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Forts. S. 364 Sp. 1 |
BÜRGER *), hat im teutschen
Rechte verschiedene Bedeutungen. Die ursprüngliche ist die
eines Mitglieds
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- *) Vgl. den Art. Statsbürger.
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S. 364 Sp. 2 |
BÜRGER |
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einer Stadtgemeinde, obwol schon viel
früher als Bürger in Urkunden vorkommen, burgenses
angeführt werden 1), wo noch keine Städteverfassung
bestand. Als sich Städte ausbildeten wird das Wort: Bürger,
insbesondere vor der Zeit, ehe es den Zünften gelang, die
Aufnahmsfähigkeit in den Rath durchzusetzen, von dem
vollberechtigten Mitgliede der Stadtgemeinde
gebraucht 2), daher häufig die aus rathsfähigen
Geschlechtern stammenden Bürger hießen, während die
übrigen Handwerker genant wurden 3).♦ |
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Auch nach der Zeit, als schon Handwerker
zunftfähig waren, kommen noch engere Bedeutungen von
Bürger vor; daher unterschied man an einigen Orten Bürger,
als die Hauseigenthümer, von den Handwerkern, und
gestattete den ersten den freien Handel, während die zweiten
nur mit ihren Fabrikaten und dem zu ihrem Handwerk
Gehörigen handeln durften 4).♦ |
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Noch enger wurde der Begriff Bürger,
durch die Gegensätze: Schutzverwandte, Beisitzer, Beisasse,
auch Einwohner 5).♦ |
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In den älteren Zeiten, in welchen die Städte
als die bevorrechteten Aufenthaltsorte galten, zur Aufnahme
aber gewisse Bedingungen foderten, welche nicht jeder leicht
erfüllen konnte, z. B. bestimmte Abstammung, Freiheit,
Vermögen u. A., wurde es für einige Personen, welche
allen Erfodernissen des vollen Bürgerrechts nicht genügen
konnte, wichtig, wenigstens einige Rechte des Aufenthalts und
den städtischen Schutz zu genießen; und selbst noch später als
z. B. Religionseigenschaft bei demjenigen, welcher
Bürger werden wollte, in Betrachtung kam, erhielt ein
beschränkter städtischer Schutz eine Bedeutung; alle solche
Schutzverwandte galten nur als unvollkommene
Bürger 6), daher der Begriff Bürger im engeren Sinne
für das vollberechtigte Mitglied der Stadtgemeinde
übrigte.♦ |
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Auch dadurch, daß gewisse Vorrechte
z. B. Besitz liegender Güter, Ausübung gewisser
Gewerbe, nur von Bürgern in Städten ausgeübt werden
konnten, entstand eine neue Veranlassung, daß Personen, die
nach ihrem Stande die Aufnahme in die Stadt nicht bedurft
hätten, die Erwerbung des Bürgerrechts
nachsuchten 7), z. B. Adelige und Klöster. So
kamen im Mittelalter verschiedene Arten von Bürgern vor;
insbesondere♦ |
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a) Pfahlbürger 8), wohin alle
gehörten, welche, weil ihnen die Requisite des vollen
Bürgerrechts fehlten, außer den Pfählen der Stadt wohnten, um
nur einige städtische Vortheile zu genießen, obwol der
Ausdruck später oft diejenigen bezeichnete, welche ihr
Bürgerrecht zum Nachtheile der Landesherrschaft
misbrauchten.♦ |
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b) Ausbürger 9), wohin
diejenigen gerechnet wurden, welche, ohne ihre angebornen
Standesver-
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- 1) Miraei opera, t. p. 291. Dreyer
Einl. in die lübischen Verordn. S. 84.
- 2) Eichhorn in der
Zeitschrift für geschichtl. Rechtswissenschaft II.Thl. S. 169.
und Mittermaiers Grunds. des gemeinen teutschen Privatr. S.
90. §. 67.
- 3) Mehre Urk. v. K. Ludwig v. 1340. in
Senkenberg Corp. jur. german. T. I. P. 2. p. 5.
- 4) Rauch.
rerum austriac. III. p. 53. Kurz Östreichs Handel in älterer
Zeit, S. 111.
- 5) Eisenhart Anl. zum Stadt- und Bürgerrecht
S. 228.
- 6) Badische Grundverfassung §. 10.
- 7) Bodmann
in Siebenkees Magazin für teutsches R. 1. Thl. Nr. I.
- 8)
Goldne Bulle Tit. 16. Olenschlager Erläuterung S. 316.
Reichsabschied v. 1529. §. 10. v. 1555. §. 83. Wenker Comm.
de Pfalburgeria. Arg. 1692, Orth Anm. zur frankfurt. Ref. IV.
Thl. S.173.
- 9) Wenker collect. jur. public. p. 229.
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S. 365 Sp. 1 |
BÜRGER |
⇧ Inhalt |
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hältnisse oder ihren bürgerlichen Wohnort
aufzugeben, das Bürgerrecht sich ertheilen ließen, um einige
Vorrechte ausüben zu können, zu welchen Eintragung ins
Bürgerbuch gehörte, z. B. Gewerbe auszuüben. Die in
manchen Städten vorkommenden Frohn-, Frei- oder
Kellerhöfe, welche Klöstern oder Adeligen gehörten, sind
Überbleibsel dieses Ausbürgerrechts.—♦ |
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Der Name: Gras- 10) oder
Feldbürger bezog sich auf die Personen, welche in den
Dörfern wohnten, die zu dem städtischen Territorium
gehörten. Glevenbürger 11) (abgeleitet von gleve,
d. h.Lanze, Spieß) hießen Personen, welche das
Bürgerrecht unter der Verbindlichkeit erhielten, im Nothfalle
Ritterdienste der Stadt zu leisten.—♦ |
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Als allmälig die Landesgemeinde sich
erweiterte, und alle Glieder derselben nach gewissen
gleichförmigen Gesetzen beurtheilt wurden, erhielt der
Ausdruck: Bürger, oft den Sinn, welchen das Wort Unterthan
hat, so daß vom Gattungsworte Bürger als Arten Statsbürger
und Ortsbürger getrent werden können, und im engeren
Sinne bezeichnet Bürger nur den letzten, insofern jemand als
berechtigtes und verpflichtetes Mitglied einer Stadt- oder
Marktfleckengemeinde betrachtet werden kann.♦ |
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Die Realität des Begriffs:
Bürger 12) hängt hier von den Schicksalen der
Städteverfassung in einem Lande ab. Da, wo jedermann im
State überall Gewerbe frei treiben darf, wenn er nur eine
gewisse Steuer bezahlt, da wo die Stadt keiner Vorrechte mehr
im Gegensatze anderer Landesgemeinden sich erfreut,
verschwindet die Bedeutung von Bürger, weil kein Gegensatz
vorkomt, daher auch in manchen Ländern, zum Beispiel in den
ehemals französischen Rheinprovinzen, der Bauer ebensowol
sich Bürger nent. |
(Mittermaier.) |
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Bürgerbrief |
Bürgerbrief (seerechtlich), ist die Urkunde,
welche darthut, daß Jemand in einer Stadt oder Gegend das
Bürgerrecht erworben hat. Auf dem Lande wird diese Urkunde
nur um sich zur Zeugenschaft, oder bei andern solchen
außerordentlichen Gelegenheiten zu legitimiren, gebraucht,
zur See aber dient sie zu dem Behuf, wie der persönliche Paß
bei Landreisen, um Schiffsführer zu legitimiren. Insofern die
Nationalität des Schiffers aus den von der Behörde attestirten
Schiffspapieren constirt, ist dieses Papier, welches nordische
Gesetze auf der See erheischen, auf der See überflüssig. Es
wird aber dennoch auf dänischen Schiffen erfodert, deren
Gesetze ohnehin jetzt fodern, daß jeder Schiffsführer (um
besser Controle über sie gegen die Scheinbürgerei führen zu
können, und städtische Gewerbe den Städten zuzuwenden), in
einer Stadt Bürger seyn muß. Die jetzige Einrichtung der
Bürgerbriefe sichert aber nicht die Identität. In Kriegszeiten
fahren vorzüglich holländische Schiffe oft auf fremde Namen
und fremde Papiere, weshalb die Errichtung wie bei Pässen
getroffen werden sollte, daß der Inhaber seine
Namensunterschrift unter den Bürgerbrief setzen müßte. In
Nordamerika dient die sogenannte Pro-
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⇧ Inhalt |
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- 10) Trotz jus agrar. belg. I. p. 278.
- 11) Wenker de Glevenburg. Arg. 1698. Grupen obs. rer. et
antiq. p. 355. Hüllmann v. Ursprung der Stände, III. Thl. S.
107. Stenzel Kriegsgeschichte S. 158.
- 12) Badische
Grundverfassung §. 10.
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S. 365 Sp. 2 |
BÜRGER |
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tection, eine obrigkeitliche Bescheinigung,
daß Jemand das nordamerikanische Bürgerrecht hat, statt des
Bürgerbriefes, ist aber der Erschleichung von Scheinbürgern
häufiger ausgesetzt als in Europa.♦ |
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Der Bürgerbrief gibt die Befugniß der
Ausübung aller bürgerlichen Rechte, nur können solche
Kapitäne, welche aus kriegführenden Ländern sind, während
eines Krieges in neutralen Staten keine Schiffsführung
erlangen, und ihre Tractaten mit den Barbaresken legen die
Pflicht auf, keinem Bürger Algiersche Pässe zu geben, der
nicht schon 3 Jahr in dem Besitz des Bürgerrechts gewesen ist.
Gegen die Erschleichung der Bürgerbriefe durch Scheinbürger
würde am besten die Erfoderniß schützen, mit Weib und
Kindern und Vermögen einwandern zu müssen , und in Gefahr
zu seyn, das Bürgerrecht sogleich zu verlieren, wofern sich
nach jährlich zu wiederholender Verificirung ergäbe, daß diese
Einwanderung nur zum Schein geschehen sey. |
(F. J. Jacobsen.) |
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Bürgerkrone |
Bürgerkrone, s. Krone. |
⇧ Inhalt |
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Bürgermeister |
Bürgermeister, ist der ordentliche aus der
Gemeinde gewählte Vorstand des magistratischen Collegiums
der Stadtgemeinde.♦ |
⇧ Inhalt |
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Mit Unrecht glaubt man da, wo in
Urkunden Consules vorkommen, auch Bürgermeister zu
finden, da diese alten Consules nur die zur Ausübung der
Polizei und zur Verwaltung des Gemeindeguts beigezogenen
Beisitzer aus der Bürgerklasse waren 1), und schon
die große Zahl von Consules, die in der nämlichen Stadt waren
(z. B. in Straßburg 12, in Freiburg 24, in Mainz 24),
beweist, daß darunter keine Beamte, wie die späteren
Bürgermeister waren, verstanden seyn können. Consules und
Rathmannen muß für gleichbedeutend angesehen
werden.♦ |
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Die erste Spur von eigentlichen
Bürgermeistern muß in den magistris civium 2), auch
magistris consulum 3), auch
burgimagistris 3) gesucht werden; allein diese waren
noch nicht die mächtigen Vorstände der ganzen Stadt, sondern
nur die Vorstände des Consulencollegiums, daher auf Polizei
und Güterverwaltung beschränkt.♦ |
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Die Städte, in deren Urkunden schon im
13. Jahrh. ein Bürgermeister an der Spitze steht 5)
und als Vorstand der ganzen Stadt erscheint, gehören zu den
mächtigsten, deren Verfassung früh vollendet war; es zeigt
sich aber aus der Geschichte der Städte, daß die Bürgerschaft
vorzüglich strebte, einen Bürgermeister zu erhalten, und noch
1443 war die Frage: ob die Stadt einen Bürgermeister haben
dürfe, Gegenstand des Streits zwischen der Stadt Trier und
dem Erzbischofe 6).♦ |
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In den meisten Städten komt Bürgermeister
als erster Vorsteher der Stadt erst später vor, z. B.
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- 1) Schöpflin histor. zaring. bad. V. p.
50. Hontheim hist. Trevir. I. p. 483 Straßburger R. in
Grandidier histoire d'eglise I. p. 36. Fichard Entstehung v.
Frankfurt S. 84. Eichhorn in Zeitschrift für gesch.
Rechtswissensch. II. Thl. S. 175.
- 2) Z. B. in
kölnischer Urk. v. 1169 in Securis ad radicem posita nr. 28. v.
Worms, s. Moriz Abh. v. Ursprung d. Reichsstädte S. 535.
- 3) Z. B. in Grashof. origines Muhlhusam. p. 99. In
Zerbst (Urk. v. 1298. in Bekmann Anhalt. Hist. P. III. Lib. III.
p. 227.) kommen magistri civitatis vor.
- 4) Stellen in du
Cange glossar. voce burgimagister. s. auch andere
Benennungen in Heineccius antiq. II. Tom. p. 320.
- 5)
Z B. in Regensburg zuerst 1243 s. Gemeiner Chronik
v. Regensb. 1. Thl. S. 348.
- 6) Hontheim histor. Trevirens.
II. p. 395.
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S. 366 Sp. 1 |
BÜRGER |
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in Frankfurt erst 1304 7) und in
östreichischen Städten erscheint im 15. Jahrh. das Recht
Bürgermeister zu wählen, als eine besondere Vergünstigung
der Landesherren 8); von der Zeit an als
Bürgermeister vorkommen, kann auch die Verfassung der
Stadt als vollendet angesehen werden, und sobald nur größere
Städte Bürgermeister hatten, wußten die kleineren nach dem
Muster der größeren gebildeten bald ähnliche Vorrechte zu
erhalten.♦ |
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Das specielle Verhältniß war überall
verschieden, daher auch an manchen Orten statt eines
Bürgermeisters ein Ammann 9) oder
Ratismeister 10) vorkam. In manchen Städten war
nur ein, in andern waren mehre Bürgermeister vorhanden,
daher wenn sie unter sich abwechseln, derjenige, welcher das
Directorium führt, der regirende Bürgermeister
hieß 11). Auch darin ist noch Verschiedenheit, wo
die alte Verfassung besteht, ob der Bürgermeister auf
Lebenszeit oder nur auf gewisse Jahre ernant wird. Er ist das
Haupt der Bürgerschaft, und führt das Directorium bei der
Verwaltung der an den Magistrat gehörigen Gegenstände.
Auch an Orten, an welchen neue Stadt- oder
Gemeindeordnungen eingeführt worden sind, ist der Name
und die Stelle des Bürgermeisters beibehalten
worden 12), so daß er als Direktor des
magistratischen Collegiums erscheint, und in der Regel nur an
den Beschluß des Magistrats gebunden für die Vollziehung der
Beschlüsse sorgt, die Landes- u. Ortspolizei handhabt, und die
Rechte und Pflichten eines Collegialdirectors hat. Auf seine
Wahl hat gewöhnlich die Regirung sich eine Einwirkung
vorbehalten oder übt ein Bestätigungsrecht aus. |
(Mittermaier.) |
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Bürgermeister (Natur) |
Bürgermeister, in der Naturgesch., s.
Anolis principalis und Larus glaucus. |
⇧ Inhalt |
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Bürgerrecht |
Bürgerrecht bezeichnet in ältern Gesetzen
immer nur den Inbegriff der Befugnisse, welche einem
Mitgliede einer Stadtgemeinde vermöge seines
Gemeinderechts zustehen. In alten Urkunden komt es unter
dem Namen: urbanitas vor 1) (auch gebuirschaft
genant), wobei das große und das kleine Bürgerrecht
unterschieden wurde. Das zweite, welches das Recht des
Aufenthalts und der Betreibung offener Gewerbe im
Kirchspiele enthielt, wurde z. B. in Köln von den
Kirchspielsamtmännern, das erste aber, welches alle
politischen und Ehrenvorrechte eines Bürgers verlieh, wurde
von dem großen Rathe verliehen.♦ |
⇧ Inhalt |
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In der Beziehung auf Stadtverfassung
umfaßt das Ortsbürgerrecht 2) vorzüglich:♦ |
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1) das
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- 7) Fichard die Entstehung der
Reichsstadt Frankfurt S. 182.
- 8) Z. B. 1490 in Linz, 1499 in
Steyer, 1416 in Krems, s. Kurz Östreichs Handel in älterer
Zeit, S. 240.
- 9) H. v. Arx Geschichte von St. Gallen 1. Thl.
S. 455.
- 10) Schultes Coburg. Landesgeschichte II. Thl. S.
167.
- 11) S. auch Eisenhart Anleitung zum Stadtr. S. 60.
- 12) Preußische Städteord. §. 142. Baier. Gem. E., §. 47. 48.
Hessisches Gemeindeedikt, §. 12.
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- 1) Alte kölnische Urkunden in Clasen
Gründe der Schreinspraxis S. 31.
- 2) Colmar de jur. civitat.
Norimberg. Altorf. 1781. Hessel de jurib. civit. munic. in
germ. Alt. 1788. Bodmann in Siebenkees Beitr. zum teutschen
R. III. Thl. S. 96. Eisenhart Anleitung zum teutschen Stadt-
und Bürgerrecht, S. 172. Preuß. Landrecht, II. Thl. Tit. VIII.
Preußische Städteordn. §. 15. Haubold Lehrb. des sächs. R. S.
464. Weimarische Stadtordn. v. 21. Dec. 1810. Jenaische
Stadtordn. v. 27. Jun. {1} 1810. Badische Grundverfassung
der versch. Stände von 1808. §. 10.
|
{1} Fußnote ergänzt von Sp. 2 |
S. 366 Sp. 2 |
BÜRGER |
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Recht der activen und passiven
Wahlfähigkeit zu allen städtischen Ämtern und zur
landständischen Vertretung; 2) Recht der Betreibung aller
städtischen Gewerbe; 3) Recht Grundstücke im Stadtbezirke
zu erwerben; 4) das Recht, die Marklosung auszuüben; 5)
Befugniß, die Gemeindegüter nach dem gesetzlichen oder
herkömmlichen Verhältnisse zu benutzen; 6) das Vorrecht
nach den städtischen Statuten und Privilegien beurtheilt zu
werden; 7) Anspruch auf den städtischen Gerichtsstand; 8)
Anspruch auf die städtischen Stiftungen, zu deren Theilnahme
Bürgerrecht gefodert wird.♦ |
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An manchen Orten 3) gehört zur
Ausübung der vollen Befugniß, z. B. Wahlfähigkeit zu
städtischen Ämtern und zur Theilnahme an Brauloosen, auch
der Besitz eines Hauses in der Stadt 4).♦ |
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Das unvollkommene Bürgerrecht des
bloßen Schutzverwandten, oder Beisassen umfasst nie das
Recht der Wählbarkeit; an Gemeindenutzungen nimt der
Schutzverwandte nur in so ferne Theil, als das
Localherkommen den Schutzverwandten Rechte hierauf gibt,
oder das Gemeinderecht auch einem Fremden zustände. Das
Recht Immobilien im Stadtbezirke zu besitzen, hat der
Schutzverwandte. Neuere Gemeindeedikte haben den
Unterschied der Vollbürger und Beisassen
aufgehoben 5), oder wenigstens auch den Beisassen
Anspruch auf Wählbarkeit zu bürgerlichen Ämtern
gegeben 6).♦ |
|
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In Ansehung der Erwerbung des
Bürgerrechts gilt die Regel, daß die Verleihung an eine
Person, die schon das Statsbürgerrecht hat, dem Ortsmagistrate
zusteht, während der Ausländer erst das Statsbürgerrecht
erwerben muß 7). Bei Erwerbung durch Geburt
nehmen die älteren Statute an 8), daß das
Bürgerskind nur einen Titel zur Erwerbung des Bürgerrechts
hat, und erst speciell in die Bürgerliste sich aufnehmen lassen
muß, jedoch den Vortheil genießt, geringere Rezeptionsgelder
zu bezahlen. Neue Gesetze 9) lassen durch Geburt,
wenn nur beide Ältern Vollbürger waren, das Bürgerrecht
fortpflanzen.♦ |
|
|
Ehemals kam bei den Bedingungen der
Aufnahme gewöhnlich eine gewisse Standes- oder
Religionseigenschaft, bestimmtes Vermögen, und
untadelhaftes bisheriges Betragen in Betrachtung 10);
während jetzt die ersten dieser Bedingungen nicht mehr in
Anschlag gebracht werden, ist doch in neueren
Gesetzen 11) die Vorschrift beibehalten worden, daß
die zur Criminaluntersuchung gezogenen und nicht definitiv
losgesprochenen eben so wenig als die in Concurs befangenen
aufnahmsfähig sind.♦ |
|
|
Verloren wird das Bürgerrecht durch
Verlust des Statsbürgerrechts, durch freiwillige Aufkündigung,
durch Arten des stillschweigenden Verzichts, wohin ältere
Gesetze 12) die Verweigerung bürgerliche Ämter zu
übernehmen rech-
|
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|
- 3) Z. B. nach
Weimar. Stadtordn. §. 4.
- 4) Deinze de capitib. quibusdam incolatus Norimb. Altorf. 1778. Diez de discrim. civium et incolar. Goett. 1757, Eisenhart Anl. S. 228. Preuß.
Städteordn. §. 5. 40. Badische Grundverf. §. 10. Weimar.
Stadtordn. Tit. III. §. 23—29.
- 5) Z. B. hessis.
Gemeindeedikt §. 54.
- 6) Würtemberg. Gemeindeedikt §. 6.
- 7) Preuß. Landr. II. Thl. Tit. 8. §. 14. Städteordn. §. 24.
Hessis. Gem. E. §. 49.
- 8) Hillebrand de jure civium originar. c. II. §. 12. Riccius spicileg. p. 267.
- 9) Hessis. Gem. E.
§. 41. Badische Grundverf. §. 11.
- 10) Eisenhart Anl. S.
185. Sutner von der ältesten Gewerbsverfassung in München,
S. 501.
- 11) Preuß. Städteordn. § 20–22.
- 12) Z. B.
Hamburg. Stadtbuch 1. Thl. Tit. 1. Art. 6.
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S. 367 Sp. 1 |
BÜRGER |
⇧ Inhalt |
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neten und neue Gesetze 13) noch
den Fall zählen, wenn der Bürger eine gewisse Zeit
(z. B. 2 oder 3 Jahre) von dem Orte entfernt ist, ohne
einen Stellvertreter bestellt, und die obliegenden bürgerlichen
Verpflichtungen erfüllt zu haben. Die Verurtheilung wegen
Verbrechen entzieht das Bürgerrecht nur 14), wenn
Ehrlosigkeit oder eine höhere Verbrechensstrafe erfolgt; aber
auch hier hat sich die Ansicht der neueren
Gesetze 15) dahin entschieden, daß solche wegen
Verbrechen Verurtheilte nur die Ehrenvorzüge des
Bürgerrechts, insbesondere die Wählbarkeit verlieren. |
|
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Bürgerrecht, insofern es mit dem Begriff
Statsbürger zusammenhängt, bezeichnet auch noch den
Inbegriff der Rechte, welche dem Einheimischen vor dem
Fremden aus der vollen Unterwerfung unter die Statsgewalt
zustehen 16). Noch spezieller hat sich durch neuere
Gesetze 17) der Unterschied von Indigenat und
Statsbürgerrecht gebildet. Das Erste ist der Inbegriff des
Genusses aller bürgerlichen Rechte und des Anspruchs auf
Erwerbung des Statsbürgerrechts. Das Zweite enthält den
Inbegriff der Rechte zum Genusse aller Indigenats und aller
politischen Bürgerrechte des Landes. Das Zweite geht daher
viel weiter als das Erste und enthält insbesondere die
verfassungsmäßige Theilnahme an der Ständeversamlung. Das
Indigenat ist aber Vorbedingung der Erwerbung des
Statsbürgerrechts, zu dessen Ausübung auch noch die
gesetzliche Volljährigkeit, die Ansässigkeit im Lande, und bei
dem Neueinwandernden der Ablauf einer gewissen Zeit,
z. B. in Baiern von 6 Jahren gehört 18).♦ |
|
|
Wer mit Erlaubniß seines Landesherrn in
die Dienste eines auswärtigen States tritt, behält das Indigenat
bei, und hat noch immer gewisse Verpflichtungen in Bezug
auf sein Vaterland, z. B. zurück zu kehren, sobald er
durch einen an ihn gerichteten Befehl oder durch eine General-
Verordnung zurückberufen wird.♦ |
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Bürgerrecht kann endlich noch als ein
teutsches Bürgerrecht insofern in Betrachtung kommen, als die
teutschen Bundesstaten jedem ihrer Bürger gewisse
Grundrechte zusichern.19), welche Jedem schon vermöge
der Bundesakte zustehen, und ihm nicht durch Landesgesetze
entzogen werden können. Zu diesen Rechten gehören: 1) das
Recht Grundeigenthum außerhalb des Landes, welches jeder
bewohnt, zu besitzen; 2) Befugniß des freien Wegziehens aus
einem Bundesstate in den anderen; 3) Recht in Civil- oder
Militärdienste eines Bundesstates zu treten; 4) Freiheit von
Nachsteuer, wenn das Vermögen in einen Bundesstat
übergeht 20). |
(Mittermaier.) |
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Bürgerrecht (christliches) |
Bürgerrecht (christliches), war die
Benennung einer engern Verbindung, welche 1528 die Städte
Zürich, Bern, Constanz und St. Gallen unter sich schlossen, als
die Spannung zwischen den beiden Religions-Bekentnissen
|
⇧ Inhalt |
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- 13) Badische Grundverf. §. 12.
Weimarische Stadto. §. 20.
- 14) Hillebrand de jure civium
orig. cap. IV. §. 5. Preuss. Städteordn. §. 39.
- 15) Baier.
Gemeindedikt §. 78. Weimar. Stadto. §. 21. Hessisches G. E.
§. 34.
- 16) Mittermaier Grundsätze des gem. teutschen
Privatr. §. 100. Bad. Grundverf. v. 1808. §. 7—9.
- 17) Baier.
Edikt v. 20. Mai 1818. Hess. Edikt v. 18. März 1820.
Würtemb. Verfassungsurk. III. §. 19.
- 18) Baier. Edikt. §. 8.
- 19) Teutsche Bundesakte Art. 18.
- 20) S. über Bedeutung
des teutschen Bürgerrechts Falk in den kieler Blättern. II. Bd.
1 H. 160.
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S. 367 Sp. 2 |
BÜRGER |
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sich vermehrte, und in welche sie im
folgenden Jahre Biel, Müllhausen, Basel, Schaffhausen und
Straßburg aufnahmen. Sie war nicht von bleibender Dauer. |
(Meyer von Knonau.) |
S. 367 Sp. 2 ⇩ |
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⇧ Inhalt |