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Zedler: Welt-Theile HIS-Data
5028-54-1851-2
Titel: Welt-Theile
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 54 Sp. 1851
Jahr: 1747
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 54 S. 939
Vorheriger Artikel: Welt-Systema
Folgender Artikel: Welt-Veränderung
Siehe auch:
Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel
  • : Absatz in der Vorlage vorhanden

  Text   Quellenangaben
  Welt-Theile, deren giebt es viere: Europa, Asia, Africa und America.  
  In denen alten Zeiten, und ehe man noch die neue Welt oder America entdecket, ist Asien oder die gesamten Morgenländer vor den grösten und auch zugleich vor den volckreichsten Theil der alten Welt gehalten, und in seinem Bezirck auf zwey tausend Meilen gerechnet worden, daß all so Asien vor sich alleine so groß sey, als die übrigen beyden Theile, nemlich Europa und Africa.  
  Nachdem aber America entdecket worden, haben die Geometrie-Verständige nachgerechnet und davor gehalten, daß America alleine so groß, ja nach etlicher Meynung, noch grösser, als die gantz alte Welt, nemlich Europa, Asia und Africa, sey. Etliche gehen in solcher Geometrischen Rechnung noch weiter und sagen, daß die neue Welt sich bey nahe auf 8000. Meilen in ihrer Länge und Breite erstrecke; solchergestalt wäre America zweymahl so groß, als die gantze Welt, welche Meynung aber nicht wohl zu behaupten und anzunehmen stehet, und zwar aus folgendem bedencklichen Ursachen. Denn  
 
1) haben unsere Europäer bis Dato noch nicht einmahl dieselben Länder völlig erforschen, und bis an ihre äusserliche Grentzen entdecken können, welche doch an denen grösten und schiffreichsten Ströhmen liegen, oder von denenselben durchschnitten werden.
 
 
2) Haben vornehmlich die unverdrossenen Holländer solches zwar zu unter schiedenenmahlen versuchet, seyn von 200 und mehr Meilwegs auf denen Ströhmen in die Länder hinein gefahren, der Meynung, deroselben Grentze und Ende zu erreichen, haben aber darzu seithero nicht gelangen mögen, theils wegen der unermäßlichen Länge, denn je weiter sie hinein kommen seyn, je weiter sich diese Länder erstrecket, und haben denen Holländern, wegen ihrer grossen Wildnissen und barbarischen Inwohner, die Lust benommen, weiter fortzuschiffen; theils seyn sie auch wegen abgehender Lebens-Mittel, daran verhindert und gemüßiget worden, unverrichteter Sachen wiederum zurücke zu kehren, in Betrachtung, daß die Gefahr, Mühe und Unkosten, solcher curiösen Schiffart grösser seyn möchte, als der Vor-
 
  {Sp. 1852}  
 
  theil oder Nutzen.
 
 
3) Hat man bis Dato auch noch nicht die grosse Breite und den Nordischen Ober-Theil dieser neuen Welt eigentlich erforschet, sondern sich mehr mit denen besten und nutzbarsten Ländern begnüget, und um die übrigen weit entlegenen, sonderlich des äussersten Norden-Theils wenig bekümmert; woraus denn leicht erhellet, daß die Grösse der neuen Welt so genau und eigentlich nicht könne gesetzet, viel weniger die 8000. Meilen behauptet werden.
 
  Indessen aber ist nicht zu verneinen, daß America wohl der gröste unter denen vier Haupt-Theilen der Welt sey; man könte auch wohl derjenigen Meynung noch Beyfall geben, welche sagen, daß America fast alleine so groß, als die gantze alte Welt in ihren drey Theilen zu achten wäre. Welche Meynung man doch in ihrem Werth und Unwerth beruhen lässet. Diejenigen, so viele Jahre in America hin und wieder gereiset, erstrecken desselben Größe, noch über 8000. Meilen; allein der Unterscheid ist in denen Meilen zu suchen.  
  So ist auch vormahls, ehe man die neue Welt erfunden, Asien jederzeit mit gutem Recht vor den volckreichesten unter den drey Theilen der alten Welt gehalten worden, wenn man zumahl das Sinesische Reich betrachtet. Nachgehends aber, als die Spanier und Portugiesen zum erstenmahl in America kommen, und darbey der Asiatischen Länder auch kundig waren, vermeyneten sie, daß America noch volckreicher, als Asien wäre, indem die daselbst entdeckten Länder von Inwohnern gantz angefüllet gewesen.  
  Wenn man aber America nach der jetzigen Zeit und heutigen Völckerschafft ansiehet, und erweget, wie viel hundert tausend, ja Millionen Menschen der Spanier Grausamkeit daselbst hingerichtet und ausgerottet, sich dieser Länder umso viel mehr zu versichern; So muß man billig nunmehro auf andere Meynung fallen, und sagen, daß Asia heutiges Tages das volckreichste Theil der gantzen Welt sey; als worinnen einige aus gewissen Folgerungen und Beweis-Gründen fünff hundert Millionen Menschen zu rechnen pflegen; wiewohl man die Zahl so gewiß nicht determiniren und behaupten kan.  
  Hingegen aber rechnen sie auf America nur etwan zwey hundert Millionen Menschen, welche heutiges Tages darinnen möchten zu finden seyn; wiewohl die Zahl noch ungewiß und zu wenig zu seyn scheinet. Indessen aber ist nicht zu leugnen, daß die alten eingebohrnen Americaner und deren Nachkommen durch die Spanier in denen entdeckten und bezwungenen Ländern sehr ausgerottet, und sehr dünne worden seyn; die übrigen Länder aber seyn nicht so wohl angebauet, daher leicht zu vermuthen, daß diese eben auch nicht so gar volckreich seyn können, wie in Asien, da die Länder besser angebauet und bevölckert werden. Politischer Nach-Tisch, p. 945. und 948.
     

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Stand: 21. Januar 2013 © Hans-Walter Pries