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Zedler: Zahl HIS-Data
5028-60-1145-4
Titel: Zahl
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 60 Sp. 1145-1153
Jahr: 1749
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 60 S. 586-590
Vorheriger Artikel: Zahel
Folgender Artikel: Zahl, bey den Medicinern
Siehe auch:
Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel
  • Für die Auflösung der Quellenangaben siehe: Personen, Bibel
  • : Absatz in der Vorlage vorhanden

  Text Quellenangaben
  Zahl, Lat. Numerus, Frantz. Nombre. Diese erkläret Euclides und viele mit ihm, daß sie eine Menge Einheiten von einer Art sey, das ist, man sagt: Es entstehe eine Zahl, wenn man viele eintzelne Dinge von einer Art zusammen nimmt. Z.E. Wenn man zu einer Kugel noch eine legt, werden ihrer zwey, legt man zu diesen noch eine, werden es drey, u.s.w. Diesemnach heisset zählen, soviel als anzeigen, wie viel Einheiten oder Dinge von einer Art beysammen sind. Eine jede Zahl erfordert Einheiten oder Sachen von einerley Art und Eigenschafft, und lassen sich keine Zahlen mit einander vergleichen oder zusammensetzen, die nicht aus einerley Einheiten entstanden.  
  Wenn zwey Zahlen mit einander verglichen werden, findet sich, daß sie entweder beyde gleich viel Einheiten, oder die eine dererselben mehr oder weniger enthalte. Im ersten Fall heissen sie gleiche Zahlen, im andern heißet die, so mehr Einheiten hat, die grössere, die, so derselben weniger hat, die kleinere. Eine Zahl wird vergrössert oder vermehret, wenn andere Zahlen von ihrer Art dazu gesetzet werden. Dieses geschiehet auf zweyerley Weise, entweder, wenn verschiedene grössere und geringere Zahlen zusammen gesetzet werden, oder, wenn die Zahlen, die zusammen genommen werden sollen, alle einander gleich sind. Die erste dieser Arten giebt die Addition, und die zweyte die Multiplication. Hingegen wird eine Zahl vermindert auch auf zweyerley Weise, ent-  
  {Sp. 1146}  
  weder, wenn eine oder mehr kleinere Zahlen derselben abgenommen, oder wenn nur eine Zahl, so vielmahl als man kan, davon gethan wird. Die erste Weise nennet man Subtrahiren, und die zweyte Dividiren.  
  Sonst aber ist die oben gegebene Erklärung des Euclides nicht allgemein: denn hieraus kan nicht einmahl erwiesen werden, daß Eins selbst eine Zahl sey. Die Erklärung des Euclides schickt sich nur auf die gantzen Rational-Zahlen, Zu diesem Ende giebt der Herr Cantzler von Wolf in seinen Element. Arithmet. … einen andern Begriff davon, und saget: eine Zahl sey dasjenige, welches sich zu der Eins verhält, wie eine gerade Linie, zu einer andern geraden Linie, welche Erklärung so wohl den Arithmetischen und Cörperlichen, Rational- und Irrational-Zahlen zukömmt, wie man solches erwiesen findet so wohl in des Herrn Cantzlers von Wolf Element. Geometr. …, als auch in seinen Elementis Analys. Finitor. …  
  Und daher ist es auch nicht Wunder, daß man Linien mit Linien nach dem allgemeinen Algorithmo tractiren kan, dergestalt, daß die Summa, Differentz, das Product, und der Quotient eine Linie ist, wie Cartesius Geometr. … und vor ihm Ardüser Geometr. … noch viel sinnreicher gewiesen. Der erste verrichtet das Multipliciren und Dividiren durch den Triangel; der andere aber durch zwey Sehnen, die einander in einem Circul durchschneiden. Eben dergleichen, jedoch ohne Beweis, findet man vorgetragen in Hederichs Mathematischen Neben-Übungen in der Arithmetick und Geometrie ... Der Nutzen zeiget sich hiervon, wenn man die Algebram auf die Geometrie appliciret.  
  Nachdem nun eine Zahl an und vor sich in Betrachtung gezogen, oder mit andern Zahlen in Vergleichung gestellet wird; so bekömmt sie auch unterschiedene Benennungen, welche hier zwar in Alphabetischer Ordnung erzehlet zu finden, ihre Erklärung aber in diesem Wercke gehörigen Orts nachzuschlagen, und auch zum Theil in den nachfolgenden Artickeln nachzulesen sind. Also heissen sie:  
 
  • Arithmetische,
  • Barlongische,
  • Benannte,
  • Bret,
  • Circul,
  • Cörper,
  • Columnen,
  • Cubic-Cubic-Cubische,
  • Cubic-Cubische,
  • Cubic-Zahlen,
  • Decagonal,
  • Decimal,
  • Diametral,
  • Dodecagonal,
  • einfache,
  • Endecagonal,
  • Enneagonal,
  • ermeßliche Zahlen,
  • Finger,
  • Flächen,
  • gantze,
  • gebrochene,
  • gerad-gerade,
  • ungerad-gerade und
  • gerade Zahl,
  • gleich-gleich-gleiche Zahl,
  • gleich-gleich mangelhafte,
  • gleich-gleich überflüßige,
  • gleich-gleiche Zahl,
  • Heptagonal,
  • Hexagonal,
  • Irrational-Zahl,
  • Keil,
  • Kugel,
  • länglichte,
  • Linien,
  • mangelhafte,
  • Octagonal,
  • Parallelepipedische,
  • Parallelogrammische,
  • Pentagonal,
  • Polygonal,
  • Polygonal-Central,
  • Pronic,
  • Proportional,
  • Pyramidal,
  • Pyrgoidal,
  • Quadrato-Cubische,
  • Quadrato-Quadratische,
  • Quadrat,
  • Rational,
  • Säulen,
  • Sphärische
  • Tetragonal,
  • Thurm-förmige,
  • Triangular,
  • Trigonal-Zahl;
  • überflüßige,
  • unbenannte,
  • unermessliche,
  • ungerade,
  • ungerad-gerade,
  • ungerad-ungerade Zahl,
  • ungleich-ungleiche,
  • ungleich-ungleich-ungleiche,
  • vorkommene,
  • zusammen gesetzte Zahl.
 
  {Sp. 1147|S. 587}  
  Von den Zeichen, wodurch man die Zahlen ausdrücket, siehe den Artickel: Ziffern.  
  Bey denen Naturforschern heißet Numerus numerans oder formalis, welchen die Seele begreiffet, als von aller Materie abgesondert; er wird auch Numerus mathematicus genennet. Hingegen Numerus numeratus und materialis, ist, dessen Einheiten Sachen sind. Also erkläret Aristoteles die Zeit durch numerum, nehmlich numeratum; er wird auch physicus genennet. Micrälii Lexicon philosophicum ...  
  Die Zahlen haben sonst keine Bedeutung, ausser, wenn man sie nach ihren verschiedenen Gebrauch betrachtet.  
  Der erste Gebrauch der Zahlen ist der gemeine Gebrauch, den man Unterscheids halber den eigentlich Mathematischen nennet, wenn nemlich die zahlbaren Dinge nach ihrem blossen Quanto geschätzet, und den gemeinen Regeln nach behandelt, das ist, eigentlich gezählet und berechnet werden. Als wenn Moses  
 
  • die Kinder Israel in der Wüsten zählen und summiren muste,
4 B. Mos. I, 1-46. Cap. XXVI,
 
  • und darnach besonders noch die Leviten,
4 B. Mos. III, 15.
 
  • und alle Erstgebohrne in Israel,
v. 40 u.f.
  Oder  
  2 Sam. XXIV, 2.
 
  • und sein Sohn alle Fremdlinge in Israel,
2 Chron. II, 17.
  Oder auch, wenn etwan die Chronologi und Zeitrechner aus 1 B. Mos. V, die Jahrzahl der Sündfluth an den angezeigten Jahren der Ertz-Väter, in denen sie ihre benahmte Söhne gezeugte, berechnen: ingleichen  
 
  • die 430 Jahre von der Verheissung Abrahams bis auf die Bekanntmachung des Gesetzes,
Gal. III, 17.
 
  • die 480 Jahre vom Ausgang der Kinder Israel aus Egypten, bis auf dem Tempel-Bau Salomonis
1 B. Könige VII, 1;  
 
  • die 70 Jahre der Babylonischen Gefängnis,
Jer. XXIX, 10;
 
  • die 70 Jahrwochen Danielis,
C. IX, 24;
   
  zu untersuchen pflegen.  
  Der andere oder besondere Gebrauch der Zahlen, den man auch einen Prophetischen und mystischen heisset, ist der, wenn aus Betrachtung besonderer Eigenschafften der Zahlen an sich, und deroselben Verhältniß unter sich, eine geistliche Bedeutung der mit Zahlen bemerckten Sache gemacht oder gefunden wird, nach der Weise derjenigen Schrifft-Erklärung, da man eine gewisse Geschichte, nach den bedencklichen Nahmen der Personen, Orte u.a.m. auf geistliche Deutung ziehet, wie  
 
  • Paulus thut,
Galat. IV, 22. aus 1 B. Mos. XVI, u. XXI, und Eph. V, 32.
 
  • Petrus
1 Epist. III, 20. 21.
 
  • Christus selbst,
Joh. III, 14.
  Wie aber dieser Art geistlicher Deutungen, wo sie nicht vom Heiligen Geist, wie in nur angeführten Stellen geschiehet, selbst angezeiget würden, zur Bewährung der Glaubens-Lehre keinesweges; wohl aber zu einiger Erläuterung derselben angebracht werden mag, so wird vorberegter besonderer Gebrauch der Arithmetick zu geistlicher Deutung der Biblischen Geschichte auch weiter nicht, als für eine Gelegenheit zu etwan  
  {Sp. 1148}  
  näherer Einsicht und Bewunderung der Weisheit und Fürsehung GOttes, ingleichen zur erbaulichen Seelen-Lust und erlaubter Gemüths-Ergötzung ergriffen und angewand.  
  Der dritte Gebrauch ist der veränderliche oder Tropische, wenn das Wort Zahl oder zählen in der Heil. Schrifft in einer uneigentlichen Bedeutung genommen wird. Als wenn eine Zahl bedeutet:  
 
1) Eine geringe Anzahl, oder etwas weniges, das leicht zu zählen stehet,
z.E. Es. X, 19.
 
die übrigen Bäume seines Waldes werden einer Zahl seyn, das ist, sehr wenig,
4 B. Mos. IX, 20.
 
Tage der Zahl, das ist, etliche Tage,
Hiob XVI, 22.
 
Die Jahre der Zahl, das ist, die bestimmten und gemessenen wenigen Jahre;
 
 
Leute der Zahl,
  • 1 B. Mos. XXXIV, 30.
  • 5 B. Mos. IV, 27. C. XXXIII, 6.
  • Jer. XLIV, 28.
 
das ist, ein geringer Hauffe oder sehr wenige Leute, die leicht zu zählen sind, wie etwan zwey kleine Heerden Ziegen,
1 B. Könige XX, 27.
 
2) Eine grosse Menge, oder was vieles,
  • Hiob XXXVI, 26.
  • Ps. CXLVII, 4.
  • Apost. Gesch. XVI, 5.
 
was unzählig,
  • Ps. LXXI, 15.
  • Ps. XL, 6.
  • Ps. CXXXIX, 17.
 
und unbegreiflich ist,
Ps. CXLVII, 5.
 
als zahlreiche Sünden, das ist, viel und groß,
Jer. V, 6. C. XXX, 14. 15..
 
Zahlreich oder viel Volck,
2 B. Mos. I, 9.
 
das vor grosser Menge nicht kan gezählet werden,
  • 1 B. Mos. XVI, 10.
  • Offenb. Joh. VII, 9.
  • 1 B. Könige III, 8.
 
als etwan Gleichnis weise,
 
 
wie Sand am Meer,
  • 1 B. Mos. XXII, 17. C. XXXII, 12. C. XLI, 49.
  • Jos. XI, 4.
  • Buch der Richter, VII, 12.
  • 1 Sam. XIII, 5.
  • 2 Sam. XVII, 11.
  • 1 B. Könige IV, 20. 29.
  • Hiob XXIX, 18.
  • Ps. LXXVIII, 27.
  • Ps. CXXXIX, 18.
  • Es. X, 22.
  • Hos. I, 10.
  • Hab. I, 9.
  • Röm. IX, 27.
  • Ebr. XI, 12.
  • Offenb. Joh. XX, 8.
 
wie Staub,
  • Es. XL, 12. C. XXIX, 5.
  • 1 B. Mos. XIII, 19. C. XXVIII, 14.
  • 4 B. Mos. XXIII, 10.
  • 1 B. Könige XX, 10.
  • 2 Chron. I, 9.
  • Hiob XXVII, 16.
  • Ps. LXXVIII, 27.
  • Zeph. I, 17.
  • Zach. IX, 3.
 
wie die Sternen,
  • 1 B. Mos. XV, 5. C. XXII, 17. C. XXVI, 4.
  • 2 B. Mos. XXXII, 13.
  • 5 B. Mos. I, 10. C. X, 22. C. XXVIII, 62.
  • 1 Chron. XXVIII, 23.
  • Neh. IX, 23.
  • Jer. XXXIII, 22.
  • Nahum III, 16.
  • Ebr. VIII, 12.
  • Jer. XLVI, 23.
  • Nahum III, 15. 17.
 
wie Heuschrecken,
  • B. Richter VI, 5. C. VII, 12.
  • Jer. XLVI, 23.
  • Nahum III, 15. 17.
 
wie Käfer,
  • Jer. LI, 14. 27.
  • Nahum III, 15.
 
wie Mandeln auf dem Felde,
Hos. XII, 12.
 
wie die Haare auf dem Haupte,
  • Esr. IX, 6.
  • Ps. XL. 13.
  • Ps. LXIX, 5.
 
3) Wenn eine gewisse Zahl für eine ungewisse oder Vielheit gesetzet wird, z.E. Hundert bedeutet viel,
  • Hohel. Salom. VI, 3. C. VIII, 12.
  • Sprüchw. Salom. XVII, 10.
  • 1 Chron. XXII, 3.
  • Matth. XIX, 29.
  • Luc. VIII, 8.
 
Tausend sehr viel,
  • 2 B. Mos. XX, 6. C. XXXIV, 7.
  • 5 B. Mos. I. 11.
  • 1 Sam. XVIII 7.
  • Ps. XIX, 72.
 
Zehen Tausend, eine sehr grosse Zahl,
1 Sam. XVIII, 7.
 
Tausend mahl tausend, die allergröste Zahl unter allen,
  • 1 B. Mos. XXIV, 6.
  • 4 B. Mos. X, 36.
  • Dan. VII, 10.
  • Offenb. Joh. V, 11.
 
4) Wenn offt eine volle oder vollkommene Zahl gebrauchet wird, obgleich die eigentliche Summe grösser oder geringer ist, z.E.
 
 
zwölf Apostel,
1 Cor. XV, 5.
 
da doch dazu-
 
  {Sp. 1149|S. 588}  
 
mahl nur eilf waren;
 
 
ingleichen viertzig Jahre,
3 B. Mos. XIV, 33.
 
da doch von der Zeit an, bis zur Einnehmung des Landes Canaan nur 38 herauskommen;
 
 
ingleichen B. der Richter IX, 5. siebentzig Kinder Jerub-Baals erwürget, da doch Jotham lebendig geblieben,
coll. C. VIII, 30;
 
ingleichen B. der Richter XI, 26. drey hundert Jahre, da da doch nur 265 herauskommen.
 
 
5) Wenn offt in der eintzeln Zahl was ausgesprochen wird, daß doch in der mehrern zu verstehen,
  • 1 B. Mos. XLIX, 6.
  • B. der Richter IV, 5.
  • Hiob XIV, 1.
  • Es. I, 3.
  • Jer. VIII, 7.
 
  Also auch heisset zählen so viel
 
 
darzehlen,
Esr. I, 8.
 
berechnen,
  • Ps. CXLVII, 9.
  • Ps. CXXXIX, 17.
 
mustern,
  • B. der Richter XX, 15. 17.
  • 1 Sam. XI, 18. C. XIII, 15. C. XV, 4.
  • 2 Chron. XXV, 5. C. XXVI, 11.
 
erzehlen,
Ps. CXIX, 13.
 
bestimmen, einschräncken,
Dan. V, 25. 26.
 
abzehlen, ausliefern,
Es. LXV, 12.
 
fleißig betrachten,
Ps. XLVIII, 13.
 
in Acht nehmen und sorgfältig bewahren,
  • Ps. LVI, 9.
  • Matth. X, 30.
 
dafür halten,
  • Es. LIII, 12.
  • Marc. XV, 28.
 
Einer der da zählt, heist ein Hirte im Hebr.
Jer. XXXIII, 13.
 
weil die Hirten ihr Vieh allemahl zu zählen pflegen, ob sie es auch alle beysammen haben. Dahero heist es bey dem Virgilius:
 
 
Bisque die numerant ambo pecus, alter et hoedos.
 
  Der vierte Gebrauch oder Bedeutung ist Cabalistisch, davon die Juden solch groß Wesen machen, als die in ihrer Cabala sich so gar viel wissen mit der so genannten Gematrajia oder Geometrischen und Arithmetischen Schrifft-Erklärung, indem sie einige Buchstaben Worte oder Sprüche der Heil. Schrifft in ihrer Zahl- Bedeutung annehmen, und daraus, wer weiß, was für Geheimnisse und Curiositäten hervor bringen, anbey aber von dem Sinne des Heiligen Geistes mehrentheils freventlich abgehen.  
  Als wenn sie aus 1 B. Mos. I, 1. weil das [ein hebräischer Buchstabe] so 1000 bemercket, sechsmahl, ingleichen im letzten Vers des letzten Capitels vom 1 B. der Chronick, (welches das letzte in der hebräischen Bibel ist) wieder so offt antreffen, schliessen wollen, daß die Welt 6000 Jahre stehen werde.  
  Oder wenn sie ein Wort mit einem andern, dessen Buchstaben eben so vielen Zahlen, als jenes in sich hält, erklären, z.E.  
 
  • die Worte [hebräischer Text] es wird der Schilo oder Held kommen,
1 B. Mos. XLIX, 10.  
  welche in Zahlen 358 ausmachen, mit dem Worte [ein Wort Hebräisch] so gleiche Summen bringt;  
 
  • ingleichen das Wort [ein Wort Hebräisch]
Zach. III, 8.
  mit [ein Wort Hebräisch], ein Tröster, welche beyderley in Zahlen 138 ausmachen.  
  [Tabelle]  
  So lange nun dergleichen Erfindungen für unverfängliche lusus ingenii oder blosse geistliche Spatziergänge und Spiele, wie D. Lutherus redet, ge-  
  {Sp. 1150}  
  halten worden, sind sie solcher gestalt nicht eben gar zu verwerffen: im Fall man aber, wie die Cabalisten thun, Glaubens-Artickel und Geheimnisse daraus behaupten wolte, würde man in einen thörichten Irrthum und lauter abergläubisches und gar gottloses Wesen verfallen: Denn es haben die Zahlen, so wohl insgemein, als auch eine jegliche besonders weiter nichts zu bedeuten, also daß darinnen einige göttliche Krafft und Würckung, oder sonst ein Geheimnis stecken solte, wiewohl ihrer viele, nicht nur unter den Heyden von der Pythagorischen Secte, und unter den Juden die Caballistischen Lehrer, sondern auch so gar unter den Christen sich eingefunden, die sich in den Zahlen, weiß nicht, was für ein [ein Wort Griechisch] oder göttliche Krafft einbilden, oder doch beybringen lassen, so doch auf lauter Irrthum und Aberglauben ausläuffet.  
  Denn einmahl ist dergleichen vorgewendete Krafft nicht zu finden in der Zahlen eigentlichen Beschaffenheit, wenn man dieselben ausser dem Gebrauch, gleichsam in ihrem blosen Wesen an und vor sich selbst betrachtet, indem sie ja nichts wesentliches sind, sondern ein blosses freywillig erwähltes Gemerck und Zeichen, daß sich der Mensch an statt der Dinge, die ausser ihm sind, im Gehirn machet. Wie nun aber die Zahlen an sich nichts sind, und kein Wesen haben, so haben sie auch keine Krafft und Würckung, nach der Vernunfft-Lehrer Ausspruch. Quantitatis nulla est vis et efficacia.  
  Darnach geben oder bekommen die Zahlen eben so wenig Krafft auch in ihrem Gebrauch, so fern sie nemlich zahlbaren Dingen zugeleget sind. Sie geben nichts, weil sie nichts haben. Sie bekommen nichts, weil sie kein würckliches Wesen haben, das was reales zu empfangen fähig wäre. Zwar ist es wahr, daß tausend Soldaten mehr thun können, als einer, doch ist die Stärcke nicht der Zahl, sondern der Mannschafft zuzuschreiben; sonst solte man, um einen Feind abzuschrecken, ihm nur eine gewaltige Summe Truppen auf dem Pappier vorhalten.  
  Es gehören also zu Abfertigung dieser thörigten Meynung hieher die wichtigen Worte des Flacius in Cl. Tr. II. de partibus Orationis n. 67, welche deutsch also lauten:  
  „Es wollen einige Fantasten Geheimnisse in Zahlen suchen, oder lassen sich vielmehr davon träumen. Ja so gar, wo keine Zahlen sind, machen sie solche aus den Buchstaben, und erdichten sich darinne nach Gefallen Geheimnisse. Welche Schwärmerey zweyer Ursachen wegen gottlos ist: erstlich, weil sie den wahren eigentlichen Wort-Verstand der Heiligen Schrifft bey Seite setzt, ja unterdrücket, gleich als ob nicht alle nothwendige Weisheit darinne enthalten wäre.„  
  Zum andern giebt sie Anlaß zu allerhand Irrthum und Narrendeutungen. Sollen wir also wissen, daß in keiner Zahl Heiliger Schrifft gewisse Geheimnisse enthalten, denen man nothwendig nachzuhelffen habe, als wäre was anders, als der Text mit sich bringt, zu erdencken.
  • Schmidts Bibl. Mathematicus.
  • Wolfs Mathematisches Lexicon ...
  • Vollständiges mathematisches Lexicon.
  • Fäschens Kriegs-Ingenieur-Artillerie- und See-Lexicon.
  • Jablonski Allgemeines Lexicon der Künste und Wissenschafften.
 
     

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Stand: 14. November 2016 © Hans-Walter Pries