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Zedler: Weib [4] HIS-Data
5028-54-1-2-04
Titel: Weib [4]
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 54 Sp. 14
Jahr: 1747
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 54 S. 20
Vorheriger Artikel: Weib [3]
Folgender Artikel: Weib [5]
Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel
  • Für die Auflösung der Quellenangaben siehe: Bibel, Personen
  • Transkribierter griechischer Text der Vorlage
  • : Absatz in der Vorlage vorhanden

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  Text   Quellenangaben
  Das übrige, was etwan das weibliche Geschlecht vornehmlich betrifft, und sowohl zu Erläuterung einiger Schrifftstellen nöthig, als auch sonst zu wissen nicht undienlich ist, wollen wir unseren Lesern in folgenden Theologischen und Philosophischen Fragen mittheilen, die wir so wohl aufwerffen, als kürtzlich auflösen wollen: Gleichwie denn auch sowohl ausführlichere Erklärungen noch einiger Schrifftstellen, als auch Abhandlungen verschiedener anderer Materien von den Weibern, im besondern Artickeln nachfolgen. Hier fragen wir zuerst:  
  Was durch das Weib, das den Mann umgeben soll, verstanden wird?  
  Mit Aufwerffung dieser Frage haben wir unser Absehen auf die Erklärung einer schweren Schrifftstelle, die wir Jerem. XXXI, 22. lesen, allwo der Prophet saget, Der Herr wird ein neues im Lande schaffen, das Weib wird den Mann umgeben.  
  Worauf diese Worte eigentlich zielen, ist fast nicht zu sagen, wie sehr unter den Auslegern gestritten werde; und sind auch etliche der Unsrigen so weit gekommen, daß sie, wegen unterschiedener Erklärung dieses Spruches, öffentlich wider einander geschrieben haben. Wir bleiben bey der gemeinsten, ältesten und besten Auslegung, welche nicht allein die meisten der alten Kirchen-Väter und andere rechtgläubige Lehrer angenommen haben, sondern auch aus den Umständen des Textes gründlich erwiesen werden kan, daß nemlich diese Worte die wunderbare Empfängniß des Meßias in dem Leibe der Jungfrau Maria verkündigen, in welcher, als in einem aus dem weiblichen Geschlechte auserlesenen Werckzeuge des H. Geistes, GOtt der Allmächtige solche Wunder thun werde, dergleichen niemahls geschehen sind, noch jemahls mehr auf diesem Erdboden geschehen werden. Denn wie sonst die Propheten die Trübsalen ihres Volckes durch tröstliche Verheissungen von dem zukünfftigen Meßias zu lindern pflegten, als Jes. VII, 13. 14. Mich. II, 12. 13. Hagg. II, 7. 8; so machte es auch hier Jeremias, dessen Meynung ist: Ihr gefangenen Israeliten, säumet euch ja nicht, in euer Vaterland wieder zurück zu kehren; denn es wird in kurtzer Zeit der Meßias in die Welt kommen, und von einer unbefleckten Jungfrau gebohren werden.  
  Durch das Weib wird die Mutter JEsu verstanden, von welchem Weibe in der ersten Paradieß-Verheissung geredet wird, 1 Mos. III, 15.
  Sie ist das Weib, das Paulus Galat. IV, 4. andeutet. Ein Weib, zwar nicht nach dem Stande, sondern  
  {Sp. 15|S. 21}  
  nach der Natur und nach dem Geschlechte, soferne sie eine Weibs-Person, oder weiblichen Geschlechtes, ist, eine keusche und reine Jungfrau. Diese wird umgeben den Mann, den HErrn JEsum, welchem auch sonst dieser Nahme beygeleget wird, als Zachar. XIII, 7. Psalm XLV, 5. 1 Mos. IV, 1. an welchem letztern Orte Cain, als ein kleines Kind, ein Mann genennet wird, wegen der von ihm gemachten Hoffnung, daß er der zukünfftige Meßias sey; wie denn auch das hier gebrauchte Wort nicht allemahl eine erwachsene Manns-Person, sondern auch ein kleines Kind männlichen Geschlechtes, bedeutet, wie Hiob III, 3.  
  Es soll aber der hier verkündigte Mann von dem Weibe umgeben werden; solchergestalt, daß er in dem Leibe des Weibes empfangen, getragen, und endlich zur Welt gebohren werden solle. Denn das Hebräische Wort zeiget eine Verschliessung und Umfassung in Mutterleibe an, wie ein Kind, das noch nicht zu der Welt gebohren ist, daselbst verschlossen lieget; Dergleichen Verschliessung einer Leibes-Frucht die Naemi nicht weiter von sich vermuthete, wenn sie zu ihren Schnuren sprach: Wie kan ich fürder Kinder in meinem Leibe haben? Ruth. I, 11.
  Daß also der Prophet so viel hat sagen wollen: wie Moses die Edelgesteine in ein Kästlein eingemacht, und sie mit Gold umher eingefasset hat, 2 Mos. XXVIII, 11. XXXIX, 13.
  So soll auch der Sohn GOttes, als der kostbarste Edelgestein, von dem jungfräulichen Leibe der Maria umgeben werden.  
  Über diesen Spruch hat M. Johann Leonhard Reckenberger einen exegetisch-philologischen Aufsatz unter dem Titel: Problema exegetico-philologicum de foemina virum circumdante, geschrieben, und in dem Junius des 1732. Jahres zu Jena vertheidiget, dessen Inhalt wir allhier aus den Gründlichen Auszügen aus denen neuesten theologisch- philosophisch- und philologischen Disputationibus … mittheilen, in den eingeschalteten Anmerckungen aber auch anzeigen wollen, wo der gelehrte Herr Verfasser nur gedachter Gründlichen Auszüge von ihm abgehet.  
  Herr Reckenberger gestehet zu wie es in dem A. Testamente nicht unbekannt gewesen sey, daß der Heyland nach seiner menschlichen Natur von einer unbefleckten Jungfrau gebohren werden solte, und führet an, wie die ersten Eltern hiermit getröstet worden wären, 1 Mos. III, 15.
  wie die Menschwerdung des Sohnes GOttes Jes. VII, 14. deutlich verkündiget worden sey.  
  Wie aber viele Sprüche diese Wahrheit bekräfftigen, so meynet er, es würden viele Stellen mit Unrecht zum Beweiß angeführet als 1 Mos. IV, 1. und Sprüchw. XXX, 19. (Was den letzten Ort betrifft, so wollen wir dem Verfasser nicht entgegen seyn; aus der ersten Stelle aber wird, nach unserm Begriffe, soviel folgen, daß die Eva auf den Meßias gehoffet, und der göttlichen Verheissung getrauet habe. Solchergestalt kan diese Stelle bey Anführung der Verheissung, 1 Mos. III, 15. zu der Erläuterung nicht unbequem angezogen werden.)  
  Von gleicher Gattung scheinet ihm auch der Spruch zu seyn, den er zu seiner Untersuchung erwehlet; doch versichert er, daß er niemanden, der eine andere Meynung habe, verachte, will sich auch gerne eines bessern überführen lassen. Es werden zuvoraus etliche exegetische Regeln  
  {Sp. 16}  
  gesetzet, als: Man könne den Verstand eines Textes nicht aus dem blossen Worten, sondern aus dem Zusammenhange und aus dem Haupt-Satze fassen; Man müsse also das vorhergehende und nachfolgende genau erwegen, und den Haupt-Zweck suchen, welches der Heyland durch die Worte Joh. V, 39: Treumate tas graphas, suchet in der Schrifft, verstehen; Man müsse die Verbindung der Wörter und der Sachen beobachten, und alle Umstände, auch die kleinsten Wörtgen, in Betrachtung ziehen.  
  Die Verbindung der Worte zeiget hier das Wörtgen [ein Wort Hebräisch] denn, V. 21. Fragt man, warum der Prophet unsere Worte in seiner Weissagung gebrauchet; so kommt die Verbindung der Sache heraus. In den vorhergehenden Versen redet er von der Rückkehr des Israelitischen Volckes aus der Babylonischen Gefängniß, und indem 21. V. vermahnet er es dazu. Damit diese Worte demselben desto mehr zu Hertzen gehen möchten, so setzet er die Ursache hinzu: Denn der HErr wird ein neues schaffen, u.s.w. In dem XXX Capitel, V. 3. verspricht GOtt die Jüden wieder in ihr Land zu führen. V. 5, 6, 7, 8. stellet er ihnen ihr Elend vor Augen, verheisset aber bald Errettung. V. 9. verbindet er diese Erlösung mit der geistlichen Befreyung des Meßias, vergl. 2 Sam. VII, 14. Ezech. XXXIV, 23 u.f. Hos. III, 5. Und kommet ferner wieder auf die Endigung des Gefängnisses.  
  V. 23. und 24. gedencket er des Elendes, unter dem Bilde eines grossen Ungewitters. In dem XXXI Capitel, V. 10, 11,12, 13,14. beschreibet Jeremias die Freude der Israeliten über die Erlösung. V. 15. erinnert sich der Prophet wieder des vergangenen Elendes: Man höret eine klägliche Stimme, u.s.w. V. 16. folget der Trost; demnach ist ein vorhergehendes Elend zu verstehen. Rahel wird weinend eingeführet, ob sie schon längst gestorben war, 1. Mos. XXXV, 18. weil sie über der Geburt Benjamins starb, und weil ihren Nachkommen so viel Unglück bevorstund. Sie will sich nicht trösten lassen, und braucht gleichsam die Klage, Klagl. II, 22: Die ich ernähret und erzogen aber, die hat der Feind umgebracht.  
  David Kimchi sagt, der Prophet rede Sprüchworts-Weise von den 10. Stämmen. Der Chaldäische Dollmetscher nennet ausdrücklich das Hauß Israel. Matthäus widerspricht diesem nicht, Cap. II, 18. sintemahl er die gäntzliche Erfüllung dieser Weissagung andeutet. Auf das Weinen Rahels folget ein sicherer Trost GOttes, V. 16. 17. Doch wird V. 18. der Klage Ephraims gedacht: [zwei Wörter Hebräisch] Führe du mich wieder zurück, so werde ich wiederkommen, nemlich aus der Babylonischen Gefängniß; Vergl. Klagl. V, 21. Luther übersetzet hier: Bekehre du mich, so werde ich bekehret. In dem 20. V. giebt GOtt eine Trost-volle Antwort, darauf rufft er dem Volcke zu, V. 21: Richte dir Grabzeichen, u.s.w. Was verweilest du? Kehre wieder, du Jungfrau Israel, u.s.w. Die Ursach ist: Denn der HErr wird ein neues im Lande erschaffen. Was auf diesem Text folget, beweiset eben solches, da der Segen nach der Wiederkunfft beschrieben wird. Vers. 31 u.ff. wird ein neuer Bund versprochen. Hieraus wird geschlossen, daß Tarnovius in Exercit. Bibl. nicht recht habe, wenn er den 18. und 19. V.  
  {Sp. 17|S. 22}  
  von der Busse und in dem 22 V. die Schaffung des Neuen von der Bekehrung des Hertzens erkläret.  
  Hierauf folget eine Auslegung der Worte. [Ein Wort Hebräisch] ist seiner Natur nach ein Nahmen von [ein Wort Hebräisch] gebrennt, angezündet werden, welches in der Bibel nur in Niphal vorkommt, Jes. XLIII, 2; Sprüchw. VI, 28.
  [Ein Wort Hebräisch] selbst bedeutet die Anzündung, Jes. III, 24.
  Dieses Wörtgen zeiget eigentlich eine Zuziehung zu dem, was gesaget worden ist, an; Wie das Feuer anzündet, was es berühret, und bedeutet Ursachs-Weise. (Hier muß man seine Einbildungs-Krafft wohl zu Hülffe nehmen. Körber leget, Lex. Part. p. 58. diesem Wörtgen eigentlich die Bedeutung einer Ursache, eines Triebes u.s.w. bey.)  
  Das Haupt-Wort, Subjectum, ist [ein Wort Hebräisch] welches wesentlich von der gantzen Dreyeinigkeit anzunehmen ist; Kommt her von [ein Wort Hebräisch] er ist gewesen, und begreifft einen dreyfachen Unterschied der Zeit, nemlich [ein Zeichen Hebräisch] ist ein Kennzeichen des gegenwärtigen Participii, [ein Zeichen Hebräisch] der vergangenen Zeit, und [ein Zeichen Hebräisch] der zukünfftigen Zeit. Daher bedeutet es ein unterworffenes und ewiges Wesen, welches Offenb. I, 4. heisset: Ho en, ho on, kai ho erchomenos; Der da war, der da ist, und der da kommt. [Ein Wort Hebräisch] hat geschaffen, ist das Beywort, Praedicatum. Dieses Wort bedeutet eigentlich und überhaupt etwas hervorbringen; Entweder aus nichts, 1 Mos. I, 1. oder aus einer Sache, die vorhin nichts gewesen ist, V. 21. 27. Die besondere Bedeutung dieses Wortes ist: Grosse Dinge thun, ungewöhnliche Wercke verrichten,
  • 2 B. Mos. XXXIV, 10;
  • 4 B. Mos. XVI, 30;
  • Jes. IV, 5; LXV, 17. u.f.;
  • Amos IV, 3;
  • Psalm LI, 12; CII, 19; CXLVIII 5.
  Daß aber die vergangene Zeit anstatt der Zukünfftigen stehet, deutet an, daß es gewiß geschehen werde. Dantzens Synops. Interpr. …
  Zu dem Bey-Worte gehöret [ein Wort Hebräisch] ein neues, von [ein Wort Hebräisch] hat erneuert, ergäntzet. Dieses neue ist nicht allezeit mit gäntzlicher Zerstörung des vorigen verbunden. In dem Texte ist diesem das alte entgegen gesetzet, welches der elende Zustand der Israeliten unter der Gewalt der Feinde war. Daher heissen sie  
 
  • Weinende,
Jerem. XXXI, 9;
 
  • Zerstreuete,
V. 10;
 
  • Klagende,
V. 12. u.ff;
  V. 18;
 
  • Geschwächte,
V. 19.
 
  • u.s.w.
 
  In dem Gegen-Satze ist das neue der bessere Zustand in dem gelobten Lande. Sie solten  
 
  • zu der Ruhe kommen,
V. 2.
  V. 4-38.
  [Ein Wort Hebräisch] auf Erden. Es bedeutet aber nicht allezeit den Erd-Kreiß, sondern auch ein gewisses Land auf demselben. Daher giebt es Luther: Im Lande.
  • Hos. IV, 1;
  • 1 Mos. XIII, 6. 7. 9. u.ff.
  Der Satz: Der Herr wird ein neues im Lande schaffen, hat also keinen andern Verstand, als diesen: GOtt wird alles, das jetzt gleichsam erstorben ist, gewiß neu machen, und wieder erstatten, wenn er euch Jüden aus der Babylonischen Gefängniß zurücke bringen, den verwüsteten Tempel wieder aufbauen, und den Levitischen Gottes-Dienst, bis auf die Zeit der Besserung, Ebr. IX, 10. erneuern wird. Mit einem Worte: Wenn ihr werdet, nach überstandenem Elende, wieder  
  {Sp. 18}  
  nach Hause kommen, die vorige Freyheit geniessen, und wenn GOtt wird euer GOtt, und ihr werdet GOttes Volck seyn.  
  Der andere Satz ist: Das Weib wird den Mann umgeben. [Ein Wort Hebräisch] wird von dem weiblichen Geschlechte  
 
  • der Thiere,
  • 3 Mos. III, 1; 6. IV, 28. V, 6.
  • 1 Mos. VI, 19.
 
  • und derer Menschen,
3 Mos. XII, 5. 7. XV, 33. u.s.w.
  gebrauchet.  
  Das Wort kommt von [ein Wort Hebräisch] perforavit, her, und bedeutet dasjenige, was in seinem Geschlechte zu dem Gebähren geschickt ist. Dieses Wort kan also keine eintzelne Person, noch viel weniger die Jungfrau Maria, die Mutter des Heylandes, anzeigen. Von der Gegen-Seite wird 3 Mos. XII, 5. und 1 Mos. I, 27, angeführet, und bey der ersten Stelle erinnert, daß ein eintzeles, und nicht ein gantzes Geschlechte, gebähre. Worauf man aber antwortet, daß dasselbe Gesetz auf alle Weiber, die gebohren haben, gehe, wovon auch die Maria nicht ausgeschlossen gewesen ist, Lucä II, 22. 24.
  Daher das Wort [ein Wort Hebräisch] auf alle Kindbetterinnen gehet.  
  In dem Gegentheil bedeutet das Wort [ein Wort Hebräisch] das gantze männliche Geschlecht, 1 Mos. I, 27. wird bloß von der Eva geredet; Wobey aber zu wissen, daß zu derselben Zeit Eva in der Welt allein, und in ihr das gantze weibliche Geschlecht verborgen gewesen sey. (Hat aber die Eva [ein Wort Hebräisch] heissen können, so scheinet dieser Nahme auch der Maria nicht unrecht zuzukommen, als welche die Gebenedeyete unter den Weibern, und die Mutter des Erlösers des gantzen menschlichen Geschlechtes war, auch viel gleiches mit der Eva hatte. Besiehe A. Pfeiffers Dub. vex. …)  
  [Ein Wort Hebräisch] wird umgeben, von [ein Wort Hebräisch] welches eigentlich, sich wenden, hernach aber, umgeben heisset. Es werden hier sehr viel Stellen angeführet, wo dieses Wort gebrauchet wird; Man streitet auch wider den Tarnov, welcher Pred. Sal. IX, 14. [zwey Wörter Hebräisch] übersetzet: Et circumdedit illam; Da er dem Vorgeben nach, lieber bey der eigentlichen Bedeutung hätte bleiben, und setzen sollen: Et processit circa illam, i.e. obsedit illam. (Wir können die Verbesserung nicht recht einsehen)  
  [Ein Wort Hebräisch] heißt, vermöge seines Ursprunges, einer, der dem andern überlegen ist, und kommt her von [ein Wort Hebräisch] er ist mächtiger gewesen;
  • 2 Mos. XVII, 11;
  • Klagl. I, 16.
  Daher bedeutet [ein Wort Hebräisch] einen Mann, ein Mannsbild: Weil ein Mann ordentlich stärcker, als eine Weibs-Person ist. Dieweil dieses Wort sich auf [ein Wort Hebräisch] beziehet, so verstehet man hier billig das gantze menschliche Geschlecht. Vergl.
  • Hiob II, 2;
  • 5 B. Mos. XXII, 5;
  • Sprüchw. XXX, 19.
  Woraus zu schliessen ist, daß die Bedeutung sich auf den Meßias nicht schicke, welcher auch in der H. Schrifft nirgends [ein Wort Hebräisch] genennet wird. (Dieses würde noch keine gäntzliche Folge seyn; Man sehe aber Zachar. XIII, 7; Vergl. Matth. XXVIII, 31.)  
  Demnach ist der Sinn des gantzen Satzes dieser: Das weibliche Geschlecht wird häuffig mit dem männlichen Geschlechte, bald in diesen bald in jenen Ort, gehen. Es wird mit grosser Freude weisen, was GOtt auf wunderbare Weise in den gelobten Lande hervorgebracht habe.  
  Betrachten wir die Sache sel-  
  {Sp. 19|S. 23}  
  ber, so erkennen wir leicht die Gemüths-Bewegungen desjenigen, der da redet. Der Prophet erklärte seine grosse Liebe gegen das Jüdische Volck, und untermischet dieselbe mit Eyfer und Mitleiden.  
  Einige Ausleger nehmen die Worte in eigentlichem, andere in uneigentlichem Verstande. Johann Coccejus, in Comment. in Jer. erkläret diesen Spruch von Christo, als dem Mann, welcher von der Maria, als dem Weibe, umgeben, d.i. empfangen und gebohren worden. Tarnov aber hat Coccejum, in exercit. bibl. l.c. widerleget. Der Verfasser setzet dieser Meynung entgegen, was er schon vorher gesaget hat, und dringet vornemlich auf seine Erklärung der Worte. (Wir halten es in diesem Stücke mit Coccejo und andern Lehrern, welche mit ihm hierinnen einig sind, ob wir uns gleich allhier in keinen weitläufftigen Streit einlassen können. Wir sagen nur soviel: Jeremias redet in dem XXXI Capitel auch unter andern von der Zeit des Neuen Testamentes. Die Worte: Der Herr wird ein neues schaffen, scheinen mehr anzudeuten, als: Ihr werdet wieder in eurem Lande frölich wohnen; Weil dieses schon sehr vielmahl gesaget worden, und doch nur einen leibliche Wohlthat ist. Wie schlecht und übel klingt es auch nicht, wenn die Worte: Das Weib wird den Mann umgeben, welches doch das merckwürdige und neue seyn soll, so viel heissen muß: Das weibliche Geschlecht wird mit dem männlichen in Freuden fortgehen.)  
  Johann Calvinus, in Praelection. in Jerem. hält davor, durch das Weib würden die schwachen und verzagten Israeliten, und durch den Mann die mächtigen Feinde, verstanden. Das ist: Die Jüden würden mächtiger als die Chaldäer seyn, obschon der Feinde Stärcke erschrecklich wäre. Es ist aber keine Spur solcher Vergleichung zu sehen. [Ein Wort Hebräisch] bedeutet nicht allezeit einen tapffern Mann. [Ein Wort Hebräisch] wird in der Heiligen Schrifft niemahls von einem Volcke, das entkräfftet ist, und keine Hülffe hat, gebrauchet. [Ein Wort Hebräisch] heisset zuweilen belagern, aber diese Bedeutung ist nicht die vornehmste. Was das meiste ist, so hat sich dieser Ausgang niemahls ereignet: Denn die Jüden haben die Babylonier nicht belagert, noch gefangen geführet.  
  Oecolampadius, in commend. ad h.l. erkläret diesen Ort von der Busse. Wenn nemlich die Jüden lange genug in der Gefangenschafft gewesen seyn würden, so würde das Weib um den Mann freyhen, und ihm nachgeben. Das ist: Die Menge Israels werde sich zu GOtt bekehren, welcher sie erlösen würde. Hos. III, 5.
  Gleiche Meynung hat auch Aben Esra. Dieser Meynung ist der Zusammenhang zuwider; Ferner heißt auch [ein Wort Hebräisch] niemahls das Jüdische Volck, noch [ein Wort Hebräisch] GOtt. Luther setzet in der Rand-Glosse: „Der gantze Text redet hier von dem Neuen Testamente, und heisset sie trauren, und den alten Mose begraben, und sich auf des Herrn Weg richten.“ Welche Erklärung auch Tarnovius, l.c. zu behaupten  
  {Sp. 20}  
  suchet. Aber man muß ohne Noth die Worte nicht in uneigentlichem Verstande annehmen. Der gantze Text Jeremiä handelt auch nicht bloß von dem Neuen Testamente; Wohin gehörte sonst der 4. 5. 8. 12. 13. 14. 21. 24. 27 Vers?  
  Was die Erfüllung der Weissagung betrifft, so ist dieselbe mit der Ausführung aus Babel geschehen. Einmahl hat GOtt in dem gelobten Lande eine neue Gestalt aller Sachen hervorgebracht.  
 
1) GOtt straffte die mächtigen Feinde der Jüden, die Babylonier.
 
 
2) Er straffte gleichfalls die übrigen Feinde,
vergl. Jerem. XLVI
 
3) Er trieb die Persischen Könige,
 
 
 
  • Cyrus,
  • 2 Chron. XXXVI. 22. 23;
  • Jes. XLV, 1. u.ff;
  • Esra I, 1. u.ff;
 
 
  • Darius,
Esra VI, 11. u.f;
 
 
  • Arthasastha,
  • Esra VII, 12, u.ff;
  • Nehem. II, 6;
 
  nach Verlauff der 70 Jahre,
Jerem. XXIX, 10.
 
  an, daß sie die Jüden, Jerusalem zu bauen, ziehen liessen.
 
 
4) Er erweckte die Obersten, daß sie den Tempel-Bau fleißig fortsetzeten;
  • Haag. I, 14;
  • Esra I, 5.
 
5) Er verschaffete ihnen Gold und Silber;
Esra I, 4. 6. u.ff; VI, 8. u.ff: VII, 15. u.ff.
 
6) Er verbesserte ihren Zustand, ließ den Gottes-Dienst anrichten, die Feinde musten ihnen die Gefässe wiedergeben;
Nehem. VII, 66. u.ff.
  Er wandte ihren Hunger, und gab ihnen Getreyde, Most und Öl, Jerem. XXXI, 12.
  Ein jeder bekam seinen Theil in Friede. Ferner solte das weibliche Geschlechte mit dem männlichen bald in diese, bald in jene Gegend ihres Landes, mit grossen Freuden fortgehen. Das geschahe, da  
 
  • Zachar. VIII, 5;
  • Jerem. XXX, 19;
 
  • Ackers-Leute bestellte,
Jerem. XXXI, 24.
  Da denn kein Zweiffel ist, daß die Weiber mit den Männern in unterschiedene Gegenden gegangen seyn werden; Dieweil ihr Trauren in Freude verkehret worden war; Esra III, 11. u.ff.
  Also ist kein Wort des Herrn auf die Erde gefallen. (Ob wir zwar fast zweiffeln, daß der Herr Verfasser viele Vertheidiger seiner Meynung bekommen werde; So hat er doch bewiesen, daß er nicht ungeschickt sey, alle Wahrscheinlichkeit vor seine Meynung hervor zu suchen etc.  
     

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Stand: 12. Juli 2013 © Hans-Walter Pries