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Allgemeine Encyclopädie HIS-Data
5139-1-03-323-3
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Artikel: AMBACHT
Textvorlage: Göttinger Digitalisierungszentrum
Siehe auch: HIS-Data Amb
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Forts. S. 323 Sp. 1 AMBACHT, Ambachtia, Ambactus.♦
  Über die Abstimmung des sehr alten Wortes, welchem Volk, welcher Sprache es angehöre, sind die Meinungen der Sprachforscher von jeher sehr verschieden gewesen. Dem einen ist es ein altrömisches, weil Festus es schon bei Ennius gefunden haben soll, dem anderen ein gallisches, indem Julius Cäsar von den Ambacten der gallischen Ritter redet. Scaliger will beide Meinungen vereinigt wissen.♦
  Ambactus bei Ennius soll ein lateinisches, bei Cäsar ein gallisches Wort seyn. Ihm stimmt Davisius bei mit der Erklärung: ambacti servi mercede conducti und der Herleitung von agere, quod
S. 323 Sp. 1 AMBACHT
  circumagantur quo lubet conducentibus. So unwahrscheinlich es aber an sich schon ist, daß zwei ganz verschiedene Nationen das nämliche Wort in ihrer Sprache in gleicher Bedeutung gebraucht haben sollten, so gezwungen erscheint die Herleitung. —♦
  Eben so unwahrscheinlich stellt sich die Voraussetzung dar, daß ein ursprünglich lateinisches Wort so allgemein von allen germanischen und mit denselben verwandten Völkerschaften, selbst von solchen, welche nie mit den Römern in Berührung gekommen, in ihre Sprache aufgenommen und durch alle christliche Jahrhunderte hindurch beibehalten worden.♦
  Umgekehrt ist viel wahrscheinlicher, und wol mit Gewißheit anzunehmen: Römer hörten, sey's vor, sey's zuerst durch Cäsar, das ihnen vielleicht auffallende germanische Ambaht, Ambacht, gaben ihm eine lateinische Endung, deuteten es mehr nach ihren, als nach teutschen Begriffen, und hielten wol den römischen servus (Sklave, Leibeigenen) mit dem Knecht oder Diener der Teutschen zu der nämlichen Menschenclasse gehörig. Richtiger drückt sich doch Cäsar aus, wenn er anders, wie es scheint, in der bekannten Stelle: „eorum“ (equitum galliae) „ut quisque est genere copiisque amplissimus, ita plurimos circum se ambactos, clientesque habet,“ durch den Zusatz: clientes, das vorausgehende fremde Wort seinen Landsleuten deutlicher zu machen, die Absicht hatte. Seine ambacti der gallischen Ritter wären demnach die späteren Knappen, Knechte, gemeine und Edelknechte, der teutschen Ritter, auch: Dienstmannen, Ministerialen.
  Ohne bei den, doch immer zweifelhaften, Herleitungen des Wortes zu verweilen, ist aus den schon von Schilter in Gloss. Teuton. häufig angeführten Stellen als völlig erwiesen anzunehmen, daß mit ambachten, Ambacht, bei den alten Teutschen bereits die Begriffe von dienen, Dienst, Diener, verknüpft waren. So sagt der alte Übersetzer der Schriftstelle Matth. 4, 11. bei Luther: da traten die Engel zu ihm und dienten ihmAmbahtitun imo. So heißts von den Aposteln, wenn sie Diener des Worts genannt werden: „thie Ambahta warun Wortes." An Sklavendienst und Sklaven ist hier nicht zu denken.
  Auf gleiche Welse kommt dann Ambacht auch in späteren Schriften und Urkunden sehr häufig zur Bezeichnung eines Dienstes, einer Dienstleistung oder einer Dienststelle (officii), eines Dienstbezirks und eines Dienenden, im letzten Falle meistens mit dem Zusatz: Mann, vor, und ist in der niederländischen Sprache noch als Ambacht, im Teutschen Amt und Amtmann, was noch im verflossenen Jahrhundert Ambt und Ambtmann geschrieben ward, im schwäbischen und schweizerischen Dialekt auch als Ammann, übrig. So wird der Dienst der Messe, Ambaht der Messe, genannt, und der ungen. Verf. der Egmonder Chronik sagt bei dem J. 1083, von dem Richteramt zu Alcmar: quod Ambacht teutonice dicitur. —♦
  So werden vier Landesbezirke, über welche langwieriger Streit zwischen den Grafen von Holland und Flandern im 12ten und 13ten Jahrh. war, in den häufig darüber noch vorhandenen Urkunden bald Ambactus, bald officia und ministeria genannt. —♦
  Elisabeth, Äbtissin zu Quedlin-
S. 324 Sp. 1 AMBAGIBALIS
  burg, überlässt 1364 ihre "Ammacht" zu Sman einem Hof mit allen Einkünften daraus an Conr. u. H. gegen einen bestimmten Zins. Früher 1327 wird der Ammachtmann der Äbtissinnen zu Sman genannt, mit Bemerkung der Grundstücke und Gefälle, welche er als Bestallung zu benutzen hatte. Die Priorin, Kellnerin und Küferin des Klosters Hedersleben nennen sich selbst (1426) "Ammachtesfrauen" ihres Klosters, sowie (1461) die Pröbstin, Dechantin, Küsterin, Scholasterin u. Pförtnerin des Stifts Quedlinburg die "Ammachtsfrauen," auch "Ambtefrauen" der Äbtissin heißen. –♦
  Auch Zünfte werden Ambachte, ihre Zunftmeister oder Vorsteher Ambachtsmeister genannt. –♦
  Endlich kommt auch Ambachtslehn, bei den Longobarden Gastaldslehn genannt, vor. Schilter in s. Comment. ad jus feud. Alemann. handelt davon ausführlich, woraus hier nur beispielsweise die Belehnung der Stadt Memmingen durch K. Ruprecht mit dem kaiserlichen "Ammanampt" in der Stadt vom Jahre 1401 angeführt wird. –♦
  Daß aber Ambacht im Teutschen auch von Leibeigenen gebraucht worden, möchte wol nicht zu erweisen sein.
   
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Stand: 22. November 2017 © Hans-Walter Pries