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Zedler: Gott [10] HIS-Data
5028-11-295-17-10
Titel: Gott [10]
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 11 Sp. 328
Jahr: 1735
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 11 S. 181
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Hinweise:

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Übersicht
Wesen Gottes (Forts.)
  Beschreibung Gottes (Forts.)
 
  bejahende Eigenschaften (Forts.)
 
  Gott ein freies Wesen
  Verstand und Wille Gottes
  Gottes Liebe und Zorn
  Namen Gottes
  Eigenschaften Gottes
  Wesen Gottes
  Literatur

Stichworte Text Quellenangaben und Anmerkungen
Gott ein freies Wesen Bey dem allen aber muß man nur beständig vor Augen haben, daß GOTT ein freyes Wesen. Demnach ist er nicht gebunden in Ansehung seiner Weisheit an die in der Natur würcklich determinirte Reihen derer Folgen derer Dinge aus einander; noch in Ansehung seines Willens an die in der Natur gleich Falls determinirten Rathschlüsse, die Zwecke und Mittel der Natur so, wie sie sind, zusammen zu ordnen, noch endlich in Erwägung seiner Macht an die in der Natur von ihm determinirten Kräffte derer Dinge, die Effecte zur würcklichen Existentz zu bringen. Denn da GOTT an sich independent ist, und keine Schrancken hat, so muß auch sein Verstand, Wille und Macht ohne Grentzen seyn, und also GOTT allweise, allmächtig u.d. seyn.  
Verstand und Wille Gottes Es ist also ungereimt, wenn viele die Frage aufwerffen; ob in GOTT der Verstand vor dem Willen hergehe? ob folglich das Wesen derer Dinge oder die durch einen vernünfftigen Verstand von der Existentz derer Dinge abstrahirte Möglichkeiten derselben vor dem göttlichen Willen vorhergehe, oder gegen den göttlichen Willen sich antecedenter verhalte? weiter, ob nicht der göttlichen Wille die Grund-Ursache nur der Existentz derer Dinge, der göttliche Verstand aber die Grund-Ursache des Wesens derer Dinge, und also zugleich mit dem göttlichen Verstande das Wesen derer Dinge ewig, und nur die Existentz dererselben zeitlich sey?  
  Alle dergleichen unnütze Fragen setzen zum Voraus, daß der Verstand u. Wille GOttes zwey unterschiedene Dinge in GOtt sind, daß der göttliche Verstand wie der menschliche vorerst durch gewisse Abstractionen sich vorstellen müsse, ob etwas angehe oder möglich sey, ehe der göttliche Wille es in Erfüllung bringe; daß also der göttliche Wille von dem göttlichen Verstande, nicht aber dieser von jenem dependire, eben wie der menschliche Verstand und Wille in dem Menschen unterschieden, und die Wahrheit des menschlichen Willens independent sind. So gehts, wenn die Grentzen einer ächten Anthropopathie überschritten werden.  
  Es äußert sich aber der Wille GOttes durch das natürliche Gesetz, davon unter Natur-Recht wird gehandelt werden, allwo auch die Gerechtsame GOttes über die Menschen, und dieser ihre  
  {Sp. 329|S. 182}  
  Verbindlichkeit gegen jenen sollen bewiesen werden.  
Gottes Liebe und Zorn Besonders zeiget sich der Wille GOTTes Theils durch Liebe, Theils durch Zorn. Es verdienet dieses eine genauere Betrachtung, damit wir nicht in Irrthümer gerathen. Eigentlich zu reden, hat GOtt keine Adfecten, und also muß, wenn von der Güte und dem Ernst GOttes geredet wird, solches anthrōpopathōs verstanden werden. Es sind nemlich Thätigkeiten, durch welche sich GOTT in der Natur gegen die Menschen äussert, die wir wegen derer Ähnlichkeiten mit gewissen menschlichen Thätigkeiten unter dem Bilde dieser menschlichen Adfecten vorstellen.  
  Es ist also die Güte oder Liebe GOttes gegen die Menschen eine Thätigkeit GOttes, durch welche er die Menschen nicht allein in Ansehung ihrer Natur zum Zwecke einer wahren Glückseligkeit erschaffen, sondern auch die Ordnung der Natur, das ist, die Reihen derer natürlichen Grund-Ursachen in ihren Folgen auf das wahre menschliche Wohlergehen abgerichtet, und zu dem Ende einen beschiedenen Theil derselben in die Grentzen ihrer Freyheit der Gestallt gesetzet, daß sie erkennen, und durch freywillige Richtung derselben den Zweck ihres wahren Wohlergehens erreichen können und sollen.  
  Durch den Ernst GOttes aber und Zorn verstehen wir eine Thätigkeit GOttes, durch welche er die Reihen derer natürlichen Grund-Ursachen in ihren Folgen auf den Zustand derer Menschen in Ansehung ihres Wohlergehens also abgerichtet, daß, wenn die Menschen die ihrer freyen Richtung überlassenen Grund-Ursachen nicht oder übel, erkennen und gebrauchen, daher durch eine natürliche Folge das Elend derer Menschen entstehen müsse. Aus der Nothwendigkeit dieser Folge flüsset, was anlanget die Liebe GOttes, die Festigkeit und Beständigkeit derselben, von Seiten aber des Zorns GOttes die Strengheit desselben. Weil aber auch GOTT es nicht gleich bey jedem von uns begangenen Fehler gleich mit uns ausmachet, als weiset sich da die göttliche Langmuth. Die Güte GOttes aber und der Zorn GOttes zusammen wird die göttliche Gerechtigkeit genennet. Müller Metaph. 12.
  Wie nun GOtt zu fürchten und zu mehren, ist Theils unter GOttes-Dienst, Theils unter GOttes-Furcht, nachzusehen.  
Namen Gottes in der heiligen Schrifft hat GOTT verschiedene Namen, worunter sonderlich zu mercken,  
 
  • der Name [ein Wort hebräisch], als welcher in casu recto keiner Creatur zukömmt, ohne allein GOTT,
  • und der Name theos, welcher auch
 
 
 
  • Jo. 10, 34.
  • 2 Thess. 2, 4.
 
 
  • denen Engeln und Götzenbildern
1 Cor. 8, 5.
 
  beygeleget wird.
 
  Ferner wird GOTT  
 
 
 
 
 
 
  • [ein Wort hebräisch],
  • Ps. 68, 5.
  • Esa. 12, 2.
  • Exod. 15, 2.
  • Es. 26, 4. 33, 11.
 
 
  wie auch
 
 
 
 
  • [ein Wort hebräisch] oder
  • [ein Wort hebräisch] und
  • [ein Wort hebräisch]
 
 
 
 
 
 
 
  • kyrios oder
  • despotēs,
  • Marc. 12, 19.
  • 2 Cor. 8. 6.
  • Eph. 4, 5.
  • Luc. 2, 29.
  • Act. 4, 24
  • Osiander de Nominibus Dei, Tübingen 1665. in 4.
  • Hottinger de Nominibus Dei, 1660. in 4.
  • Buxtorff. de Nominibus Dei,
  • Martini de tribus [ein Wort hebräisch]
Eigenschaften Gottes Betrachten wir die Eigenschafften GOttes, so sind dieselben  
 
I. anenergēta, oder solche, die in GOtt alleine bleiben, dergleichen sind:
 
 
 
1) Vnitas oder die Einheit, welche zweyerley ist: denn entweder bedeutet sie das unzertrennliche Wesen GOttes, oder sie bedeutet, daß GOtt ein einiger GOtt, und ausser ihm kein anderer sey,
  • Deut. 6, 4.
  • 2 Timoth. 2, 5.
  • Eph. 5, 6.
  • 2 Cor. 8, 4.
  • Zach. 14, 10.
  • Jes. 43, 10. 
 
 
2) Immutabilitas oder die
 
  {Sp. 330}  
 
 
  Unveränderlichkeit,
  • Jac. 1, 17.
  • Jerem. 23, 24.
  • Num. 23, 19.
  • Mal. 3, 6.
  • Ps. 102, 29. 
 
 
3) Infinitas oder die Unendlichkeit
  • Ps. 45, 3.
  • Hiob 11, 89.
  • Jes. 40, 12. 15. 17.
  • Dan. 4, 32. 
 
 
4) Immensitas oder die Unermeßlichkeit
  • 2, Reg. 8. 27.
  • Jo. 11, 11.
  • Ps. 139, 7. 8. 9. 10.
  • Amos 9, 2. sqq.
  • 2. Chron. 2, 6.
  • Actor. 7, 48, 17, 24.
  • Jes. 66, 1. 
 
 
5) Aeternitas, oder die Ewigkeit,
  • Ps. 102, 28.
  • Jes. 43, 13.
  • Ps. 90, 2. 
 
II. sind die Eigenschafften GOttes energētika, die sich auch in denen Creaturen offenbaren, als:
 
 
 
α) Vita, daß GOtt ein lebend Wesen sey,
  • Dan. 4, 31.
  • Gen. 16, 14.
  • Jos. 3, 12.
  • Jer. 10, 10.
  • Jo. 1, 4.
  • 2 Cor. 6, 16.
  • Ezech. 33, 11.
 
 
β) Intellectus, daß GOtt ein verständig Wesen, wohin sonderlich gehöret:
 
  • Hiob 12, 13. 28, 20.
  • 1 Tim. 1, 17.
  • Rom. 11, 33.
 
 
γ) Voluntas oder der Wille, welcher zweyerley, entweder würckend oder nicht würckend ist. Der würckende Wille GOttes ist, da GOtt nicht allein den Zweck, sondern auch die dazu nöthigen Mittel will. Der nicht würckende Wille GOttes ist, da GOtt etwas gefället, ob er es gleich nicht zu würcken suchet. Die zu dem Willen Gottes gehörige Eigenschafften sind:
 
 
 
 
  • Ps. 11, 8. 119, 137. 7, 12.
  • Exod. 20, 5.
  • Ps. 145, 17.
 
 
 
  • die Heiligkeit,
  • Es. 6, 6.
  • 1 Sam. 2, 2.
  • Luc. 19, 2.
  • Leuit. 19, 2.
  • 1 Petr. 1, 15. sqq.
 
 
 
  • Num. 23, 19.
  • Tit. 1, 2.
  • Jos. 17, 17.
  • Ps. 25, 10.
  • Jos. 14, 6.
 
 
 
  • die Allmacht, die Gütigkeit,
  • Luc. 18, 19.
  • Ps. 36, 6. 16, 2.
Wesen Gottes Was das Wesen GOttes betrifft, so ist dasselbe einig, aber dreyfaltig in Personen. Dieses ist ein Geheimniß, welches die sich selbst gelassene Vernunfft nicht begreiffen kann: wir können es aus dem alten sowohl als dem neuen Testamente erweisen, obwohl nicht zu läugnen, daß es in dem neuen Testamente weit klärer ausgedrucket wird, als  
 
 
  • 1 Jo. 5, 7.
  • Fridr. Ernst. Kettneri Vindiciae dicti Joannei de tribus in coelo, Leipzig 1696. in 4.
  • Ei. Historia dicti huius Erf. 1713. in 4.
 
 
  • Matth. 28, 19.
  • 2 Cor. 13, 13.
  • und so ferner.
 
  Doch ist nicht zu läugnen, daß im alten[1] Testamente auch Stellen vorkommen, welche dieses Geheimniß sattsam erweisen, als
  • Gen. 19, 14.
  • Hos. 11, 14.
  • Dan. 9, 17.
  • Jes. 48, 16.
[1] HIS-Data: korrigiert aus: neuen
  Die 3. Personen werden genennet  
   
  Diese Personen sind nicht nur dem Namen nach, sondern in der That und realiter von einander unterschieden.
  • Ps. 2, 7.
  • Jo. 11, 14. 3, 16. 5, 32. 37. 10, 36. 14, 6. 15, 26.
  • Gal. 4, 8.
  Die abendländische Kirche sprach dieses also aus: Tres sunt personae in vna substantia, d.i. es sind drey Personen in einem Wesen; die morgenländische Kirche aber sagte: [ein Satz griechisch]. Es entstunde auch ehemahls ein Streit zwischen der morgenländischen und der abendländischen Kirche, weil die Griechen das Wort Personen und die Lateiner das Wort [ein Wort griechisch] nicht annehmen wollten: Allein es war ein blosser Wort-Streit, und da ein Theil dem andern seine Meynung weiter erklärte, wurden sie wieder einig.  
Literatur  
  • Gerhard. Schola Pietatis ...
  • Speners Glaubens-Lehre
  {Sp. 331|S. 183}  
   
  ...
  • Francisci Ruhe-Stunden ...
  • Pfeiffer Evangelischer Augapffel ...
  • Baylii Praxis piet. ...
  • Hoornbeck Theolog. practica ...
  • Wilh. Perckmisi Gewissens-Spiegel ...
  • Edmundi Bunnii wahres Christenthum ...
  • Dannhauers Catechismus-Milch ...
  • Spener Catechismus-Predigten ...
     

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Stand: 29. März 2013 © Hans-Walter Pries