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Forts. S. 16 Sp. 2 |
AALEN, (48° 47' Br. 27° 45' L., in den Urkunden
des 15. und 16. Jahrh., dem Dialekt des Landes gemäß, Aulen, oder
Olen, lat. Alena) Stadt im Königreiche Würtemberg von 300 Häusern,
in der Landvogtei am Kocher, an diesem Flusse gelegen, der in ihrer
Nähe die Aal aufnimmt, von der sie auch den Namen führt, (nicht
aber, wie alte Geographen versichern, von den vielen Aalen, die hier
gefangen werden, da dieser Fisch in den hiesigen Gewässern nicht
häufiger vorkommt, als anderswo, obgleich die Stadt einen einige Mal
gekrümmten Aal im Wappen führt.) ♦ |
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Sie ist der Sitz eines königl. Oberamts, das 5
Quadratmeilen mit 18200 Einw. umfaßt, eines lutherischen Decanats
und eines Oberamtsphysikats; das Cameralamt hat seinen Sitz in dem
benachbarten Dorfe Unterkochen. Die Straßen der Stadt sind enge und
winkelicht, und sämmtliche Gebäude, mit Ausnahme der in modernem
Geschmack aufgeführten Stadtkirche, in Riegel gebaut. Die 2280
Einw., beinahe alle Lutherisch, finden außer dem Feldbau und der
Viehzucht, die in dem fruchtbaren Kocherthale mit dem besten Erfolge
betrieben werden, ihre wichtigsten Nahrungsquellen in der
Bierbrauerei, dem Handel mit Baumwolle, der Fertigung von
Wollenarbeiten und in der Rothgerberei. In der Nähe der Stadt werden
2 Eisenbergwerke, die wichtigsten in Würtemberg, betrieben, wovon
das eine 60 und das andere 80 Arbeiter beschäftigt. — ♦ |
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Mehrere vorgefundene Mauerwerke und andere
Denkmale beweisen, daß die Stadt ihren ersten Ursprung den Römern zu
verdanken habe, und wahrscheinlich ist hier das Aquileia zu suchen,
das die Peutingerische Tafel in diese Gegend setzt. Im Laufe des 14.
Jahrh. gehörte sie zu dem Besitzthume der Grafen von Oettingen,
welche sie an die Grafen von Würtemberg verpfändeten. Als der Kaiser
Karl IV. 1360 den Grafen Eberharden, den Greiner, wegen seiner
Händel mit den Städten, über die derselbe als Landvogt war gesetzt
worden, mit Krieg überzog, wurde Aalen von ihm erobert, und in dem
im Lager vor Schorndorf geschlossenen Frieden wurde die Bedingung
festgesetzt, daß die Stadt bei dem Reiche verbleiben solle. Jedoch
1377 verpfändete sie der Kaiser selbst an den Grafen Eberhard; aber
dieser scheint nicht lange in dem Besitze der Pfandschaft geblieben
zu seyn, indem ihre reichsstandische Selbständigkeit seit 1379
erweislich ist. ♦ |
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Im J. 1575 nahmen ihre Bürger, unter der Leitung
des Würtembergischen Theologen Jak. Andreä die Augsburgische
Confession an. Nach der Nördlinger Schlacht 1634 ging, im Sturm der
Flucht und der Verfolgung, die ganze Stadt im Rauche auf. Sie
erholte sich aber, trotz der Bedrängnisse auch der folgenden Zeiten,
durch die Sitteneinfalt und den Fleiß ihrer Bewohner, allmählich
wieder, und ihre eifersüchtig bewahrte demokratische Verfassung
gewährte ihr Schutz gegen die meisten Übel, welche den Wohlstand
vieler andern Reichsstädte zerstörten; wie denn das gemeine Wesen im
letzten Viertel des 18. Jahrh., bei einem sehr kleinen Gebiete,
nicht nur keine Schulden, sondern eine beträchtliche Summe von
Activcapitalien hatte, und die lebhaft betriebenen Gewerbe auch den
Vermögenszustand der mit äußerst geringen Abgaben |
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S. 17 Sp. 1 |
AALHOLM |
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belasteten Bürger zur schönsten Blüthe erhoben.
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Die Stadt wurde durch einen Magistrat, von 11 aus
der Bürgerschaft gewählten Mitgliedern und einem Stadtschreiber
regirt, dem ein Collegium von 24 bürgerlichen Repräsentanten zur
Seite stand, das für die Erhaltung der Verfassung und Gesetzgebung
wachte, den Staatshaushalt controllirte, und bei wichtigen
Geschäften zu Rath gezogen wurde. Das Jahr 1802 machte aber auch der
Reichsunmittelbarkeit von Aalen ein Ende, indem die Stadt dem Hause
Würtemberg als Entschädigung zugetheilt wurde. |
(Pahl.) |