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Zedler: Teutsche Lehn HIS-Data
5028-42-1860-2
Titel: Teutsche Lehn
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 42 Sp. 1860
Jahr: 1744
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 42 S. 943
Vorheriger Artikel: Teutsche Landes-Hoheit
Folgender Artikel: Teutsche Lehn-Rechte
Siehe auch:
Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel

  Text Quellenangaben
  Teutsche Lehn, Lat. Teutonica Feuda, sind entweder so viel, als unmittelbare Reichs- oder mittelbare und sogenannte Reichs-Affter-Lehn, wovon die Artickel Reichs-Lehn, im XXXI Bande, p. 111. u. f. und Feudum Provinciale, im IX Bande, p. 64 nachzusehen.  
  Eine gantz besondere Art von Teutschen Lehen aber findet sich noch bey dem Böhmischen Lehns-Hofe. Und zwar verstehet man daselbst unter dieser Benennung eigentlich diejenigen Lehn-Stücke, welche außerhalb der Böhmischen Grentze liegen, u. von denen Teutschen Ständen und Herren von der Cron Böhmen zu Lehn genomen werden, welche sich wiederum abtheilen in diejenigen, mit welchen die Verbindung der Landsassenschafft verknüpfft ist, und in diejenigen, welche nur blosse Lehns-Verwandschafft erkennen.  
  Unter die ersten gehören ordentlicher Weise, z. E. diejenigen Lehne, welche in Egrischen u. Ellenbogner Creyse liegen. Denn es hat Eger und Ellenbogen nicht vom Anfange der Cron Böhmen gehört, sondern ist erst nach der Zeit darzu gekommen. Und ob sie wohl selbiger einverleibet worden; so sind sie dennoch so wohl in dem Reichs-Anschlage, als auch in so weit von der Cron Böhmen abgesondert verblieben, daß die darinnen befindlichen Lehn zwar vor Teutsche Lehn geachtet, jedennoch nicht anders, als mit der Unterthanen Verwandschafft, verliehen werden sollen. Aus diesem Grunde sind die Marggrafen von Baaden wegen Schlackenwerda, so im Ellenbogischen liegt, Böhmische Land-Stände und Unterthanen, tragen aber dennoch ein Teutsches Lehn.  
  Die andern Teutschen Lehn, welche der Cron Böhmen mit keiner Landsasserey zugethan seyn, theilen sich wiederum in diejenigen, über welche ein anderer Reichs-Standt die Landes-Hoheit hat, u. diejenigen, über welche derjenige selbst, der sie besitzt, die Landes-Ho-  
  {Sp. 1861|S. 944}  
  heit ausübet. Unter jene werden die Schönburgischen Böhmischen Lehn gerechnet, über welche bekannter maßen das Chur-Hauß Sachsen, mit Beruffung auf das Herbringen, sich die Landes-Hoheit anmasset. Derer andern aber sind gar viele hin und wieder in Teutschland bekannt, massen kein Reichs-Stand ist, welcher einen stärckern Lehn-Hof hat, als eben die Cron Böhmen.  
  In Lünigs Reichs-Archiv stehet unter den Böhmischen Documenten p. 469. ein Catalogus oder Alphabetisch Verzeichniß aller derjenigen Teutschen Lehn, so von der Cron Böhmen zu Lehn rühren. Es ist zwar nur überschrieben, daß es ein Verzeichniß derjenigen Orte sey, worüber die Cron Böhmen die Lehn-Gerechtigkeit führet, durch welche Innschrifft einer verführet werden kan, als wenn auch die Böhmischen Lehn darunter wären, da es doch nur Teutsche Lehne seyn. Alleine der Augenschein weiset also fort, und bezeuget es auch Lüder Mencke in seiner Diss. de Vi superioritatis territorialis in territoriis clausis p. 37. §. 27. daß es nur ein Verzeichniß der Teutschen Lehne sey. Wir wollen das Urtheil erstgedachten Menckens hieher setzen, weilen doch hier von der Sache zu handeln ist.  
  „Wie weit sich, sagt derselbe am bemeldeten Orte, die Böhmischen Lehne durch Teutschland erstrecken, zeiget deren weitläufftiger Catalogus, welcher mir Gelegenheit gegeben, solchen in Alphabetische Ordnung zu bringen. Denn als das Böhmische Reich, ehe die güldene Bulle gemacht wurde, schon viele Schlößer, Ländereyen und Flecken, besonders Kaufsweise an sich gebracht hatte, ferner als sich die Böhmischen Könige dieses trefflichen Vortheils, indem ihnen das Recht im Reiche Herrschafften zu haben ertheilet, und in der Güldenen Bulle c. 10. bestätiget worden, bedienten, und die Kayser selbst etliche mahl ihren geneigten Willen durch Schenckungen erklärten, wie denn, daß solches zu Zeiten Friedrichs des II, geschehen sey, erzehlet wird, welcher 1212 zu Basel der Crone Böhmen Lichtenstein, Milin und Reichenbach geschencket, diese aber nach Verordnung der Güldenen Bulle solche Güter in ihrem Wesen zu erhalten angewiesen waren, und die alten Rechte wegen derselben erfüllen und dem Reiche wieder heimfallen lassen sollen; so hat man die Reichs-Lehne von den eigentlich also genannten Böhmischen Lehn wohlbedächtig zu unterscheiden angefangen.  
  Denn diese Böhmische Lehne pflegen zu Prag in der Böhmischen Cantzley, vor der Böhmischen Land-Tafel, ertheilet zu werden, und man nennet sie daher Böhmische Land- Tafel-Lehn, wohin unter andern die Herrschafft Greßlassen gerechnet wird; die Reichs- Lehn aber pflegen vom Teutschen Lehns-Hauptmann oder Richter ertheilet zu werden, auf welche Art nach Sächsischen Rechten und Herkommen, auch obgedachte Schoenburgische Grafen mit des Reichs-Unter-Lehn eingekleidet werden, ohnbeschadet der Landes Herrlichen Hoheit des Chur-Fürsten von Sachsen, welche Hoheit dem Churfürstenthum Sachsen vom Könige Uladislaus selbst im Jahr 1482 wie im 7. § gesagt, und die Worte deutlich bezeugen, vorbehalten worden: Wir, unsere Erben und nach-  
  {Sp. 1862} Teutsche Lehn  
  kommende Könige, und die Crone zu Böheimb an dem, die sie an diesem unsern Briefe benannt haben, nimmermehr ewiglich keinerley Anspruch haben sollen, noch wollen, ausgeschlossen an den Schlößern, Städten, Märckten, Festen, daran wir als ein König zu Böhmen von Unser und der Cron wegen, mehr nicht, denn die Obrigkeitliche Lehn, haben. Dafür sind folgende Unter-Lehn des Reichs, als Glaucha, Waldenburg und Lichtenstein angenommen, und dem Sächsischen Gebiete also einverleibt worden, daß sie das Böhmische Gebiete keineswegs berühren, sondern in die eigenen Sächsischen Grentzen eingeschlossen würden.„ ¶  
  Diese Teutschen Lehn sind also von den Böhmischen annoch darinnen unterschieden, daß sie nicht, wie bereits gedacht, von der Pragerischen Lehn-Tafel, wo die Böhmischen Lehn-Leute ihr Lehn bekommen, und Recht nehmen müssen, sondern ehemahls von einer besonders darzu verordneten so genannten Teutschen Lehns- Hauptmannschafft, und heutiges Tages von dem Pragerischen Appellation- Gerichte in Lehns-Sachen ihr Recht empfangen. ¶  
  Das erste, daß nehmlich ehemahls eine besondere Teutsche Lehen-Hauptmannschafft darzu verordnet gewesen, bezeuget das bey Puchholtzen in Append. Docum. num. 17. befindliche Rescript von Kayser Ferdinand dem I. vom Jahr 1558 an den Teutschen Lehn-Hauptmann, den Grafen von Schlick, in welchem annoch dieses merckwürdig, daß die Teutschen Lehn, so ein anders durch Verträge und das Herkommen, wie bey denen Schönburgischen Herrschafften von Mencken gemeldet worden, nicht hergebracht, nach dem Lehn-Rechte der Cron Böhmen, wenn es zum Proceß kommt, sich richten lassen müssen. Denn so lauten die Worte des angeregten Diplomatis: ¶  
  „Die Römisch-Kayserliche, auch zu Hungarn und Böhmen Königliche Majestäts Unser Allergnädigster Herr, haben Ihro Majestät Rath der Cron Böheimb Teutschen Lehen- Hauptmann und Länder-Präsidenten, Herrn Joachim Schlickhen, Grafen zu Paßaun, Herrn zu Weißenkirchen, auf Rabenstein und Schlackenwertha, unterthänigst und gehorsamst Fürbringen in nachfolgenden Artickeln gnädiglich und nach Länge vernommen, und geben Ihro Röm. Kayserl. Majest. Ihm darauf diesen Abschied; Erstlich was belangt durch oder nach welchen, das ist dem gemeinen Sächsischen oder Böhmischen Rechten, die ansprüchig- streitig- und fällige der Cron Böheimb Lehen-Güter sollen künfftiglich berechtiget, fürgenommen, und darauf erkannt werden; Ist Ihro Kayserliche Majest. gnädigster Wille und Befehl, dieweil die Cron Böheimb mit ihren eigenen und sonderbaren Lehn-Rechten löblich versehen, desselben auch von alters und bißheran, in üblichen und unverwehrlichen Gebrauch ist, so solle bemeldter Lehns-Hauptmann, sich dessen Böhmischen Lehn-Rechts und alten Gebrauch, wie denn auch durch Ihm und die vorige der Cron Böheimb Lehen-Hauptleute bis auf diese Stunde nicht anders beschehen, führohin noch also gemäß verhalten. Joachim de Nova-Domo, supremus regni Boëmiæ Cancellarius. C. D. Mehl.„ ¶  
  Das andere  
  {Sp. 1863|S. 945} Teutsche Lehn  
  aber, daß nehmlich solche Gerichtsbarkeit auf das Königl. Appellation-Gerichte gebracht und selbiges denen Paribus Curiæ untergesetzt worden, erweist das beym Weingarten in Codice Carolino p. 281. befindliche Rescript Kayser Ferdinands des III. vom Jahr 1651, woraus zugleich die Verrichtung dieses Gerichts zu ersehen. Deme noch hinzu zu fügen, was Puchholtz in Diss. 7. §. 1. von denen Teutschen und Schlesischen Lehen anmercket, wenn er schreibet:  
  „Bey denen Böhmischen Lehen findet sich ein dreyfacher Unterscheid, denn einige Lehne sind Landsäßig, welche innerhalb der Böhmischen Grentzen liegen, und anjetzt zum Unterscheid der andern Böhmische Lehne genennet werden, und diese haben ein besonders Gericht- und Lehn-Tafeln in dem Pragischen Schloße unter der Direction eines Ober-Lehn-Richters nach dem Böhmischen Land Rechte fol. 50 & seq Andere sind Scblesische Lehne in den Hertzogthümern Schlesiens, mir welchen die heutigen Schlesischen Hertzoge mir einiger Einschränckung der Regalien, und ohne die Landes-Hoheit als welche alleine dem Könige von Böhmen vorbehalten worden, beliehen sind, und diese haben ein besonders Gericht, das Fürsten- Recht, welches aus besonderer Vergünstigung König Uladislai unter der Regierung des Schlesischen Land-Hauptmanns gehalten wird. Davon Weingarten nachzusehen in Fasciculo diversorum Jurium. Lib I. Part I. fol. 85. und Lib. IÎ. fol. 11.¶  
  Endlich giebt es noch andere Lehne, wel-che man anjetzt Teutsche nennet, und entweder im Egrischen Creyß oder ausserhalb den Böhmischen Grentzen in den Teutschen Creyßen liegen, und dennoch dem Königreich Böhmen beständig einverleibet sind; und deren ordentliche Gerichte ist dem Königl. Appellation-Gerichte im Schlosse zu Prag als Verwaltern der Teutschen Lehen-Hauptmannschafft und Paribus Curiæ aufgetragen, wenn nicht der Rechts-Spruch durch eine besondere Vergünstigung oder Beleihung, entweder dem Könige von Böhmen selbst, oder dem Fürsten-Recht, vorbehalten worden, wie solches in der Sächsischen Beleihung der Voigt-Ländischen Lehen, sub Num. 14. und in den Reversalien Alberts Hertzogs zu Sachsen sub Num. 15. ausdrücklich zu befinden.„ ¶  
  Worbey aber zu mercken, daß die Cron Böhmen auch Teutsche Landsäßiscbe Lehn hat. Denn Schlackenwerda ist, wie aus dem Verzeichniß beym Lünig zu ersehen, ein Teutsches und gleichwohl ein Land-säßiges Lehn. ¶  
  Jedoch ist dieses alles nur von der Erkenntniß über die Teutschen Lehen zu verstehen, wovon die Lehns-Empfängniß derselben gar wohl zu unterscheiden ist, welche nicht eben zu Prag geschehen muß. Ein anders ist wegen eines Teutschen Lehns zu Prag vor dem Appellation-Gerichte Recht geben und nehmen; ein anders aber das Lehn daselbst empfangen müssen. Das letztere muß nicht eben zu Prag geschehen, wie aus unzähligen Lehn-Briefen zu erweisen stehet. Aus dem Lehn-Briefe Kaysers Leopolds vor Chur-Fürst Johann Georgen von Sachsen über das Voitgland beym Puchholtz c.l. num 14. ist zu ersehen, daß die Belehnung zu Wien geschehen.  
  {Sp. 1894} Teutsche Lexica  
  Bey ebengemeldten Puchholtz stehet im Appendice Num. 8. ein Lehn-Brief vor die Herren von Schönbürg vom Jahre 1622, welcher zu Oedenburg in Ungarn gegeben ist. Es hat auch solches destoweniger Zweifel, nachdem in der erneuerten Landes-Ordnung Ferdinands des II. Art. XIX. hiervon klare Masse gegeben worden.  
  Endlich ist annoch zu unterscheiden, ob es grössere, oder kleinere Lehn seyn, so kein Kennzeichen von Fürstenthum u. Fahn-Lehn haben. Jene muß ein König von Böhmen in Person verleihen; diese aber werden bey dem Königl. Böhmischen Hoff-Cantzley-Collegio zu Wien ingeheim genommen, wie solches Lünig in Theatro Cerem. P II. p. 943. bezeuget.
  Mit diesem Unterscheid und Erinnerung ist nun dasjenige anzunehmen, was Mencke, in angeregter Diss. de Vi superior. territ. §. 29. setzt, und im vorhergehenden angeführt worden. Wobey annoch dieses zu erinnern, daß Mencke in den Gedancken stehet, als wenn die Teutsche Lehn-Hauptmannschafft noch zu Prag sey, und bey ihr die Teutschen Lehn empfangen würden, welches jedoch besage der erneuerten Landes-Ordnung auch nicht einmahl zur Zeit, da die Lehns- Hauptmannschafft annoch im Brauch gewesen, anders, als durch besondere Abordnung geschehen ist.  
  Zuletzt ist noch zu errinnern, daß das Appellations-Gerichte in diesen Teutschen Lehns-Sachen nicht das höchste Gericht ist, sondern die Appellation nach Wien, an Königliche Majestät von Böhmen, selbst respectiren muß; da hingegen in andern Dingen dasselbige Königl. Majestät selbst vorstellet, wie solches Kaysers Leopolds Rescript von 1678. beym Weingarten c. l. p. 414. bemercket.
  Endlich ist noch zu gedencken, daß, so viel die Schlesischen Lehen anbelangt, solches nunmehr gäntzlich geändert ist, nachdem Schlesien, wie bekannt, unter Königliche Preußische Hoheit gediehen, und von der Cron Böhmen völlig abgesondert worden.  
  Besiehe übrigens Glafeys Pragmat. Geschichte der Cron Böhmen.  

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Stand: 10. Dezember 2016 © Hans-Walter Pries