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Forts. S. 52 Sp. 2 |
ÄNGSTLICHKEIT oder Gefühl beschränkter
Lebensthätigkeit mit besorglicher Unruhe, stammt♦ |
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1) aus Gedanken, bei innerem Zwiespalt oder bei
Erkentniß vorhandener Gefahr;♦ |
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2) aus dem Körper, besonders wenn das
Sonnengeflecht angegriffen, der Herzschlag unregelmäßig, das Athmen
erschwert ist;♦ |
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3) aus bloßem Vorgefühl eines herannahenden
Übels.♦ |
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Über letztere Art s. den Art. Ahnung.♦ |
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Die zweite ist schon Krankheitserscheinung und
verlangt ärztliche Beurtheilung und Behandlung, denn sie wird
gehoben bald durch den Ausbruch einer bestimmten Krankheit, bald
durch dieses, bald durch jenes Heilverfahren.♦ |
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Bei der erstern Art ist es diätetischer
Grundsatz:♦ |
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1) Das Übel klar anzuschauen, und es sich zu
denken nicht als kommend, sondern als daseyend, nicht die gemilderte
Form, sondern geradezu den äußersten Fall, denn nur so wird dem Übel
sein Stachel genommen;♦ |
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2) das Leben vom leidentlichen Gefühl abzuleiten,
die Selbstthätigkeit hervor zu rufen, kräftig zu widerstreben und in
der Anstrengung des Verstandes, in dem Sinnen auf Mittel |
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S. 53 Sp. 1 |
ÄNIA |
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der Rettung das Selbstgefühl zu erhöhen; |
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3) in das Unvermeidliche sich zu fügen, das
größte Übel aus einem höhern Gesichtspunkte zu betrachten.
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(Burdach.) |
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Ängstlichkeit in ästhetischen Darstellungen darf
man nicht verwechseln mit ästhetischer Darstellung des Ängstlichen,
welche vortrefflich sein kann; jene ist allezeit ein Fehler, welcher
daraus entspringt, weil den Künstler selbst die Angst in Ansehung
seiner Darstellung ergriffen hat.♦ |
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Das Vorgefühl des Unvermögens, die
Schwierigkeiten der Ausführung zu besiegen oder der Kritik genug zu
thun, hemmt die Freiheit und lähmt die Kraft. Indem nun der Künstler
nicht wagt, sich frei zu bewegen, verfällt er, durch Beobachtung
einer übertriebenen Genauigkeit, in das Gezwungene und Steife, und
sein Werk, dem man die peinliche Anstrengung des Arbeiters ansieht,
gewährt keinen rein ästhetischen Genuß. –♦ |
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Ängstlich in der Malerei ist jede sklavische
Nachahmung, jede Ausführung, die sich zu sehr an das Kleinliche
hält, und in diesen Fehler verfällt hauptsächlich jeder Kopist eines
Gemäldes, der, ohne den Geist desselben aufzufassen, mit mühevollem
Pinsel und Lasuren zu seinem Zwecke zu gelangen strebt.♦ |
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Bei jedem nicht blos nachahmenden Künstler ist
das sicherste Mittel, nicht in ängstliche Darstellung zu verfallen,
daß er keinen Stoff wähle, dem er nicht gewachsen ist, denn tritt
das Gefühl ein, daß er des Stoffes nicht Meister sey, so wird er
furchtsam, die freie Darstellung geht verloren, und er sucht
vergebens mit Mühe zu erlangen, was freie Geister, die er sich nun
zu Vorbildern nimmt, mit Leichtigkeit vollendeten. Dasselbe gilt
auch in der Kupferstecher. |
(Weise.) |