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Seckendorff: Teutscher Fürsten-Staat HIS-Data
5226-4-3
Vierter Theil > N. III
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Bestallung eines Präsidenten und Raths bey einem consistorio und kirchen-Regiment
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S. 704 N. III. Bestall. eines Consist. Präsidentens, ⇦ S. 703: N. II
  N. III.
  Bestallung eines Präsidenten und Raths bey einem consistorio und kirchen-Regiment.
  1. Demnach von GOttes Gnaden Wir N.N. als ein Christlicher Fürst des Reichs, in krafft des im Heil. Reich aufgerichteten, und mehrmahls bestätigten hoch verbindlichen Religions-Frieden, befugt und schuldig sind, das Bischöfliche amt zu pflantzung und erhaltung der reinen christlichen lehre, auch guter ordnung in kirchen, und denen anhängigen sachen nach allem vermögen, und soweit einem christlichen regenten, nach zulassung göttlicher und gedachter reichs-rechte, zustehet und gebühret, uns angelegen seyn zu lassen, und wir aber zu ausrichtung und beförderung solcher hochwichtigen und der seelen wohlfahrt mit betreffende dinge, ohne sonderbahre assistenz, rath und behülffliche dienstleistung gottesfürchtiger, gelehrter und gewissenhaffter personen, als räthe und diener, nicht entbehren können, sondern vielmehr nach dem exempel unserer lobseligen vorfahren, eben zu diesem ende ein geistliches oder kirchen-Consistorium, von etlichen personen aus unsern räthen, auch dem ministerio oder predig-amt unserer fürstlichen Hof-statt und residentz, bestellet und verordnet, insgemein zu dem ende, daß durch ihre getreue, vernünfftige, christliche und fleißige obsicht, die predigt göttliches worts, samt rechtem gebrauch der Heil. Sacramenten in unserm fürstenthum und landen befördert und erhalten, gute disciplin, zucht und erbar-
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  keit, so wohl beym gottes-dienste, als im gemeinen leben, gestifftet und behauptet, hingegen ärgerniß und zerrüttung abgeschaffet, so dann förders die christliche und gebührliche unterweisung der jugend in schulen, nichts weniger gute ordnung beym heiligen ehestande, und die beförderung anderer milden sachen betrachtet und gehandhabet werde; als haben wir krafft dieses N.N. unsern geheimen und hof-rath nicht allein zu einem Assessoren, sondern auch zu einem Präsidenten, und Directoren gemeldtes unsers obersten Kirchen-Consistorii, hiermit und krafft dieses verordnet und bestellet, und wollen, daß er in diesem seinem amt und dienst kurtz vorhero gemeldten haupt-zweck allezeit vor augen haben, und alle seine rathschläge darnach heilsamlich und bedächtlich führen und einrichten soll.
  2. Wie uns nun bekannt, daß er, unser bestellter Consistorial-Präsident, nicht allein in unserer christlichen religion gnugsam gegründet, und derselben mit öffentlichen bekänntniß zugethan ist, auch sich in seinem leben und wandel gottesfürchtig und unärgerlich verhält und bezeiget, nebenst dem des gemeinen käyserlichen und canonischen rechts sattsam erfahren: Also ist ferner unser gnädiger wille, daß gedachter unser Präsident sich zu seinem amt mit special-erkundigung und wissenschafft dessen, was ihme darzu, nach gelegenheit unsers landes, und besten zustandes, im kirchen-wesen nöthig, jederzeit wohl gefasset und bereit erweise. Zu dem ende er sich mit fleiß ersehen solle in der general-beschreibung unsers kirchen-staats, und der daraus verfaß-
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  ten gemeinen tabell, darinnen zu befinden, wie weit sich unser, der hohen Landes-Fürstlichen Obrigkeit, anhängiges regal des Bischöfflichen rechtens erstrecket, oder was für örter darunter begriffen: Ingleichen, was wir für absonderliche rechte, bevorab mit bestellung der kirchen- und schul-diener in und ausser landes haben.
  3. Soll er unserer kirchen confessiones, apologias, aufgerichtete concordata, symbola, synodal- und dergleichen schlüsse, auch unsere und unserer vorfahren im lande gebräuchliche kirchen-ordnungen, und gemeinen ausschreiben in geistlichen sachen: Item aus denen landes-ordnungen diejenige puncten, welche den äusserlichen zustand der kirchen mit berühren, unsere kirchen- oder formular-bücher, und unsere consistorial-ordnung, zu fleißiger nachlesung und öffterer ersehung ihme wohl befohlen seyn lassen.
  4. Soll er neben vorigen in unserm consistorio beyhanden halten, auch ihm guten theils bekannt seyn lassen, die acta und urkunden, welche bey reformation der religion in der kirchen unsers fürstenthums ergangen, insonderheit auch die der zeit aufgerichtete, und nachmals öffters erneuerte und revidirte pfarr-bewiddums und lehen-bücher, auch die visitations-protocolla, die vornehmsten stifftungen zu kirchen, schulen und milden sachen, die in allen solchen fällen aufgerichtete verträge, abschiede und reversalien, die instructiones und bestallungen unser superintendenten und pfarrern, die stifft- und ordnungen unsrer universitäten, hoher und niedern lan-
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  des- stadt- closter- und dorff-schulen, auch gleichergestalt die bestallungen der rectoren, und anderer schul-bedienten, die aufrichtung und stifftung der stipendiorum und allmosen, welche von uns und unsern vorfahren, oder von unsern ständen, oder andern in und ausser landes geschehen, die ordnung und urkunde der hospitalien und armen-häuser, die ehe-gerichts-ordnungen, und in ehe-sachen ausgelassene general-mandata, und was dergleichen mehr seyn kan, daraus, in berathschlagung derer in unser consistorium gehörigen sachen, beständige nachricht und gründliche ursach, der jedesmahl nothwendigen entschliessung und anordnung, genommen werden muß, wie denn zu seinem und seiner collegen stetigem gebrauch, diese bishero erzehlte urkunden in gewisse bücher zusammen copiret oder versammlet, auch mit registern und kurtzen auszügen bequemlich verfasset seyn sollen, und unser Präsident daran seyn wird, daß, was vom neuen jährlich darzu kömmet, gleicher gestallt beygetragen, und also dasjenige, was zu nothwendiger information gehöret, immer ergäntzet werden möge.
  5. Ingleichen sollen ihme auch die nahmen, und, wo müglich, die personen unserer bestellten kirchen- und schul-diener zum wenigsten aber die vornehmsten aus ihnen, welche denen andern, als inspectoren vorgesetzet sind, bekannt seyn, damit im fall ihrenthalben ein und andere berathschlagung vorzunehmen ist, als das haupt des collegii, nicht nur von blossem hören, sondern auch etlicher massen aus erfahrung und augenschein selbst dißfalls reden
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  möge: Zu dem ende soll er darüber halten, daß in dem consistorio eine richtige ordentliche verzeichniß aller zu jederzeit bestellter pfarrer und schul-diener, auch der professoren auf universitäten und gymnasiis, ingleichen die stipendiaten und expectanten zu künfftigen diensten verfasset, und in bereitschafft sey.
  6. In allen bey unserm consistorio fürfallenden sachen soll sich demnach unser Präsident keiner andern richtschnur und regel seiner rathschläge und expeditionen fürsetzen, als so viel die christliche religion an sich selbst betrifft, das heilige geoffenbarte wort GOttes in den schrifften Alten und Neuen Testaments, samt denen daraus verfasseten unserer kirchen-confessionen und andern symbolischen und gemeinen bekänntniß-büchern und catechismis, in den äusserlichen kirchen-ordnungen, und disciplin, auch andern fürfallenden dergleichen umständen, unsere kirchen-ordnung und agenda, auch andere in diesen sachen gemachte anstalten und synodal-schlüsse, nicht weniger auch in fällen, die aus dem, was bishero erzehlet, ihre erledigung nicht ausdrücklich haben, die christliche gebräuche und meynungen anderer in bekänntniß christlicher lehre mit uns übereinstimmenden kirchen, und deroselben lehrer, auch, nach gelegenheit der sache, und soviel den proceß betrifft, die land-übliche, auch canonische und gemeine rechte.
  7. Nachdem wir denn eine besondere Consistorial-Ordnung und verfassung aufgerichtet und publiciret, darinnen enthalten, wer in unserm con-
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  sistorio sitze, zu welcher zeit man zusammen komme, was für sachen man da vorziehe und vornehme, was für ordnung und weise in rathschlägen und anordnen man halte, was für secretarien und andere personen zu hülffe unserer consistorial-räthe zu gebrauchen, wornach die berathschlagung anzustellen, und was für proceß in einem und andern vornehmen stücke der consistorial-verrichtung vorgehen soll, und anders mehr etc. Als soll unser Consistorial-Präsident sich derselben ordnung allerdings gemäß, um so vielmehr bezeigen, weil er, als der vornehmste, und der Director des collegii, mit gutem exempel seinen zugeordneten, auch untergebenen, vorzugehen, und auch für andern die überfahrer der ordnung zu ermahnen, und die mängel abzuschaffen hat.
  8. Was dann die vornehmsten stücke seiner eigentlichen amts-verrichtungen anbelanget, soll unser Consistorial-Präsident, samt allen seinen collegen, zuförderst darauf mit steter aufsicht trachten, daß die in unserm fürstenthum und landen in öffentlicher übung sich befindenden christl. religion, in allen ihren artickeln, unverruckt erhalten, und darwider niemands zu lehren oder zu predigen, zu reden oder zu schreiben, zugelassen werde, sondern da er hiervon einigen bericht hätte (wie denn fürnemlich allen geistlichen im lande, solchen zu erstatten, ernstlichen eingebunden ist) soll er solche überfahrer und widerwärtige, so balde vor unser consistorium bescheiden lassen, und mit ihnen, nach gelegenheit der sachen, christliche und gebührliche ermahnung, endlich aber, auf unsern weitern befehl,
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  dasjenige vornehmen, was in solchen sachen, zu abschaffung falscher lehre, unsers hohen amts ist. Da aber andere unsere unterthanen und einwohner des landes einer widrigen, doch sonst im Römischen Reich zugelassenen religion, zugethan wären, soll er gleicher gestalt fleißige erinnerung thun, daß dieselbe durch christliche und glimpffliche wege zu erkäntniß ihres heyls, und conformität mit unsern kirchen, durch ihre vorgesetzte prediger, oder andere hierzu besonders geschickte personen, wo möglich, gebracht: Da es aber nichts verfangen wolte, mit denenselben es also, und anderst nicht, gehalten werde, als was solchen falls die Reichs-Satzungen und Religions-Friede mit sich bringen. Wider gantz verworffene und im Reich verbotene ketzerische leute, sonderlich aber die Wiedertäuffer, und dergleichen Schwermer, soll er die schärffe der rechten, wenn in unserm consistorio keine gelindere mittel für gut befunden, und von uns beliebet würden, mittelst anzeigung in unserer regierung, zu befördern nicht unterlassen.
  9. Ob auch wohl zwischen glaubens-artickeln und kirchen-ceremonien ein grosser bekanter unterscheid, und dieser letztere zu ändern, nach christlicher freyheit unverboten ist, so wollen wir doch, daß unser Präsident auch in solchen äusserlichen kirchen-gebräuchen, formularen und ceremonien, um ärgerniß der schwachgläubigen zu verhüten, keine änderung fürnehmen lassen, noch solches denen geistlichen, wenigers aber denen obrigkeiten oder gemeinden ein- und andern orts verstatten, sondern
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  da dergleichen vermercket würde, über dem buchstäblichen inhalt der ordnung, und bekantem durchgängigem gebrauch halten. Würde aber über ein- oder anderer kirchen-ceremonien, nach gelegenheit der zeiten, und zu besserung der christlichen gemeinden, oder abwendung des ärgernisses, etwas erhebliches und bedenckliches fürfallen, da soll unser Präsident, auf vorher gehabten rath des collegii, uns davon umständliche relation erstatten, damit wir hiernechst ordentlich davon rathschlagen, andere gelehrte und erfahrne theologos unserer oder benachbarten universitäten und landen darüber zu rath ziehen, auch unsere geheime und hof-räthe darüber vernehmen, oder nach gelegenheit der fälle, einen synodum oder convent der geistlichen unsers gantzen fürstenthums anstellen mögen.
  10. Weiln dann die erfahrung erweiset, und GOttes wort selbst uns anzeiget, daß es nicht gnugsam sey, sich mit dem munde und äusserlichem ruhm zu der rechten lehre zu bekennen, auch keine andere im lande öffentlich zu dulden, sondern der höchste Gott das hertz der menschen erfordert, welches aber ohne das gehör göttlichen worts, und gnugsamen unterricht, nicht gewonnen wird, so soll unser Präsident über allem demjenigen, was zu diesem heilsamen zweck der fortpflantzung des christlichen glaubens in den hertzen der zuhörer dienlich, nach anleitung der Heil. Schrifft, auch dem gebrauch christlicher gemeinden, von unsern vorfahren, oder uns selbst geordnet ist, mit grossem fleiß halten, und also das heilige predig-amt zu allen angeordneten zeiten, das
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  christliche kinder-lehre und information des unwissenden hauffens, auch die ermahnung der bekanten unbußfertigen rohen leute, mit fleiß, durch genaue obsicht auf die kirchen-diener befördern, wo hierinnen mangel vorfiele, neben seinen collegen, und zuförderst dem obersten pfarrer, und general-superintendenten unsers fürstenthums, gute erinnerung vornehmen, oder durch jetzt-gemeldte, oder andere, nechst-vorgesetzte, vorzunehmen anstalt machen: Auch insgemein auf die abschaffung alles dessen, was dem vorbenamten gottesdienst und verkündigung christlicher lehre zuwider läuffet und derselben hinderniß gibt, auch in unsern kirchen- und landes-ordnungen verboten ist, bedacht seyn, und deswegen an unsere regierung und weltliche gerichte, wider die straffbare mit äusserlichen zwang zu procediren, die gehörige notificationes und remissiones thun, nichts weniger auch anregen, daß wider die öffentlichen sünden und ärgerniß befundene, auch unbußfertige und halsstarrige leute, die disciplin und censur der kirchen, nach christlichem gebrauch, ohne ungebührlich ansehen der personen, an die hand genommen werde.
  11. Demnach auch göttlicher ordnung, und dem gebrauch der christlichen kirchen, gemäß ist, die öffentlichen sünder, mittelst christlicher kirchen-censur, durch vorhaltung ihres bösen sträfflichen beginnens, zur erkäntniß desselben zu bringen, auch nicht ohne demüthige öffentliche abbitte in die christliche versammlung, derer sie ärgerniß gegeben, wieder aufzunehmen, die direction aber solcher öffentli-
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  chen kirchen-disciplin unserm consistorio anvertrauet, und ohne desselben anordnung vorzunehmen, oder zu unterlassen, keiner geist- und weltlichen person im lande erlaubet ist: Also soll unser Präsident mit guter behutsamkeit diese christliche anordnung in völligem brauch und schwang zu erhalten, unvergessen seyn, und damit ohne scheu oder furcht, oder sonderbares ansehen auf hohe oder niedere stände, alldieweil in solchen gewissens-sachen für GOtt dem HErrn kein unterscheid ist, jedoch nach denen gradibus und modis, welche in unsrer kirchen-ordnung vorgeschrieben, verfahren lassen, auch diejenigen sachen, darinnen überdiß noch weltliche straffe vorzunehmen, in unsere regierung zeitlich remittiren, oder, nach gelegenheit, an die andern ordentliche gerichte weisen.
  12. Uber unsere hohe und niedere schulen im lande soll unser Präsident gleicher gestalt, neben seinen collegen, fleißige und genaue inspection haben, daß darinnen allenthalben, nach den vorgeschriebenen statuten, anordnungen und lehr-arten, verfahren, die visitationes und examina öffters vorgenommen, wegen ein- und andern berichteten mangels und mißbrauchs, aus unserm consistorio schleunige resolution ertheilet, denenjenigen, welche zu studiren gute natürliche zuneigung und kräffte, aber wenig vermögen haben, mit stipendiis, freyen tischen, und dergleichen hülffen, so viel möglich, und die stifftungen zulassen, oder auch durch unsere anderweite milde verordnung begegnet, hingegen sie zu fleißigem und ordentlichen studiren ange-
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  halten, mit gewisser inspection versehen, öffters examiniret, und für andern künfftig zu diensten, darzu sie sich, gegen empfahung solcher hülffs-mittel in unserm consistorio verbindlich machen sollen, befördert, und insgemein alles dasjenige beobachtet werde, was zu heilsamen aufnehmen hoher und niederer schulen, insonderheit auch zu versorgung und besoldung der schul-bedienten, und erhaltung der darzu gehörigen gebäude in unsern Kirchen- und Landes- auch besondern schul-ordnungen versehen ist, oder noch auf ereignete fälle und umstände, von uns mit rath unsers consistorii gut befunden und angeschaffet werden wird.
  13. Die in unsern landen befindliche hospitalia, armen- waisen- und dergleichen häuser, sollen unserm Präsidenten ebener gestalt zu guter obsicht befohlen seyn, daß aller derselben vermögen und einkommen, auch die darinnen versorgte personen durch gewisse verzeichnisse im consistorio nicht alleine bekant gemacht, sondern auch darauf gesehen werden, daß denselben entweder auf unmittelbare verordnung des consistorii, oder mittelst befehle an die gerichts-obrigkeiten, darunter solche örter gehörig, durch geschickte, redliche und gewissenhaffte leute, recht und treulich vorgestanden, ihre rechnungen richtig abgeleget, ihr vermögen erhalten, und durch allerhand christliche und thunliche mittel erweitert, insonderheit auch mit einnehmung der armen verlebten oder krancken leute, den stifftungen gemäß, oder, wo solche nicht eigentliche maasse geben, auf andere christliche und gleichmäßige
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  weise gebühret, keines weges aber nach affecten und unbedachtsamkeit gehandelt, und an statt solcher liebreichen und milden erweisung, eigennutz und unbilligkeit nachgesehen werde.
  14. Nachdem auch von langen zeiten her die ehe-sachen für die geistlichen gerichte gezogen werden, und wir solche in unserm consistorio auch fürnehmen und expediren lassen, so wird unser Präsident alles fleisses und ernstes darob seyn, daß mit diesem von GOtt gesitffteten stande ehrlich und unärgerlich umgegangen, und zu dem ende dasjenige, was unsere und unserer vorfahren christl. ordnungen mit sich bringen, wohl in acht genommen und gehandhabet werde, wie wir dann keinesweges zugeben wollen, daß wo auf vollziehung und scheidung der ehe geklaget und gehandelt würde, solches anderswo als für unserm consistorio, oder denen ihme nachgeordneten ehe-gerichten, geschehe, jedoch auch in diesen letztern, (wenn wir nicht etlichen unsern land-ständen dergleichen concedirt) nur in güte zu vollziehung, keines weges aber zu trennung der ehe ichtwas vorgenommen werde, darauf unser Präsident inspection haben, und so was nichtiger weise anderswo vorgienge, solches zu rescindiren, und die sache vor unser consistorium gehöriger massen zu ziehen, erinnerung thun soll.
  15. Wie nun in denen bis anhero vermeldeten stücken, und andern mehr, die wir, inhalts unserer consistorial- und kirchen-ordnung, für unser consistorium gewiesen, viel verhören und handlungen, zwischen streitigen partheyen, auch beweiß und ge-
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  gen-beweiß, und anders mehr, was zum proceß gehöret, dißfalls vorzugehen pfleget, und also in unserm consistorio die höchste geistliche gerichtbarkeit im lande geübet wird, so soll unser Präsident solches judicium, als die oberste person des consistorii dirigiren, die citationes, und andere gerichtliche anordnungen, unterschreiben, denen partheyen die vorträge oder anzeige thun oder es andern seinen collegen oder secretarien, nach gelegenheit, auftragen, in verfassung des urtheils und bescheide die umfrage und letztes votum haben, per majora beschliessen, in wichtigen fällen, die wir in der consistorial-ordnung reserviret, relation erstatten, und sonst insgemein dahin sehen, daß zwar, wie jetzt bemeldte ordnung vermag, summarisch, und mit abschneidung aller weitläufftigen umschweiffe des processes, gleichwol aber mit bedacht und gnugsamer erwegung, auch unpartheyisch, christlich, und denen oben angezeigten gründen gemäß, verfahren werde.
  16. Wie ein grosses und merckliches bey verwaltung des kirchen-regiments, an rechtschaffener bestellung des heiligen predigt-amts, wie auch der lehrer und diener in hohen und niedern schulen, gelegen, das ist männiglich bekant, derowegen dann unser Präsident dieses vornehme stück der consistorial-expedition ihme wohl angelegen seyn lassen, und also auch seines orts darüber halten soll, daß nicht allein die schon bestellte pfarrer und prediger auch schul-diener, in fleißiger christlicher verrichtung ihres amts, und unärgerlichem exemplari-
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  schem leben und wandel, nechst göttlichen beystand, durch fleißige inspection des consistorii insgemein, dann auch insonderheit durch nachfrage und visitation ihrer general- und special-superintendenten ermuntert und conserviret werden, und man also demjenigen, was dißfalls verordnet, fleißig nachgehe: Sondern er soll auch ferner bey facirenden und verledigten kirchen-ämtern dasjenige mit allem fleiß beobachten lassen, und da nöthig, gehöriger orten, und bey uns selbst erinnerung thun, daß mit wiederersetzung derselben die kirchen- und landes-ordnung, auch das recht derer, welche das pfarr-lehen, oder den pfarr-statt (jus patronatus) haben, wohl in acht genommen werde: Er soll auch den examinibus derer personen, die zum predigt-amt ordiniret werden sollen, selbst beywohnen, und ihm ungewehret seyn, nachdem unser darzu verordneter superintendens, und andere geistliche assessores, solches examen hauptsächlich verrichten werden, auch seines theils ein und anders zu fragen und zu erinnern, was er nothwendig und der ordnung gemäß, befindet: So auch anders mehr, nach innhalt der consistorial-ordnung, dem general-superintenden, oder geistlichen beysitzern eigentlich gebühret, soll doch unser Präsident ihnen darinnen mit guten rath und wohlmeynung nach gelegenheit der fälle, beyzustehen, und über der ordnung zu halten, sich unverdrossen bezeigen: Und eben dieses jedoch mit gehörigen unterscheid, u. nach anweisung der kirchen- und consistorial-ordnungen, soll auch mit bestellung der schul-bedienten (die
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  nicht[1] von gemeinden oder andern particular-personen, dependiren, doch von den superintendenten zum wenigsten examiniret und confirmiret werden) in acht zu nehmen seyn: Und soll unser Präsident insgemein sich geneigt und willig erweisen, die kirchen- und schul-diener bey ihrem stand, würden und einkommen, so viel an ihm ist, zu fördern und zu erhalten, ihnen darzu mit befehl und ermahnung der weltlichen gericht aus unsern consistorio hülffliche hand zu bieten, sie in ihrem an- und vorbringen, so zumal die wolfahrt des kirchen- und schul-wesens betrifft, gerne hören, und das darüber, oder über das, was unser general-superintendens aus ihren an ihm gethanen berichten referiren wird, zeitlich gerathschlaget, und, nach gelegenheit, hülffe und vermittelung geschaffet, und ihnen mit guter, gehöriger resolution begegnet werde, anstalt machen, auch nicht zugeben, daß ohne des consistorii vorbewust und gnugsame erkänntniß, auch unsere selbst endliche abschaffung, ein kirchen- oder schul-diener von seinem amt verändert, verhindert, suspendiret oder abgeschaffet werde. Wo aber ein und anderer sträfflich und ärgerlich gehandelt, da soll unser Präsident zuförderst daran seyn, daß, nach innhalt der kirchen-ordnung, und denen darinnen befindlichen arten und weisen, mit ermahnung, und nach gelegenheit, würcklicher bestraffung und änderung, jedoch auf alles reiffliche deliberation, ungesäumt verfahren, und also dem ärgerniß gewehret werde. ⇩ [1]
  17. Dieweil auch die erfahrung gezeuget, daß ungeachtet aller guten anstallten und fleißiger ob-
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  sicht, dennoch bey so vielen personen und geschäfften in der inspection unsers consistorii untergeben sind, denen durch des bösen feindes argelist und menschliche unart einreissenden mängeln nicht gnugsam begegnet werden könne, und zu mehrer dißfalls nöthigen handlung dessen, was in geistlichen sachen nützlich geordnet wird, unsere christliche vorfahren, und wir das mittel der kirchen-visitationen mit gutem success an die hand genommen, so soll unser Präsident, wenn bey berichteten vielen mängeln, und eine ziemliche zeit unterlassener visitation ihn bedüncket, oder er dessen von seinen collegen erinnert wird, daß eine general-visitation aller kirchen und schulen, unserer lande, oder eines grossen theils derselben vorzunehmen seyn möchte, bey uns deßwegen unterthänige eröffnung thun damit wir dem werck nachsinnen, und auf weitere berathschlagung zu solcher visitation anordnung machen können: Inmassen denn unser Präsident, auf unserm befehl, so dann die alten und neuen instructionen und puncten der visitationen durchgehen und mit zuziehung seiner collegen, bevorab des general-superintendenten, aus denen neu-verspührten mängeln oder gethanen gerichten, ergäntzen, ingleichen auf ein oder ander ort absonderlich appliciren und fernerweit nach gebührlicher form, auf die bevorstehende visitation einrichten, und verfertigen lassen soll, auch da wir es begehrten, sich neben unsern andern consistorial-räthen, general-superintendenten, oder andern geistlichen personen, selbst zu solchen chnstlichen werck gebrauchen lassen.
  18. Da wir auch unsern Präsidenten in andern
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  und angelegenen wichtigen rathschlägen, oder zu ehrlichen verschickungen, gebrauchen wollen, soll er sich darzu gern und gutwillig gebrauchen lassen, auch darbey mit aller treu und geschicklichkeit sich erzeigen, alles was er in seinem amt oder sonst erfähret, aus dessen offenbahrung uns, und den unsrigen, auch unserm kirchen-regiment, nachtheil und schimpff erwecket werde, das soll er bis in seine grube geheim halten, auch insonderheit schuldig seyn, da er bey allen unsern hohen und niedern bedienten oder ständen des landes etwas neuerliches und bedenckliches in religions-sachen vermerckte, uns solches zu offenbahren, damit wir denn auch, in betrachtung unsers christenthums, und daher gegen GOtt und seiner heiligen kirchen entstehenden schuldigkeit, unbeschweret seyn, und geschehen lassen, auch in gnädiger wohlmeynung aufnehmen wollen, wenn wir aus unserm consistorio, und auch insonderheit von unserm darzu verordneten Präsidenten, unserer menschlichen schwachheit, deren wir so wohl als andere unterworffen, und sonderlich, da aus unsern fürnehmen und bezeigung (das Gott verhüten wolle) ärgerniß entstehen möchte, in unterthäniger treue erinnert werden.
  19. Nachdem auch unser consistorium mit secretarien, actuarien und copisten, zur nothdurfft versehen, so wollen wir, daß unser Präsident dieselbe in guter inspection habe, auf daß sie in ihrem amt, inhalts der ordnung, treu, fleißig und verschwiegen seyn, auch die acten und urkunden in ordentlicher verwahrung und repositur halten mögen.
S. 721 Raths und Assessoris.
  Ingleichen weil in unserm fürstenthum zu hülffe und erleichterung unsers consistorii noch andere geistliche Unter- und Ehe-gerichte verordnet, welche die gemeine sachen für sich entscheiden, oder gütlich vergleichen, die wichtigen aber an das gedachte unsre Ober-Consistorium weisen und berichten müssen, alles nach anweisung der deswegen geschehenen verordnungen und instructionen, so soll auch unser Präsident samt seinen collegen, über solcher verfassung mit fleiß halten, und daß die verordneten zu solchen Unter-Instantien ihr amt wohl in acht nehmen, genaue obsicht führen.
  20. Auf die bestallung, etc. wie im vorhergehenden etc.

  Anmerkungen HIS-Data  
  [1] ergänzt von S. 717 unten
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Stand: 20. Juli 2017 © Hans-Walter Pries