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Forts. S. 44 Sp. 2 |
BENTHEIM, eine Grafschaft an den Gränzen von den Niederlanden, jetzt eine
Provinz Hanovers. Sie hat den Namen von dem Schlosse Bentheim, wird von den Niederlanden, der
preuß. Provinz Westphalen und den Kreisen Meppen und Emsbühren umgeben, und ist 18,90
Quadrat-Meilen groß; die Oberfläche aber, von der Vecht, welche durchaus flöß- und von Northorn bis Zwoll
schiffbar ist, bewässert, und besteht theils aus Morästen und Vehnen, theils aus guter Geest, worin
man auch auf Waldungen, wie den Bentheimer Wald und den Wengselmbruch stößt, die die letzten
Enden des Teutoburger Waldes ausmachen.♦ |
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Das sonst gemäßigte und milde Klima wird durch die vielen Nebel, die über
diesem Lande hängen und die es mit Holland theilt, unfreundlich. Die Geest ist gut angebaut, und
erzeuget Korn, Rübsamen, Flachs und Kartoffeln im Überflusse, und die Vehne geben zureichenden
Torf, der indeß immer mehr abnimt. An Vieh wurden ohne das, was dem Examte gehörte, 1788 nach
Weddigens Tabelle an Pferden 3681, an Rindvieh 21,465, an Schafen, welches meistens Haidschnaken
waren, 54,893 Stück, an Schweinen 5155 und an Bienenkörben 12,128 Stück gezählt. Von Federvieh
werden besonders Gänse gehalten.♦ |
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In den Waldungen gibt es Kleinwild, in den Gewässern Fische, in den Hügeln bei
Bentheim und Gildehaus Sand-, Mühl- und Quadersteine, die besonders zum Wasserbau nach Holland
abgesetzt werden, auch hat man Töpferthon, Steinkohlen, etwas Raseneisen und reichlich Torf, so daß
es dem Lande an den Nothwendigkeiten des Lebens nicht fehlt. Garnspinnerei und Leinwebern ist
über das ganze Land verbreitet, aber dies und die Gewerbe in den Städten geben doch den Bewohnern
nicht durchaus Auskommen, daher häufig nach Holland gewandert wird.♦ |
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Das Land benutzt seine günstige Lage zum Handel und die schiffbare Vecht wenig;
es treibt keinen |
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S. 45 Sp. 1 |
BENTHEIM |
⇧ Inhalt |
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Kommissions- und Speditionshandel und begnügt sich an dem Verschleisse seiner
eignen Produkte, die meistens Holland abnimt.♦ |
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An Einwohnern hatte das Land 1812 24,364 in 3 Städten, 1 Marktflecken, 62
Bauerschaften und 3798 Häusern. Die westphälische Mundart ist gemein, doch findet man auch schon
holländische Sprache und noch mehr holländische Sitten. Die Reformirten besitzen 14, die Katholiken
5 Kirchspiele, beide mit gleichem Rechte. 1788 waren außer 5 Edelhöfen 10,562, und 12,247
schutzpflichtige Unterthanen vorhanden.♦ |
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Das Land hatte sonst Provinzialstände, wozu der Prinz von Oranien wegen seiner
Bentheimschen Güter, 5 Edelhöfe, 2 Klöster und 3 Städte gehörten, aber diese cessiren jetzt, und
Bentheim sendet zum hanöverschen Landtage 2 Deputirte, 1 von der Ritterschaft, 1 von den Städten.
Es steht unter einer eignen Provinzialregirung und Kammeradministration, die wie die Steuerkassen zu
Bentheim den Sitz haben. Von dem dasigen Tribunale gehen die Berufungen an die Justizkanzlei zu
Osnabrück. Untergerichte sind die 5 Ämter. Der Oberkirchenrath respizirt die 13 ref. Pfarren, und hat
eine Einrichtung, wie die übrigen hanöverischen Konsistorien; die Katholiken gehören zum Sprengel
von Osnabrück; das ganze Land macht nur eine Oberförsterei mit 6 Förstern und Forstaufsehern
aus.♦ |
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Die Steuern sind unbeträchtlich; die Landsteuer beträgt 42,700, der Militärbeitrag
17,300 Rthlr., aber die Domänen bringen über 100,000 Rthlr. auf. Die Provinz wird in die 5 Ämter
Bentheim, Emblichheim, Neuenhaus, Northorn und Ülsen abgetheilt. —♦ |
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Schon seit den ältesten Zeiten hat das Land seine eigne Grafen, die mit denen von
Holland einerlei Ursprung haben. Seit 1500 theilen sie sich in 2 Linien:♦ |
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1) Tecklenburg, welche aber die Grafschaft längst nicht mehr besitzt, dafür aber
gegenwärtig unter preuß. Oberhoheit die Souveränitätsländer, die Herrschaft Rheda und
Hohenlimburg 4 Quadrat-Meilen mit 13,856 Einw. und etwa 50,000 Gulden Einkünften. Der Graf ist
gegenwärtig in den preuß. Fürstenstand erhoben und residirt zu Hohenlimburg;♦ |
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2) Bentheim-Bentheim, welches die Grafschaften Bentheim und Steinfurt besaß.
Aber Graf Friedrich Karl Philipp, den große Schulden drückten, verpfändete 1753 dieses sein
Stammland gegen einen Vorschuß und gegen Übernahme der Schulden auf 30 Jahre an Hanover.
Beides betrug 900,000 Rthlr. Die 30 Jahre waren 1783 abgelaufen, und das Pfand wurde reklamirt, da
aber die Zurückzahlung des Pfandschillings nicht erfolgte, so blieb Hanover bis 1804 im Besitze, in
welchem Jahre der Graf an Frankreich, das damals Herr von Hanover war, einen Theil der
Pfandsumme bezahlte, und mit Protestation Hanovers in das Land wieder eingesetzt, doch bald darauf
mediatisirt und das Land unter Bergensche Hoheit gezogen wurde. Als Hanover 1813 wieder zum
Besitze des Kurfürstenthums gelangte, setzte es sich von neuem in den Besitz von Bentheim, welches
auch der Wiener Congreß bis dahin, wo der Graf den Pfandschilling zurückgezahlt haben würde,
bestätigte, und zugleich die Grafschaft mediatisirte. Hanover, das jetzt in dem völligen Besitze
geblieben ist, gibt dem Grafen eine jährliche Subsidie von 13,000 Rthlr. Als preuß. Standesherr, als
welcher er auch in den Fürstenstand erhoben ist, besitzt er noch die Herrschaft |
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BENTHEIM |
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Steinfurt — 1 Quadrat-Meile, mit 1980 Einw. — und die Herrschaften Alpen im
Kreise Rheinberg, und Batenburg in Geldern, woraus er etwa 60,000 Gulden Einkünfte hat und zu
Burg Steinfurt residirt —♦ |
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Bentheim, der Hauptort der Grafschaft, der Sitz der hanövrischen
Provinzialbehörde und eines Amts, wozu die Stadt Schuttdorf und 7981 Unterthanen gehören, ist ein
Marktflecken (Br. 52° 18' 32" L. 24° 47' 45"), hat 1 nach alter Art befestigtes Felsenschloß, 1 reform.
und 1 kath. Kirche, 298 Häuser und 1378 Einwohner, die sich von den Ausflüssen der Collegien,
einiger Leinweberei, Gerberei und Pergamentfabriken nähren, auch einen Gesundbrunnen *).
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(Hassel.) |
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- *) Dieses Bentheimer Mineralwasser ist ein Schwefelwasser, das, außer
Schwefel und mehren Neutralsalzen, 50 Kubikzoll Kohlensäure in 1 Pfde. enthalten soll. Seine
arzneiliche Wirkung ist die allgemeine der übrigen Schwefelwasser, (s. K. A. Hofmann's Taschenb. f.
Ärzte, Physiker und Brunnenfr. etc. Weim. 3. Aufl. 1815. kl. 8. S. 76. etc. — Trampel's med. chir.
Bemerk. S. 132.) (Th. Schreger.)
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