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Zedler: Zeit [6] HIS-Data
5028-61-725-2-06
Titel: Zeit [6]
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 61 Sp. 762
Jahr: 1749
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 61 S. 394
Vorheriger Artikel: Zeit [5]
Folgender Artikel: Zeit [7]
Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel
  • Für die Auflösung der Quellenangaben siehe: Personen, Bibel
  • Transkribierter griechischer Text der Vorlage
  • : Absatz in der Vorlage vorhanden

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Übersicht
17. Erklärung einiger Sprüche Heiliger Schrifft, worinnen der Zeit gedacht wird. (Forts.)
  [6-10]

  Text   Quellenangaben
 
6) Ps. XXXI, 16: Meine Zeit stehet in deinen Händen.
 
 
  In diesen Worten werden wir auf GOttes genaue Vorsorge gewiesen, die er sonderlich für seine Gläubigen hat, daß alles, was ihnen ihre gantze Lebens-Zeit von Glück und Unglück begegnet, in GOttes Gewalt und gnädiger Regierung stehe. David redet im Hebräischen in der mehrern Zahl von vielen Zeiten. Die LXX Dollmetscher haben es übersetzet klēroi, fortes, die Losungen, meine Zufälle und alles, was mir scheinet ohngefehr zu-
 
  {Sp. 763|S. 395}  
 
  zustossen, das stehet in GOttes Händen. Dadurch zeigt er an, daß unser gantzes Leben, Gehen u. Stehen, Sitzen und Liegen, Schlaffen und Wachen, von GOtt regieret werde. Denn der HErr schaffet es, was wir vor oder hernach thun,
Ps. CXXXIX, 5.
 
  Damit wir nur die vornehmsten Zeiten erwegen, so regieret GOtt
 
 
 
(a) unsere Geburts-Zeit, der zeucht uns aus Mutterleibe,
Ps. LXXI, 6.
 
 
  Darum sagte er zu Hiob XXXVIII, 21: Wustest Du, daß Du zu der Zeit soltest gebohren werden?
 
 
 
(b) Unsere Glücks- und Unglücks-Zeit, da schaffet GOtt den bösen Tag neben dem guten,
Pred. VII, 3.
 
 
(c) Unsere Heyraths-Zeit, da schickt es GOtt wunderlich, daß
 
 
 
 
1 B. Mos. XXIV,
 
 
 
  • und Jacob beyde Töchter in Mesopotamien,
XXIX, 16;
 
 
 
  • Moses die Tochter Jethro, des Priesters in Midian,
2 B. Mos. II, 21;
 
 
 
  • David die Abigail,
1 Sam. XXV, 40.
 
 
(d) Die Sterbe-Zeit, denn
 
 
 
 
B. Weish. XVI, 23;
 
 
 
  • er ist's, der Zeit und Stunden ändert,
Dan. II, 12.
 
 
  Also heist sonderlich die Zeit zu sterben eines seine Zeit,
1 Sam. XXVI, 10.
 
  Das stehet alles in GOttes Händen. Manche suchen eines Menschen Zeit, Glück und Unglück, Leben und Tod in seinen Händen, wenn sie demselben aus der Hand wahrsagen wollen, wie sie denn die Worte Elihu Hiob XXXVII, 7 hieher ziehen, qui signat in manu omnium hominum, ut norint singuli opera sua, der da zeichnet in die Hand aller Menschen, daß ein jeglicher seine Werck wisse; wie es in der Lateinischen Bibel verdollmetschet ist, ob es gleich im Hebräischen weit anders lautet.
 
 
  Andere setzen des Menschen Zeit, Glück und Unglück, Leben und Sterben in die Sternen, und wollen aus denselben, wie sie etwa bey des Menschen Geburts-Stunde gestanden haben, ausrechnen und prophezeyen, was der Mensch für Glück haben, wie lange er leben, und wann, und welches Todes er sterben werde? Aber alles ist vergeblich. GOtt hat unsere Zeit nicht in die Sterne gesetzet, sondern sie stehet in seinen Händen. Darum spricht er zu den Chaldäern, die viel Sternseher unter sich hatten, welche des Menschen Glück aus den Sternen zuvor sehen wollten, Jes. XLVII, 13: So laß uns nun herzu treten die Meister des Himmels-Lauffs etc.
 
 
  Es stehet auch unsere Zeit nicht in des Satans, oder unserer Feinde, sondern in GOttes Händen, ohne dessen Willen die Feinde uns kein Haar krümmen können. Wie offt haben JEsus Feinde auf ihn gelauret, und haben ihm doch nichts thun können, bis die von GOtt bestimmte Zeit herbey kam. Herodes wolte ihn noch in der Wiege hinrichten lassen,
Matth. II, 13.
 
  Satan hätte ihn gerne von der Zinne des Tempels gestürtzet,
Matth. IV, 5.
 
  Seine Landsleute zu Nazareth führeten ihn auf die Spitze des Berges, darauf ihre Stadt gebauet war, und wolten ihn herab stürtzen; aber es gieng alles nicht an. Denn seine Leidens Zeit war noch nicht vorhanden,
  • Luc. IV, 29.
  • Joh. VII, 30.
 
  So stehet auch frommer Christen Zeit nicht in ihrer Feinde oder des Satans, sondern allein in GOttes Händen, ohne dessen Willen ihnen nichts wiederfahren kan. Wie offt hat Saul dem David nachgestellt, und hat ihm doch nichts anhaben können,
1 Sam. XXIII, 14.
 
  Stünde es in unsern Händen, so würden wir es bald verschertzen; Da aber alles
 
  {Sp. 764}  
 
  in GOttes Händen stehet, so können wir versichert seyn, daß ohne seinen Willen und ehe die bestimmte Zeit kommt, uns nichts widerfahren könne, oder müsse uns doch zum Besten dienen,
Röm. VIII, 28.
     
 
7) Ps. CII, 14: Es ist Zeit daß du ihr gnädig seyst.
 
 
  Nach dem Hebräischen heist es: Denn es ist die Zeit ihr gnädig zu seyn. Einige nehmen das dann für wann, und erklären es also: Du woltest dich über Zion erbarmen, wenn die Zeit, ihr gnädig zu seyn, ist, oder seyn wird. Das Grund-Wort [ein Wort Hebräisch] heisset eine bequeme Zeit. Doch wird dem HErrn hier keine Zeit vorgeschrieben; sondern die Kirche drücket nur damit ihr sehnliches Verlangen zur Hülffe aus, daß nun die Noth erfordere, sich ihrer zu erbarmen.
 
 
  Und die Stunde ist kommen. [Ein Wort Hebräisch] heisset nicht eben, oder insgemein eine jede, sondern eine gewisse und bestimmte Zeit. Von was für einer Zeit aber allhier geredet werde, sind die Ausleger nicht einerley Meynung. Die davor halten, dieser Psalm sey von einem Propheten in der Babylonischen Gefängniß gemacht worden, verstehen es von den siebzig Jahrwochen, davon Jeremias Cap. XXIX, 10. oder Daniel im IX Cap. v. 24. geweissaget: Allein weil wir diese Meynung nicht vor gegründet halten: so verstehen wir hier am füglichsten, die gewisse Hülffs-Zeit, welche GOtt bestimmet und seiner Macht vorbehalten hat. Nach dem Hebräischen möchte es heissen, denn oder wenn die Zeit kommt, oder gekommen seyn wird, womit eben das ausgedrückt wird, was in vorhergehenden Worten enthalten, welches ein hefftiges Verlangen nach der Hülffe anzeigt.
Maji Bus-Psalm.
     
 
8) Pred. Salomo III, 1: Ein jegliches hat seine Zeit.
 
 
  Salomo hat sich gleichsam auf einen hohen Berg gestellt, da er alles konnte beschauen, was unter dem freyen Himmel ist, und dabey hat er wahrgenommen, wie alles so weislich und herrlich von GOtt geordnet sey, daß nicht nur alles dem Wesen und Natur nach, gut, löblich und schön sey, ausgenommen der Mensch, der sich selbst durch den Fall in vielen Stücken verderbet; sondern auch der Zeit nach wohl eingerichtet und angeordnet worden. Dieses zeigt das Hebräische Wort an, welches nicht nur eine blosse Zeit heisset, sondern eine solche Zeit, die gewiß zuvor verordnet und bestimmet.
 
 
  Solche Zeit hat nun GOtt einem jeglichen Dinge so unter dem Himmel ist, es sey groß oder klein, wichtig oder gering, leicht oder schwer, verordnet und bestimmet, um der vielen Veränderungen willen. Denn alles, was nach der Zeit ausgerechnet und abgemessen wird, hat keinen Bestand. Es ist also nichts unter der Sonne, das in seinem Thun und Wesen solte unbeweglich stehen: es hat seine gewisse Zeit, darinne es anfängt, darinne es in seinem Wesen bestehet, darinne es sich endlich auch endiget, es sey Himmel, Erde, Sonne, Mond, Jahr, Jahr-Zeiten, Winter, Sommer, Gewächs der Erde, Menschen, Vieh, alle und jede Creaturen. Diesen ist ihre gewisse Zeit, gewisse Stunde und Minute von GOtt bestimmet.
 
     
 
9) Amos VIII, 11: Siehe, es kommt die Zeit, spricht der HErr HErr, daß ich einen Hunger ins Land schicken werde.
 
 
  Hierdurch ist das Wort des HErrn zu verstehen, welches sie durch GOttes gerechtes Gericht nicht mehr wie zuvor haben, sondern dessen elendiglich beraubt seyn müssen.
 
  {Sp. 765|S. 396}  
 
  Der Mangel des natürlichen Brodtes und Tranckes ist eine schwere Plage: Es wird aber alles dieses weit geringer geachtet, gegen den geistlichen Hunger und Durst nach dem Worte des allmächtigen GOttes. Denn jenes betrifft nur den Leib, dieses die Seele, jenes stürtzt den Menschen in den zeitlichen Tod, dieses in den ewigen, Hieronymus verstehet diese Weissagung Amos von den Jüden und ihrer Zerstreuung nach der letzten Zerstörung Jerusalems. Man bedencke nur, wie es von dar an, bis jetzo mit dem elenden Volcke beschaffen. Sie haben nicht das Wort des Herrn, welches ihren Vorfahren so hoch anvertrauet war,
Röm. III, 1.
 
  Ob sie aber gleich die Schrifften des Alten Testaments dem Buchstaben nach, haben; so wissen sie doch den rechten Verstand und Kern der Schrifft nicht, welches der Meßias ist, ausser welchem kein Heyl und Trost zu hoffen. Diesen grossen Erlöser verschmähen sie, und suchen des Herrn Wort, und findens doch nicht, und müssen solchergestalt aufs elendeste in ihrem Hunger und Durst ewig sterben.
Jes. VIII, 20.
 
  Denn gleichwie nichts anders als der Tod erfolgen kan, wenn man der Speise und des Trancks eine Zeitlang entbehren muß: Eben so muß die Seele verderben, wenn sie das Wort Gottes entbehren muß, welches den Geist erquicket und erhält.
Glass. Prophet. Spruch- Post. …
     
 
10) Matth. IX, 15. Es wird aber die Zeit kommen, daß der Bräutigam von ihnen genommen wird, alsdenn werden sie fasten.
 
 
  Wir müssen vornehmlich
 
 
 
(a) untersuchen, warum der Heyland hier also rede.
 
 
 
  Die alten Jüden nennen den Meßias einen Bräutigam, wie aus dem hohen Liede zu ersehen. Es ist klar, daß der XLV Ps. den Meßias, als den Bräutigam der Kirche betreffe. Nun geben sie vor, der Schekinah sey der Bräutigam der Synagoge, und ziehen den Ort Jes. LXII, 3. darauf, welcher nicht anders als eben die Idee des 45 Psalms enthält. Die Wassagungen, welche von dem Jehovah, als dem Könige und Bräutigam seiner Kirche, reden, sind von dem Meßia jederzeit ausgelegt worden.
 
 
 
  Z.E. wenn GOtt Hos. II, 19. zu seinem Volcke spricht: Ich will mich mit dir verloben in Ewigkeit etc., so verstehen dieses die Jüden insgemein vom Meßias. R. Meir Arama sagt, sie stimmen alle überein, daß dieser Psalm vom Meßias handele. Die Hochzeit-Gäste sind die Christen Neuen Testaments oder nach dem Grunde: Die Söhne in des Bräutigams Kammer. Dieses ist eine Redens-Art nach dem Hebräischen und bezeichnet solche Personen, die mit dem Bräutigam in die Kammer gegangen sind, wie man denjenigen, die dem Bräutigam die Braut mit fröhlichen Empfang und Spiel zuführen, zu erlauben pflegte. An solchem Orte nun, und bey solcher Gelegenheit schickt sich kein Trauren, weil das Fasten ein Gebrauch der Traurigkeit ist. Es solte aber der Bräutigam weggenommen werden durch die Gewalt der Feinde, die ihm zum Tode bringen würden, um durch die erhöhende Macht GOttes, die ihn würde auferwecken, und in den Himmel selbst
 
  {Sp. 766}  
 
 
  auffahren lassen.
  • Jes. LIII,
  • Offenb. XII, 5.
 
 
  Mit dieser Rede wolte also Christus die Seinen aufmuntern, daß sie aus den Weissagungen untersuchen möchten, was von seinem Abschiede aus der Welt geschrieben wäre. Alsdenn würden sie fasten, das ist, Ursache der Traurigkeit haben, die sie zum Fasten und Beten demüthigen würde.
  • Johann. XVI, 20.
  • Hos. XIII, 2. 3. 14. 23.
  • 2 Corinth. VI, 6.
 
 
  Der gelehrte Engelländer Beveregius in Cod. Canon. vindicato. stehet in den Gedancken, als wenn diese Worte eigentlich nach dem Buchstaben verstanden, und von den beyden Tagen, da Christus gecreutziget und begraben worden, auch da die Jünger aus grosser Betrübnis geweinet und gefastet, erkläret werden müsten. Es war, schreibt er, bey den Jüden eine hergebrachte Gewohnheit, daß ein jeder den Tag des Todes seines Vaters in allen Jahren seines Lebens zum Fast-Tage erwehlete. Daher ist nichts unglaublicher, als daß die Jünger nicht die Tage über gefastet haben solten, in welchen ihr liebster Lehrer und eintziger Seligmacher des gantzen menschlichen Geschlechts, vor ihre und aller Menschen Sünde die grausame Marter, und endlich den Tod selbst ausgestanden. Wer hätte auch sogar unter den geringsten Jüngern dieses nicht thun wollen? Wer wird nicht jährlich gedacht haben: An diesem Tage ist der eingebohrne Sohn GOttes um meiner Sünde Willen verspottet, gegeisselt und getödtet worden? Solte ich wohl diesen Tag in aller Ergötzung meines Fleisches frölich zubringen? Solte ich mich nicht viel mehr an diesem Tage mit Fasten und Thränen kräncken, da meine Sünde den Herrn des Lebens ans Creutz gehefftet?
 
 
 
  Also schliesset gedachter Engelländer sonderlich aus den gegenwärtigen Worten Jesu, daß die Jünger Christi nicht allein die zween Tage, an welchen Christus gestorben und begraben, zu Festtagen bestimmt hätten, sondern daß auch dergleichen geistliche Übungen andern Christen anbefohlen worden. Hierauf hätten auch die Jünger der Apostel aus grosser Liebe gegen Christus nicht allein die beyden Tage, welche hier von Jesu bestimmt werden, den Fasten gewidmet sondern auch mehr Tage hinzu gethan, bis endlich, andere viertzig Tage erwehlet, welches die Apostel nicht für strafbar gehalten, sondern vielmehr gerühmet, weil dadurch die Gottesfurcht befördert, und das Fleisch gebändigt wurde. Indessen hätten die Apostel dergleichen viertzigtägige Fasten nicht allen aufgebürdet, indem nicht alle gleiches Vermögen hierinne gehabt. Sonst aber sey es daher kommen, daß einige vor Ostern 40 Tage gefastet, mit dem Vorgeben, daß sie diese Gewohnheit von den Aposteln empfangen hätten.
 
 
 
  Bis hieher haben wir die Meynung des Engelländers vorgetragen, von welcher wir behaupten, daß sie nicht in den Worten des Textes gegründet sey, als welche nicht bloß auf das Fasten der beyden Tage im engern Verstande zu sehen sind. Denn
 
 
 
(b) dieses ist der wahre Verstand obiger Worte: Wenn Christus würde sterben, und nachmahls gen Himmel fahren: So würden die Jünger Jesu hefftig von der Welt verfolgt werden.
Amel. N. Test. …
     

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Stand: 31. März 2013 © Hans-Walter Pries