HIS-Data
Scotti Münster 1842 HIS-Data
163-3-2-208
Scotti Münster 1842 > 3. Bd. > 2. Abth. > 208
Bearb. ⇧ 2. Abth.
Titel: Hauptquartier Münster den 18. Nov. 1813
Textvorlage: ULB Münster S. 187
Hinweise: Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Bearbeitung
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⇧ S. 187    
S. 187 Forts. 208. Hauptquartier Münster den 18. Nov. 1813. (Y. g.)  
  Der königl. preuß. General- Lieutenant von Bülow, Befehlshaber des 3. Armee- Corps,  
  an sämmtliche Einwohner und Behörden der Grafschaft Tecklenburg und Lingen, des jenseits der Ems gelegenen, zum bisherigen Ober-Ems- Departement gehörig gewesenen Theils des Fürstenthums Münster und des ganzen Lippe- Departements, mit Ausschluß des Arrondissements Neuenhaus.  
  Die gerechte Sache hat gesiegt! Befreiet von dem fremden Tyrannei-Joche seht Ihr Euch Eurem rechtmäßigen, einem deutschen Landesherrn wiedergegeben, dessen väterliche und gute Gesinnungen für Euch, wie für alle seine Unterthanen, keine Zeit, kein Unfall umgewandelt hat.  
  Auch Ihr meine Mitbürger, seid dieser Gesinnungen unsers Monarchen stets würdig geblieben. Mit Freude und Rührung habe ich dieses in dem herzlichen Empfange der vaterländischen und verbündeten Krieger erkannt, die Euch den Schutz des Königs, unsers Herrn, wiedergeben sollen.  
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  Indem ich nun aber im Namen Sr. Majestät die Preußisch-Westphälischen, und vorläufig auch die von denselben eingeschlossenen, derselben Verwaltung unterworfen gewesenen Provinzen in Besitz nehme, muß es mein und unser aller Bestreben sein, die Ordnung und Einheit wieder herbeizuführen, die eben so sehr der Wunsch und Wille Sr. Majestät, als der anerkannte Vorzug aller derer ist, die unter Allerhöchst Dero Scepter sich der vollkommensten Gerechtigkeit und väterlichen Fürsorge erfreuen.  
  Viel, sehr viel ist schon geschehen, doch fast eben so viel bleibt uns noch zu thun übrig, und nur die Anstrengung und das willige Darbringen aller unserer Kräfte kann uns zu dem Ziele führen, von welchem wir unsere Ruhe, Glück und allgemeine Wohlfahrt erwarten. Von unsern, wieder mit uns vereinten deutschen Brüdern läßt sich mit Zuversicht erwarten, daß sie dem schönen Beispiel folgen werden, welches die preußischen Provinzen in der verhängnißvollsten Zeit gegeben haben.  
  Kraft der mir von Sr. Majestät verliehenen Vollmacht ernenne und bevollmächtige ich hierdurch für die oben genannten Provinzen und Länder eine besondere, die Wirkungskreise des Präfekten und Präfektur-Raths, der Steuer- und Domainen-Direktion umfassende Behörde, unter der Benennung: "Königlich Preußische provisorische Regierungs-Commission", welche bestehen wird:  
  a) aus dem Landrath Freiherrn von Ketteler;
b) aus dem Geheimen-Rath von Druffel;
c
) aus dem Kriegs- und Domainen-Rath Scheffer;
d
) aus dem Hofrath Kottmeier, und
e) dem Kanzlei-Direktor Naber, als expedirendem Sekretair.
 
  Diese, für gedachte Provinzen und Länder ernannte obere Verwaltungs-Behörde wird morgen ihre Geschäfte anfangen, und in Münster, als dem Hauptorte, ihren Sitz haben. Sämmtliche Bewohner der genannten Länder und Provinzen werden daher aufgefordert, den Anordnungen derselben Folge zu leisten, die einer gesetzmäßigen Behörde gebührt, und alle Polizei-, Finanz- und Verwaltungs-Behörden werden angewiesen, sich in Dienstangelegenheiten zunächst an vorbenannte Regierungs-Commission zu wenden, mit ihren Geschäften und in dem bisherigen Bezirke bis auf weitere Anordnung, und unter  
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  der oberen Leitung der Regierungs-Commission fortzufahren.  
  Für das Arrondissement Münster wird der zeitige Maire von St. Mauritz Hauptmann Hammer,  
  für das Arrondissement Steinfurt der bisherige Unterpräfekt von Oer,  
  für das Arrondissement Rees der bisherige Unterpräfekt Fettich,  
  für die Grafschaft Lingen und den vormaligen Bevergernschen Kreis der Geheime Krieges- und Domainen-Rath Mauve,  
  für die Grafschaft Tecklenburg und den übrigen östlich der Ems belegenen Theil von Münster der Landrath von Blomberg in Lengerich, als diejenigen einstweiligen Behörden hierdurch ernannt, welche die Geschäfte der bisherigen Unterpräfekte, unter der Benennung als Landräthe, wahrzunehmen haben.  
  Die bisherigen Maires sollen, in so fern sie sich als gut gesinnte deutsche Patrioten bewiesen haben, unter der Benennung von Bürgermeistern einstweilen beibehalten werden.  
  Der Lauf der Justiz bleibt ungehemmt: die Friedensgerichte und Tribunale verfolgen einstweilen den bisherigen Gang der Geschäfte, sie sprechen indessen die Erkenntnisse, und die Notarien fertigen ihre Handlungen im Namen Sr. königl. Majestät von Preußen; neue Siegel werden von ihnen angeschafft.  
  So wie alle Behörden und Unterthanen ihrer bisherigen Verpflichtung entledigt werden, und sogleich in das Verhältniß preußischer Unterthanen treten, so sollen diejenigen Behörden, welche sich hierzu nicht verstehen und darüber reversiren wollen, sogleich abgesetzt, und durch Männer ersetzt werden, welche das allgemeine Vertrauen besitzen; auch sollen Übelgesinnte, welche die öffentliche Stimme gegen sich haben, sogleich entfernt und durch Gutgesinnte ersetzt werden, wobei hauptsächlich ehemalige preußische und eingeborne Staatsdiener zu berücksichtigen sind.  
  Jede Communication mit dem Feinde ist unter Todesstrafe verboten. Die Postämter sind besonders gewarnt, und werden desfalls scharf in's Auge gefaßt werden, sie müssen alle, von oder nach Frankreich ihnen zukommende Briefe an die Orts- Commandanten abliefern.  
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  Eingeborne Franzosen können kein Amt behalten; die bisherige Gensdarmerie und geheime Polizei sind aufgelöst; einer geheimen Polizei bedarf es in des Königs von Preußen Staaten nicht.  
  Auf alle Reisende aus dem französischen Reiche und sonstige verdächtige Personen müssen die Behörden genau vigiliren. Gründlich verdächtige Einwohner sind ohne Ansehen der Person zu verhaften, und zur Untersuchung zu ziehen.  
  Von dem Augenblicke des Erscheinens dieser Bekanntmachung an, sind sämmtliche Eingeborne ohne Unterschied zum Dienst und zur Vertheidigung des Vaterlandes verpflichtet. Wer sich dieser ehrenvollen Bestimmung eigenmächtig entzieht, und in die Dienste irgend einer andern Macht übergeht, wird als pflichtvergessener Übertreter nach den Militairgesetzen bestraft, und sein Vermögen soll konfiscirt werden.  
  Die Einwohner werden zur Bildung der freiwilligen Jäger-Detaschements, der Landwehr und des Landsturms aufgefordert; diejenigen anerkannt patriotischen Männer, die sich diesem Geschäft auf eine gesetzliche Weise widmen, werden von Sr. Majestät Höchstwohlwollend bemerkt werden. Über die specielle Organisation derselben werden die nähern Bestimmungen erlassen.  
  Ehemalige Preußische und Münstersche Soldaten oder Eingeborne, die schon im Dienst gewesen, sind, wenn sie noch die völlige Körperkraft besitzen, gleich aufzufordern, sich zu unsern Fahnen zu stellen; sie haben sich bei den Bürgermeistern zu melden, welche ein Verzeichniß solcher Personen in ihrem Bezirk aufnehmen, und binnen 8 Tagen durch die Landräthe einsenden.  
  Ehemalige Preußische, auch vormals Münstersche Subaltern-Offiziers, auch Capitains, wenn sie nicht invalide sind, können, wenn sie das Zeugniß des Wohlverhaltens haben, bei der Landwehr angestellt werden, und haben sich sofort bei den betreffenden Landräthen zu melden; über höhere Offiziere behalte ich mir vor, die Entscheidung einzuholen.  
  Alle Staats-Cassen, so wie auch die Cassen der im Lande gelegenen kaiserlichen Domainen und Dotationen sind sogleich abzuschließen; die Verwaltung der Letztern wird den Domainen- Empfängern übertragen. Vom Be-  
S. 191 Jahr 1813 ⇧ Inhalt 
  stande und den etwaigen Rückständen ist der königlichen Regierungs- Commission Anzeige zu erstatten. Es ist davon durchaus an Niemanden ohne Genehmigung etwas zu verabfolgen.  
  Die Douanen sind aufgehoben, und der freie Verkehr wieder hergestellt. Die Droits réunis und das Enregistrement sind aufgehoben.  
  Die Zahlungspflichtigkeit der übrigen bisherigen Abgaben bleibt bis zum Eintritt der neuen Organisation in Kraft, und haben die angeordneten Erheber sowohl für die laufende Einzahlung, als für die Zahlung der Rückstände Sorge zu tragen.  
  Von jetzt an hören alle und jede eigenmächtige Requisitionen für königl. und verbündete Truppen, welche nicht von mir genehmigt worden sind — die tägliche Verpflegung der durchmaschirenden Truppen gegen Quittung ausgenommen — auf.  
  Alle unerlaubte und eigenmächtige Handlungen gegen obrigkeitliche oder sonstige Personen sind strenge untersagt. Dagegen bleibt es jedermann frei, Beschwerden, die aus den jetzigen Zeitumständen entstanden sind, bei den obern Behörden oder dem General-Commando anzubringen.  
  Die königl. Vorschrift vom 22. Februar d. J. wegen der National-Kokarde wird besonders abgedruckt und hiermit eingeschärft, daß solche von Niemanden getragen werden darf, der sich des deutschen Namens unwürdig gemacht hat.  
  Alle und jede Einwohner haben, bei schwerer Verantwortung, die in Händen habenden französischen Waffen, Munition, Kleidungsstücke etc. sogleich an die Militair-Behörden abzuliefern.  
  Den Entdeckern versteckter Vorräthe werden angemessene Prämien bewilligt.  
  Freiwillige Beiträge an Waffen und Pferden wird man gerne annehmen.  
  Bemerk. Dem vorstehenden Publikandum ist die sub Nro. 205 d. S. aufgeführte Proklamation vom 6ten April c. a. und die wegen Tragung der National-Kokarde erlassene Königl. Verordnung vom 22. Februar c. a. vorgedruckt.  
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Stand: 20. September 2018 © Hans-Walter Pries