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Zedler: Weib [7] HIS-Data
5028-54-1-2-07
Titel: Weib [7]
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 54 Sp. 34
Jahr: 1747
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 54 S. 30
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Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel
  • Für die Auflösung der Quellenangaben siehe: Bibel

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Übersicht
Ob die Weiber durch Kinder-Zeugen selig werden? (Forts.)

  Text   Quellenangaben und Anmerkungen
  In diesen zwey gedachten Abhandlungen ist das Wort sōthēnai, oder selig werden, vornemlich von der zeitlichen Glückseligkeit erkläret worden; Wir wollen aber noch einer kurtzen Schrifft hier Meldung thun, weil darinnen von obiger Meynung abgegangen wird. Es ist dieselbe eine Disputation, welche D. Johann Balthasar Bernhold, der H. Theologie, wie auch der Griechischen Sprache, öffentlicher Professor zu Altorf, im October 1735 gehalten hat. Sie führet den Titel: Hypomnemata exegetica de salvanda per filiorum generationem muliere. Und enthält folgendes in sich:  
  In dem Neuen Testamente, so 1732 in Offenbach von dem Fanatischen Übersetzer, Johann Jacob Junckherrott, heraus gekommen ist, heisset es:  
  Gerettet werden sie aber durch Kinder-Zeugungs da aushin wenn bleiben sie da, in Glauben auch Liebe auch Gemachtwerdung heilig bey Bedachtwerdungs auf Gerettetwerdung da aushin.  
  Dieses ist weder Griechisch, noch Deutsch; Und es scheinet, als wenn ein solcher Übersetzer unter dem Hute nicht wohl verwahret wäre. Die Person, von der allhier die Rede ist, wird V. 2 gynē genennet, gleichsam gonē, ein Weib, das mit ihrem Manne rechtmäßig in der Ehe verbunden ist. Es wird dieses Wort von dem weiblichen Geschlechte schlechterdings genommen;
  • 1. Tim. II, 9;
  • Matth. V, 28.
  Zuweilen deutet es eine Jungfrau an, als Galat. IV, 4.  
  Es stehet offt in uneigentlichem Verstande; Als Offenbahr. XII, 1, 4, 6, 13, 14, 16 u.f.  
  Weil des Kinder-Zeugens in unserer Stelle gedacht wird, so ist leicht zu sehen, daß die erste Bedeutung hier allein Statt finde. De bedeutet  
 
  • Aber,
Apost. Gesch. XII, 9;
 
  • Nemlich
2. Corinth. X, 3;
 
  • Ferner,
1 Corinth. IX, 15.
  Daß es hier so viel, als Doch anzeige, ist aus dem, was vorher gehet, zu erkennen. Vergl. 1 Corinth. XIV, 1; Cap. II, 6.
  sōzethai heist selig werden, erhalten wer-  
  {Sp. 35|S. 31}  
  den, oder Schaden davonkommen. Es wird einmahl von der ewigen Seeligkeit gebrauchet,
  • Matth. I, 21; X, 22;
  • Marc. X, 26;
  • Lucä XVIII, 16;
  • Johann III, 17.
  Und diese Bedeutung ist in der H. Schrifft sehr gemein. Ferner bedeutet es so viel, als errettet werden; z.E. von einer Kranckheit oder Gefahr,
  • Johann XI, 11 u.ff.
  • Apost. Gesch. XVIII, 48;
  • Lucä XXIII, 35.
  Daher stehen einige in den Gedancken, es werde allhier den Weibern von Paulo eine zeitliche Glückseligkeit verheissen. Allein der Zusammenhang in diesem Capitel giebt die erste Bedeutung an die Hand. Es ist kürtzlich zu erweisen, daß das allhier mit dem Genitivo gebrauchte dia soviel bedeute, als Non obstante, nihil prohibente, quin. Denn dieses Wörtgen hat Gelegenheit zu unterschiedenen Meynungen gegeben; Zu geschweigen, daß die Papisten daraus behaupten wollen, daß Kinder-Zeugen sey eine verdienstliche Ursache der Seligkeit.  
  Bellarminus will (L. I. de matrimonio, c. 2) daraus beweisen, daß der Ehestand ein Sacrament sey, das ist, die Verheissung der rechtfertigenden Gnade habe. Paulus aber macht das Kinder-Zeugen nicht zu einer Ursache der Seligkeit, sondern sagt nur, daß die Weiber in dem Stande, da sie Kinder zeugen, selig würden, so sie blieben im Glauben, und in der Liebe, und in der Heiligung, samt der Zucht, d.i. so ferne sie den wahren Glauben hätten.  
  Daß die oben angeführte Bedeutung hier statt habe, beweiset und bestätiget der biblische Gebrauch. Z.E. 1 Petri III, 20: Acht Seelen deesōthēsan di hydatos, wurden durch das Wasser erhalten. D.i. Noah und 7 Menschen mit ihm wurden, unerachtet die Sündfluth kam, in dem Wasser erhalten. Vergl.
  • 1 Corinth. III, 15.
  • 2 Corinth. II, 4;
  • Galat. IV, 13.
  dia stehet vor en;
  • Röm. II, 27, 29;
  • 2 Corinth. III, 11. Siehe Scultetum ad h.l.
  • 1 Tim. II.
  Xenophon Paed. …: dia penthous to gēras diagōn, der sein Alter im Trauren zubringet. Lucianus dia cheiros echō, ich habe es in der Hand, oder Macht.
  Teknogonia, das Kinder-Gebären, wird bloß einem Eheweibe zugeschrieben. Es schliesset das Schwangerwerden, Schwangergehen, und das Gebähren ein. Daß es auch das Erziehen der Kinder in sich begreiffe, mercken Jacob Capellus, Chrysostomus und Theophylactus an.  
  Der andere Satz, oder die Bedingung des ersten Satzes, lautet: So sie in dem Glauben, und in der Liebe, und in der Heiligung, samt der Zucht, bleiben. Viele haben einen Anstoß gefunden, das meinōsin, der Pluralis sich auf den vorhergehenden Singularem beziehen soll. Einige, als Hieronymus, Chrysostomus, Ambrosius, und andere, haben denselben auf die Kinder gedeutet. Faber Scapulensis und der Cardinal Cajetanus meynen, das Bleiben gehe auf den Mann und das Weib zugleich. Andere halten mit besserem Rechte davor, das allein auf das Weib gesehen werde, und daß Paulus eine grammaticalische Figur gebrauche, und nicht so wohl auf das Wort, als auf den Sinn, sehe. Der Apostel redet nicht von einem eintzelnen Weibe, sondern von dem sämtlichen weiblichen Geschlechte. Der-  
  {Sp. 36}  
  gleichen Veränderung der Zahl ist nicht so gar ungewöhnlich; Als
  • Johann IX und XI;
  • Galat. VI, 1.
  Es ist also der Sinn: So sie bleiben werden, d.i. so ein jedes unter denselben Weibern in dem Glauben bleiben wird.  
  en pisei. Dieses Wort bedeutet den seligmachenden Glauben, welcher dem todten entgegen gesetzet ist;
  • Jacob. II, 17;
  • Röm. III, 28;
  • 1 Cor. XIII, 13.
  Paulus setzet die Tugend dieses Glaubens hinzu, Liebe und Heiligung.  
  hagiasmos bedeutet alle Reinigkeit des Lebens, und Absonderung von allem, was unrein ist. Mit diesen Tugenden verbindet Paulus sōphrosynēn [1], die Christliche und Himmlische Klugheit; Diese ist der natürlichen Klugheit und der Narrheit entgegen gesetzet.
[1] HIS-Data: korrigiert aus sōphrsynēn
  In den Worten selbst sind diese Lehr-Sätze:  
 
1) Ein Christliches Eheweib kan auf erlaubte Weise mit ihrem Manne Kinder zeugen;
 
 
  Dieses ist der Endzweck des Ehestandes
1 Corinth. VII, 2;
 
  Und göttliche Ordnung,
1 Mos. II, 18 u.ff. Vergl. Matth. XIX, 4 u.f.
 
2) Ein frommes Eheweib kan selig werden; Ein Eheweib ohne Glauben kan nicht selig werden, wenn sie gleich Kinder zeuget.
 
 
3) Was den Glauben und Christliche Tugenden nicht verhindert, das ist an und vor sich selbst der Seligkeit nicht zuwider: Das Kinder-Zeugen verhindert beyde nicht.
 
 
4) Was der Seligkeit nicht hinderlich ist, das ist erlaubet; Kinder-Zeugen, d.i. in dem Ehestande leben, hindert die Seligkeit nicht; Darum ist er Ehe-Stand erlaubet.
 
 
5) Die Würckung des Glaubens sind Liebe, Heiligkeit, Weisheit und Christliche Klugheit.
 
  Was den Zusammenhang betrifft, so verbindet Paulus, nach seiner Gewohnheit, Glaubens-Lehren und Lebens-Pflichten. In dem 1 Capitel träget er Timotheo die Summe der Lehre vor, und ermahnet ihn, das Amt eines Bischoffs gebührend zu verwalten. In dem 2 Capitel erfordert er das öffentliche Gebet, V. 1, vor die Obrigkeit, und zwar allhier vor die heydnische Obrigkeit. Die Ursachen sind  
 
  • V. 3. Dieses ist GOtt angenehm;
  • V. 4. GOtt will alle Menschen selig haben;
  • V. 5. Es ist ein Mittler, welches auch die Heyden angehet.
 
  Endlich sagt er, V. 8. die Männer solten ohne Unterschied des Ortes beten, womit er den Unterschied zwischen Jüden und Heyden aufhebet. Er warnet die Weiber V. 9. vor Kleider-Pracht, ermahnet sie V. 11 zu der Demuth und Gottseligkeit. In dem 12 Verse schliesset er sie von dem Lehr-Amte aus, und führet V. 13 und 14 die Ursache an.  
  Paulus deutet an, daß denen Weibern die Straffe auferleget worden, gehorsam zu seyn; Weil Eva der Schlange Gehorsam geleistet habe, 1 Mos. III, 16.
  Damit aber die Weiber nicht zaghafftig werden, so giebt er ihnen einen Trost, und sagt, sie würden aber doch bey ihrem Kinder-Zeugen selig, wenn sie in dem Glauben, u.s.w. blieben. Demnach ist das Absehen Pauli, die Ehe-Weiber bey ihren Geburts-Schmertzen, wenn sie auch ihren Geist darbey aufgeben solten, mit der Versicherung der ewigen Seligkeit zu trösten, und zu der Standhafftigkeit in dem Glauben, und in der Gottseligkeit zu ermuntern. Röm. VIII, 18.
  Die Schrifft muß durch Schrifft erkläret werden. Diese lehret aber  
 
1) daß GOtt der Stiffter des Ehestandes sey,
  • 1 Mos. I, 27; II, 18;
  • Malach. II, 14;
  • Matth. V, 31 u.f.; XIX, 3 u.f.
 
2) Daß viele Wöchnerinnen, so wahrhafftig gläubig gewesen,
 
  {Sp. 37|S. 32}  
 
  seelig geworden. Z.E.
 
 
 
  • Eva;
 
 
 
  • Sara,
Mos. XXIII,
 
 
  • Rahel,
1 Mos. XXXV.
 
3) Daß das Creutz die Seligkeit nicht verhindere, sondern vielmehr befördere;
  • 2. Tim. II.
  • 1 Petri IV.
  • Röm. VIII, 18
 
4) Daß der Glaube Tugend und Liebe würcke;
Gal. V, 6.
  Solchergestalt kan die Umschreibung unseres Textes also lauten:  
  Ob denen Weibern gleich nicht erlaubet ist, in öffentlicher Versammlung zu lehren, ob auch schon die Weiber keine Herrschaft über die Männer haben; So haben sie doch zu Hause ihre Verrichtung, und vornemlich das Kinder-Zeugen; Dieses soll ihnen dennoch an der ewigen Seligkeit nicht hinderlich seyn, wenn sie in dem wahren Glauben, welcher Liebe gegen GOtt und den Nächsten und Heiligkeit würcket, und von der Himmlischen Klugheit begleitet wird, bleiben.  
  Wir mercken kürtzlich aus den Worten Pauli  
 
1) Lehr-Sätze.
 
 
 
a) GOtt ordnet nichts was die Seligkeit der Menschen verhindert;
  • 2 Petri III, 19.
  • Offenb. Joh. XXII, 2.
 
 
b) Die Mittel der Seligkeit gehen so wohl die Weiber, als Männer an;
  • Galat. III, 28.
  • 1 Petri II. 7.
 
 
c) Die warhafftig-gläubigen sind ihrer Seligkeit gewiß.
 
 
 
d) Die Papisten mißbrauchen den Spruch Pauli, wenn sie das Verdienst der Wercke daraus beweisen wollen.
 
 
 
e) Sie bemühen sich auch vergebens, daraus zu bestärcken, daß der Ehestand ein Sacrament sey.
 
 
2) Moralische Sätze:
 
 
 
a) Die Frommen können auch in dem Hauß- und Ehestande gute Wercke thun.
 
 
 
b) Diejenigen sündigen, und werden mit Recht gestraffet, welche die Zeugung der Kinder verhindern.
 
 
 
c) Fromme Eheleute suchen nicht Fleisches-Lust, sondern Kinder.
1 Corinth. VII, 2.
 
 
d) Welche Trost nöthig haben, die muß man damit aufrichten.
  • Jes. XL, 1;
  • 1 Thessal. IV, 18.
  Wenn wir unser Urtheil von den bisher angeführten Dissertationen fällen sollen, so geben wir dem Verfasser der letztern unsern Beyfall, und glauben,  
 
  • daß in dieser Schrifftstelle der Apostel alle Christlichen Weiber und Kind-Betterinnen versichere,
  • daß, ob wohl durch das Weib die Sünde in die Welt gebracht worden ist, Sirach XXV, 32. ob auch wohl die Schmertzen, so ein Weib bey dem Kinder-Gebären ausstehen muß, von der Sünde zeugen, 1 Mos. III, 16. dem ohngeachtet an ihrer Seligkeit nicht zweiffeln dürffen, sondern so wohl als die Männer, solche erlangen und Mit-Erben der Gnade des Lebens seyn sollen,
1 Petri III, 7.
  Und das auch, so ferne sie in dem Stande des Kinder-Zeugens, teknogonias, betrachtet, oder gefunden werden.  
  Das Wörtlein Durch bedeutet also allhier nicht eine würckende Ursach, auch nicht ein Verdienst, auch nicht ein Werckzeug und Mittel, dadurch das Weib die Seligkeit erlange: Denn das ist allein der Glaube, und die andern Mittel, die GOtt darzu verordnet hat. Sondern es wird entweder als ein Weg gesetzet, darauf das Weib bleibet, als bey ihrem Beruff, und bey ihrer Arbeit und Creutze, so ihr GOtt aufgebürdet hat, darinnen sie ihren Glauben am besten beweisen kan, und es ihr, so sie es in dem Glauben erträgt, reichlich aus Gnaden vergolten werden wird;  
  Oder es hat die Bedeutung, daß es so viel heisset, als In, wie es also in folgenden Sprüchen heiliger Schrifft genommen wird. Als, da von Abra-  
  {Sp. 38}  
  ham gesaget wird: Das Zeichen in der Beschneidung empfing er zum Siegel der Gerechtigkeit des Glaubens, welchen er nun in der Wahrheit hatte, auf das er würde ein Vater aller, die da gläuben in der Wahrheit, daß denselben solches auch gerechnet werde zur Gerechtigkeit. Petrus braucht es von dem Wasser der Sündfluth zu den Zeiten Noah, da man die Arche zurüstete, in welcher wenig, d.i. acht Seelen, behalten wurden durchs Wasser. Und Paulus braucht es von seiner und seiner Mit-Apostel Verfolgung und Trübsal, da er saget, daß sie sich erweisen wollen als Diener Gottes, durch Ehre und Schande, u.s.w. und also finden wir viele Exempel gottseliger Kindbetterinnen, welche mit grosser Freude u. vielem Troste gestorben sind.  
     

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Stand: 26. Februar 2013 © Hans-Walter Pries