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Allgemeine Encyclopädie HIS-Data
5139-1-1-012-1
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Werk Bearb. ⇧ 1. Th.
Artikel: Aachner Kirchenversammlungen
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Inhalt:
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  Aachner Kirchenversammlungen.
1) 1) Fränkische Mönche, welche als Pilgrime zu Jerusalem waren, pflegten, wie sie sich zu Hause gewöhnt hatten, bei dem Gottesdienste das Symbolum mit dem Zusatz: Filioque, zu singen. Darüber wurden sie von den Griechen verketzert und gemißhandelt. Sie schickten daher einen aus
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  ihrer Mitte, Namens Johannes, im J. 809 an den Kaiser Karl den Großen, und baten ihn um Schutz und Entscheidung in der Sache. Karl ließ hierauf auf einer großen Synode zu Aachen (J. 809.) die Streitfrage untersuchen, und die Synode entschied, daß der heil. Geist eben so von dem Sohn, wie von dem Vater ausgehe. Karl wünschte nun, daß der Schluß dieser Synode auch von dem Papst Leo III. bestätigt werden möchte, und schickte daher Gesandte nach Rom. Allein Leo billigte zwar die Lehre vom Ausgang des heil. Geistes vorn Sohne selbst, tadelte aber die Veränderung des Constantinopolitanischen Glaubensbekenntnisses. Doch erhielt die Entscheidung der Synode in Spanien und Frankreich, und im zehnten Jahrhundert in der ganzen abendländischen Kirche allgemeine Gültigkeit.
2) 2) Der Zweck der zweiten Synode zu Aachen im J. 817. war ganz die Verbesserung der Klosterzucht. Benedict von Aniane, damals Abt zu Juda, oder Cornelismünster bei Aachen, der sich bisher aufs eifrigste mit diesem Gegenstände beschäftigt hatte, führte den Vorsitz auf derselben, und durch seinen Betrieb ward auf dieser Kirchenversammlung ein allgemeiner Plan zu Verbesserung der Klosterzucht entworfen, der nachher durch mehrere kaiserl. Verordnungen bestätigt wurde. Dieser Entwurf stellte zum Theil die Regel des heil. Benedicts wieder her, zum Theil milderte er dieselbe. Zu bestimmen, wie oft sich in der Regel die Mönche den Bart scheeren lassen, wenn sie Geflügel essen dürfen u. dgl. war wohl kein Vorzug desselben; die vernünftigste unter diesen Vorschriften war aber diese: daß das Mönchsgelübde von solchen, die man schon als Kinder dem Mönchsstande gewidmet hatte, bei reiferem Verstande aufs neue bestätigt werden sollte. (Baluz. Capitul. Aquisgran. in Capitul. Reg. Franc. T. I. p. 579. sq. Hard. Concil T. IV. p. 1225 sq. Schröckh's K. Gsch. Th. XXIII. S. 16 ff.) ⇧ Inhalt
3) 3) Auf der dritten Synode im J. 819 ließ sich der Kaiser Ludwig der Fromme die Berichte seiner zu Verbesserung der Kirchcnzucht durch das ganze Reich aufgestellten Commissarien (Missi) erstatten, und mehrere capitula ausfertigen, worin ihnen Verhaltungsbefehle ertheilt wurden. ⇧ Inhalt
4) 4) Auf der vierten Synode im J. 836. wurde über die Verbesserung der Kirche und besonders des Clerus u. a. festgesetzt: Ein Bischof sollte den richtigen Glauben (credulitatem) von der heil. Dreieinigkeit, und die Geschicklichkeit haben, nach Anleitung der heil. Schrift Religions-Vorträge zu halten; die Regula pastoralis des heil. Gregorius soll er sich wohl bekannt machen, und täglich die Bibel studiren; seine untergeordneten Geistlichen soll er wohl unterrichten, damit sie nöthigenfalls seine Stelle in Lehrvortrage vertreten können. (Hard. Concil. IV. 1394.) ⇧ Inhalt
5) 5) Die fünfte Synode ist dadurch merkwürdig, daß die beiden Söhne Ludwigs des Frommen, Ludwig und Karl, ihre Streitigkeiten mit ihrem Bruder Lothar den dort versammelten Bischöfen zur Entscheidung vorlegten, (J. 841.) welche an Gottes Statt einen Ausspruch thun sollten. Die Bischöffe erklärten hierauf, daß Lothar wegen der an seinem Vater und an seinen Brüdern begangenen Verbrechen, wegen seiner Ungeschicklichkeit ⇧ Inhalt
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  und Mangel an gutem Willen, löblich zu regiren, für des Reichs verlustig zu achten sey, und Gott selbst schon durch jenen entscheidenden Sieg, welchen Ludwig und Karl über Lothar bei Fontenai erfochten hatten, dasselbe den Siegern zur Regirung übergeben habe. Die Bischöfe thaten aber erst noch die Frage an Ludwig und Karl, ob sie diese nach dem Beispiel ihres Bruders oder nach dem Willen Gottes führen wollten, und nachdem sie das letzte versprochen hatten, thaten die Bischöfe den Ausspruch: Wir ermahnen und befehlen euch unter göttlichem Ansehen, das Reich zu übernehmen, und nach Gottes Willen zu regiren. Lothar bot hierauf wirklich zum Vergleiche die Hand.
6) 6) Auf der sechsten Synode (J. 860.) wurde Theutbergen, Gemalin des Königs Lothar von Lotharingen, ein Bekenntniß der ihr angeschuldigten Verbrechen abgedrungen, und sie zur Kirchenbuße und zum Klosterleben verurtheilt. ⇧ Inhalt
7) 7) Auf der letzten Synode zu Aachen (J. 862.) wurde die Ehescheidung vollends bewilligt, und dem König Lothar die Erlaubniß gegeben, sich von neuem zu vermählen, wobei die Bischöfe mit Stellen der Bibel, der Synoden und Kirchenväter zu beweisen suchten, daß es erlaubt sey, beim Leben einer geschiedenen Frau eine andre zu heurathen, (Concil Aquisgran. III. pag. 739. sq. in Labbei Concil. T. VIII.
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Stand: 7. Oktober 2017 © Hans-Walter Pries