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Aachner Friedensschlüsse. 1) Aachner Friede vom
J. 1668. Ludwig XIV. hatte im Devolutions-Kriege (s. d. Art.) zwölf
Plätze in den spanischen Niederlanden, und die Grafschaft Burgund
erobert. Dieß bedrohte die Sicherheit der Republik der Vereinigten
Niederlande, deren Bollwerk Flandern war. Sie schloß daher die, von
Sir William Temple (s. Temple, und Witt, Johann de,) zu Stande
gebrachte Triple-Allianz (s. d. Art.) den 23. Jan. 1668 mit England
und Schweden ab, um, wie eine geheime Urkunde des Bundes festsetzte,
mit Spanien vereinigt, den König von Frankreich zum Frieden zu
zwingen, wenn er ihn auf die ihm vorzuschlagende Bedingung nicht
eingehen wollte. Als hierauf nach langem Zögern der spanische
Statthalter in Flandern, der Marquis de Castel Rodrigo, von dem
doppelten Vorschlage, daß Spanien an Frankreich entweder die vom
Feinde in den Niederlanden 1667 eroberten Plätze, oder die
Grafschaft Burgund nebst einigen Städten in Flandern, abtreten
sollte, den ersteren zum großen Verdruß der Republik, welche jene
Festungen nur ungern in Frankreichs Händen sah, angenommen hatte,
willigte endlich auch Ludwig, zumal als die Verbündeten Ernst
zeigten, in den von der Republik und England ihm angetragenen
Waffenstillstand mit Spanien ein, und schloß mit den beiden
Vermittlern den Vertrag zu St. Germain en Laye vom 15. Apr. 1668
(Dümont, B. VII. Th. I. S. 88.), in welchem seine Bevollmächtigten
le Tellier, Lyonne und Colbert, der niederländische, van Beverning,
und der englische, Trevor, den auf jene Abtretung gegründeten
Entwurf eines, unter der Gewähr der Generalstaaten und des Hofes zu
London abzuschließenden, Friedens unterzeichneten. ♦ |
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Jetzt nahm das
Friedensgeschäft in Aachen seinen Anfang. Außer dem spanischen
Bevollmächtigten, dem Marquis de Castel Rodrigo, und dessen
Stellvertreter, dem Baron von Bergeick, dem französischen, Colbert
de Croissi, und denen der vermittelnden Seemächte, dem Ritter Temple
und van Beverning, traten als Vermittler noch hiezu die Gesandten
des Papstes Clemens IX, der Kurfürsten von Mainz und Cöln, und des
Bischofs von Münster. Nur Temple, die Seele der ganzen
Unterhandlung, verhinderte durch kluge Mäßigung, daß die
gegenseitige Erbitterung des spanischen und holländischen
Bevollmächtigten sein edles Friedenswerk, wie Frankreich schon
hoffte, nicht vereitelte. Als Spanien sah, daß es auf keine andere
Art von der Triple-Allianz Beistand hoffen könnte, so gab es, nicht
ohne sichtbaren |
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Widerwillen, zu dem Friedens-Entwurfe seine
Zustimmung und unterzeichnete den Frieden mit Frankreich zu Aachen
den 2. Mai 1668. (Leonard, B. IV. und Dümont, B. VII. Th. I. S. 89.)
Nach dem 3ten Art. behielt die Krone Frankreich, mit voller Hoheit
erb- und eigenthümlich, die 1667 in den span. Niederlanden eroberten
12 Plätze: Charleroi, Binch, Ath, Douai, Fort Scarpe, Tournai,
Oudenarde, Lille, Armentières, Courtrai, Bergues (Vinoxbergen) und
Fürnes, nebst deren Zubehör; dafür gab Frankreich nach dem 5. Art.
die 1668 eroberte Grafschaft Burgund (Franche-Comté) an Spanien
zurück. Nach dem 9ten Art. sollte der König von Frankreich, dann
auch der von Spanien, die redliche Erfüllung und Beobachtung dieses
Vertrags, auf das Crucifix, die Evangelien, den Meßcanon und auf
seine Ehre beschwören. Also ward Flandern gerettet, Ludwigs
Eroberungslust gezügelt, und England durch Temple's offne und weise
Staatskunst der Friedensstifter in Europa! ♦ |
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Dieß war der erste
Friedensvertrag, den Ludwig der XIV., seit Mazarins Tode, für seinen
Staatsvortheil unmittelbar selbst abschloß. Er ist denkwürdig als
der erste Schritt jener willkürlichen Staatskunst, welche, wenn sie
sich nur mächtig genug glaubt, die ungegründetsten Forderungen
durchzusetzen wagt. Flassan (Hist. de la Dipl. franç. 2 E. III. 355.) bemerkt freimüthig, daß auf Ludwigs Minister die Schuld fällt,
ihm nicht das Fehlerhafte und Gefährliche eines solchen Systems, das
selbst bei stetem Glück verächtlich bleibt, gezeigt zu haben. Heeren aber fragt: Warum vollendeten die Alliirten ihr Werk nicht ganz, und
ließen dem Eroberer einen Theil der Beute? Die Aufrechthaltung der
Heiligkeit des rechtmäßigen Besitzes wird in einem Staatensystem nie
zu theuer erkauft! (Heeren's Handb. d. Gesch. d. eur. Staatensyst. 2
A. S. 237.) Allein Temple kannte Spaniens Schwäche, Hollands
Abneigung vor dem Kriege, und seines Königs Karls II. Wankelmuth. Er
rettete, was zu retten war. Auf der Denkmünze dieses
Friedensschlusses sieht man Ludwig XIV. gewaffnet, wie ihm die
Friedensgöttin den Ölzweig darreicht, mit der Umschrift: Pax triumphis praelata, und die Unterschrift; Foedus Aquigranense, 2 Maii 1668. |
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Mit dem Erfolge nicht zufrieden, dachte Ludwig
bald nachher auf die völlige Eroberung der span. Niederlande; dieß
bewog England, Schweden und die Vereinigten Niederlande durch einen
Vertrag im Haag, d. 7. Mai 1669, (Dümont, VII. I. 107.) ausdrücklich
die Gewährleistung jenes Friedensschlusses zu übernehmen; ein
Vertrag neuer Art! Man hatte bisher wohl gesehen, daß beim Abschluß
eines Friedens andre Mächte, mit Zustimmung der abschließenden
Theile, Bürgen desselben wurden; nicht aber, daß dieß, nach
Jahresfrist, ohne Wissen derer geschah, die den Frieden geschlossen
hatten. Nur Spanien trat dem Bürgschafts-Vertrage bei. ♦ |
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Vgl. über
diesen Frieden Dümont's Memoires sur la paix de Rysvic, Temple's Works, II. und Lettres du comte d’Arlington au chévalier Temple. |
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2). Aachner Friede vom J. 1748. Im Laufe des
östreichischen Erbfolgekrieges, den Maria Theresia, Königin von
Ungarn und Böhmen, nebst ihren Verbündeten, Großbritannien und der
Republik der Niederlande, zur Aufrechthaltung der pragmatischen |
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Sanction vom 19. Apr. 1713 mit Baiern,
Frankreich, Sachsen, Sardinien, Spanien und Preußen seit 1740 führen
mußte, hatte sie durch einzelne Friedensschlüsse (den Breslauer,
Füssener, Dresdner Frieden, und den Turiner und Wormser Vertrag)
vier Mächte von dem ungerechten französisch-spanischen Waffenbunde
gegen sich getrennt. Nach achtjährigem Kampfe hatte Frankreich, das
seit 1744 den Krieg mit Östreich und England unmittelbar führte, in
den Niederlanden Eroberungen gemacht, Großbritannien aber zur See
und in beiden Indien wichtige Vortheile erhalten. Indeß war, seit
Franz I. Kaiserwahl, einer der ersten Zwecke des Kriegs für
Frankreich nicht mehr vorhanden. Es kämpfte nur noch mit sichtbarer
Erschöpfung für seinen Handel und für seine Seemacht, für die
Wiederherstellung seiner und Spaniens Verbündeten, Modena und Genua,
und für den Infanten, Don Philipp von Spanien, Ludwigs XV. Eidam,
der in Italien ein Fürstenthum erhalten sollte. ♦ |
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Als nun, nach
Philipps V. von Spanien Tode, dessen Nachfolger Ferdinand VI. seine
Truppen aus Italien abgerufen hatte, so dachte Ludwig XV. an den
Frieden. Allein der von ihm in der Hoffnung, seine Feinde zu
trennen, zu Breda 1746 mit den Seemächten eröffnete Congreß zerschlug sich bald durch die erfolgten Ministerialveränderungen. Er
ließ daher unmittelbar nach dem Siege bei Lafeld durch den Marschall
von Sachsen dem aus der Kriegsgefangenschaft auf sein Ehrenwort
entlassenen britischen General Ligonier, den 5. Aug. 1747, eine vom
Hrn. von Puysieux abgefaßte Staatsschrift zustellen, in welcher er
sich unter annehmlichen Friedens-Bedingungen zur Rückgabe seiner
Eroberungen geneigt erklärte. Demzufolge sandte das Cabinet von St.
James, welchem auch Frankreichs Angrif auf Holland Besorgnisse
einflößte, den Grafen Sandwick nach Lüttich, wo die Unterhandlungen
mit dem französ. Bevollmächtigten, dem Marquis von Puysieux, den 11.
Sept. ihren Anfang nahmen. England stellte als Hauptbedingung auf,
daß Frankreich für die ganze männliche und weibliche
Nachkommenschaft den Beschluß der Triple-Allianz von 1717, (s. Triple- und Quadrupleallianz von 1717 und 1718) gegen den
Prätendenten aus dem Hause Stuart anerkennen müsse, und daß England
weder in die Wiederherstellung der Festungswerke von Dünkirchen,
noch in {1} die dafür verlangte Abtretung von Fürnes an Frankreich
willigen könne. ♦ |
{1} ergänzt: in |
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Auf Ludwigs Vorschlag wurde Aachen zum Congreßort
gewählt und für neutral erklärt. Hier unterhandelten seit der Mitte
des Novembers 1747, für Frankreich der Graf von St. Severin
d'Arragon; für Großbritannien der Graf von Sandwick; für Östreich
der Graf von Kaunitz, in der Folge so berühmt als Hof- und
Staatskanzler; für die Generalstaaten der Graf von Bentink und A.;
für Spanien der Marquis de Soto Mayor; für Sardinien der Graf de
Chavanes; für Genua der Marchese Doria; für Modena der Graf de
Monzone. (S. die Charakteristik dieser Staatsmänner bei Flassan, V. 391 flg.) Binnen drei Monaten ward man über die
Neutralitätsverhältnisse der Gesandten einig. Herr von St. Severin
erhielt endlich den 29. Febr. 1748 Vollmacht und Verhaltungsbefehle
(bei Flassan V. 393—404.) um mit England die vorläufige Grundlage
des allgemeinen Friedens festzustellen. Al- |
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le Schwierigkeiten gaben sich, als in Folge des
von England und Holland mit Rußland geschlossenen
Subsidien-Vertrages vom 17. Nov. 1747, ein russisches Heer von 37,000 Mann,
der Kaiserin zu Hülfe, bereits in Franken eingetroffen war; England
nebst Holland aber den Fall des von den Franzosen belagerten
Maastricht, auch die von Frankreich angedrohte Schleifung
Bergenopzooms, befürchten mußten. Daher wurde der vom Grafen
Sandwick den 26. Apr. dem französis. Bevollmächtigten übergebene
vorläufige Friedens-Entwurf schon den 30. April von den Grafen
Severin, Sandwick und Bentink insgeheim unterzeichnet, und im Laufe
des Mai auch von Östreich, Sardinien und Modena, von Spanien und
Genua aber erst den 28. Juni angenommen. Herr von Severin erhielt
hierauf in Paris über die Abfassung der Hauptfriedens-Urkunde neue
Vorschriften vom 17. Juni, (bei Flassan V. 409—413), worin
Frankreich u.a. für alle künftige Kriege die Neutralität der
Colonialbesitzungen in Afrika und Ostindien vom 18° N.B. südwärts
anerkannt zu sehen wünschte. Auch jetzt leitete Frankreich mit
England und Holland ausschließend das allgemeine Friedensgeschäft;
die übrigen Bevollmächtigten wurden nur über das, was ihre Höfe
besonders anging, zu den Berathungen gezogen. So schlossen jene drei
Mächte allein den Aachener Vertrag vom 2. Aug. ab, nach welchem das
russische Hülfsheer sofort in Böhmen Winterquartiere beziehen
sollte, wogegen Frankreich eine gleiche Truppenzahl von seinen
Heeren abrief.♦ |
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Indessen erhoben sich neue Schwierigkeiten; und
der brittische Staatsminister, Herz. v. Newcastle, der an Lord
Carterers Stelle getreten war, sandte einen zweiten Bevollmächtigten
nach Aachen, Thomas Robinson, der, älter und erfahrner als Graf
Sandwick, aus einem höhern Tone sprach; dennoch erlangte Frankreich,
das ebenfalls einen zweiten Bevollmächtigten, la Porte du Theil,
nach Aachen gesandt hatte, mehreres, sogar daß England wegen
Rückgabe der Colonien an Frankreich zwei Päirs als Geiseln stellte,
die Frankreich erst im Juli 1749 wieder entließ.♦ |
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Endlich ward die allgemeine Friedens-Urkunde zu
Aachen d. 18. Oct. 1748, (in Wenck cod. jur. gent. rec. II. 337, und
in Rousset actes et memoires XX. 179.) von Frankreichs, Englands und
der Rep d. Ver. Niederlande (den 18.), hierauf, nach England im
Range, von Östreichs d. 23. von Spaniens d. 20. Oct., von Sardiniens
d. 7. Nov. (hier folgte im Range Hollands Unterschrift) von Modena's
d. 25. Oct. und d. 28. Oct. von Genua's Bevollmächtigten
unterzeichnet. Der König beider Sicilien hatte sich schon früher
bloß auf den Beitritt zu dem am 15. Juni in Italien bekannt
gemachten Waffenstillstand beschränkt. —♦ |
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Dem Aachner Frieden lagen (Art. 3) alle früheren
Verträge zu Grunde, vom Westfälischen 1648 an bis zum Wiener 1738.
Nach dem 6ten Art. traten die Kaiserin Königin, die Republik der
Niederlande, der König von Sardinien, der Herzog von Modena, Art.
13. und die Republik Genua Art. 14, in ihren Besitzstand vor dem
Kriege zurück; Frankreich gab also die eroberten östreichischen
Niederlande, Bergenopzoom und Maastricht, Savoyen und Nizza wieder
heraus. Doch sollten nach dem 8ten Art. die Herzogthümer Parma,
Piacenza und Guastalla an den Infanten Don Philipp und |
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dessen männliche rechtmäßige Nachkommen von
Östreich abgetreten werden, im Fall aber solche Erben nicht
vorhanden wären, oder Philipp selbst, oder seine Nachkommen den
Thron von Spanien oder Neapel bestiegen, sollte Parma an Östreich
zurückfallen; Piacenza hingegen, auch in einem dritten Falle, wenn
Don Carlos von Neapel auf den spanischen Thron gelangte, bis an die
Stura an Sardinien kommen.♦ |
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Man hatte dieß so aus Irrthum in dem
Präliminarfrieden bestimmt, und Sardinien sich keine Abänderung
dieses Punktes in der Haupturkunde gefallen lassen wollen; daher
forderte der König von Sardinien, als Don Carlos 1759 den spanischen
Thron bestieg, jenes Land, ließ sich jedoch im Pariser Vertrage vom
10. Juni 1762 mit der Capitalsumme der Einkünfte desselben von
Frankreich und Spanien entschädigen, die er zurückzuzahlen
versprach, wenn Piacenza in den beiden ersten Fällen an Sardinien
kommen sollte. Überdieß behielt Sardinien nach dem 12ten Art. die
ihm 1743 von Östreich abgetretenen neuen Besitzungen,
(s. Wormser-Tractat,) jedoch mit Ausnahme jenes Landstrichs von Piacenza, und
des Marquisats Finale, welches Genua behielt.♦ |
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Nach dem 9ten Art. gab England alle seine
Eroberungen in Ost- und Westindien, namentlich Cap Breton und
Louisbourg an Frankreich, dieses aber Madras an England zurück, so
daß alles daselbst wieder auf den Fuß vor dem Kriege kam; doch
beging hier Frankreich den Fehler, die Gränzbestimmung in Akadien
und Canada Commissarien zu überlassen, statt einen Fluß oder Bergzug
festzusetzen.♦ |
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England erhielt durch den 16ten Art. die
Bestätigung des Assiento (s. d. A.) auf vier Jahr. Frankreich aber
mußte nach dem 17. Art. die Befestigung Dünkirchens auf der
Landseite so lassen, wie sie war, und auf der Seeseite nach den
früheren Verträgen sich richten. Im 21. A. erneuerten sämmtliche
abschließende Machte ihre Gewährleistung der pragmatischen Sanction,
für deren Vernichtung Frankreich hauptsächlich den ungerechten
blutigen Krieg unternommen hatte; so wie A. 19. die Gewährleistung
der Erbfolge des Hauses Hannover in Großbritannien. Auch garantirten
sie A. 22. dem König von Preußen, Schlesien und Glatz, endlich sich
gegenseitig A. 22. die Vollziehung dieses Friedens. Noch ward in
einem besondern Art. erklärt, daß die französ. Sprache, in welcher
die Friedens-Urkunde abgefaßt worden, darum nicht auch für künftige
Verträge als Staatssprache gelten sollte, sondern daß jede Macht
sich der herkömmlichen Sprache bedienen könne.♦ |
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Eine Denkmünze auf diesen Frieden zeigt die
Friedensgöttin unter einem mit Lilien geschmückten Pavillon, hinter
welchem verschiedene Kriegstrophäen, mit der Umschrift: Salus
generis humani, und der Unterschrift: Pax Aquisgranensis XVIII.
Octobris M. DCCXLVIII. —♦ |
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Niemand tadelte diesen Frieden mehr als der
Marschall von Sachsen. „Warum haben wir nicht, wie wir es konnten,
die Republik Holland vernichtet; wir hätten dadurch unserm
natürlichen Feinde England den rechten Arm abgehauen! Was nützt nun
der Sieg bei Fontenoi, die Einnahme von Bergenopzoom? Besser war es,
den Krieg gar nicht zu beginnen, als ihn so zu enden! Frankreich hat
erobert, bloß um sich selbst zu bekriegen. Es hat eine Million
Unterthanen weniger, und fast kein Geld mehr!" Ludwig XV. erfuhr
diese Äußerungen. „Ich erkenne darin, |
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sagte er, den Stil eines Herrn Generalissimus:
seine Staatskunst geht immer aus von glühenden Kugeln!“ — Herr von
Severin bemerkte dagegen in seiner Staatsschrift sehr verständig:
„Wie wenn das entvölkerte, creditlose, von Theurung und Hungersnoth
gedrückte Frankreich, statt Holland zu erobern, selbst erobert
worden wäre? Einen Staat vernichten wollen, gibt der Verzweiflung
die Waffen. (Hatte doch Frankreichs Angriff auf Holland 1747, die
Errichtung der Erbstatthalterwürde in der Person Wilhelms IV. von
Oranien zur Folge gehabt!) Die ganze europäische Republik hätte für
Holland gerüstet." Feinstolz setzte er hinzu: „Eine gute Staatskunst
gelangt unvermerkt auf Umwegen zu ihrem Ziele. Nur nach und nach
müssen wir die Holländer schwächen, nie sie ganz unterdrücken.
Dieser Staat schützt uns, wie einst das römische Reich, vor den
Einbrüchen der nordischen Völker." |
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In jedem Falle war der Friede für Frankreich
Bedürfniß, seine Großmuth in Rückgabe der Eroberungen aber nur
scheinbar; denn Ludwig mußte sogar sein dem Prinzen Eduard, dem
Sohne des Prätendenten, gegebenes Wort, daß er, wie auch der Krieg
ausfallen möchte, in seinen Staaten einen Zufluchtsort behalten
sollte, nach dem 19. A. des Aachner Friedens zurücknehmen. England
bestand schlechterdings auf der Verbannung des Prinzen aus
Frankreich. Der Prinz selbst aber weigerte sich hartnäckig, Paris zu
verlassen. Nur mit Gewalt konnte er (d. 10. Dec. 1748) verhaftet und
über die Grenze gebracht werden.♦ |
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An Land gewannen allein Sardinien und der Infant
Philipp, welchem aber Maria Theresia weit mehr im Anfange, um den
Krieg zu vermeiden, bewilligt haben würde. England, das den Krieg
auf dem festen Lande fast nur durch Subsidien (an Östreich, Rußland
und Sardinien) geführt, und daher auch vorzugsweise den Frieden
abgeschlossen hatte, erhielt dadurch fast keinen unmittelbaren
Vortheil. Es geschah nicht einmal in demselben Erwähnung der
Befreiung englischer Schiffe im Südmeere von spanischer
Durchsuchung; eine Forderung, die zuerst 1739 England und Spanien in
Krieg verwickelt hatte. Indeß gab ihm schon jetzt die Schwäche
Frankreichs die Herrschaft des Meeres.♦ |
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Europa erlangte durch diesen Frieden nichts, als
die Aufrechthaltung des Gleichgewichts im Geiste des Utrechter
Vertrags. Denn Östreich, dessen Zertrümmerung die Absicht
Frankreichs gewesen war, blieb aufrecht stehn in der Reihe der
ersten Mächte. Preußen war dagegen in Folge dieses Krieges als
Hauptmacht eingetreten in die europäische Staatenordnung; von allen
übrigen gehaßt! Dieß brachte neue Spannung in die Politik. Östreich
und Rußland blieben verbunden. Kaunitz sah in die Zukunft; der
Aachner Friede hatte Europa nicht beruhigt. —♦ |
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Vgl. Häberlin's Ged. und Erläuterung üb. d.
Aachenschen Friedens-Präliminarien 1748. Flassan's Hist. de la Dipl.
franç. V. Koch's Hist. des Traités de Paix II. |
(Hasse.) |
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