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Zedler: Welt, Latein. Mundus [6] HIS-Data
5028-54-1639-4-06
Titel: Welt, Latein. Mundus [6]
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 54 Sp. 1678
Jahr: 1747
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 54 S. 852
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Stichworte Text   Quellenangaben
  14) Untergang der Welt.  
  Die Lehre von dem Untergange der Welt wird nach der H. Schrifft billig unter die Glaubens-Artickel gezählet. Wenn ein natürlicher Mensch aus den historischen Nachrichten erkennet, daß die Welt schon so lange Zeit ohne Veränderung gestanden hat, so könnte er leicht auf die Gedancken kommen, als werde sie immerfort dauern, wiewohl solches eine gar schlechte Muthmassung wäre. In der Beschaffenheit der Welt Cörper selbst findet man keinen Grund einer beständigen und immerwährenden Daurung, und da die Sache blos auf den Willen GOttes ankommt, so hat man auch in der Natur keinen Grund, daraus man selbige erkennen könnte. Es haben  
  {Sp. 1679|S. 853}  
  zwar einige, sonderlich in Engelland, aus philosophischen Grundsätzen den Ursprung und Untergang der Welt erklären wollen; Es sind aber ihre Gedancken nur leere Muthmassungen; wie man an des Burnets vorhin gedachten Theoria sacra Telluris ... siehet. So hat auch Cluver davor gehalten, wie die Sündfluth von einem Cometen entstanden sey, also werde auch diese Welt durch einen Cometen, der sich der Sonne sehr nähern werde, untergehen.  
  Wie kan aber die Vernunfft wissen, wie die Welt durch das Feuer verderben werde? Denn so wenig die Welt nach den Gesetzen der Natur erschaffen ist, eben so wenig wird sie nach derselben Gesetzen untergehen.  
  Den 4 September 1714 hielt zu Tübingen M. Christian Daniel Hofmann, unter D. Jägers Vorsitze, eine Disputation: De consummatione seculi. Anfangs betrachtete der Verfasser den Untergang der Welt, in kurtzen und wenigen Paragraphis, nach denen Ursachen, (Causis) und schloß selbige hernach in folgende Beschreibung ein: Der Untergang der Welt ist eine Handlung GOttes, nach welcher er durch Feuer dieses gantze Welt-Gebäude, die Engel und Menschen ausgenommen, dem Wesen nach gäntzlich zerstöhren und zernichten wird; Zu Lobe seiner Macht, Wahrheit, und Gerechtigkeit. Darauf untersuchet er diese beyden Fragen:  
 
1) Ob diese Welt an dem jüngsten Tage gäntzlich und dem Wesen nach zu zernichten, oder nur zu verwandeln und zu verneuern sey?
  Vor die Verneuerung der Welt streitet der sel. Luther, Brentius, Lucas Osiander, Hainlinus. Der Verfasser hingegen streitet, mit vielen andern Theologen, für die Zernichtung, und berufft sich insonderheit auf Pauli Worte: Röm. VIII. 19; Ingleichen Psalm CII, 26.
 
 
2) Ob für dem Untergange der Welt einige Hoffnung besserer Zeiten, und insonderheit einer merckwürdigen Bekehrung des Jüdischen Volckes, in der H. Schrifft gegründet sey?
 
 
  Spener (und mit ihm viele andere) bejahet eine solche Bekehrung der Jüden, hat aber deswegen vieles leiden müssen. Der Auctor will sich deswegen das Maul nicht verbrennen, sondern setzet bejahende Beweißgründe, welche aus Röm. XI, 25. 26. 27, und Jes. CIX, 22, genommen sind; Aber auch verneinende Argumente; Und lässet jedwedem die Freyheit, sich nach seinem Gefallen eine Meynung, jedoch ohne chiliastische Meynung, zu erwählen. Solchen Chiliasmus verwirfft der Autor selbst, lässet aber doch nicht alle von der Jüden-Bekehrung sich aus Röm. XI gemachte Hoffnung fahren.
 
Wiedeburg Anfang Im Jahr 1734 hielt Professor Wiedeburg zu Jena eine Disputation: De Phaenomenis mundi nascentis ejusdemque perituri, mechanice explicatis, welche in Gründl. Ausz. aus Disp. B. III ... recensiret wird, und folgendes Inhaltes ist:  
  Bäume, Pflantzen, Thiere, und selbst die Herren über diese Geschöpffe, nehmlich die Menschen, vergehen, und werden im Staub verwandelt, daraus sie entsprungen sind. Die Berge, Städte und Länder, werden offt durch Erdbeben, Feuers-Brünste, und Über-  
  {Sp. 1680}  
  schwemmungen, verschlungen und verwüstet. An dem Himmel sind einige unter den hellen Sternen verschwunden, welche man vormahls gesehen hat,, wovon man ein Verzeichniß in den Brieffen Montanarii, die er 1670 an die Parisische Academie der Wissenschafften geschrieben hat, findet.  
  Hieraus schliessen wir, daß das gantze Welt-Gebäude zu dem Untergange geneigt sey. Denn wer wolte die Welt ewig nennen, da ihre Theile vergänglich sind? Allein das Seyn folget nicht allezeit auf das Können; Ferner ist des einen Untergang des andern Zeugung; Es bleibet auch einerley Maaß der Kräffte in der Welt: Daher kan die Vernunfft vor sich nicht sattsam begreiffen, daß die Welt vergehen werde. Dem ohngeachtet haben dennoch die ältesten Weltweisen, Empedocles, Heraclitus, und andere, aus angeführten Nachrichten gewust, daß die Welt geschaffen sey, und wieder vergehen werde. Es redet Lucanus, L. I. ... hievon auf merckwürdige Weise:  
  Antiquum repetent iterum chaos omnia, etc.  
  Gleiche Meynung hat Lucretius, L. V. ...  
  Una dies dabit exitio, multosque per annos
Sustentata ruet moles et machina mundi.
 
  Seneca stimmet hiermit überein, de consolat. ad Marciam, c. XXVI:  
  Wenn die Zeit kommen wird, da sich die Welt, so sich zu erneuern verlangt, vertilget; So werden die Dinge, sich mit ihren eigenen Kräfften verwunden, die Gestirne werden wider einander lauffen, und wenn die gantze Materie von einem Feuer rauchet, so wird alles, was jetzt in seiner Ordnung leuchtet, brennen:  
  Die Lehre von dem Untergange der Welt wurde den ersten Eltern von GOtt unmittelbar bekannt gemacht, und 2500 Jahr unter den Nachkommen derselben durch Nachrichten fortgepflantzet. Da sich aber die Menschen vermehreten, und insonderheit die heydnischen Weltweisen alles mit vielen Fabeln und Zusätzen verfinsterten; So gefiel es GOtt, den Weg der Seligkeit durch Schrifften zu offenbahren, und Weissagungen von dem Ende der Welt zu geben. Zu den vornehmsten Stellen gehören:  
  Jes. XXXIV, 4: Alles Heer des Himmels wird verfaulen, und der Himmel wird eingewickelt werden, wie ein Brief. Vergl.
  • Cap. XXI, 7;
  • Psalm CII, 27 u.f.:
  • Matth. XXIII, 29;
  • 2 Petri III, 12;
  • Offenb. Joh. XXII, 11.
  Wir finden zwischen der Schöpffung und dem Untergange der Welt die schönste Übereinstimmung, daß wir nicht zweiffeln dürffen, es werde die Welt in der Ordnung, in welcher sie gebauet worden, wieder aus einander genommen und eingerissen werden; Jedoch mit dem Unterscheide, daß dasjenige, was zuletzt bereitet worden ist, zuerst seine Endschafft erreichen wird. Wir stellen uns billig die Welt als eine Machine vor, eine Machine ist ein zusammen gesetztes Werck, welches auf eine der Structur gemässe Weise, nach den Regeln der Bewegung würcket.  
  Die Welt ist ebenfalls ein Begriff derer Dinge, die ihre Krafft haben, und also als ein zusammen gesetztes Werck, dessen Würckungen seiner  
  {Sp. 1681|S. 854}  
  Structur und den Regeln der Bewegung gemäß sind, anzusehen. Da GOtt, nach seiner Weisheit und Allmacht, das Welt-Gebäude verfertigen wolte; So schuff er die Materie des Himmels und der Erde, welches ein rauher und ungestalter Klump war, den wir uns als einen Hauffen der zärtesten Theilgen, der ohne alles Leben gleichsam unbewegt und ruhig ist, vorstellen. Dieses bezeugt Moses kürtzlich: 1 Mos. I, 1. Am Anfang schuff GOtt Himmel und Erde.  
  Die Beschaffenheit der ersten Materie aber beschreiben Sinus, Musäus, Hesiodus, Homerus, Thales, und andere, aus den Nachrichten, Adams und seiner Nachkommen, weitläufftiger.  
  Die Ruhe der Materie ist die Ursache, warum dieselbe finster gewesen: Denn das Licht bestehet in der schnellesten Bewegung der subtilesten Theilgen. Daß durch göttl. Macht die subtilesten Theilgen auf das schnelleste beweget worden seyn, zeiget Moses durch die Worte an: Der Geist GOttes schwebete auf dem Wasser, 1 Mos. I, 1. Aus dieser Bewegung der zärtesten Materie, welche Wasser genennet wird, und leicht hat können aus einander getheilet werden, ist das erstere Licht entstanden.  
  Denen Elementen, oder den Dingen, daraus die Theile der zusammen gesetzten Cörper entsprungen, sind hernach durch den Geist GOttes, der über dem Wasser des Klumpens geschwebet hat, oder durch die bewegende Krafft Gottes, Kräffte, das ist, ein Vermögen, die Bewegung der Dinge zu determiniren, eingepflantzet worden, von deren mancherley Modification, oder Veränderung, die Gesetze der Bewegung kommen.  
  Hier hat man vornehmlich die so genannten Vires centrales und centripetas, ingleichen die leidende und thätige Krafft, (Vim passivam et activam) derer Cörper, in Betrachtung zu ziehen. Weil ein jeder Cörper eine Materie, dieser aber eine eingepflantzte Krafft zu widerstehen hat; So kan sie sich nicht selbst bewegen, wo nicht eine bewegende Ursache darzu kommt.  
  Eine solche Ursache ist die würckende Krafft, so in der ersten Bewegung einer jeden Materie eingepflantzet ist, welche machet, daß die Cörper in einer beständigen Action sind. Diese bestehet in einem Bestreben, den Stand zu verändern. Es muß eine Hinderniß seyn, wenn die Bewegung der Materie, dazu sie einmahl gebracht ist, aufhören soll.  
  Die Mechanischen Grund-Sätze sind bekannt. Eine jede Action hat gleiche Reaction. Ein jeder Cörper bleibet in dem Stande der Ruhe, oder Bewegung, mit gleicher Geschwindigkeit, und nach einerley Direction; wo er nicht von einer äusserlichen, oder innerlichen Ursache, gezwungen wird, seinen Stand zu verändern. Was nun durch das Wesen, oder Structur, Vermischung, oder Verknüpffung der Cörper, und durch die Regeln der Bewegung, nach welchen die Kräffte modificiret werden, erkläret werden kan, das heißt, etwas Natürliches; Wenn aber etwas geschiehet, das dem Wesen, der Sache, und den mechanischen Gesetzen zuwider ist, das wird etwas übernatürliches, oder ein Wunder, genennet.  
  Wenn die Begebenheiten denen Wesen der Cörper und den Regeln der Bewegung gemäß erfolgen, so pflegen wir dieses den Lauff der Natur zu nennen. Die-  
  {Sp. 1682}  
  ser Lauf der Natur hat sich mit der ersten Bewegung der Materie angefangen. Denn durch die zu den Mittelpuncte geneigte, und davor fliehende Krafft, ist das gantze Welt-Gebäude aus dem ersten verwirrten Stande in Ordnung gebracht, und zu dem vorgesetzten Zwecke bereitet worden; Indem die Dinge einer Art durch jene Krafft verbunden, durch diese aber die ungleich genaturten Theile abgesondert wurden. Es ist also eine Absonderung der feurigen Theilgen, woraus die Sonne und die übrigen Fix-Sterne entstanden, von der irrdischen und schattigten Materie, daraus die Planeten zusammen gesetzet sind, vorgegangen. Von dieser Absonderung saget Moses: 1 Mos. I, 4. GOtt scheidete das Licht von der Finsterniß.  
  Hernach sind, nach den Gesetzen der Bewegung, die Ätherischen Theilgen von den irrdischen abgesondert, und so weit ausgebreitet worden, daß sie den selben unermeßlichen Raum erfüllet haben, welcher der Stern-Himmel genennet wird. Wie in einem aufgerollten Buche die Buchstaben erscheinen, also haben die Cörper in dem aufgewickelten Himmel, die aus der Absonderung der Theilgen gleicher Art, von den Theilgen ungleicher Art, entstanden sind, können gesehen werden. Die irrdische Materie, welche, wegen ihrer erstern Flüßigkeit, dieweil die ersten Elemente leicht von einander abgesondert werden konnten, Wasser heisset, bestund aus viel irrdischen Theilgen ungleicher Art, nemlich aus Lunarischen, Jovialischen, Saturnischen, und andern Theilgen. Diese wurden, vermöge der den Mittelpunct fliehenden Krafft, von einander abgesondert, und die Theilgen gleicher Art kamen zusammen.  
  Solchergestalt sind die irrdischen Theilgen, welche die Wasser unter dem Firmamente heissen, von den Lunarischen, und von diesen wiederum diejenigen, aus welchen die übrigen Planeten bestehen, und alle die Wasser über dem Himmel genennet werden, abgesondert, damit das Firmament selbst, oder der ausgebreitete Äther, diese Wasser von jenen unterscheidete. Da nun dieselben wäßrigen Klumpen von einander abgesondert wurden, und eine gewisse Gestalt erhielten, auch die feuchten Theilgen, die in denselben waren, von den trockenen getrennet wurden; So senckten sich die trockenen Theilgen, und ihre kleinen Flächen machten, daß sie mit einander verknüpffet wurden.  
  Weil die Theilgen gleicher Art mehr, oder weniger, vor dem Mittel-Punct fliehende Krafft hatten; So senckten sich einige geschwinder, als die andern; Daher ist es gekommen, daß die Erde an vielen Orten ungleich und bergicht geworden. Da auch die leichteren feuchten Theilgen denen dickern und grösten theils trockenen weichen musten; So wurden jene von diesen gleichsam in die Höhe getrieben, sie senckten sich aber, und rannen, wegen ihrer zu dem Mittel-Puncte geneigten Krafft, und wegen ihrer Flüßigkeit, in den Tieffen zusammen; Daher die Seen und Flüsse entstanden sind. Dem ungeachtet aber sind in den unterirrdischen Gängen und Höhlen, viel feuchte Theilgen geblieben.  
  Auf solche Weise haben alle Cörper der Planeten ihre gehörige Gestalt und Verfassung bekommen. Darum redet Moses von vielen Versammlungen der Wasser. Inzwischen sind  
  {Sp. 1683|S. 855}  
  auch die feurigen Theilgen, welche den ersten Tag von den irrdischen abgesondert worden, nach und nach zusammen gelauffen, daraus, vermittelst der eingepflantzten Krafft, viel grosse und leuchtende Kugeln entstanden, welche in der Heil. Schrifft Sonne und leuchtende Sterne genennet werden. Daher heisset Empedocles die Sonne gar recht: pyros athrōma megas, einen grossen Klump Feuer. Solchergestalt ist das gantze Welt-Gebäude verfertiget worden. Moses beschreibet zwar, nach seiner Absicht, die Auszierung der Erde, wovon wir aber hier nicht zu handeln haben; Da wir zeigen wollen, daß die Welt in eben der Ordnung, in welcher sie gebauet worden ist, untergehen werde.  
  Einige sagen, es werde nicht das gantze Welt-Gebäude, sondern nur der Erd-Kreis, wegen der Sünden der Menschen, vertilget werden. Andere meynen, die Welt werde aus natürlichen Ursachen untergehen, und neige sich selbst je mehr und mehr zu ihrem Untergange. Es wird ohne Zweiffel das gantze Welt-Gebäude seine Endschafft haben.  
 
1) Von den eigentlichen Worten der Heil. Schrifft soll man niemahls ohne Noth abgehen. Wenn sie aber von dem Untergange der Welt redet, so nennet sie fast allezeit Himmel und Erde, wodurch die gantze Welt angedeutet wird.
  • 1 Mos. I, 1. II, 4.
  • 2 Mos. XXXI, 15.
  • Jerem. XIII, 24.
 
2) Unsere Erd-Kugel ist mit den übrigen Theilen dieser Welt zugleich geschaffen worden, und stehet mit denselben in genauer Verbindung.
 
 
3) Es ist von Zeit zu Zeit von den Weisen behauptet worden, daß nicht nur die Erde, sondern auch der Himmel und die Gestirne, zerstöhret werden sollen. Es machet zwar, wie die Stern-Seher sagen, ein jeder Fix-Stern ein neues Welt-Systema aus, und in jedem sind eben so viel, oder mehr Erden, die da bewohnet werden können; Daher man auf den Zweiffel gerathen könnte, ob die Einwohner so vieler Erden, die nicht zu zählen sind, um der sündigen Menschen willen, so sich auf unserer Erde befinden, auf gleiche Weise gestraffet werden solten?
 
 
  Wenn aber gleich die Cörper der Planeten unserm Erd-Kreise sehr ähnlich sind, und von vernünfftigen Creaturen bewohnet werden können; So folget doch nicht, daß solches würcklich geschehe. Warum kan GOtt nicht unsere Erde, ob sie schon sehr klein ist, vor andern unzähligen Erden erwehlet haben, daß er sie mit Kräutern, Bäumen, Thieren und Menschen auszierete, die übrigen aber leer liesse?
 
 
  Also hat Gott in dem Reiche der Gnaden gethan, die eintzige Familie Abrahams aus dem gantzen menschlichen Geschlechte hervor gezogen, und einen Bund mit ihr gemacht, daß man mit Paulo ausrufen muß: O welch eine Tieffe der Weisheit! Will jemand sagen, wenn blos unsere Erde mit Menschen besetzet wäre, so würde die unzählige Menge der Sterne umsonst geschaffen seyn? So antworten wir, daß es sich von unserer Unwissenheit noch nicht auf die Sache schliessen lässet. Wie viel Insuln und grosse Länder werden nicht fast jährlich in den entlegensten Gegenden der Erde entdecket, wohin kein Mensch von der Schöpffung der Welt an gekommen ist, und dennoch sind sie so viel Jahrhunderte mit vielen Frucht-tragenden Bäumen und un-
 
  {Sp. 1684}  
 
  zähligen Thieren angefüllet gewesen.
 
  Diejenigen, welche sagen, die Welt werde aus natürlichen Ursachen untergehen, beruffen sich darauf, daß die Welt verbrennen werde, und meynen, es werde das Feuer aus der Sonnen, oder aus den Höhlen der Erden, oder aus der Lufft, darzu gebrauchet werden; Bemühen sich aber vergebens die Sache zu erklären, dieweil das Feuer, so aus der Erd-Kugel hervorbricht, das gantze Welt-Gebäude zu zerstöhren unvermögend ist.  
  Die Welt bestehet aus Elementen, die unterschiedene Kräffte haben: Die Welt Cörper sind durch die eingepflantzeten Kräffte gemacht, erhalten worden, und werden bis an das Ende der Tage beweget. Soll die Welt wieder zerstöhret werden, so müssen dieselben Kräffte entweder vermündert, oder aufgehoben werden. Aber nach dem Lauffe der Natur, welcher in dem Anfange der Welt feste gesetzet worden ist, werden die Kräffte der Welt nicht vermindert, sondern es bleibet einerley Quantität; Daher ist der Untergang der Welt dem Wesen der Dinge, und den mechanischen Gesetze, zuwider, und wird also mit Recht davor gehalten, daß die Welt durch ein Wunder untergehen werde.  
  Wie GOtt aber dieses gantze Welt-Gebäude nicht in einem Augenblicke, sondern innerhalb 6 Tagen, bereitet hat; So wird er auch dieselbe nicht auf einmahl verderben; Sondern anfangs werden die Kräffte nach und nach geschwächet und vertilget werden, und hernach folget eine Verwandlung der Cörper in ihre Elemente, und endlich werden auch diese annihiliret und zernichtet.  
  Bey diesem nach und nach sich ereignenden Untergange der Welt, werden die Zeichen, so die Propheten und Apostel verkündiget haben, geschehen. Wenn Vis inertiae, oder die Gegen-Krafft, und die Elasticität der irrdischen und ätherischen Materie weggethan worden ist, so wird der Stern-Himmel zusammen gewickelt werden, und die Welt-Cörper selbst werden sich verzehren. Dieses ist das erste Phänomenon, oder Zeichen, dessen die H. Schrifft gedencket: Jes. XXXIV, 4. Alles Heer des Himmels wird verfaulen, und der Himmel wird eingewickelt werden, wie ein Brief.  
  Diese Worte sind nicht von der Angst der Menschen, sondern von dem Himmel selbst, und desselben Cörpern, anzunehmen. Man siehet gar leicht, daß das Wort [ein Wort Hebräisch] er hat zusammen gewickelt, gerollet, auf derer Alten Bücher ziele, da man eine lange Rolle Pergament zusammen gewickelt hat. Wie die ätherische Materie bey der Schöpffung der Welt, vermöge der eingepflantzten ausbreitenden Krafft, nicht anders als ein Buch, oder einer Haut, ausgebreitet worden ist; Psalm CII, 27. Jes. XL, 22. Also wird auch an dem Ende der Welt der Himmel, nach den verlohrenen eingepflantzten Kräfften, wie ein ausgebreitetes Fell, wieder zusammen gewickelt werden.  
  Die Erde aber, und die übrigen Welt-Cörper, werden, wenn die ausbreitende Krafft aller ihrer Theilgen vergehet, einem menschlichen Cörper, der von der Schwindsucht verzehret wird, dessen musculöses Fleisch verwelcket, und alle Krafft verlieret, gleich werden. Wenn dieses in unserer und derer andern Planeten Atmosphär vorgehen wird, so werden auch Sonne, Mond und Sterne, ver-  
  {Sp. 1685|S. 856}  
  dunckelt werden. Matth. XXIV, 29.
  Denn wenn die Elasticität der Luft weg seyn, wird die Lufft um den Erdboden herum dichte werden, und die Gestirne werden nicht mehr durchleuchten können; Wie in einem Buche, wenn es zusammen gerollet ist, keine Buchstaben, oder Worte gesehen werden können. Wenn ferner die den Mittel-Punct fliehende Krafft weg ist, so können die Welt-Cörper ihre gehörige Distantz nicht mehr behalten; Sondern werden wegen der zu dem Mittel-Puncte geneigten Krafft, gegen das gemeine Welt-Centrum schnell beweget werden. Daher müssen die Gestirne von den Himmel fallen. Darum heisset es in der angeführten Stelle Jesaiä: Alles Himmels Heer wird verwelcken, oder herabfallen, wie ein Blatt verwelcket, oder abfället, am Weinstocke, und wie ein dürres Blat am Feigenbaum. Und der Heyland sagt, Matth. XXIV, 29. ausdrücklich: Die Sterne werden vom Himmel fallen.  
  Die Welt-Cörper werden, nach dem Verluste ihrer Kräffte, vermöge der Krafft, nach welcher alle Dinge gleicher Art ihre Vereinigung suchen, zu einem Hauffen zusammen gebracht werden. So ferne aber dieselben die Theile der Welt ausmachen, so sind sie Homogenea; Deswegen werden sie zu dem Welt-Centro näher kommen; Von dieser Bewegung kan es nun in eigentlichem Verstande heissen, daß die Sterne von dem Himmel fallen werden. Wenn nun die zu dem Mittel-Puncte geneigte Krafft aufhören wird, so werden die Theilgen der Welt-Cörper nicht mehr fest an einander hangen, sondern werden, wenn die Welt-Materie, vermittelst der anfangs eingepflantzten Krafft, noch herumschwancken wird, von einander gelöset werden, daß sie alle in ihre Elemente, und in ihr erstes Chaos verfallen, und verwandelt werden; Wie der Heyland an dem angeführten Orte sagt: Die Kräffte der Himmel werden beweget werden.  
  Darauf wird nur die erste Krafft der Materie, oder des ersten Klumpens, übrig seyn, wodurch die gantze Materie des Himmels und der Erden, so in ihre Elemente aufgelöset worden ist, noch beweget werden, und solchergestalt wie eine Feuer-Flamme zu seyn scheinen. Dieses lehret Petrus, 2 Epist. III, 12.  
  Die Elemente werden für Hitze zerschmeltzen. Einige verstehen durch diese Elemente Feuer, Luft, Wasser und Erde; andere meynen, es würden die Gestirne des Himmels angedeutet. Noch andere wollen hier einen geheimen und metaphorischen Verstand wahrnehmen. Wir wollen nicht von den eigentlichen Worten der Schrifft abgehen, und verstehen die ersten Stamina derer Dinge darunter. Wenn nun die kleinsten Stäubgen, durch die erste Bewegung, werden beweget werden, in welche Stäubgen alle Welt-Cörper, nach aufgehobener Krafft, gegen den Mittelpunct wieder verfallen werden; so werden diese Cörper durch die Erhitzung mehr und mehr getrennet, und wie Metalle zerschmeltzet werden. Hierauf wird die gantze Welt verbrennen, 2 Petri III, 12.
  Durch diese Verbrennung verstehen wir nichts anders, als die Verwandelung der gantzen Welt-Materie in nichts. Weil dieses ein Werck der göttlichen Allmacht ist, so übersteiget es unseren Verstand, und kan nicht deutlich von uns begriffen werden.  
  {Sp. 1686}  
  Daher brauchet die Heilige Schrifft solche Redens-Arten, womit man eine gäntzliche Zerstöhrung anzudeuten pfleget. Es sagen zwar einige Gottesgelehrte, es werde das gantze Welt-Gebäude nicht gäntzlich zernichtet werden. Allein wir behaupten solches billig. Denn wir wissen, daß die Welt geschaffen ist,  
 
1) daß sie GOttes Allmacht, Gütigkeit, und Weisheit offenbahre, und die Anschauer in Verwunderung setze;
 
 
2) Daß sie denen Creaturen nützlich sey.
 
  Wenn nun das Welt-Gebäude wieder in den ersten Klumpen verwandelt ist, so wird es nicht mehr zu der Verherrlichung des göttlichen Namens dienen. Den Creaturen nützet es auch nicht, weil keine mehr da seyn, und weil der Abgrund nicht wird können bewohnet werden. Da also der Endzweck aufhöret, so höret auch der Effect auf.  
  Wenn aber in der H. Schrifft von einem neuen Himmel und von einer neuen Erde geredet wird, wird der Freuden-Himmel der Seligen verstanden; weil die Heilige Schrifft, um unserer Schwachheit zu helffen, Gleichniß-Reden von irrdischen Dingen herzunehmen pfleget. Die Auserwehlten werden den Engeln in dem Himmel gleich seyn; so haben sie die materialische Welt nicht nöthig. Sagt man, das Gleichniß von einem verwandelten Kleide zeige seine Zernichtung an; so lässet es sich doch auf keine Verbesserung schliessen: Denn ein Kleid, wenn es veraltet, wird nicht besser.  
Wiedeburg Ende Was die Pythagoräer und Stoicker von der Erneuerung der Welt geschrieben, und aus der Tradition geschöpffet haben, kan zu keinem Beweise dienen. Auf die Zernichtung wird Himmel und Erde verschwinden, wie Johannes, Offenb. XX, von derselben Flucht redet. Wie nun 1 Mos. I, 1 durch Himmel und Erde die Materie der Welt verstanden wird; so wird auch hier eben dieselbe angedeutet. Bis hierher gehen Wiedeburgs Gedancken.  
     

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Stand: 30. März 2013 © Hans-Walter Pries