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Seckendorff: Teutscher Fürsten-Staat HIS-Data
5226-4-6
Vierter Theil > N. VI
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Bestallung eines Stallmeisters
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S. 759 (Forts.) N. VI.
  Bestallung eines Stallmeisters.
  Post generalia.
  1.
  NAchdem wir unsern Marstall mit pferden, und darzu gehörigen dienern und knechten bestellet, und daraus zu unserm nothdürfftigen fortkommen zu pferd und kutschen, wie auch zu ehren-sachen und ritterspielen, uns bedienen lassen, aber sehr nöthig befinden, demselben eingangs-gedachten unsern Stallmeister zur aufsicht und direction fürzusetzen, damit jedesmahl solcher unser marstall zur gnüge versehen, auch die knechte und bediente darinnen zu ihres amts verrichtung mit fleiß angehalten werden, als soll unser Stallmeister ihme die-
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  se beyde haupt-puncten seiner verrichtung nebenst dem er uns, als eine qualificirte adel-person, zu unserer aufwartung und bedienung bey hofe insgemein an die hand zu gehen hat, iederzeit wohl für augen stellen, und seine actiones darauf reguliren und einrichten.
  2. Was wir von reit-pferden, es seyn hängste und schul-pferde, oder klöpper, oder kutsch- und dergleichen pferde zum zug bedörffen, soll unser Stallmeister mit unserm vorbewust einkauffen, und die mittel darzu aus unserer rent-cammer gewarten, auch von unsern stuttereyen, deren beschreibung und verzeichnisse wir ihm zustellen lassen werden, die fohlen zu rechter zeit aufstellen, und damit unsere anzahl der pferde ergäntzen lassen: Wenigers nicht soll er auch alle nothdurfft an sattel und zeuch, kutschen, senfften, caleschen, schlitten, cammer- oder pack-wägen in der bereitschafft haben, solche bessern und erhalten, oder von neuen schaffen lassen, auch unsern marstall mit seinen gebäuden, und was an ständen, rauffen und krippen, darein gehöret, im bau und wesen conserviren, über alles aber richtige inventaria und verzeichnisse aufrichten, und von jedem ein exemplar in unsere rent-cammer überreichen lassen. Mit allen handwerckern, deren man bey unserm marstall bedürfftig, soll er aufs fleißigste dingen, und die zettel ihrer verfertigten arbeit alle quartal unterschreiben, damit sie darauf aus unserer cammer bezahlet werden. Was an pferden schadhafft, oder sonst ungeschickt und untauglich befunden wird, das soll er mit unserm vorbewust ab-
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  schaffen, und also unsern marstall mit guten tüchtigen rossen iederzeit gefast und bereit halten,
  3. Alle zu unsern marstall erforderte diener, es seyn bereiter, marstaller, leib- und sattel- oder andere reisige knechte, kutscher, wagen-knechte, senfften-führer und stall-jungen, soll unser Stallmeister, uns auf die gnugsame erkundigung ihres verhalten, auch verstandes und geschicklichkeit vorschlagen, oder, da uns von andern iemand recommendiret wird, seine erinnerung darbey zu thun haben, ingleichen, da einer oder der andere zu seiner verrichtung untüchtig, oder sonst ärgerlich und ungehorsam erfunden würde, daß man ihn mit nutz und ehre nicht gebrauchen könte, soll unser Stallmeister uns darvon gebührende eröffnung thun, und auf unsern erlangten befehl, solche leute enturlauben, und ihre stelle mit andern und bessern versehen.
  4. Wegen verschaffung des vorraths an Haber, heu, und streu soll unser Stallmeister, nach gelegenheit unserer und unserer diener im futter befundener pferde, aus unserer rent-cammer eine designation empfangen, aus welchen ämtern und vorwercken unser futter-boden und heu-scheuer oder stadel versehen werden: Ingleichen wie viel fütterung zu fremder ankommender gäste pferden vorhanden seyn soll, damit dißfalls kein mangel und unrath erscheine. Nachdem dann unser fourirer und futter-marschalck zu ausgebung des futters verordnet und so weit unsers Stallmeisters inspection untergeben, so soll er auch darauf sehen, daß damit täglich zu rechter und beständiger zeit verfahren,
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  und so viel wir an haber u. heu für iedes unser pferd, nach unterscheid der hängste, klepper und gutsch-pferde, wie auch an geströh verordnet und mehr oder weniger nicht, gereichet oder gegeben werde. Es soll auch unser Stallmeister tägliche futter-zettel durch den fourirer, futter-marschalck oder futter-schreiber, halten, und ihme solche geben lassen, damit er sehe, ob das ausgegebene futter, nach der anzahl der pferde die in unserm marstall vorhanden, oder unsern dienern zu füttern sind, zutreffe. Wochentlich soll er die zettel in ein verzeichniß bringen lassen, und zur nachricht und beleg künfftiger futterrechnung, welche alle quartal der futter-marschalck in unsere rent-cammer einreichen soll, unterschreiben: Was aber von fremden pferden, die bey unserm hof anlangen, gefüttert werden soll, darüber soll unser Stallmeister bey uns befehls erholen, oder in unserm abwesen mit unserm hof-marschalck daraus reden, und es also halten, wie er befindet, daß es uns reputirlich und anständig wäre, wie denn bey grossen ausrichtungen und ankunfft vieles comitats, aus unserm hof-marschalcks-amt die fourier-zettel der einlangenden gäste, dem Stallmeister zugesendet werden, und er darauf, wie obstehet, der fütterung halben anstalt zu machen haben soll. Was von unsern pferden nicht bey der hand, oder wenn unsere diener mit den ihrigen abwesend sind, soll es dem Stallmeister jederzeit angezeiget werden, damit das futter so lang abgezogen, und in der rechnung darauf gesehen werde.
  5. Unsere rüst- und zeug-cammer, darinnen wir
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  unser zum marstall und jägerey gehöriges gewehr, wie auch die zu schmuck und ehren-sachen behufige sättel, zeuge, decken, schlitten-schmuck, lantzen, und anders, so zu ritter-spielen erfordert wird, verwahren lassen, soll unser Stallmeister in seinem beschließ haben, und durch die zeuch- und rüst-knechte, vor staub, rost und unflat, wohl, wie sichs mit iedem stück gebühret, sauber und gangbar halten, und in acht nehmen, auch daraus nichts wegnehmen, verderben oder veräussern lassen, es wäre dann, daß er dessen von uns sonderbahren befehl hätte, oder er würde uns anzeigen, daß eines und anders zu alt und undienlich, und dahero von neuen zu ersetzen sey, wie dann über diß alles er ein richtiges inventarium, wie über andere zum stall gehörige sachen, aufrichten und verneuren lassen soll.
  6. Unser stallmeister soll sein gemach bey unserer residentz oder marstall haben, und daselbst sich ordentlich, er hätte denn erlaubniß von uns, oder ehehaffte unvermeidliche geschäffte, antreffen, und finden lassen, damit, im fall wir spatzieren-fahren, reiten, oder auf unsere ämter, oder jagden, oder sonst verreisen wolten, wir seiner iedesmal habhafft seyn, und befehlen mögen, wer und wieviel von unsern dienern mitziehen, und was man für uns für kutschen oder reit-pferde gebrauchen solte, darauf soll unser Stallmeister durch den fourirer, oder seine diener, iederman zu gebührender zeit gefast zu erscheinen, ansagen, nach gelegenheit, auch unsere hof-trompeter zu pferde blasen, in guter ordnung den gantzen comitat für unserm marstall versammlen, und unse-
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  re leib-kutschen oder pferde fürziehen lassen, und darbey seine unterthänige gewöhnliche Aufwartung verrichten.
  7. Auf denen reisen, wo nicht unser Hof-Marschalck mitzeucht, ober ein besonderer Reise-Marschalck bestellet, soll unser Stallmeister, neben seiner ordinair-verrichtung, auch über die hof-statt oder reise-comitat die inspection haben, und darbey, wegen der speisung und aufwartung auch zucht und gehorsam, eben dasjenige verrichten, was sonst unserm hof-Marschalck oblieget: Derowegen wir die abschrifft der marschalcks-bestallung, auch unsere hof-ordnung, unserm Stallmeister auch zustellen lassen, wollen auch, daß, in abwesen oder verhinderniß des marschalls, er auch bey unserm ordentlichen hof-läger sein amt versehe, massen wir die gantze hof-statt, auf solchen fall an ihn gewiesen haben.
  8. Zu ritter-spielen, ring-rennen, aufzügen, schlitten-fahren, und dergleichen fürstlichen ergötzlichkeiten, soll unser Stallmeister auf unsern befehl, alle gehörige reputirliche, und zu solchen sachen gebräuchliche Anstalt machen, und vorhero von dem proceß und bewandniß seine unterthänige vorschläge thun, auch darauf unsers befehls gewarten, bey denenselben der nechste bey und üm uns, und auf unsern leib zu sehen und zu warten beflissen seyn, auch nechst uns, über der in solchen fällen gebräuchlichen ordnung, cartel und artickeln, eigentlich halten, confusion, übelstand und schaden aber, aufs müglichste verhüten, etc.
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  9. Seine aufsicht soll unser Stallmeister in gemein dahin führen, daß unsere stall-ordnung in allen puncten und artickeln, so wohl mit fütterung und wartung der pferde, als auch mit der bereitschafft zum aufbruch und zug, auch friedlichem und stillem verhalten in- und ausserhalb hof-lägers von allen unsern stall-burschen, wie auch unsern bedienten, und ihrem gesinde, in acht genommen werde, und ein ieder bey solchen dingen unsers Stallmeisters befehl und anordnung, wann und wo er reiten oder fahren soll, unweigerlich, gewarte. Derowegen soll unser Stallmeister öffters, und unterweilen zur ungewöhnlichen zeit, in unsern marstall kommen, nach den pferden und fütterung, auch aufwartung der diener, sehen, und die unter-aufsicht durch den bereiter, marställer, oder ältesten leib- und stall-knecht, wohl bestellen: Nichts weniger soll er unsere trompeter, einspänniger, und ihre pferde und montierung, in fleißiger obsicht haben, und insgemein auch nicht zugeben, daß unsere hof- und cammer-junckern, oder andere, denen wir reisige pferde und knechte in futter und mahl halten lassen, mit untüchtigen rossen und dienern behängen, sondern damit, der gebühr und ordnung nach, gefasset seyn.
  10. Insonderheit soll ihm auch angelegen seyn, daß unser bereiter, seiner habenden bestallung nach, unsere hängste und schul-pferde, wie sichs gebühret, zureite, rechte zeit und ordnung halte, auch gedult, gelindigkeit und geschicklichkeit, zumal bey jungen rohen pferden, gebrauche, auch unsere pagen, oder
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  andere, die wir bey ihm lernen lassen, treulich und fleißig unterweise, zu dem ende soll unser Stallmeister täglich, wenn geritten wird, auf der bahn, oder im reit-hauß, sich finden lassen, und den augenschein selbst einnehmen, auch seinem besten verstande nach, alsobald, oder hernach absonderlich, bey dem bereiter die gebühr erinnern, sonderlich unsere edel-knaben, die sich des reitens befleißigen, in guter inspection [1] haben, und sie zu gehorsam und anmerckung anhalten.
  11. Uber unsere stutereyen und fohlen-zucht soll unser Stallmeister auch obsicht haben, daß, unserer an ieden ort absonderlich gemachten anstalt nach, verfahren, und die nothdurfft dazu verschaffet werde, wie er denn öffters im jahr sich selbst dahin begeben, die stuten und fohlen besehen, das tüchtige von dem untüchtigen absondern, nach der diener und knechte verhalten fragen, unrath und schaden abschaffen, und den nutzen und aufnehmen unsers marstalls daraus zum besten müglich befördern und in acht nehmen lassen soll.
  12. Ob auch wohl alle stall-bedienten, und, so viel reise und zug belanget, auch andere unsere diener, und ihr gesinde, pferde und rüstung, unsers Stallmeisters inspection und befehl, wie vorher vermeldet, untergeben, so wollen wir sie doch im übrigen, und ausser, was die fütterung, wartung und beschaffenheit der pferde, auch ordnung und zug betrifft, von unserer allgemeinen hof-ordnung, und des hof-marschalcks deswegen habender botmäßigkeit, nicht befreyet haben, wird demnach un-
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  ser Stallmeister nicht allein denen stall-verwandten keine überfahrung solcher ordnung nachsehen, sondern vielmehr befördern, und darüber halten, daß solche gehorsam, erbar, unärgerlich, und wie sichs gebühret, bey unserm hof erscheinen, auch in dem stall selbst, ein anders nicht einreissen lassen, noch darinnen zechen, spielen, fluchen, frevel und schlägerey, oder andere üppigkeit, verhängen, oder bey der pferde-artzney und wartung, abergläubische gottlose händel und künste dulten, diese diener auch insonderheit zu besuchung des gottesdienstes anhalten, und unter währung desselben nur etliche wenige wechselweise in den ställen bleiben lassen.
  13. Und soll unser Stallmeister macht und fug haben, diejenige, welche wider die stall-ordnung und seinen befehl, bey unserm hof, oder auf reisen handeln, nach gelegenheit des standes, mit gefängniß, eisen-schliessen, ruthen-streichen und dergleichen, der ordnung gemässen straffen, anzusehen, oder ihnen an speisung und kost etwas abzuziehen, darbey aber einen ieden gnugsam hören, und, wo es nicht bald anfangs zu grob gemacht wird, die vermahnung und erinnerung vorhero gebrauchen, ehe er zu würcklicher bestraffung verfähret, die höhern bedienten aber, da seine warnung, und erinnerung nicht helffen wolte, hat er uns zu fernerer verordnung anzumelden.
  14. Endlich soll unser Stallmeister bey unserer tafel, in und vor unserm gemach, bey hof und auf reisen, zu unserer Aufwartung und bedienung, wie andere unsere bey hof befindliche herren und adels-
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  personen, und zwar seines tragenden amts halben, nach unsern Hof-Marschall zuförderst und mit allem fleiß, sich finden lassen. Da wir ihn auch zu ehrlichen geschäfften, und sonderlich zu annehmung und bedienung fremder herrschafft, auf unsere gräntze und ämter gebrauchen und verschicken wollen, soll er darzu, und allen dem, was einem treuen und ehrlichen von adel und hof-officianten zukömmet und gebühret und in dieser bestallung so ausdrücklich nicht vermeldet werden können, sich willig, aufwärtig und treufleißig, erzeigen, etc.

  Anmerkungen HIS-Data  
  [1] korrigiert aus: linspection
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Stand: 26. Juli 2017 © Hans-Walter Pries