. II, 16.
  • 2 B. Mos. XX, 5.
  • 1 Sam. XV, 2. 3.
  Wenn nun jemand einen eintzigen Menschen nur zu einer eintzigen Sünde verführet, und dieser begehet selbige 10 oder 100 mahl; und verführet wieder 10 andere neben sich in gleiche Sünden, der jeder sie wieder 10mahl begehet, und jeder wieder 10 andere dazu verleitet, und hinein flechtet, und diß gehet nur 2 oder 300 Jahre also fort: Wer kan die entsetzliche Anzahl der Sünden übersehen, die nur in 300 Jahren von so viel 1000 Menschen auf ihres eintzigen Verführers Kopf und Seelen Seeligkeit begangen werden?  
  Man könnte noch ferner durch besondere Exempel dergleichen Rechnungen ziehen; allein wir besorgen daß ein gekünsteltes Rechnen, eine Sache, so mit grossem Ernst und reiffer Überlegung zu handeln ist, nicht fördern, sondern eher hindern werde. Daher begnügen wir uns, wenn mit dieser Vorstellung nur einige Gelegenheit zu besserer Einsicht der Sünden-Schulden gegeben wird.  
  Alle angeführte Puncte vermehren die Verbindlichkeit. Je grösser die Verbindlichkeit zum Gesetze, desto grösser ist auch die Übertretung. Die heilige Schrifft lehret auch, daß einige Sünden, um gewisser Umstände Willen schwerer sind. Weil alle Erkänntniß der Größen mathematisch ist, so siehet man, daß es eine mathematische Er-  
  {Sp. 49|S. 38}  
  känntniß der Sünde gebe. Ohne diese erkennet man die Grösse der Erlösung nicht.
  • Eph. III, 18.
  • Hiob XI, 8 u.f.
  • 1 Tim. I, 15 u.f.
  • Röm. V, 16, 20.
  Der Zustand der Sünder rühret von der Ungleichheit der Sünden her. Ein jeder kan richtiger von den seinen, als den Sünden anderer urtheilen. Ein jeder hält sich billig für den grössesten Sünder. 1 Tim. I, 15.
  Man kan nicht alle Sünder gleich achten, und man darff auch in der Sorge vor ihre Besserung nicht auf gleiche Weise verfahren. Man hat zu sehen, daß die Stuffen der Besserung und Bemühung die Gnade GOttes zu ergreiffen den Stuffen der vorhergehenden Verderbniß gleich sind. Man hat sich vor den kleinsten Sünden sorgfältig zu hüten. Denn die Sünden bleiben nicht klein, wenn sie ein Mensch mit Wissen begehet.  
  Die Sünde ist ein Übel, welches den Menschen in seinem gantzen Leben nicht verlässet. Die Fanatici lehren gantz falsch eine solche Freymachung von Sünden durch JEsum in dieser Zeit, dadurch der Mensch von aller und jeder Sünde vollkömmlich soll befreyet werden, so, daß das Böse gantz und gar in ihm soll abgethan werden, und er gar keine Sünde mehr haben. Und da wir glauben, daß uns die Sünde nicht eher als durch den Tod des Leibs verlasse; so werffen sie uns spöttischer Weise vor: Wir glaubten, daß die Sünde durch den Tod des Leibes ausgetilget werden müsse; und schrieben also dadurch unserm eigenen Tod mehr zu, als dem Tode Christi.  
  Jedoch es hat allerdings seine Richtigkeit, daß der Quell der Sünde in dem Menschen durch den Tod verstopfft, und dadurch der Zunder, das Ankleben derselben abgeleget werden. Der Zunder der Sünde liegt so wohl in der Seele, als in dem Leibe; fürnehmlich in der Seelen, und auch hernach in dem Leibe. In der Seele wird er weggenommen, wenn sich dieselbe vom Leibe trennet. In dem Leibe aber wird dieser Quell durch den Tod verstopffet, wenn man den Tod in dem Verstande nimmt, daß er die Verwandelung in die Asche mit unter sich begreifft; wodurch zwar nicht die Sünde selbst, aber doch der Leib, in welchem dieselbe gewohnet; und also die gantze verderbte Masse völlig und dergestalt aufgelöset wird, daß kein Zeichen der Sünde mehr übrig bleibet.  
Bibelstellen Ehe wir diese Abhandlung beschliessen, haben wir noch einiger Biblischen Sprüche Erwehnung zu thun, in welchen der Sünde Zueignungen gemachet und Würckungen beygeleget werden, als:  
 
1.) 1 B. Mos. IV, 13. spricht Cain, daß seine Sünde grösser sey, als daß sie ihm vergeben werden könne.
 
 
Es werden diese Worte nicht auf einerley Weise ausgeleget. Etliche halten selbige vor Buß-Worte, als wolte er damit seine Reue an den Tag legen; andere sagen mit den Rabbinen, es wären Frag-Worte, als spräche er: Ist denn meine Sünde so groß, daß ich keine Gnade erlangen kan? Viele aber meynen, es wären Klag-Worte, und verstehen selbige nicht von der Sünde, sondern von der Straffe, übersetzen sie daher also: Meine Straffe ist grösser, denn daß ich sie ertragen möge.
 
 
Allein keine dieser Meynungen hat Grund. Es sind viel mehr Verzweiflungs-Worte, in welchen er genugsam zu verstehen giebt, daß kein Glaube, kein Trost in seinem
 
  {Sp. 50}  
 
Hertzen sey, er verzeihe sich aller Gnade GOttes, er habe keinen Theil an derselben, er sey verlohren und verdammet. Der klare Buchstabe und alle Umstände des Textes erweisen dieses. Cain hatte mit unschuldigem Blute seine Seele beflecket, seines Bruders Blut schrie zu GOtt um Rache, GOtt forderte ihn vor Gerichte, und rief das Wehe und den Fluch über ihn; darüber brachte ihn nun der Teufel, in dessen Stricke er bisher gegangen, auf die verzweiffelnde Gedancken, seine Sünde sey so groß, daß auch GOttes Barmhertzigkeit sie zu vergeben nicht zureichen könne.
 
 
Eben auf diese Weise legen es die Kirchen-Väter aus, und endlich so lieset man auch nicht von Cain, daß er sich bekehret habe, sondern ist in solcher Verzweiffelung bis an sein Ende geblieben, daher die Schrifft ferner nichts von ihm redet, als nur von einem ungerechten und argen, und der in seinen Sünden verdorben.
 
 
2.) Sprüchw. XIV, 34. Sünde ist der Leute Verderben.
 
 
Weil dieses nach dem Hebräischen lautet: Die Erbarmung ist den Völckern eine Sünde; so wird es unterschiedlich, und absonderlich auf dreyerley Weise ausgeleget.
 
 
Erstlich sind einige die es übersetzen: Die Frömmigkeit der Völcker ist Sünde, das ist, die Gerechtigkeit und Gottseeligkeit der Jüden, nach dem Wort und Gesetz GOttes eingerichtet, erhöhet dis Volck, machet sie vor allen andern Völckern angenehm für GOtt und geseegnet in ihrem Lande. Die übrigen Völcker in der Welt aber nicht also; sondern alles, was sie thun in ihrer Andacht und Gottseeligkeit, ist Sünde.
 
 
Andere geben es also: Die Barmhertzigkeit ist den Völckern eine Sünde, oder Sünd-Opffer, ein Opffer für die Sünde, selbige damit auszusöhnen und zu vertilgen.
 
 
Jedoch ist die Übersetzung Lutheri die beste. Denn es erhellet aus dem Worte GOttes, daß kein grausamerer Verderber und Verwüster der Menschen sey als die Sünde. Ferner
 
 
3.) Sünde Jacobs soll aufhören, ist eine Redens-Art in der heiligen Schrifft, welche im Esaia XXVII, 9. vorkommt, und die die Papisten gerne also auslegen wolten, als ob die Trübsal die verdienstliche Ursache sey, dadurch man für die Sünde büsse, und die Vergebung derselben GOtt abverdiene. Aber wir wissen, daß allein durch Christi Tod für die Sünde sey gebüsset, und GOtt versöhnet worden, um deswillen wir allein gnädige Vergebung der Sünden erlangen. Daher können auf diese Weise die Trübsalen nicht von Sünden reinigen, sondern das Blut JEsu Christi machet uns rein von allen Sünden.
1 Joh. I, 7.
 
Es haben aber diese Worte einen gar andern Verstand, nehmlich diesen: Es werden die Trübsalen dem gläubigen Jacob, der Jüdischen Kirche, von der voraus gesetzet wird, daß sie vor GOtt gerechtfertiget, und durch den Meßiam ausgesöhnet, dienlich sey, daß sie die ihr noch anklebende sündliche Unart, werden vermindern, und ihr Gelegenheit geben, dieselbe immer mehr und mehr in sich zu tödten, und von derselben abzustehen, wie solches der Prophet in den darauf folgenden Worten erkläret.
 
 
4.) Sünde der Jugend,
Psalm XXV, 7.
 
wird nicht nur die angebohrne Erb-Sünde,
Ps.
  {Sp. 51|S. 39}  
 
LI, 7.
 
nicht nur die Sünden der Unwissenheit, die man in kindlichen Jahren aus Unbedachtsamkeit begangen; sondern auch alle und jede Sünden genennet, die man jemahls in seiner Jugend vollbracht, wie denn das Hebräische Wort alle Jahre der Jugend bedeutet, die vor dem männlichen Alter vorher gehen, da einer auch schon in dem Ehestande lebet; Daher die heilige Schrifft
 
 
  • des Weibes unserer Jugend gedencket,
  • Sprüchw. Salom. V, 18.
  • Malach. II, 14.
  • Esaias LIV, 6.
 
Psalm CXXVII, 5.
 
Jerem. III, 4.
 
  • Des Herrn eines jungen Weibes,
Sprüchw. II, 17.
 
  • und dergleichen;
 
 
Wie denn einige Gelehrte die Jahre der Jugend von dem 15ten Jahre an bis zu dem Dreyßigsten zu rechnen pflegen, und die vorhergehenden Jahre, die Jahre der Kindheit nennen.
 
 
Das Hebräische Wort ist von sonderlichem Nachdruck und daraus zu sehen, daß offtermahls die Jugend von ihren geschwinden und witzigen Bewegungen und Affecten zu dieser und jener Sünde schnell hingerissen wird, ehe sie sichs versiehet.
  • 1 B. Mos. VI. 2. XLIII, 2.
  • 4 B. Mos. XXV, 1.
  • Buch der Richter XVI, 1.
 
Welcher Sünde sich auch David schuldig wuste.
Psalm XXV, 7.
 
5.) Sünde der Welt, Welche Christus als das Lamm GOttes träget, wie aus Joh. I, 29. zu ersehen, begreiffet alle und jede Sünden, welche jemahls in der Welt begangen worden sind, und noch werden begangen werden.
 
 
Beza hält zwar mit dem Papistischen Lehrern dafür: es sey die Rede nur allein von der Erb-Sünde, nicht aber von den würcklichen Sünden; woraus dann folgete, daß wir vor die würcklichen Sünden selbsten büssen müsten; allein wenn hamartia im Singulari gelesen wird, heisset es nicht nur die Erb- sondern auch die würckliche Sünde.
 
 
  • Johann. am VIII, 21. 34. 36. XV, 24. wird es gelesen von den würcklichen der Juden;
  • Cap. XVIII, 8. 9. von der Sünde des Unglaubens;
  • Röm. III, 9. 10. von den Sünden, die aus dem Gesetze erkannt worden;
 
 
nun aber wird nicht nur daraus die Erb- sondern am allermeisten die würckliche Sünde erkannt.
 
 
Lyra hat sehr wohl angemercket, daß die Hebräer im Gebrauch hätten, die Menge eines Dinges also zu beschreiben, als wäre es eine eintzelne Sache; z.E. 2 B. Mos. VIII, 24 heisset es nach dem Grund-Texte: Es kam eine grosse Mücke, welches Lutherus sehr wohl gegeben: Es kam viel Ungezieffers; also ist auch hier eine Sünde so viel als alle und jede Sünden aller Menschen, wie solches auch an dem Sünden-Bock
3 B. Mos. XVI, 21. 22.
 
vorgebildet, und damit auf die Genugthuung Christi gezielet wird, davon Esaias LIII, 4. und 12. die Redens-Art genommen hat.
 
 
Alle Sünden der gantzen Welt, Erb- und würckliche Sünden, hat GOtt auf Christum seinen Sohn geleget, daß er sie trage, und dafür an statt der gantzen Welt büsse;
siehe 2 Corinth. V, 19.
 
6.) Sünde und Missethat liegt auf uns, ist eine Redens-Art, welche man im Esaia Cap. XXXIII, 10. lieset, und in welcher die beyden Wörter Sünde und Missethat zu bemercken sind. Es stehen diese zwey Wörter keinesweges umsonst,
 
  {Sp. 52}  
 
sondern ein jegliches hat seinen besondern Verstand.
 
 
Sünde bedeutet eigentlich eine Sünde, die mit Vorsatz begangen worden.
Sprüchw. XXIX, 16. 22.
 
Dahero es auch offte, als Hiob XXXI, 31. durch Schalckheit, und Ezech. XXI, 24. durch Ungehorsam übersetzet wird.
 
 
Missethat aber beschreibet insgemein eine Sünde, die uns auch ohne Vorsatz aufstösset, wie nicht weniger Psalm LI, 7. die Erb-Sünde selbst.
 
 
Und wie nun sonsten dieses gemein ist, daß ein Sünder bey seiner Andacht die Worte zusammen gefüget,
wie Psalm LI, 5. Psalm CIII, 10. Jerem. XVI, 10. zu ersehen;
 
also eröffnen auch hier die Israeliten ihr Hertz, daß sie in Sünden gebohren, und in Sünden gelebet, wissentlich und unwissentlich, heimlich und öffentlich, mit Unterlassung des Guten und Begehung des Bösen gemißhandelt.
  • Reinbecks Betrachtung. über die Augsp. Confess. II Th.
  • Mämml. Curios. Alphab. III Th. …
  • Mämmlings abergl. Abbent. …
  • Schrödters contin. Acerra Bibl. Müller. IV Hundert …
  • Walchs Religions-Streitigk. in der Lutherischen Kirche V Th. …
  • Baumgartens diss. de gradibus peccatorum.
  • Pfaff. Sched. de morte naturali.
  • Unschuld. Nachr. 1736 …
  • Georg Sarganeck Berechnung der Sünden-Schulden.
Rechte Im Übrigen mercken wir noch dieses, daß das, was bey denen GOttes-Gelehrten eine Sünde heißt, die Rechts-Gelehrten gemeiniglicher ein Verbrechen nennen, wovon also unter dieser letztern Benennung ein mehrers.  
Siehe auch Übrigens siehe auch den Artickel  
 
  • Schuld, im XXXV[1] Bande, p. 1414 u.f.
  • desgleichen Crimen, im VI Bande, p. 1643 u.f.
  • und Delictum, im VII Bande, p. 454 u.f.
[1] HIS-Data: korrigiert aus: XXV
     

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Stand: 7. April 2013 © Hans-Walter Pries