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Zedler: Tractiren, bewirthen, gastiren HIS-Data
5028-44-1809-1
Titel: Tractiren, bewirthen, gastiren
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 44 Sp. 1809
Jahr: 1745
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 44 S. 918
Vorheriger Artikel: TRACTIO
Folgender Artikel: Tractiren
Siehe auch:
Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel

  Text  
  Tractiren, bewirthen, gastiren, heißt, einen mit Speise und Tranck wohl empfangen; daher Tractirungen, Ausrichtungen, und die Redens-Arten, wohl oder übel tractiret werden, ingleichen der Fürstlichen und Bürgerlichen Tractamenten entsprungen.  
  Welche letzteren mehrmahls so exceßiv, daß sie den Königlichen und Fürstlichen wenig nachgeben, und dannenhero billig in den Policey-Ordnungen scharffe Straffen darauf solten gesetzet werden, damit solche Leute das Ihrige, womit sie Gewerbe treiben, und noch etwas verdienen könnten, nicht so üppiger Weise durch die Gurgel jagten, und zuletzt das Banquerotmachen ergreiffen, und zum Thore hinaus lauffen müsten.  
  Was im Jahre Christi, 1524 einige hohe Deutsche Churfürsten und Fürsten, als sie auf einer Festivität zu Heydelberg beysammen gewesen, vor eine löbliche Verordnung, wegen Abschaffung des übermäßigen Schwelgens und Tractirens gemacht haben, solches ist aus nachgesetzter Copie ausführlich zu ersehen:  
  „Von GOttes Gnaden, Wir  
 
  • Reichard, Ertz-Bischoff zu Trier, des Heil. Römischen Reichs durch Gallien, und das Königreich Arelat Ertz-Cantzler etc.
  • Ludwig, Pfaltz-Graf bey Rhein, Hertzog in Bayern;
  • Conrad, Bischoff zu Würtzburg, Hertzog zu Francken etc.
  • Friederich, Pfaltz-Graf bey Rhein;
  • Wilhelm, Bischoff zu Straßburg, Landgraf im Elsaß.
  • Wilhelm, Pfaltz-Graf bey Rhein, Hertzog in Ober- und Nieder-Bayern etc.
  • Philipp, Bischoff zu Freisingen, Administrator zu Nürnberg;
  • Ludwig, Pfaltz-Graf bey Rhein;
  • Georg, Bischoff zu Speyer, Pfaltz-Graf bey Rhein, Hertzog in Bayern etc.
  • Casimirus, Marggraf zu Brandenburg, zu Stettin-Pommern etc. Hertzog Burggraf zu Nürnberg und Fürst von Rügen;
  • Heinrich, Erwählter des Stiffts Utrecht, Pfaltz-Graf bey Rhein, Hertzog in Bayern, Graf zu Spanheim etc.
  • Johannes, Administrator zu Regenspurg, Pfaltz-Graf bey Rhein, Hertzog in Bayern etc.
  • Philipp, Land-Graf zu Hessen, Grafen zu Catzenelnbogen, zu Dietz, Ziegenhain und Nida etc.
  • und Philipp, Pfaltz-Graf bey Rhein, Hertzog in Bayern etc.
 
  Bekennen öffentlich, und thun kund allermänniglich mit diesem offenen Briefe, nachdem Wir alle jetzunder in eigener Person auf der Frölichkeit eines Gesellen-Schüssens der Armbrust bey einander allhier zu Heydelberg zusammen gewesen, bey Uns gedacht und gefunden haben, daß aus Gotteslästerung und bishero gebrauchten Zutrincken vielerley Boßheit, Unrath und verderblicher Unwille, in gantzer Deutscher Nation entstanden und erwachsen, darum Wir Uns GOtt dem Allmächtigen zu Lobe, und um vorzukommen fernern Unraths, mit einander einhelliglich beschlossen, und bey unsern Fürstlichen Worten einander zugesaget und versprochen haben, und thun, daß in und mit Krafft dieses Briefes, unser jeglicher Churfürst und Fürst, als obgemeldt, Wir seyn gleich Geistlich oder Weltlich, Uns hinführo für unsere eigene Person der Gotteslästerung und des Zutrinckens gantz oder halbes enthalten, und müßig gehen, auch allen und jeglichen unsern Ober- und Unter-Amtleuten, Hofgesinde und Diener, Unterthanen und Verwandten, bey einer Straffe ernstlich gebie-  
  {Sp. 1810}  
  ten, dergleichen bey der Ritterschafft in eines jeden Fürstenthum und Lande gesessen, fleißiglich bitten, und daran seyn sollen und wollen, sich gleichermaß wie Wir des Gotteslästern Zutrinckens gantz oder halbes zu enthalten und müßig zu gehen, und welche unserer Amtleute, Hofgesinde, Diener oder Knecht, solches zu halten, Beschwerung trügen, solches überfahren und nicht halten wollen oder würden, den oder dieselben sollen unser jeglicher zur Stund mit Ausrichtung seines Lohnes beurlauben, an seinen Ämtern oder am Hofe zu bleiben nicht mehr gestatten; desgleichen sollen Wir Fürsten und Churfürsten, in dieser Ordnung begriffen, keiner derselbigen Abendleute, Hofgesinde, Diener oder Knecht, die bemeldter Ursach halber beurlaubt werden, zu Dienst ferner, auch sonst nicht annehmen, er habe denn von dem Churfürsten oder Fürsten, bey dem er gewesen, eine Schrifft, wie er abgeschieden und ob er sich dieser Ordnung nach verhalten habe.  
  Gleichermaßen sollen Wir bey unsern Amtleuten, Hofgesind und Dienern mit ihren Knechten, wie vorstehet, die Dinge auch zu vollstrecken verschaffen, und die Unterthanen, welche diß Gebot übertreten und nicht halten würden, mit einer Straffe, die darauf von einem jeden Churfürsten oder Fürsten gesetzt werden soll, so offt sich das begiebt, unabläßig straffen, auch die von Adel in eines jeden Fürstenthum und Landschafft gesessen, durch gewöhnliche Mittel und Wege, so viel möglich, davon zu weisen unterstehen.  
  Wäre es aber, daß unser vorgemeldten Churfürsten und Fürsten einer oder mehr in die Niederlande, in Sachsen, die Marck, Mecklenburg, Pommern, oder dergleichen, da Zutrincken die Gewohnheit ist, käme, und nach fleißiger Weigerung des Zutrinckens dennoch nicht geübriget seyn möchte, sollen dieselbige solche Zeit mit ihrem Hofgesinde und Dienern ohne Gefahr, und an diese Ordnung nicht gebunden seyn.  
  Zum andern: Nach dem bisher Uns Churfürsten, so unser einer zu dem andern in eigener Person an seine gewöhnliche Hofhaltung, oder sonst in die Flecken zusammen gekommen seyn, oder unsere Bothschaften und Räthen geschickt haben, mit beschehener Auslösung viel Unkostens durch die Unsere mit Prassen und stetigen Auftragen aufgegangen, dergleichen von den Trommetern, Boten, Schalcksnarren, Sängern und dergleichen Spielleuten zum öffternmahl angelauffen, und ihnen zu geben gebeten worden seynd, daß Wir Uns der beyden Stücke halben jetzt auf diesem Schüssen auch freundlich mit einander vereiniget und vertragen, und thun das mit diesem Brief, daß nun hinführo unser keiner dem andern, so Wir selbst oder durch unser Bothschafft und Räthe zu dem andern an seinem Hof oder sonst in eines Flecken zusammen kommen werden, aus den Herbergen lösen, oder weiters zu geben schuldig seyn soll, denn Futter und Mahl, auch kein Churfürst oder Fürst in Gesellschafften und freundlichen Zusammenkommen dem andern über acht Essen zu einer Mahlzeit nicht geben, es wäre denn auf einer Hochzeit, oder dergleichen, in dem weiß sich ein jeglicher selbst der Gebühr nach zu halten; desgleichen keinen Trommeter, Boten, Schalcksnarren, Sängerin oder dergleichen Spielleuten  
  {Sp. 1811|S. 919}  
  hinfürter weder Spielgeld noch anders geben, sondern abweisen, auch die Churfürsten und Fürsten, die Frauenzimmer haben, nicht mehr, wie bishero geschehen, so fremde Fürsten kommen, Ring ausgeben, und ein jeglicher Churfürst und Fürst, seine Trommeter, Boten und Schalcksnarren selbst dermassen mit Besoldung und sonst daran halten, daß sie des andern fürter müßig zu gehen, und mit ihres Churfürsten und Fürsten Belohnung sich genügen lassen müssen.  
  Des zu Urkund, dieweil Wir Churfürsten u. Fürsten, obgemeldt, alle oder mehrentheils, unser Insiegel nicht bey uns gehabt, so haben Wir, der Ertz-Bischoff zu Trier und Churfürst etc. gebeten und erbeten, den Ehrwürdigen und Hochgebohrnen Fürsten, Unseren lieben Freund, Herrn Georgen, Bischoff zu Speyer, Pfaltz-Grafen beym Rhein, Hertzogen in Bayern etc. daß seine Liebden sein Insiegel für Uns, desgleichen Wir Pfaltz-Graf Ludewig, Churfürst etc. Wir Wilhelm, Bischoff zu Straßburg, und Wir Wilhelm, Pfaltz-Graf beym Rhein, Hertzog in Ober- und Nieder-Bayern etc. von Unser selbst und alle andern geistlichen und weltlichen Fürsten wegen, Unser Insiegel an diesen Brief gehangen, welcher Siegelung Wir andern geistlichen und weltlichen Fürsten Uns mit gebrauchen, und also die bemeldeten Churfürsten und Fürsten aus angezeigten Ursachen, weil Wir Unser Insiegel nicht nicht bey Uns gehabt, vor Uns zu siegeln gebeten haben. Datum Heydelberg auf den Sonntag nach Erasmi. Anno Domini Millesimo quingentesimo vicesimo quarto.  
   

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Stand: 11. Januar 2013 © Hans-Walter Pries