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⇦ S. 511: §. 1 |
S. 511 (Forts.) |
§. 2. Ja es ist dahin kommen, daß auch der fürsten
land-stände, die mit gerichten oberst und niederst begabet sind, die meisten
vorgedachten stücke in übung haben, also, daß sie nicht allein geld-straffen
selbst dictiren, und, im fall sie nicht von der Landes-obrigkeit gemäßiget
werden, völlig einnehmen, sondern auch erb- oder herrn-lose güter, und, nach
Sachsen-recht, die gefundene schätze, und die weibliche haus-geräthschafft,
Gerade genannt, wenn darzu keine rechtmäßige erbin weiblichen geschlechts
vorhanden ist, und aus dergleichen ursachen mehr, einziehen, wiewohl man heute
zu tage die leute in gar wenig fällen, und mehrentheils erst alsdenn, wenn
übelthäter land-flüchtig, und in die acht erkläret worden, um ihre güter
straffet, und doch darvon ein gewisses ihren kindern oder wittwen lässet. |
Scan 531 |
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Bleibet demnach dem Landes-herrn die straff-gerechtigkeit
allein über die stände des landes, und seine unmittelbare unterthanen,
gleichwohl ist dieses recht bey ihme desto höher, weil es sich so viel weiter
erstrecket, und auch über die anordnung der andern gerichts-herren im lande
dißfalls zu erkennen, und moderation zu treffen hat: Etliche fälle |
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S. 512 |
Teutschen Fürsten-Staats |
Scan 532 |
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auch, als insonderheit, die erlassung der todes-straffe,
und verwandelung in eine geld- oder andere busse ihm allein zukommen. So ist
auch die scharffe straffe der rechte, wider die verbrecher an Kayserl. Hoheit,
zwar vom Käyser Carolo IV. auf gewisse maasse auf die Churfürsten des Reichs
auch erstrecket, aber bey andern Fürsten* [1] und ständen, darwider etwas
dergleichen gebrochen wird, pfleget nicht eben dieselbe in alten beschriebenen
rechten verordnete, sondern eine andere willkührliche straffe, nach gelegenheit
der mißhandlung, an geld, oder auch am leibe, und am ehren-stande, vorgenommen
zu werden. Bey welchen allen, wie auch schon anderswo angedeutet, zu mercken,
daß diese und dergleichen cammer-einkünffte nicht aus gewinnsucht und geitz,
sondern allein auf rechtliche erkäntniß, und redliche erwegung der ursachen und
umstände zu suchen, und allewege die lindigkeit mehr, als die schärffe des
rechts spühren zu lassen: Massen denn auch vor langer zeit geschrieben worden,
daß bey denen löblichsten obrigkeiten die fiscal-einkünffte am geringsten seyn.
Und wird etlicher orten zu einbringung der fiscal-straffe ein sonderbarer
advocatus fisci, oder fiscal, von der fürstlichen cammer bestellet,** [2] welcher
vor der fürstlichen regierung, oder den beamten des landes, nachdem der
verbrecher gesessen, auf die verwirckte straffe klage anstellen, und
rechtliches erkänntniß erlangen muß. |
S. 512 Sect. 10 ⇨ |