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Mutter, Mater,
Mere, heist in denen
Rechten
überhaupt eine jedwede
Weibs-Person,
die einen oder mehrere
Kinder zur
Welt
gebracht hat. |
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Und geniessen dieselbe
unterschiedene Rechte und
Freyheiten.
Nicht aber zu gedencken, was ihnen nur als Weibs-Personen vor besondere
Vortheile zustehen, wovon unter dem
Artickel
Weib ein mehrers beyzubringen seyn
wird; so haben sie sich ausser dem noch vieler andern Rechts-Wohlthaten zu
erfreuen, wovon eines und das andere zu gedencken vorfällt. |
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Erbrecht |
Zwar nach Maßgebung der ältesten Römischen Gesetze hatten die Mütter erst so
wenig etwas von der Verlassenschafft ihrer noch bey ihren Lebzeiten verstorbenen
Kinder zu erben, als ihnen die geringste
Gewalt
über dieselben, wie etwan den
Vätern,
zustand; wovon insonderheit unter dem
Artickel
väterliche Gewalt ausführlich gehandelt werden wird. |
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Indessen geschahe doch mehr aus Behertzigung der natürlichen
Billigkeit,
als vermöge ausdrücklicher
Gesetze
und
Verordnungen, daß ihnen die Römischen Stadt-Richter, wenn sich
der Fall ereignete, daß
Kinder
bey Lebzeiten ihrer Mutter verstarben, dieselben so wohl zu dieser, als diese
wiederum zu jener Verlassenschafft, als
rechtmäßige Erben zuliessen. Wie
insonderheit aus dem bekannten
Edicte Unde cognati
und dem Principio Inst. de Scto Tertulliano mit mehrerm erhellet. |
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Nachmahls ließ sich unter andern der
Kayser
Claudius, die denen Müttern insbesondere gantz natürliche
Weichhertzigkeit und Betrübniß über den
Verlust ihrer
Kinder bewegen, die
Verordnung zu machen, daß man dieselben, um sie dadurch gewisser
massen wiederum in etwas zu trösten, zu ihrer Kinder Verlassenschafft, als
rechtmäßige Erben hinzu lassen solte, |
§. 1.
Inst. eod.
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Wiewohl auch verschiedene Rechts-Gelehrte der
Meynung sind, daß diese von dem |
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{Sp. 1605|S. 821} |
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Kayser
Claudius ergangene
Verordnung nicht überhaupt von allen und jeden Müttern ohne
Unterschied, sondern nur insbesondere von denenjenigen zu
verstehen sey, welche
sich des in denen Römischen Gesetzen bekannten
Rechtes
derer drey oder vier
Kinder zu erfreuen gehabt, wovon gleichfalls ein besonderer
Artickel
nachzusehen. |
Cujacius in Not. Poster. ad §. 1.,
Inst. h.t. Bes. auch Schultings Annot. ad Ulpiani
Fragm. Lib. XXIX, c. 3. p. 672. |
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Endlich aber wurde die bisher üblich gewesene Strenge derer alten Römis.
Gesetze durch den Tertullianis. Rathschluß, wovon gleichfalls ein besonderer
Artickel handelt, dergestalt gemildert, daß ins künfftige, wenn sich eine
dergleichen Fall zutrüge, denen Müttern allezeit vergönnet seyn solte, sich ihre
abgestorbenen Kinder Erbschafft anzumassen; welches aber dennoch nur von denen
leiblichen Müttern, nicht aber auch zugleich von denen Groß-Müttern zu verstehen
war; wie sonderlich aus dem §. 2. Inst. de Scto Tertull. erhellet. |
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Ja was noch mehr; so kam auch diese Rechts-Wohlthat wiederum noch nicht
allen, obgleich leiblichen Müttern, sondern nur allein denenjenigen zu statten,
welche das erstgedachte Recht derer drey oder vier
Kinder vor sich hatten;
wiewohl ihnen dennoch auch dißfalls bisweilen durch eine besondere Begnadigung
von dem
Fürsten
geholffen ward. |
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Ferner ist hierbey zu mercken, daß, wenn die verstorbenen
Kinder wiederum
Kinder gezeuget, und dieselben, oder auch nur deren Kinder und Kindes-Kinder bey
ihrem erfolgten
Absterben am
Leben
waren, dißfalls ihren noch am Leben seyenden
Kindern alle
Hoffnung, daß
geringste von ihrer Verlassenschafft zu erben, abgeschnitten war. |
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Weiter schloß auch deren
Vater
allezeit die Mutter von der Erbschafft aus, und dieses sonderlich nach denen
bekannten
Edicten Unde legitimi und Unde decem personae. |
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Endlich gieng auch ein vollbürtiger Bruder (frater consanguineus)
ob wohl, als ein blos im durch freye Willkühr seines
Vaters
an die Seite gesetzter, und von diesem an
Kindes Statt angenommener (adoptivus),
der Mutter vor. |
L. 1. §. ult.
ff. de suis et legit. haered.
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Eine Schwester aber, wenn sie gleich ebenfalls vollbürtig (consanguinea)
war, hatte deshalber keinen besondern
Vorzug;
sondern erbte allezeit, wenn es eine
Tochter war, die
verstorben, auf die
Helffte, war es aber ein
Sohn, zu gleichen Theilen (pro virili). |
L. 2.
C. Th. de sec. nupt.
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welches alles zwar gantz kürtzlich, aber doch ziemlich gut
und genau, in des Ulpianus Fragm. Lib. XXVI, c. 8
abgehandelt, nachgesehen werden kan. |
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Bis endlich der
Kayser
Justinianus, wie in vielen andern Stücken, so auch hierinnen,
eine Änderung getroffen. Denn zu geschweigen, daß derselbe nicht allein das
beruffene Recht derer drey oder vier
Kinder in Ansehung derer Mütter gantz und
gar abgeschaffet wissen wollen; so hat er unter andern auch ausdrücklich
verboten, das künftighin schlechterdings nicht mehr weder denen Vollbürtigen, (consanguineis)
noch auch denen leiblichen (uterinis) Brüdern vor denen Müttern einiger
Vorzug
verstattet werden solle. |
Nov.
CXVIII, c. 2. |
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Wie nun hauptsächlich der Tertullianische Rathschluß derer Mütter Bestes |
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{Sp. 1606} |
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in Ansehung der von ihren
Kindern zu erbenden Verlassenschafft besorget; so
ward im Gegentheile auch denen Kindern hinwiederum wegen der von ihrer
verstorbenen Mutter zu
hoffenden Erbschafft, sonderlich durch den
Orphilianischen Rathschluß geholffen, wovon an seinem Orte. |
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Daß also vermöge der darinnen geschehenen
Verordnung nicht allein die
Söhne und
Töchter ohne Unterschied,
sondern auch sogar die in Unehren erzeugten Kinder, ihrer leiblichen und
natürlichen Mütter Erben seyn konnten, und überdieses auch noch alle andere
Anverwandten und Bluts-Freunde von mütterlicher Seiten her, ausschlossen. |
Pr.
Inst. und §. 2 und 3, Inst. de SCto Orphit.
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Nachdem aber gleichwohl noch immer ein mercklicher Unterschied zwischen der
Art und Weise sowohl, als dem eigentlichen
Grunde
eine väterliche und mütterliche Erbschafft anzutreten, gemachet worden war; so
hob endlich der
Kayser
Justinianus denselben gleichfalls dergestallt auf, daß
insonderheit nach Maßgebung der CXVIII
Novelle
c. 1, die
Kinder ihren
Eltern, es mochte gleich die väterliche oder
mütterliche Erbschafft betreten, aus einerley Grunde und mit einerley
Rechte
folgten; welches denn auch durch die neuern und heut zu Tage üblichen Rechte
dergestalt bestätiget worden, daß nicht allein die Mütter von denen
Kindern so
wohl, als die Väter, und die Kinder hin wiederum von beyderseits Eltern, es sey
gleich Vater oder Mutter, erben können. Besiehe hierbey die
Artickel
Erbe,
Kinder und
Vater. |
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