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Forts. S. 220 Sp. 1 |
BUCHDRUCKERKUNST. Die Kunst,
Bücher zu drucken, wird in zwei Haupttheile getheilt: in das Setzen und in das eigentliche Drucken. Daher sind auch die
Arbeiter in einer Buchdruckerei entweder Setzer oder
Drucker. Jene setzen die aus Blei und Spießglanz (s.
Schriftgiesserei) gegossenen Buchstaben, Lettern oder Typen
nach der Handschrift zu Wörtern, Zeilen und Seiten
zusammen; bis ein Bogen, welchen Formates es sei, voll ist:
diese bestreichen die gesetzten Buchstaben mit Schwärze und
drucken sie mit der Presse zu Bogen ab. |
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Das Geschäft des Setzers erfodert viele
Kentniß, Geschicklichkeit, Übung mit strenger
Aufmerksamkeit verbunden. Auf einem schrägen Pulte oder
Regale, vor welchem der Setzer steht, ist der Schriftkasten,
welcher so viele Fächer enthält, als zur Aufnahme der
Buchstaben erfodert werden, befestigt. Jeder Buchstabe hat
sein bestimmtes Fach, in welchem sich eine hinreichende
Menge derselben befindet. So ist es auch mit den
Interpunktionszeichen und mit den zur Trennung von Wörtern,
Zeilen etc. dienenden Quadraten, Spatien u. dgl.
Diejenigen Buchstaben, welche am häufigsten gebraucht
werden, wie a, d, e, i, m, n, o, u, r, s müssen dem Setzer am
bequemsten zur Hand liegen, weil er sie am meisten zu greifen
hat. Übrigens kennt der Setzer seine Fächer eben so gut, als
der Clavierspieler die Tasten seines Instruments und er nimt
mit eben der Fertigkeit die gehörigen Buchstaben heraus, als
der Clavierspieler die rechten Tasten zu treffen versteht.♦ |
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Das Manuscript, nach welchem er absetzt,
ist mittels einer hölzernen Klammer, (dem Divisorium,
Blattsperrer oder Zeilenweiser) an den Schrifthalter oder
Tenakel befestigt. Letzterer ist ein hölzerner, gewöhnlich mit
Pappe überzogener Stab, welcher mittels einer Spitze auf dem
Schriftkasten steckt. — Seine Augen stets auf das Manuscript
geheftet, nimt der Setzer nach den Worten des Manuskripts die
Buchstaben aus den Fächern und sammelt sie so in dem
Winkelkasten, den er in der linken Hand hält, daß die Köpfe
nach oben hingekehrt sind. Er weiß nämlich mittels der
Signatur, d. h. mittels der an jedem Buchstaben
befindlichen Kerbe, auch schon durch das Gefühl den Kopf
jedes Buchstabens von dem Fuße zu unterscheiden.♦ |
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Der Winkelkasten, zum Zusammensetzen
der Wörter und Zeilen, besteht aus einem messingenen
Lineale, an dessen genau gearbeiteter ebener Grundfläche
rechtwinkelig zwei Seitenwände sich befinden. In ihm ist ein
kleinerer Winkelkasten, der Frosch, beweglich, welcher
mittels einer Schraube in verschiedenen Entfernungen von den
schmalen Kanten des Hauptkastens festgestellt werden kann,
um einen Raum einzuschließen, dessen Breite der Breite der
jedesmaligen Zeile (nach Verschiedenheit des Formats) |
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S. 220 Sp. 2 |
BUCHDRUCKERKUNST |
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gleich ist. Zwischen jedes Wort kommen,
der gehörigen Absonderung wegen, diejenigen schmalen
viereckigen Streifen an der Schriftmasse, welche Spatien
heißen, aber niedriger seyn müssen. Zu größeren Trennungen
dienen ähnliche dickere Körper, Halbgevierte, Ganzgevierte,
oder auch Quadrate, ebenfalls von minderer Höhe, weil von
den letztern oft eine ganze Reihe neben einander zu stehen
komt, z. B. um den Text von Überschriften
abzusondern, wenn eine Zeile nicht voll werden, wenn sie
abgesetzt werden soll, u. dgl. Niedriger aber müssen
diese Körper deßwegen seyn, damit sie beim Schwärzen an
der Presse nicht von der Farbe berührt, mithin diese Stelle des
Papiers unbedruckt, rein und weiß bleiben könne; hat nun der
Setzer seinen Winkelkasten mit Lettern angefüllt, so hebt er
das Gesetzte mit den Fingern vorsichtig heraus und bringt es
in das Schiff, d. h. in ein flaches Kästchen, dessen
innerer Raum die Größe und Form einer Blattseite hat. Die
vordere offene Seite dieses Werkzeugs enthält einen
beweglichen Schieber, die Schiffszunge, die hier in einer
Falze aus- und eingeschoben werden kann, um gegen die
Lettern zu drücken und diese festzuhalten. In diesem Schiffe
bleiben die Zeilen so lange stehen, bis eine Columne (Seite)
voll ist. —♦ |
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Des Zusammenhaltens wegen mit einem
Bindfaden umwunden, werden alle Lettern der Columne aus
dem Schiffe genommen und auf das Setzbret, d. h. auf
ein viereckiges, eichenes Bret gebracht, welches an den Seiten
mit zwei ausgeschnittenen Leisten versehen ist, um es mit den
darauf hingestellten Columnen forttragen zu können. Auf dem
Setzbrete wird die Form gebildet, z. B. bei Duodez, zu
sechszehn, bei Octav, zu acht, bei Quart, zu vier, und bei Folio
zu zwei Blattseiten oder Columnen.♦ |
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Zwischen die Columnen kommen die
Stege zu liegen. Diese geben beim Drucken die weißen
Zwischenräume und die breiten Kanten des Bogens ab. Nach
ihrer verschiedenen Lage und Stelle erhalten diese Stege
besondere Namen. Der breiteste ist der Mittelsteg. Dieser
liegt, nach der Länge der Form in der Mitte zwischen den
Columnen. Quer durch das Format gehen die beiden
Kreuzstege, wovon die beiden obersten Kapitalstege heißen.
Überall an die äußern Gränzen der Schrift schließen die vier
Anlegestege. Diese Stege bilden beim Abdruck die weißen
Kanten. Beim Octavformat kommen hiezu noch die
Bundstege, welche die Columnen auf jeder Hälfte der
Bogenseite trennen. Der dadurch entstehende weiße Raum
bildet den Rücken des Buchs, wenn der Buchbinder es falzt
und heftet. Das Ganze der Form umschließt der Setzer mit
dem eisernen Formrahmen, wovon zwei Seiten mit Schrauben
versehen sind; vermöge derselben werden die Lettern und
Stege in der gehörigen Lage befestigt. —♦ |
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Zu jedem Bogen gehören übrigens zwei
Formen (für die beiden Seiten eines Bogens); die eine heißt
Form des Schöndrucks, die andere Form des
Wiederdrucks. —♦ |
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Jene Stege der Form waren bisher von
Holz. Längst fand man, daß solche Stege, wenn auch noch so
sorgfältig geschnitten.und zusammengepaßt, doch durch die
abwechselnde Feuchtigkeit und Trockenheit der Luft,
hauptsächlich aber durch das Waschen der Formen leiden.
Alsdann ziehen sie sich und verändern sich so, daß dem Druck
oft die nothwendige |
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BUCHDRUCKERKUNST |
⇧ Inhalt |
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Akkuratesse fehlt. Seit ein paar Jahren hat
man daher Stege aus Schriftzeug gegossen, welche
Genauigkeit und Leichtigkeit mit einander verbinden, und
auch eben nicht kostspielig aber dauerhafter sind. |
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Die Correctur einer Form geschieht bei
dem Setzer auf folgende Weise. Die im eisernen Rahmen fest
geschlossene Form wird auf einen sogenannten Corrigirstuhl
gebracht, etwas aufgeschraubt, d. h. die angezogenen
Schrauben werden etwas rückwärts gedrehet, damit die darin
befindlichen Columnen und deren einzele Zeilen ein wenig
locker oder etwas beweglich werden. Mit einem spitzigen
Instrument, der Ahle, welche in einem breiten glatten
Knopfende steckt, werden nun die nach den gewöhnlich am
rechten Rande des abgezogenen Bogens angezeigten Fehler,
Irrungen, Verschiebungen, so genannten Spieße, welche durch
höher stehende Spatien bewirkt werden, überhaupt alle
einzelen fehlerhaften Lettern etc. angestochen, heraus
genommen, mit den richtigern umgetauscht; und da beim
Hineinstecken auch manchmal der nachbarliche Buchstabe
oder das Spatium mit in die Höhe komt, wird mit dem breiten
glatten Knopfende auf das ganze Wort geschlagen, damit alle
Körper in die gehörige Lage kommen. Ist nun das Alles
geschehen und sind alle Übelstände hinweggeschafft so folgt
das eigentliche Drucken. |
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An einer Presse werden gewöhnlich zwei
Arbeiter angestellt; Einer, welcher die Zurichtung der Formen,
daß nämlich die Columnen gehörig auf einander passen, der
Andere die Reinigung derselben zu besorgen hat. Einer von
ihnen (der Ballenmeister) übernimt das Schwärzen, der
Andere (d. Preßmeister), das Abziehen, Abdrucken. Weil
aber die letztere Arbeit mehr körperliche Arbeit und
Anstrengung erfodert, so wechseln Beide alle Stunden mit
einander ab. |
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Ehe man aber das Papier bedruckt, muß es
erst angefeuchtet werden. Es wird dadurch weicher und nimt
den Eindruck der Lettern besser an, als wenn es steif und
trocken wäre. Man zieht daher, wenn es ungeleimtes oder
eigentliches Druckpapier ist, jedesmal ein Buch Papier durch
ganz reines, klares Brunnenwasser, legt ein Buch trocknes
Papier darauf, welches man ungefähr mit einer Handvoll
Wasser besprengt, dann wieder ein durch Wasser gezogenes
Buch, hierauf abermals ein blos mit Wasser besprengtes, und
so fort. Oben und unten kommen zwei Breter mit Querleisten
zu liegen; den ganzen angefeuchteten Papierhaufen aber
beschwert man 24 Stunden lang mit einem schweren Steine,
etwa von einem Centner Gewicht. So verbreitet sich das
Wasser nach und nach gleichförmig durch die Bogen. Gut ist
es, daß der Haufen auch umgelegt wird, weil Stellen übrig
bleiben könnten, die nicht so gleichförmig durchnäßt würden,
und doch komt hierauf in Hinsicht eines guten Drucks sehr
viel an; denn auf trocknen Stellen drucken sich die Lettern
schlecht ab. — Das Schreibpapier muß, wenn es dick und
stark geleimt ist, nur zu sechs, und wenn es weniger dick und
auf gewöhnliche Weise geleimt ist, nur zu acht Bogen sehr
langsam durchs Wasser gezogen werden. |
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Die Druckerschwärze oder den
Druckfirniß macht sich der Buchdrucker selbst aus Ölfirniß
und Kien- |
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BUCHDRUCKERKUNST |
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ruß. In einer kupfernen Blase wird Leinöl
(oder Nußöl) gekocht, und während des Siedens hängt man
mit einem hölzernen Spieße einige Stücke Brod in das Öl,
damit die wässerigen und schleimigen Theile desselben sich
hineinziehen. Man kocht es hierauf zu der Dicke eines
flüssigen Syrups ein und läßt es abkühlen. Alsdann gießt man
es in ein eignes Farbefaß und schüttet nach und nach Kienruß
zu. Diese Masse rührt man nun so lange um, bis sie dick genug
ist. —♦ |
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Das Sieden des Firnisses wird, der
Feuersgefahr wegen, stets im Freien verrichtet. Und doch ist
für die Arbeiter zuweilen großes Unglück entstanden, wenn
das Öl überkochte. Man hat daher manche neue
Siedeeinrichtungen angegeben, welche dieses Unglück
verhüten sollen. So verrichtet man das Sieden wol in
verschloßnen Gefäßen, von welchen aus Röhren, nach Art des
Wanslefschen Destillirapparats in andere Gefäße gehen. Das
Öl kann dann nicht ins Feuer laufen, und wegen der
Leitungsröhren kann auch kein gewaltsames Zersprengen
erfolgen. Sicherheitsventile wendet man hiebei gleichfalls
gegen ein Zersprengen der verschlossenen Blase an.—♦ |
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Man verlangt von dem Druckfirniß, daß er
recht schwarz sey, daß er sehr schnell trockne und daß er sich
da, wo man ihn aufgetragen hat, nicht auslöschen läßt, auch
nicht durch das nasse Papier hindurch schlägt. Ruß von
Steinkohlen und von Öllampen, der in verschlossenen Tiegeln
recht gut durchglüht worden ist, erhöht die Schwärze des
Druckfirnisses sehr. Das Rothdrucken komt, außer in
Kalendern, fast gar nicht mehr vor. Man bekomt die dazu
dienende rothe Farbe, wenn man Zinnober mit etwas Bleiweiß
unter den Ölfirniß mischt. |
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Das Auftragen des Druckfirnisses auf die
Lettern (auf die Form) geschah sonst gewöhnlich mit den
Druckerballen. Ein solcher Ballen, deren immer zwei für jede
Form gebraucht werden, besteht aus einem kreisrunden wie
eine Schüssel ausgehöhlten Holze, welches über dieser
Höhlung mit halb gewalktem Schafleder (Thranleder) benagelt
und unter demselben mit abgesottenen Pferdehaaren fest
ausgestopft ist. An jedem Ballen sitzt ein Griff fest. Man
überreibt die beiden zu einer Form dienenden Ballen mit
Farbe, indem man den einen in die Farbe tunkt und beide dann
kreisförmig auf einander herumbewegt, so lange bis die Farbe
auf ihnen überall gleich und auf das feinste verbreitet ist. Dann
drückt man die Ballen auf die Lettern der Form, so daß diese
insgesamt Farbe von ihnen annehmen, und unter der Presse
den Abdruck auf dem Papiere ganz gleichförmig
verrichten. |
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Seit wenigen Jahren, wendet man in
wohleingerichteten Druckereien statt der Ballen Walzen an,
welche, von einer Länge, die der Größe des jedesmaligen
Formats gleich ist, und ein paar Zoll Dicke, zwischen einem
Handgriffe leicht um ihre Axe rollen. Der Ballenmeister
verwandelt sich dann in einen Walzenmeister, welcher die
Walze auf der Form hinführt. Die Walze schont die Schrift
and erleichtert die Druckarbeit sehr. Denn sanft und leicht rollt
sie über das größte und über das kleinste Format hin. Sie trägt
die Farbe überall gleich auf, zieht alles Unreine von der Form
an sich und setzt es auf dem Farbetisch ab. Sie verrückt die
Lettern der |
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BUCHDRUCKERKUNST |
⇧ Inhalt |
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Form nie, kann niemals einen Buchstaben
herausheben u. dgl. m. |
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Die gewöhnliche Buchdruckerpresse,
worin das Abdrucken der Form verrichtet wird, ist auf
folgende Art eingerichtet. Auf starken Füßen oder Schwellen
stehen zwei starke lothrechte hölzerne Wände, welche oben
und unten durch starke Querriegel und Kränze mit einander
verbunden sind. In der Mitte des obern Querriegels befindet
sich die messingene Schraubenmutter, in welcher sich die
messingene Schraubenspindel oder Preßschraube umdreht.
Dies Umdrehen geschieht mittels des Preßbengels eines an
der Spindel befestigten, mit einem bequemen Handgriffe
versehenen, Hebels. Die Schraube wirkt unmittelbar auf den
Tiegel, d. h. auf eine mitten unter ihm befindliche
schwere, 1 Fuß breite und 15 Zoll lange messingene oder
eiserne Platte. Diese Platte muß den Druck der Schraube
zunächst auf die Form fortpflanzen.♦ |
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Von der völlig horizontalen Lage dieses
Theils der Presse hängt der gute Druck ab. Deswegen muß der
Tiegel vermöge gleich langer Schnüre mit vier senkrechten
Stangen verbunden seyn, welche unten wie Harken gekrümmt
sind, oben aber an dem sogenannten Schlosse fest sitzen.
Dieses Schloß ist eine eiserne Platte, aus zwei Hälften
bestehend, welche in ihrer Mitte den Hals der Spindel
umschließen. Schrauben halten sie daran zusammen, und
bewirken ihre feste Verbindung mit der Preßspindel.♦ |
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Damit nun weder dieses Schloß mit seinen
vier Stangen, noch auch der Tiegel hin und her wanken könne,
so hat man der Presse die Brücke, d. h. ein genau in
Falzen oder Ruthen der Wände auf und nieder bewegliches
Bret gegeben. Durch dieses Bret gehen die Stangen des
Tiegels hindurch. Horizontal auf dem untern sehr starken
Querbalken, unter dem Tiegel, liegt das bewegliche Laufbret,
welches vorn auf einer Stütze, dem Galgen, ruht, hinten aber
in das Gestelle eingefasset ist. Auf seiner Oberfläche enthält
das Laufbret glatte eiserne Schienen, und auf diesen Schienen
kann der bewegliche Karren leicht fortgleiten. Mittelst des
Karrens ist man eben im Stande, die Form zum Pressen unter
den Tiegel zu bringen, und sie gleich nach dem Drucken des
darauf liegenden Bogens, darunter hinwegzuführen, um den
Bogen von der Form abnehmen zu können. |
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Der Karren selbst ist ein viereckiger
Kasten mit dem Fundamental, einem messingenen Boden,
worauf die Form mit Keilen befestigt wird. Vermöge eines
eisernen Gewindes (Charniers) ist an dem Kasten des Karrens
ein Rahmen, der sogenannte Deckel, angebracht, dieser mit
Pergament überspant, hat in der Mitte zwei angeschraubte
gabelförmige eiserne Stacheln, die Punkturen, welche die
zum Bedrucken bestimmten weißen Bogen festhalten, und
unverrückbar mit dem Deckel verbinden.♦ |
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Auch das Rähmchen ist vermöge eines
Charniers mit dem Deckel verbunden; man muß nämlich im
Stande seyn, dieses Rähmchen aufzuheben und
niederzulassen. Man versteht nämlich unter dem Rähmchen
einen mit Schreibpapier überzogenen Rahmen, der mit dünnen
Holzspänen übergittert oder in so viele Fächer getheilt ist, als
die Form Columnen hat. Es hält nicht blos den Bogen vom
Herabfallen ab, wenn der Deckel über die Form ge- |
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BUCHDRUCKERKUNST |
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schlagen wird, sondern sichert auch durch
sein hölzernes Gitterwerk die weiß bleibenden Stellen des
Bogens beim Drucken vor dem Beschmutzen. An der gegen
den Tiegel zu liegenden Stelle des Deckels befindet sich eine
eiserne Schnalle oder Zunge, welche dazu dient, das
Rähmchen an den Deckel zu befestigen. Ein von der
Zimmerdecke herabgehendes Hölzchen, der Anschlag oder
Himham, von welchem ein Strick bis zum Boden der
Werkstatt herabläuft, fängt das Rähmchen wie eine Lehne auf,
wenn man den gedruckten Bogen aus dem Deckel nimt. |
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An dem hintern Ende des Laufbrets
befindet sich der Deckelstuhl, ein Ansatz, gegen welchen sich
der Deckel lehnt; und unter dem Laufbrete ist da, wo der
Drucker steht, die Kurbel abbracht, deren Axe in einer
hölzernen, horizontal liegenden Walze steckt. Diese Walze
wird umgedreht, wenn man die Kurbel herum bewegt. An der
Walze sitzen zwei starke, lederne Riemen mit ihrem einen
Ende fest; das andere Ende dieser Riemen ist an dem Karren,
und zwar das eine Ende vorn, das andere hinten, befestigt.
Daher läuft der Karren mit seinen eisernen Klammern auf den
mit Öl bestrichenen Schienen des Laufbrets fort, und zwar
vorwärts und rückwärts, je nachdem man den Griff der Kurbel
rechts oder links umdreht. So kann man den Karren leicht
unter den Tiegel, und nach dem Abdrucke wieder zurück
schieben. Der eine Riemen windet sich hiebei immer auf die
Walze, der andere windet sich davon ab. Soll übrigens der
Preßbengel zum Drucken angezogen werden, so stemmt der
Arbeiter seinen Fuß auf einen eignen Antritt, d. h. auf
ein an einem Klotze schräg gestelltes, an die Dielen des
Zimmerbodens fest genageltes Bretchen. |
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In Hinsicht des Druckens selbst ist
hauptsächlich Folgendes zu bemerken. Zuerst wird der
Schöndruck gemacht, d. h. alle Bogen einer Auflage
des Buchs werden erst auf einer Seite gedruckt. Der
Preßmeister zieht nämlich den Karren zurück und schlägt den
Deckel auf, wobei das Rähmchen sich an den Anschlag lehnt.
Hierauf sticht er zwölf Bogen des angefeuchteten Papiers auf
die Punkturen, und mit dem rechten Fuße tritt er den Anschlag
nieder. Das Rähmchen fällt dann wieder auf den Deckel und
wird angeschnallt. Der Ballenmeister trägt unterdessen die
Schwärze auf die Form, und zwar so geschwind und
gleichförmig wie möglich.♦ |
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Der Preßmeister nimt nun den Deckel am
ledernen Griffe, legt ihn auf die Form und dreht die Kurbel der
Walze schnell um. Dadurch führt er den Karren mit der
geschwärzten Form unter den Tiegel. Er ergreift jetzt den
Preßbengel, tritt auf den Antritt und zieht den Bengel schnell
und stark gegen sich. Die Preßspindel schraubt dadurch den
Tiegel gewaltsam nieder; dieser drückt nun eben so stark auf
die Form, und zwar nur auf die vordere Hälfte derselben. Der
Preßmeister läßt daher eben so geschwind den Tiegel wieder
los, welcher augenblicklich von selbst zurück stellt. Er windet
den Karren mittels der Kurbel noch weiter vorwärts und zieht
den Preßbengel wieder an, so daß der Tiegel nun auch die
hintere Formhälfte abdruckt. Jetzt windet er den Karren
zurück; er öffnet dann die Form und nimt den gedruckten
Bogen heraus, während der Ballenmeister die Form für den
zwei- |
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BUCHDRUCKERKUNST |
⇧ Inhalt |
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ten Bogen wieder schwärzt; und so fort.—
Wenn die eingelegten zwölf Bogen abgedruckt sind, so
werden sie mit eben so vielen andern ersetzt; und so fährt man
zu drucken fort, bis der Schöndruck aller Bogen durch die
ganze Auflage vollendet ist. |
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Jetzt erst wird der sogenannte wird der
sogenannte Wiederdruck vorgenommen. Die noch weiße
Seite des Bogens wird nämlich mit einer andern Form
bedruckt, die man auf das Fundament der Presse gesetzt hatte.
Man verfährt hiebei wieder ganz wie beim Schöndruck, blos
mit dem Unterschiede, daß man jeden Bogen einzeln im
Deckel befestigt. Natürlich muß der Bogen wieder in dieselben
Punkturlöcher treffen, damit die Columnen beider Seiten
desselben genau übereinstimmen, oder gerade auf einander
liegen, wenn man ihn, gegen das Licht gehalten, besieht. Die
Drucker nennen dies das Registerhalten. |
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Es ereignet sich bisweilen, daß nach dem
Verkeilen auf dem Fundamente einige Lettern in die Höhe
gehen. Solche Lettern schlägt man vor dem Abdrucken der
Form mit einem Klopfholze nieder, und schraubt dann die
Form noch einmal fest. Wird der Bengel nicht fest genug
gezogen, oder hat der Ballenmeister beim Auftragen der Form
mit den Ballen eine Stelle verfehlt, so entstehen blinde
Abdrücke, sogenannte Mönchsbogen oder Ausschuß. |
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Wenn alle Bogen der Auflage abgedruckt
sind, so hat man die Form nicht mehr nöthig. Alsdann bürstet
man sie in dem Waschtische auf Waschbretern Columne für
Columne mit heißer Lauge aus, wäscht sie ab und übergibt sie
dem Schriftsetzer, welcher nunmehr ablegt, oder die Lettern
wieder in die zugehörigen Fächer des Schriftkastens bringt.
Die Ballen werden, wo sie noch üblich sind, Abends, Mittags
und Morgens, mit Lauge angefeuchtet, um das Leder weich zu
erhalten. Noch feucht hängt man die gedruckten Bogen
mittelst eines Kreuzes auf Schnüre und trocknet sie. Zuletzt
wird die ganze Auflage des gedruckten Buchs lagenweise
zusammengelegt, collationirt, und ordentlich in Exemplare
eingetheilt, geschränkt. |
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Was die vielerlei Arten von Lettern oder
Typen betrifft, welche es gibt, so sind diese nach und nach
erfunden worden. Auch werden sie noch oft mit mancherlei
neuen vermehrt, vorzüglich, daß kleinere Lettern auf größeren
Kegeln gegossen werden können. Die gewöhnlichen
teutschen Lettern pflegt man in Fractur- und in
Schwabacher Schrift einzutheilen. Von der Fractur gibt es 24
und noch mehre, verschiedene Arten. Die größte derselben,
grobe Sabonfractur genant, ist 1 Zoll lang. Die kleine
Sabonfractur hat eine Länge von 7⁄8 Zoll. Auf diese
folgen die grobe und kleine Missalfractur, die grobe und
kleine Kanonfractur, die Textfractur, Mittelfractur, grobe
und kleine Cicerofractur, Corpusfractur, Nonpareilfractur
und die feinste Perlschrift.♦ |
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Von der Schwabacher Schrift, deren es
zehn verschiedene Sorten gibt, heißt die größte
Textschwabacher, die zweite Tertiaschwabacher, die dritte
grobe Mittelschwabacher, die vierte kleine
Mittelschwabacher u. s. w.♦ |
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Breitkopf in Leipzig hatte den teutschen
Typen zuerst ihr gothisches Ansehen benommen; in der
neuesten Zeit kommen |
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BUCHDRUCKERKUNST |
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wieder gothische Lettern, hauptsächlich zu
größerm Druck, als Titellettern etc. zum Vorschein.♦ |
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Von den lateinischen Lettern, welche man
Antiqua nent, gibt es große Sabonantiqua, kleine
Sabonantiqua, grobe und kleine Missal, Kanon
u. s. w. Die kleinste heißt Perlantiqua. Die
geschobenen lateinischen Lettern, welche den geschriebenen
Buchstaben ähnlich sind, aber jetzt nicht viel mehr gebraucht
werden, führen den Namen Cursiv. Man hat davon
Cicerocursiv, Colonellkursiv etc.♦ |
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Eine Menge Interpunktionsstäbchen,
Häkchen (Apostrophen), Anführungs-, Einschließungszeichen
() [], Linien, Gedankenstriche, Zahlen, Spatien,
Quadraten, Röschen etc. hat der Drucker gleichfalls nöthig; s.
Schriftgiesserei. Rechnet man dazu noch die griechischen,
hebräischen, orientalischen, chinesischen und andere fremde
Lettern, so muß man gestehen, daß der Vorrath von Typen in
einer wohl eingerichteten Druckerei beträchtlich zahlreich
seyn muß. |
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Um das Verschieben oder Herausreißen der
Buchstaben aus der Form zu verhüten, richtete der Engländer
Wilson die Lettern so ein, daß sie auf einer Seite ein
länglichtrundes Knöpfchen, auf der andern eine gleiche
Vertiefung hatten. Es paßte also immer ein Knöpfchen in die
Vertiefung des benachbarten Buchstabens. Derselbe Wilson
kam auch zuerst auf den Gedanken, zu Büchern, von denen
man mehre Auflagen voraussehen konnte, die aus
gewöhnlichen Typen zusammengesetzten und auf das
genaueste corrigirten Seiten mittels eines Gusses in Platten
oder Tafeln zu verwandeln. So erhielt man Formen mit
unbewegbaren Lettern, die man hin und her werfen konnte,
wie man wollte, ohne daß ein Buchstabe von der Stelle rückte.
Diese Lettern, welche mit dem Bleigusse gleichsam nur einen
Körper ausmachten, nannte der Franzos Didot Stereotypen
(körperliche Lettern, Festtypen). Durch Didot erhielt der
Stereotypendruck, den man auch wol Polytypendruck nannte,
eine weit größere Reinheit und Gleichförmigkeit; Stanhope in
London vervollkommnete ihn noch mehr. — |
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Übrigens hatten schon vor hundert Jahren
J. van der Mey und J. Müller in Leyden, und kurze Zeit
nachher auch Ged in Edinburg, die Kunst verstanden, mit
ähnlichen Letterplatten zu drucken. Bei Schulbüchern,
Gesangbüchern, Bibeln, Classikern, und ähnlichen Werken
wendet man den Stereotypendruck noch immer mit Nutzen an.
Zur Verfertigung der Stereotypen hat man in England und
Frankreich mancherlei Vortheile ausgesonnen. |
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Die ersten gegossenen Notentypen erfand
schon in der letzten Hälfte des 16. Jahrh. der pariser
Schriftgießer Sanlecque. Aber Joh. Glob Imman. Breitkopf
in Leipzig vervollkommnete sie im Jahr 1752 sehr. Breitkopf
druckte auch zuerst mathematische Figuren mit beweglichen
Typen, sowie Landcharten (mittels Zusammensetzung eigner
Figuren). Sehr merkwürdig bleiben diese Erfindungen immer,
wenn sie auch wenig Nachahmung gefunden haben; und
Breitkopfs Name wird in den Annalen der Buchdruckerkunst
und der Literatur überhaupt gewiß immer mit hoher Achtung
genant werden. |
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S. 224 Sp. 1 |
BUCHDRUCKERKUNST |
⇧ Inhalt |
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Die Buchdruckerpresse wurde in der
neuern Zeit auf verschiedene Art abgeändert oder
vervollkommnet. Wilhelm Haas in Basel wandte bei ihr den
Mechanismus der Münzpresse an. In einem von Eisen
gegossenen auf einem festen Steinklotze befestigten Bogen
befindet sich die metallene Schraubenmutter, worin die
Schraubenspindel sich bewegt. Die Spindel enthält, statt des
gewöhnlichen Bengels, einen Balancier mit zwei gleich langen
Armen, wie die Münzpresse, und an den beiden Enden dieser
Arme sind Schwunggewichte befestigt, welche die Bewegung
sehr erleichtern und die Kraft bedeutend verstärken. Die
Franzosen Didot, Pierre und Amisson gebrauchten in ihren
Druckereien ähnliche Pressen. —♦ |
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Die Stempel-Pressen des Ridley in London
und des Freytag in Gera scheinen keine Nachahmung
gefunden zu haben. Berühmter wurden die Cylinderpressen
(Walzenpressen). Schon vor 30 Jahren kamen solche
Cylinderpressen zum Vorschein, welche die Schwärze gleich
von selbst auf die Form trugen, und wo eine umlaufende
Walze den Papierbogen auf die Form druckte. Letztere
empfing ihre Schwärze, indem sie unter einem Farbencylinder
hinlief, welcher die Farbe durch eigne Verbreitungs-Cylinder
erhalten hatte. Das Papier wurde in einem trommelförmigen
Rahmen, welcher zur Seite sich öffnete, auf die Form gelegt,
der Tisch mit der belegten Form aber wurde zwischen den
beiden Druckwalzen hindurchgelassen. Die oberste dieser
Walzen druckte das Papier nach und nach an allen Stellen auf
die Form, und durch diesen successiven Druck wurde die
Schrift vollkommen abgezogen. War die Form hindurch, so
berührte der die Farbe mittheilende Zylinder sogleich der
untern Vertheilungscylinder und gab ihm die nöthige Farbe. —
So ging das Drucken leicht, schnell und gleichförmig von
statten. —♦ |
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In der Folge veränderte man die
Cylinderpressen noch auf verschiedene Weise. Unter allen
Cylinderpressen ist aber keine so berühmt geworden, als
diejenige des teutschen Künstlers König, welche er in England
zuerst zeigte und anwendete, und welche der so höchst thätige
Cotta von Cottendorf jetzt auch in Augsburg zu wichtigen
literarischen Unternehmungen anlegen lässt. –♦ |
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Bei Königs Druckerpresse fließt die Farbe
aus der Öffnung eines Gefäßes zwischen zwei umlaufende
metallene Cylinder, die ganz nahe an einander herauslaufen.
Hier verdünnt und vertheilt sie sich gleichförmig auf der
Oberfläche. Ein anderes Cylinderpaar vertheilt sie noch mehr.
Sie wird dann auf eine mit weichem Leder umgebene Walze
abgesetzt. Diese Walze vertritt die Stelle der gewöhnlichen
Buchdruckerballen. Sehr fein bringt diese sie auf die
Buchstaben. Die eigentliche Preßvorrichtung befindet sich auf
beiden Seiten dieser Walze, nämlich so, daß die Arbeit mit
denselben Buchstaben doppelt verrichtet wird. Es ist hier auf
jeder Seite, ein hölzerner Cylinder von einer Größe
angebracht, daß drei Bogen Druckpapier seine Oberfläche
bedecken. Sie beschreiben bei der Umdrehung um ihre Axe
nur ein Drittheil ihres Umfangs, und bleiben dann einige
Sekunden lang an dieser Stelle. Auf jedes sich darbietende
Drittel dieses Umfangs wird immer ein Bogen Papier gelegt.
Die in eine eiserne Form gebrachten Lettern werden auf eine
flache, ein paar Zoll dicke metallene Platte gesetzt, die von
vier kleinen |
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S. 224 Sp. 2 |
BUCHDRUCKERKUNST |
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Rädchen unterstützt wird. So läuft die
Platte mit der Form ganz akkurat und leicht in Geleisen von
einem Ende des Gestelles bis zum andern. Sie läuft hin und
her, und dabei hält sie sich an jedem Ende nur 2 Sekunden auf.
Bei jeder dieser hin- und herlaufenden Bewegungen geht sie
unter dem mit Druckfarbe versehenen Cylinder hindurch, und
dann unter denjenigen beiden Walzen, deren Oberflächen die
Papierbogen enthalten. Diese werden nun an die Buchstaben
angedrückt und nehmen von ihnen die Farbe auf. Im
Rückwege fassen sie eine neue Quantität Farbe; diese theilen
sie unmittelbar dem auf der entgegengesetzten Walze
gespannten Papiere mit. Kehren die Buchstaben auf ihrem
Wege von dem Ende gegen die Mitte zurück, so berühren sie
das Papier nicht zum zweiten Male; denn der Cylinder, worin
das Papier befestigt ist, wird beinahe 2 Zoll hoch
emporgehoben, so daß die Form frei darunter hingehen kann.
Die gedruckten Bogen lassen sich übrigens leicht von der
Walze abnehmen *).
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(Poppe.) |
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- *) Unter den verschiedenen
Anweisungen zu dem Technischen der Buchdruckerkunst will
ich hier nur die vorzüglichsten nennen: (Ernesti) Die wohl
eingerichtete Buchdruckerei, m. Abbildd. der Erfinder Nrnb.
1733. Querqt. J. C. Schwarz, der Buchdrucker; zwei Theile,
zweite Aufl. Hamburg 1775. 8. C. G. Täubel,
praktisches Handbuch der Buchdruckerkunst; zwei Theile.
Leipzig 1791. 8. E. W. G. Kircher, Anweisung in der
Buchdruckerkunst. Braunschweig 1793. 8. A. F.
Momero, Traité élémentaire de l'Imprimerie. Paris
1794. 4. C. G. Täubel, Wörterbuch der
Buchdruckerkunst und Schriftgießerei. Zwei Bände; mit Kupf.
Wien 1805. gr. 4. 3r od. Ergänzungsbd. ebend. 1809. gr. 4.
Dessen neues theor. prakt. Lehrbuch der Buchdruckerkst.,
nebst ausführlichem Formatbuche. Wien, 1810. gr. 8.
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