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ALTER, LEBENS-ALTER, (in der Physiologie und Staatsarzneikunde) bezeichnet, nach dem
gemeinen Sprachgebrauche, jeden Zeitraum des menschlichen
Lebens, der sich durch wahrnehmbare Veränderungen in der
Thätigkeit der körperlichen und geistigen Kräfte unterscheidet.
Im weiteren Sinne begreift der Sprachgebrauch aber auch die
Gesamtheit aller Lebensperioden des Menschen, von dessen
Erzeugung bis zum Tode, unter diesem Ausdruck. |
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Das menschliche Leben ist als eine stets
fortlaufende Reihe von Entwicklungen zu betrachten, die mit
der Zeugung anhebt, und mit der Vernichtung der organischen
Individualität im Tode endet. Daraus ergibt sich, daß das
Leben des menschlichen Organismus, seiner Thätigkeit,
Kraftäußerung und Erscheinung nach, in seinen verschiedenen
Zeitabschnitten [Lebensaltern] sich nicht gleich bleiben kann.
Der Mensch lebt nicht in allen seinen Organen zu gleicher
Zeit. Nach einander und zu verschiedenen Zeiten tritt das
eigenthümliche Leben dieser Organe hervor, und wirkt dann in
ihm zukommender Thätigkeit, der Idee gemäß, welche die
Natur realisiren wollte. Jeder Abschnitt im Leben, der sich
durch das Hervortreten neuer Thätigkeiten (Evolution), oder
das Zurücksinken und Erlöschen früher vorhandner
(Involution) wesentlich auszeichnet, bildet ein eignes
Lebensalter. |
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Die Eintheilung der menschlichen
Lebensalter wird verschieden ausfallen müssen, nach dem
verschiedenen Gesichtspunkte, von dem man ausgeht. Nach
dem Gesichtspunkte, daß in dem Leben der menschlichen
Individuen, ein Zeitpunkt muß vorhanden seyn, in dem sich
dieselben der Idee, welche die Natur im Menschen realisiren
wollte, möglichst annähern, wo also dieselben der ihnen
zukommenden Zwecke möglichst mächtig geworden sind, läßt
sich das menschliche Leben in 3 Zeiträume ungezwungen
theilen.♦ |
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Der erste Zeitraum begreift dann das
Alter der Zunahme (Incrementum), in welcher das
Individuum der Idee des Menschenlebens, und der Erreichung
der dadurch bedingten Zwecke fortschreitend sich
annähert.♦ |
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Der zweite Zeitraum ist die Höhe des
Lebens (Status, Akme), das mittlere, stehende Alter. In diesem
hat der Mensch, so weit es seine eigenthümliche Natur und die
bedingenden Verhältnisse der Außenwelt zuließen, die Idee
und die Zwecke des Lebens (Ausbildung der körperlichen
Individualität , Vernunftbildung und Fortpflanzung der
Gattung) realisirt. Das organische Leben strebt in diesem
Zeitraume sich zu wiederholen, seinen Zustand beharrlich zu
machen.♦ |
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Der dritte Zeitraum ist der der Abnahme
(Decrementum). Der Mensch entfernt sich wieder, je länger je
mehr, von dem Ziele, fällt immer mehr von der Idee ab, bis
endlich mit dem natürlichen Tode die organische Individualität
aufhört.♦ |
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Nach einem andern physiologischen
Gesichtspunkte werden die in die Sinne fallenden
Veränderungen in den organischen Thätigkeiten, die im Laufe
des Lebens hervor treten, zum Theilungs- |
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ALTER |
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grunde der Lebensalter genommen. Die
wichtigsten dieser Veränderungen sind die Geburt, der
Zahndurchbruch, der Zahnwechsel, die eintretende
Geschlechtsreife, das beendigte Wachsthum, das Aufhören der
Geschlechtsverrichtung, die Abnahme der Geisteskräfte u.s f.
Nach diesem Theilungsgrunde können eben so viele
Lebensalter aufgestellt werden. In wiefern diese mit dem in
der Staatsarzneikunde zu unterscheidenden Lebensaltern
übereinstimmen, ergibt sich aus dem folgenden Artikel |
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