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Quellenangaben und Anmerkungen |
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Eintheilung des Wesens in ein gemeines und
besonderes. ¶ |
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Gleichwie
Geschlechte der
Dinge
sind, und zwar so wohl allgemeine als auch besondere; also giebt es auch in
denen Dingen ein gemeines und auch besonderes
Wesen. Ein gemeines ist, nach welchem ein Ding übereinkommt mit
allen andern Dingen in seinem
Geschlecht; da denn soviel allgemeiner das Wesen
ist, je gemeiner hier betrachtet werden die
Arten der Dinge. Hingegen ist ein
besonderes Wesen, nach welchem ein Ding unterschieden ist von
allen andern in seiner Classe; je besonderer nun eine Classe genommen wird,
desto besonderer muß auch das Wesen angesehen und betrachtet werden.
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Eigenschafften des Wesens.
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Aus der Erklärung vom Wesen erhellet, daß es in einem
Dinge
seyn müsse das allererste. Nemlich die
Natur
eines Dinges enthält verschiedenes, alles aber gründet sich zuletzt in einem, so
man das Wesen nennet. Da nun ohnfehlbar der
Grund
eines Dinges eher muß begriffen werden, als was darinn sich gründet, so muß auch
das Wesen eines Dinges allen andern Stücken vorgesetzet, und als das erste
betrachtet werden. Und das macht, daß eines jedweden Dinges seyn Wesen nur ein
eintziges seyn kan: Denn wolte man mehrere davor in selbigen
annehmen; so müste dennoch eines in dem andern sich gründen, oder sie müsten
ausser einander seyn, und gehörten nicht zu eben demselbigen Dinge. Sind sie
aber eins in dem andern gegründet; so bleibt dennoch eines nur übrig, so den
Grund des andern enthält, und vor das erste kan gehalten werden. |
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Endlich, weil alles in dem Wesen eines
Dinge
gründet, dasjenige aber, was gegründet ist, nach Beschaffenheit seines
Grundes
muß eingerichtet seyn, so folgt, daß an einem gantzen Dinge alles nach
Beschaffenheit des Wesens eingerichtet seyn müsse. Man muß aber dieses
verstehen, soferne etwas entweder nothwendig oder nur zufällig in demselbigen
sich gründet. |
Zimmermanns Natürl. Erkenntniß GOttes der
Welt u. des Menschen, p. 97. u.ff. |
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Der Herr |
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{Sp. 750} |
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Baron von
Wolff im I Theile seiner vernünfftigen
Gedancken von GOtt, p. 19. u.ff. leget dem Wesen folgende
Eigenschafften
bey, wenn er also setzet: |
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„Was den Grund von dem übrigen in
sich enthält, ist das erste, was sich von einem Dinge gedencken lässet.
Dasjenige, was in ihm gegründet ist, kan nicht eher gesetzet werden, denn von
dem muß der Anfang gemachet werden, daraus ich erkennen kan, warum das andere
ist. Also ist das Wesen das erste, was sich von einem Dinge gedencken lässet. |
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Es lässet sich aber von einem Dinge nichts eher gedencken, als
wie es möglich ist; Denn eben deswegen ist es ein Ding, weil es seyn kan, und
deswegen kan es seyn, weil es möglich ist. Daher ist das Wesen eines Dinges
seine Möglichkeit, und derjenige verstehet das Wesen, welcher weiß, auf was Art
und Weise ein Ding möglich ist. |
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Man weiß aber, wie etwas möglich ist, wenn man verstehet, wie
es in seiner Art determiniret wird. Wenn dasjenige was einem Dinge entgegen
gesetzet wird, etwas widersprechendes in sich enthält, so ist dasselbe
nothwendig. Da nun dasjenige, so etwas widersprechendes in sich enthält,
unmöglich ist, so ist dasjenige unmöglich, was etwas notwendigem entgegen
gesetzet wird; und wenn das, welches einem Dinge entgegen gesetzet wird,
unmöglich ist, so ist dasselbe Ding nothwendig. |
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Auch ist klar, daß das nothwendige sich nur auf einerley Art
determiniren lässet, und also auch nur auf einerley Art seyn kan. Was möglich
ist, kan nicht zugleich unmöglich seyn, und, wenn etwas auf solche Art und Weise
möglich ist, so kan es nicht zugleich auf eine solche Art und Weise unmöglich
seyn, und ist demnach nothwendig möglich. Da nun die Möglichkeit an sich etwas
nothwendiges ist, das Wesen aber eines Dinges darinnen bestehet, daß es auf eine
gewisse Art und Weise möglich ist, so ist das Wesen nothwendig. |
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Was nothwendig ist, ist auch ewig, das ist, kan weder Anfang
noch Ende haben. Denn wenn etwas nothwendig ist, so ist unmöglich, daß es nicht
seyn kan. Hätte es aber einen Anfang oder ein Ende, so könnte es auch nicht
seyn. Da nun das Wesen der Dinge nothwendig ist, so ist dasselbe auch
ewig, das ist, man kan keine Zeit setzen, da ein Ding hat angefangen
möglich zu seyn, und da es aufhören wird möglich zu seyn. |
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Wiederum was nothwendig ist, das ist unveränderlich. Denn wenn
es könnte geändert werden, so könnte es auch nicht seyn; welches der
Nothwendigkeit zuwiderläufft. Derowegen da das Wesen eines Dinges nothwendig
ist, so ist es auch unveränderlich. Wenn ich mir aber eine
mögliche Veränderung in dem Wesen eines Dinges gedencken kan; so ist dadurch das
Wesen des Dinges nicht verändert worden, sondern ich bin nur durch dessen
Erkänntniß zur Erkänntniß des Wesens eines andern Dinges kommen. |
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Z.E. das Wesen eines Dreyeckes bestehet darinnen, daß der Raum
in drey Seiten eingeschlossen wird. Es ist möglich, daß man an statt drey Seiten
vier Seiten nehmen kan, und ei- |
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{Sp. 751|S. 391} |
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nen Raum einschliessen; allein dadurch wird das Wesen des
Dreyeckes nicht geändert. Denn wenn vier Seiten einen Raum einschliessen, so hat
man ein Vierecke, und also ein anders Ding. |
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Dadurch, daß das Wesen eines Dinges unveränderlich ist, und
nicht mehr dasselbe Ding bleibet, wenn etwas in seinem Wesen geändert wird,
lässet sich begreiffen, daß das Wesen eines Dinges den andern nicht mitgetheilet
werden kan, das ist, es ist nicht möglich, daß ein Ding ausser seinen Wesen noch
das Wesen eines andern Dinges bekömmet, und doch daß einige Ding bleibet. Z.E.
Es wäre ungereimt, wenn man sich einbilden wolte, es könnte ein Vierecke
zugleich ein Dreyecke seyn; oder auch ein Cörper könnte zugleich ein Geist seyn. |
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Ja weil alles, was einer Sache beständig zukommet, und von
ihrem Wesen unterschieden ist, seinen zureichenden Grund in ihrem Wesen haben
muß: so kan auch einem Dinge nichts beygeleget werden, was nicht in seinem,
sondern in dem Wesen eines andern Dinges gegründet ist. Z.E. Man kan einem
Vierecke keinesweges die Eigenschafften eines Dreyeckes beyliegen, noch einem
Cörper die Eigenschafft eines Geistes, oder einer Pflantze die Eigenschafften
eines Thieres, als ein Gedächtniß.„¶ |
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Ursprung des Wesens. ¶ |
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Von dem
Ursprunge des Wesens handelt Herr
Wolff
an obangezogenem Orte, p. 601. u.ff. also, wenn er
spricht: |
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„Weil GOtt sich alle Welten durch
seinen Verstand vorstellet, und dadurch alles was möglich ist, so ist der
Verstand GOttes die Quelle des Wesens aller Dinge, und seyn Verstand ist es, der
etwas möglich machet, als der diese Vorstellungen hervor bringet. Nemlich
deswegen ist eben etwas möglich, weil es von den göttlichen Verstande
vorgestellet wird. Und da oben erwiesen, daß das Wesen der Dinge ewig ist; so
siehet man nun, wo das Wesen aller Dinge von Ewigkeit her gewesen, nemlich im
Verstande GOttes. Unter solcher Gestalt kan man sagen, daß das Wesen aller Dinge
allezeit würcklich vorhanden ist, und von Ewigkeit her zugegen gewesen, ob zwar
die Dinge selbst nicht beständig zugegen sind, oder auch von Ewigkeit da
gewesen, indem zu ihrem Wesen noch die Würcklichkeit kommen muß, wenn sie da
seyn sollen.„¶ |
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Willkührliches Wesen. ¶ |
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Von dem willkührlichen Wesen
schreibet er p. 613. also: |
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„Da der Wille GOttes bloß mit der
Würcklichkeit der Dinge, nichts aber mit ihrem Wesen oder ihrer Möglichkeit zu
thun hat, so irren sich diejenigen, welche ihnen einbilden daß GOtt das Wesen
der Dinge nach seinem Gefallen eingerichtet, auch nach seinem Belieben darinnen
ändern könne, was er wolle. Dieser Irrthum ist daher entsprungen, daß man nicht
genung eingesehen, was es für eine Beschaffenheit mit dem Erfinden hat. Wenn wir
etwas erfinden wollen, setzen wir der Sa- |
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{Sp. 752} |
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che erstlich ein gewisses Ziel vor, das sie erreichen sollen:
danach untersuchen wir, wie sie müsse beschaffen seyn, damit sie es erreichet. |
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Z.E. Wenn einer sich vornimmt eine Planeten-Uhr zu erfinden,
dergleichen Hugenius in Automato planetario in Operibus
posthumis gethan, so setzet er voraus, die Maschine solle den Lauff der
Planeten zeigen, wie er am Himmel observiret wird. Hernach bekümmert er sich,
was er für Räder dazu nöthig hat, und wie sie müssen zusammen gesetzet werden,
damit der Lauf der Planeten richtig gezeiget werde. Wenn er nun eine
Zusammensetzung erdacht, und sie gefället ihm nicht in allem, so ändert er
dieses und jenes, bis das Werck endlich so heraus kommet, als er es haben
wollen. |
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Auf solche Weise stellen sich die Menschen auch GOtt vor, wie
er das Wesen der Dinge herausbringet. Der Fehler hierbey ist, daß wir nicht
bedencken, wie wir durch unser Erfinden und Ausbessern die Sache nicht möglich
machen, sondern nur, dabey uns ein Gedancke aus dem andern kommen muß, uns
determiniren zu erkennen, was schon von Ewigkeit her möglich gewesen, ehe wir
daran gedacht haben. |
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Die Planeten-Uhr, welche Hugenius erdacht,
ist nicht erst möglich worden, da er derselben nachgedacht; sondern schon von
Ewigkeit her mit in dem göttlichen Verstande gewesen, der sie wie alle übrige
Wahrheiten hervorgebracht. Und wenn wir an der Zusammensetzung derselben, oder
einer andern Sache etwas ändern; so ändern wir nicht das Wesen des Dinges,
obgleich dasselbe in der Art der Zusammensetzung bestehet, sondern weil wir nach
und nach dencken müssen, so kommen wir von dem Wesen einer Planeten-Uhr, oder
überhaupt eines Dinges auf das Wesen eines andern Dinges, das von ihm bloß
darinnen unterschieden ist, was geändert wird. |
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Wüste ein Mechanicus, der eine Planeten-Uhr machen will, alle
Planeten-Uhren, die möglich sind, und könnte alle insgesammt sich auf einmahl
vorstellen; so dürffte er nur daraus diejenige erwählen, die zu seiner Absicht
sich am meisten schickte. Und so muß man sich die Sache auch bey GOtt
vorstellen, wenn man nicht von ihm auf eine seiner Vollkommenheit unanständige
Weise dencken will.„¶ |
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Das Wesen und die Natur der Dinge sind GOttes Mittel.
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Endlich zeiget der
Herr
Baron von
Wolff l.c. p.
636. Daß das Wesen und
Natur
der
Dinge
GOttes Mittel sind, wenn er
spricht: |
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„GOtt führet demnach durch das
Wesen der Dinge in der Welt und ihre Natur seine Absichten aus: indem er diese
und nicht andere Dinge hervor gebracht, damit diese und nicht andere
Begebenheiten erfolgen. Derowegen da hierinnen der Grund enthalten ist, warum
GOtt seine Absichten erreichet, so sind das Wesen und die Natur der Dinge das
Mittel, welches GOtt brauchet seine Absichten in der Welt zu erreichen.„¶ |
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{Sp. 753|S. 392} |
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In dem II Theile der vernünfftigen Gedancken von GOtt, erläutert
Herr Wolff die Lehre von dem Wesen der
Dinge,
folgendermassen, und zwar p. 37 u.ff. wenn er
spricht: |
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„Ich behaupte, daß vermöge des
Satzes des zureichenden Grundes in einem Dinge, darinnen man mancherley
unterscheiden kan, etwas müsse gefunden werden, darinnen alle das übrige seinen
Grund hat, das aber nicht hinwiederum seinen Grund im übrigen hat, sondern als
nothwendig so, und nicht anders, angesehen werden muß, und dahero keinen weitern
Grund, warum es ist, erfordert. |
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Ein einiges Exempel kan die Sache klar machen, und zur Gnüge
zeigen, daß man keinen mehrern Beweiß fordern darf, als da gegeben worden. Wenn
ich einen Triangel beschreibe, so kan solches geschehen aus zwey Seiten unter
einem Winckel; denn die dritte Seite und die übrigen beyde Winckel geben sich,
wie man zu reden pfleget, von sich selbsten. Hier habe ich in dem Triangel
Seiten und Winckel, aber von zweyerley Art. Zwey Seiten und ein Winckel
determiniren den Triangel, zwey Winckel und eine Seite werden durch die übrigen
Theile determiniret. Also hat man hier in einem Dinge, nemlich in einem
Triangel, mancherley, nemlich zweyerley Arten der Seiten und der Winckel,
einige, dadurch der Triangel determiniret wird: Andere hingegen, die sich durch
die vorigen geben. Weil nun jedes seinen zureichenden Grund haben muß, warum es
vielmehr so als anders ist; so muß auch die Grösse der Seiten und der beyden
Winckel ihren zureichenden Grund in den beyden übrigen Seiten und dem dritten
Winckel haben, woraus der Triangel construiret worden. |
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Hingegen die Grösse der beyden Seiten und des Winckels, daraus
der Triangel construiret wird, braucht keine fernere Raison, sondern wird als
etwas mögliches nothwendig so angesehen, indem vermöge des Satzes des
Widerspruches es keines weges angehet, daß es zugleich unmöglich seyn solte,
durch zwey Seiten und einen Winckel einen Triangel zu determiniren. |
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Nemlich dasjenige, wodurch ein jedes Ding in seiner Art
determiniret wird, ist es, darinnen der Grund von dem übrigen zu finden. Und da
die Sache dadurch die Möglichkeit hat, so bestehet darinnen ihr Wesen, und
derjenige verstehet das Wesen eines Dinges, welcher erkennet, wie eine Sache in
ihrer Art determiniret werde. Ja, wenn er von dem übrigen, was er in ihr findet,
Raison geben will, so muß er sie in demjenigen suchen, wodurch sie in ihrer Art
determiniret wird. |
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Das Principium rationis sufficientis erfordert, daß
in einem jeden Dinge etwas anzutreffen sey, woraus man also von dem übrigen
geben kan, warum es in ihm ist: Hingegen das Principium contradictionis
will haben, daß von demselben keines dem andern zuwider ist, sondern alles
zugleich in einer Sache neben einander seyn kan. |
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Diejenigen, welche vorgeben, als wenn man das Wesen eines
Dinges nicht erkennen könnte, verlangen ein Bild in der Einbildungs-Krafft,
dadurch sie es vorstellen können, und verlangen also zu sehen, was nicht |
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{Sp. 754} |
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vor die Augen gehöret. Denn alle allgemeine Begriffe, die man
in der Metaphysick erkläret, lassen sich nicht durch die Sinnen, sondern bloß
durch den Verstand begreiffen. |
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Es geschiehet aber daher, daß, wenn man sich das Wesen als ein
zusammengesetztes Ding unter einem Bilde vorstellen will, alles finster wird,
wie es in einem zu gehen pfleget, wo man nichts siehet. Und dennoch solte man
sagen, wir können das Wesen nicht sehen, noch uns einbilden; nicht aber, daß es
sich nicht mit dem Verstande begreiffen lasse, was das Wesen sey. Es gehet in
mehreren Fällen so her, daß man die Farben hören, und den Schall sehen will, und
aus dem Unvermögen, daß man bey sich findet, dieses zu bewerckstelligen,
schleust, es sey unmöglich solches zu erkennen. |
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Damit man nun dergleichen Vorurtheile vermeide, so muß man das
Vermögen der Seele zu erkennen untersuchen, und den dabey befindlichen
Unterscheid mit Fleiß anmercken, wozu in dem dritten Capitel von der Seele
überflüßig Anlaß gegeben wird, und dabey insonderheit erwegen, was für Dinge
sich durch jedes Vermögen der Seele erkennen lassen, damit keine Verwirrung zum
Nachtheile der Wissenschafften geschiehet.„¶ |
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Von der
Nothwendigkeit und Unwandelbarkeit des
Wesens, erkläret er sich p. 42 u.ff. cit. loc.
folgendergestalt: |
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„Die Lehre von der Nothwendigkeit
des Wesens der Dinge, und daß es unveränderlich, ist von unsern Gottesgelehrten
nicht aus einem Vorurtheile gegen die Scholastische Philosophie, sondern mit
gutem Bedachte beständig vertheidiget worden: Denn sie ist der Haupt-Grund,
daraus die gröste Schwierigkeiten in der Religion gehoben werden, und dadurch
viele Lehren derselben einig und allein sich vernünfftig vorstellen lassen, wie
zur Gnüge an vielen Orten der Metaphysick von der Religion erwiesen, und
rechtschaffenen Gottesgelehrten auch von der Christlichen Religion insonderheit
nicht unbekannt ist. |
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Die Lehre von dem willkührlichen Wesen ist der Vernunfft
zuwider, und kan insonderheit bey den Lehren der Evangelischen nicht bestehen,
ob sie sich gleich mit Fanatischen Lehren gar wohl zusammen reimet. Verständige
erkennen gleich, daß man den Zusammenhang der Theologischen Wahrheiten nicht
einsiehet, wenn man willkührliche Wesen einräumet. Am allermeisten aber siehet
man, daß man ohne Gedancken redet, wenn man besorget, es komme von der
Nothwendigkeit des Wesens eine Fatalität in die Welt, und benehme dem Schöpffer
in der Schöpffung die Freyheit. |
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Wer weiß, daß man die Möglichkeit der Sache das Wesen nennet,
und daß etwas nicht zugleich möglich und unmöglich seyn könne, auch daß hier von
der Möglichkeit schlechterdings die Rede ist, ohne einige Absicht auf die
Würcklichkeit, die es erreichen kan der muß über die Einfalt der Leute lachen,
welche die Nothwendigkeit des Wesens für so gefährlich ansehen, und so
vortreffliche Consequentien daraus ziehen können; zugleich aber |
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{Sp. 755|S. 393} |
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auch sie wegen ihres Hochmuths schelten, daß sie ihre
Vorfahren, so brave und gründliche Theologen, für so dumm ansehen, daß sie aus
Unverstande und Vorurtheile so gefährlichen Lehren beygepflichtet hatten, und
ihnen verweisen, daß sie aus Liebe zum Fanaticismo das Ansehen eines Poirets
mehr bey ihnen gelten lassen, als so viele rechtschaffener Lehrer der
Evangelischen Kirchen. |
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Insonderheit ist merckwürdig, daß der Beystand meiner Feinde
D. Budde in seinen Institutionibus Theologiae die
Meynung von dem willkührlichen Wesen für die nächste Staffel zur Gottlosigkeit
ausgiebet, weil dadurch mit Aufhebung aller Zufälligkeit und Freyheit eine
Unvermeidlichkeit angeführet wird, und gleichwohl ihnen zu gefallen bey mir die
Nothwendigkeit des Wesens für diese Quelle der Fatalität ausgiebet. Die
Fatalität der Dinge kommet nicht von ihrem Wesen, sondern von ihrer
Würcklichkeit her, wenn eine vorhanden seyn soll. Wenn gleich das Wesen eines
Dinges nothwendig ist, so darf es deswegen doch nicht seine Würcklichkeit
erreichen. Wer hat jemahls gelehret, oder wer getrauet es sich zu erweisen, daß
ein Ding, dessen Wesen nothwendig ist, auch zur Würcklichkeit kommen muß. Es
folget weiter nichts, als daß ein Ding, wenn es zur Würcklichkeit kommen soll,
dieselbe nicht anders erreichen kan, als es seyn Wesen mit sich bringet, das
heisset, als es möglich ist. |
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Wer hat sich aber jemahls träumen lassen, daß ein Ding anders
würcklich werden kan, als es möglich ist? Und was ist das für ein schlechter
Begriff von der Macht GOttes, wenn man sich überredet, es sey derselben
entgegen, daß er die Sachen nicht anders hervor bringen kan, als er sie in
seinem Verstande möglich befindet? Wer hat jemahls gelehret, daß die Allmacht
GOttes sich auf unmögliche Dinge erstrecken müsse? Niemand als der nach seinen
alten Schul-Ideen aus der Grammatick raisoniret, und vermeynet unter Alles
gehöre auch das Unmögliche. |
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Ja wer will ferner behaupten, GOtt behalte in der Schöpffung
keine Freyheit, weil er bloß etwas mögliches wählet, nicht aber durch seinen
Willen das Unmögliche möglich machen kan? Niemand kan dieses thun, als der
glaubet, er sey gezwungen worden seinen Ducaten, und keinen andern zu nehmen,
weil er von denen, die vorhanden waren, denjenigen ausgelesen, der ihm am besten
gefallen, er aber nicht durch seinen Willen auf den Ducaten etwas bringen
können, so sich darauf nicht prägen lässet, z.E. einen Vogel, der würcklich
flieget, oder sonst ein Bildniß, das in gewissen Bewegungen ist; oder auch der
sich überredet, er gehe nicht freywillig, weil er nicht anders gehen kan, als
das Gehen möglich ist. Freylich von dieser Gattung sind die vortrefflichen
Lehrer unserer Kirchen, welche die Nothwendigkeit des Wesens der Dinge
behauptet, nicht gewesen.¶ |
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Hierbey erinnert er beyläuffig: Daß, da er in der Metaph. §. 39. erwiesen,
was nothwen- |
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{Sp. 756} |
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dig sey, wäre ewig, man ihm seine
Worte
umgekehret und angenommen, als wenn er selbst zugestünde, was ewig sey, dasselbe
sey nothwendig, um ihm aufzubürten, als wenn er die Selbstständigkeit der
Welt
behauptete, und folgends
GOtt läugnete, weil er
gesaget, die
Schöpffung in der Zeit sey aus der
Vernunfft schwerer zu
beweisen, und ist daher noch nicht
öffentlich demonstriret. Der Satz lasse sich nicht umkehren, sondern es sey so
gar falsch, daß das Ewige nothwendig sey. Denn der
Wille GOttes sey auch ewig; aber er sey deswegen doch nicht
nothwendig: denn sonst wäre er nicht
frey. Nicht die Ewigkeit mache die
Nothwendigkeit,
sondern diese, aus einem gantz andern
Grunde
her.¶ |
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Von dem Wesen eines zusammengesetzten Dinges urtheilet er p. 55 u.f. also:¶ |
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„Damit man, sind seine Worte, was
von dem Wesen eines zusammengesetzten Dinges gesaget wird, nicht unrecht
verstehe, und wenn man es bey den Cörpern anbringen soll, entweder übersiehet,
worauf man Acht haben solte, so ist zu mercken, daß die Compositio oder
Zusammensetzung nicht allein die structuras, sondern auch die
texturas und mixtiones oder Vermittlungen in sich begreifft. Als
man verstehet das Wesen des Blutes wenn man begreifft, wie es durch Vermischung
anderer einfachen Materien bestehet. |
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Nemlich structura wird denen organicis
corporibus, denen Cörpern, die aus Gliedmassen zusammengesetzet sind, als
dem menschlichen Leibe; textura denen corporibus inorganicis,
oder denen Cörpern, die aus einerley Art der Theile zusammengesetzt sind, als
den Steinen; mixtio, denen Cörpern, die durch Vermischung verschiedener
Arten der Materie entstanden, als den kleinen Theilen der Metalle zugeeignet. In
besondern Fällen demnach muß man das Wesen in der besondern Art der
Zusammensetzung zu, und dieselbe ausführen, wenn man von dem Wesen reden will.„ |
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Von dem willkührlichen Wesen erkläret er sich p.
432. also: |
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„Wer zugiebet, daß das Wesen der
Dinge willkührlich sey, und durch GOttes Allmacht einem jeden eine jede
Eigenschafft beygeleget werden könne, dergleichen Gedancken Locke gehabt, der
wird diesen Zweiffel nicht haben können, ob nicht bloß der Leib die Krafft zu
dencken erhalten. Man siehet demnach, daß die Lehre von dem willkührlichen Wesen
und der willkührlichen Mittheilung der Eigenschafften der Dinge den
Materialisten das Wort redet: Die gewöhnliche Lehre aber von der Nothwendigkeit
des Wesens und seinen unveränderlichen Eigenschafften ihnen entgegen stehet.„ |
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Von dem
Ursprunge des Wesens, und ob es ausser
GOtt zu suchen,
redet er p. 589 u.ff. cit. loc.
also: |
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„Es ist eben so eine unnöthige
Furcht, die man bey dem Willen GOttes hat, als die bey einigen von dem Ursprunge
des Wesens der |
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{Sp. 757|S. 394} |
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Dinge entstehet, wenn sie §. 21. Mor. lesen, das
in Hypothesi impossibili athei, non dari Deum, oder, wenn man gleich die
unmögliche Hypothesin, eines Atheisten annehme, daß kein GOtt sey,
dennoch wegen des innerlichen Unterscheids der freyen Handlungen ein Recht der
Natur seyn würde, und deswegen auf die Gedancken gerathen, es würde das Wesen
der Dinge ausser GOtt gesucht, und demnach demjenigen widersprochen, was von
dessen Ursprunge im Verstande GOttes erwiesen wird. |
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Wenn man einräumete als möglich, daß kein GOtt seyn könnte, so
würde man das Wesen der Dinge ausser GOtt suchen. Da aber diese Hypothesis
als unmöglich angenommen wird, indem man GOtt als ein nothwendiges Ding
concipiret, und nur, wie man zu reden pfleget, ad hominem mit einem
Atheisten disputiret, das ist, aus den Gründen, die er einräumet; so ist
darinnen nichts widersprechendes, wenn man behauptet, daß ein Atheist ein Recht
der Natur zugeben müsse, ob er gleich nicht zugeben will, daß ein GOtt sey, und
dessen ungeachtet erweiset, daß ohne GOtt nichts möglich ist, sondern alle
Möglichkeit von seinem Verstande herrühret, ja in der That weder etwas möglich
noch würcklich seyn würde, wenn GOtt nicht wäre. Wenn GOtt nicht wäre, so wären
keine Menschen, und auch kein Recht der Natur. |
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Aber es ist nicht die Rede von der Wahrheit der Sache an und
vor sich selbst, sondern nur davon, was man ex supposita hypothesi
einräumen muß, das ist, ob man einem Atheisten zugeben muß, er sey nach seiner
Hypothesi nicht verbunden, eines zu thun, und das andere zu lassen,
indem man ihn noch nicht von seinem Irthume hat bringen können, als wenn kein
GOtt wäre. |
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|
Zu dem letztern haben Grotius mit denen
Scholasticis und Theologis unserer Kirchen, die intrinsecam
honestam actionum, oder eine innere Moralität der freyen Handlungen
behauptet, nein gesaget, damit sie nicht denen Atheisten zu ihrem gottlosen
Leben das Wort redeten, sondern ihnen vielmehr zeigen könnten, wie auch ihre
Atheisterey sie in ihrem gottlosen Wandel nicht rechtfertige. Es ist demnach
dieses kein Mann, der den Atheisten favorisiret, welcher behauptet, es könne die
natürliche Verbindlichkeit eines zu thun, das andere aber zu lassen, von ihnen
dadurch noch nicht über den Hauffen geworffen werden, weil sie vorgäben, es sey
kein GOtt. |
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Über dieses hat diese Lehre von der natürlichen
Verbindlichkeit, antecedenter ad voluntatem Dei, ehe man erweget, daß
GOtt dieses zu thun, jenes zu lassen befohlen hat, noch verschiedenen andern
Nutzen, um dessen Willen sie zu Besiegung der Atheisterey beybehalten worden.„ |
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Es hat Herr Wolff seine
Meynung, die er von dem Wesen der
Dinge
behauptet, in seiner ausführlichen Nachricht von seinen eigenen Schrifften,
p. 220. u.f. folgendergestalt
verstehen gegeben. |
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„Ich pflichte denen bey,
spricht
er, welche das Wesen von der Würcklichkeit unterscheiden, und jenes in der
inneren Möglichkeit suchen, vermöge derer in dem ersten Begriffe eines Dinges
nichts widersprechendes angenommen wird. Es ist bekannt, daß diejenigen unter
denen Schola- |
|
|
{Sp. 758} |
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sticis dieser Meynung gewesen, welche man
Realisten genennet, da hingegen die Nominalisten die
Würcklichkeit von dem Wesen nicht abgesondert. Unter jenen finden sich die beyde
grosse Lehrer unter denen Scholasticis Thomas und
Scotus. |
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Weil Jacob Thomasius Dilucid. Stahl. p.
33. mehr vor die Nominalisten ist und muthmasset, es hätten Thomas
und Scotus aus Liebe zu dem Aristotele dieser Meynung
beygepflichtet; so nehmen viele dieses für ein Evangelium an, und wollen es
entweder für ein grosses Versehen auslegen, daß ich diese Meynung behauptet,
oder auch andere gar mir eine Fatalität andichten, weil Poiret
hierinnen die Quelle von einer unvermeidlichen Nothwendigkeit gefunden zu haben
vermeynet. |
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Gleichwie aber für dem letztern keine Gefahr ist, wie denn die
meisten unserer Theologen der Realisten Meynung angenommen; so sehe ich auch
noch nicht, warum eben Thomas und Scotus aus
alzu grosser Liebe für den Aristotelem darauf sollen gefallen seyn. Jedoch wie
ich mich um andere wenig bekümmere, warum sie dieser, oder einer andern Meynung
beygepflichtet ([1]mir es auch gleich viel gilt, wer
es gesaget, wenn ich es nur in meiner Untersuchung als wahr gefunden; so habe
ich auch hier weder aus Liebe gegen den Aristotelem, noch aus
Liebe gegen den Thomam oder Scotum das Wesen
und die Würcklichkeit von einander unterschieden, sondern weil ich es in meiner
Untersuchung als wahr und diese Wahrheit im Fortgange sehr fruchtbar und
nützlich gefunden. |
[1] |
HIS-Data: schließende Klammer fehlt |
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Wer meine Metaphysick mit den Anmerckungen darüber so
durchlieset, wie ich es begehre; der wird die Fruchtbarkeit dieses Unterscheides
einsehen und erkennen, in wie viele Verwirrungen man verfället, wenn man
Möglichkeit und Würcklichkeit nicht genung von einander unterscheidet, oder,
welches gleichviel ist, das Wesen und die Existenz nicht von einander absondert.
Und wenn ich Gelegenheit finden werde, den Nutzen meiner Philosophie durch
allerhand Proben zu zeigen, so wird sich dieses noch weiter zeigen. |
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Ich habe aber bey der Lehre von dem Wesen der Dinge
hauptsächlich gezeiget, daß man die ersten Determinationes dazu nehmen müsse,
wodurch das andere, was einem Dinge zukommet, zugleich determiniret wird, und
hernach aus dem Begriffe des Wesens selber gewiesen, wie es die Raison oder den
Grund von allem dem übrigen in sich enthält, was ihm zukommet. Ich habe aber
auch hieraus gewiesen, woher die Veränderungen eines Dinges kommen, und warum
diese ohne eine äusserliche Ursache nicht ihre Würcklichkeit erreichen können. |
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Es stehet freylich dieses alles nicht an einem Orte bey
einander; denn wo man demonstrativisch verfahren will, gehet es nicht an.
Derowegen wer meine Schrifften gantz durchlieset, und alles wohl erweget und
sich bekannt machet, der siehet erst recht ein, was darinnen enthalten ist. Wer
aber dasjenige, was ich von dem Wesen ausgeführet, und nicht aus den
Scholasticis genommen, recht einsiehet; der wird noch mehreres daraus
demonstriren können, als von mir in der Metaphysick nicht |
|
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{Sp. 759|S. 395} |
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geschehen, aber zu einer andern Zeit geschehen soll, wenn ich
diese Materien ausführlicher abhandeln werde. |
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Weil ich aber zu dem Wesen die blosse Möglichkeit rechne und
die Würcklichkeit davon abgesondert; so habe ich auch die Nothwendigkeit und die
Ewigkeit desselben behaupten müssen, wie es auch von den meisten Theologis
geschehen, und folgends es als unveränderlich ansehen müssen. Ich habe in meinem
Tractate von der Vermehrung des Getreydes, und zwar im Anhange, schon einigen
Nutzen der Lehre von dem Wesen und der Würcklichkeit gezeiget, und in der
Erkänntniß der Natur muß man beständig dieselbe vor Augen haben, woferne man
wohl zu rechte kommen will. Ja man kan zeigen, wie viele bloß deswegen nicht
accurat verfahren, weil sie dieselbe nicht vor Augen haben. Anderen Nutzen will
ich jetzt mit Stillschweigen übergehen. |
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Ich habe aber bereits auch daraus einen fruchtbaren Begriff
von der Ähnlichkeit und Unähnlichkeit hergeleitet, dergleichen man bisher nicht
gehabt, und daraus der Herr von Leibnitz seinen erkläret, der
nicht so verständlich ist, auch mit der Lehre von dem Wesen sich nicht so
deutlich zusammen reimet. Und siehet man schon aus dieser Probe, daß ich mich an
des Herrn von Leibnitz Autorität so wenig als an anderer ihre
kehre, unerachtet ich von ihm sowohl als von andern angenommen, wenn ich was
gutes bey ihm gefunden, aber anfangs niemahls weiter als eine Sache, die ich zu
untersuchen hätte, ob und wie sie sich aus der mir bereits beywohnenden
Erkänntniß herleiten liesse.„¶ |
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