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Allgemeine Encyclopädie HIS-Data
5139-1-13-292-9
Erste Section > Dreizehnter Theil
Werk Bearb. ⇧ 13. Th.
Artikel: BUCHBINDER - Buchdruckerei
Textvorlage: Göttinger Digitalisierungszentrum S. 298 : 292
Siehe auch: HIS-Data Buc
Hinweise: Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Bearbeitung
Inhalt:
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Buchdruckerfirniss ⇨

   
Forts. S. 292 Sp.2 BUCHBINDER, heißt derjenige Handwerker, welcher Bücher einbindet; aber nebenher auch Mappen, Futterale, Brieftaschen und manche andere Sachen aus Pappe und Papier macht.♦  
  Erst nach der Erfindung der Buchdruckerkunst, im 15. Jahrh., wurde die Buchbinderei ein zünftiges Gewerbe; vorher gaben sich größtentheils nur Mönche damit ab, die Bücher zusammenzuschnüren. Fast alle Bücher wurden damals in Pergament gebunden. Auf dieses Pergament wurden nicht selten allerlei Figuren gedruckt. Die Grundlage des Pergaments zu den Deckeln waren anfangs dünne Breter; diese haben in der Folge der zweckmäßigeren Pappe (Pappdeckel) Platz gemacht, die man in den neuern Zeiten nur noch selten mit Pergament, sondern meistens mit bunten oder einfarbigen Papieren, oder mit gefärbtem Leder überzieht. Manche Bücher, hauptsächlich die dünnern, werden öfters nur kartonnirt, brochirt oder geheftet, d. h. entweder in ganz dünne Pappe, oder blos in Papier auf eine einfache Art eingebunden.  
  In der neuesten Zeit ist die Buchbinderei zu einem hohen Grade von Vollkommenheit gebracht worden. Sehr schöne und geschmackvolle, freilich auch oft kostspielige Bände sieht man jetzt aus der Hand mancher Buchbinder zum Vorschein kommen, und zwar nicht blos schöne rothe und grüne Saffianbände mit geschmackvollen Vergoldungen in Form von allerlei aufgedruckten Figuren, Linien, Schriften etc., sondern hauptsächlich auch schöne mit Papier oder Leder überzogene Marmorbände, die das Ansehen des herrlichsten Marmors von allerlei Farbe haben und von ungemeinem wirklich spiegelnden Glanze sind. Die teutschen Buchbinder Kalthöber, Meyer und Hering in London, ferner Wiederhold in Göttingen, Weidemann in Wol-  
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  fenbüttel, Bliefers in Tübingen u. A. m. zeichneten sich in der neuesten Zeit durch besondere Geschicklichkeit und Kunstfertigkeit aus. Überhaupt sind die Teutschen Meister der Buchbinderkunst in der Welt.  
  Die Hauptmaterialien der Buchbinder sind Pappe, allerlei Sorten gefärbtes und ungefärbtes Papier, und Leder. Ihre vornehmsten Nebenmaterialien sind: Zwirn, Bindfaden oder Schnüre, Kleister, Leim, Blattgold und Eiweiß. Ihre vornehmsten Werkzeuge sind: die Heftlade mit messingenen oder eisernen Heftstiften, um die Bindfaden oder Heftschnüre daran zu befestigen; stehende Pressen mit eiserner Schraube und Preßbreter zum Einspannen der Bande; die Beschneidepresse mit Schraube, Hobel und Bretern; ein Schlagstein und Schlaghammer zum Schlagen oder Ebnen und Glätten der Bücher vor dem Binden; mehre kleine Hämmer; ein Zirkel; ein Falzbein; verschiedene Messer und Scheeren; eiserne Liniale; ein Glättkolben; Agatsteine oder blanke Hundszähne in Stielen; allerlei Buchdruckerlettern; allerlei Fileten zu den goldenen Verzierungen; Goldkissen; Paletten etc.  
  Die erste Arbeit des Buchbinders, um gedruckte Bücher einzubinden, ist das Collationiren, das heißt das Durchsehen aller Bogen des Buchs, ob es auch vollständig (complet), oder unvollständig (defekt) sey. Er richtet sich hiebei nach den Signaturen, d. h. nach den Alphabets- Buchstaben, welche, von A an fortlaufend, auf der ersten Seite jedes Bogens stehen; oder den später an deren Stelle getretenen Zahlen der Bogen; oder auch nach der Seitenzahl, oder nach dem Custos, der abgebrochenen Sylbe unten an einem Blatte. Einzeln werden die Bogen, welche der Buchdrucker bei Ablieferung der gedruckten Exemplare in einander gesteckt hatte, aufeinandergelegt und gerade gestoßen.  
  Nun werden die Bögen des Buchs, wenn sie kein Schreibpapier sind, planirt, d. h. durch Leimwasser (das Planirwasser) gezogen, welches in einer Mulde oder in einem Troge sich befindet. Durch das Planiren bekommen die Bogen mehr Festigkeit, und Flüssigkeiten, die daraufkommen, fließen dann nicht auseinander. Des baldigen Trocknens wegen und um dem geleimten Papiere seine Klebrigkeit zu benehmen, war etwas Alaun in dem Leimwasser aufgelöst worden. Fünf oder sechs Bogen werden immer zugleich durch das Leimwasser gezogen und zwischen Bretern und Makulaturbögen bringt man sie in eine Presse, um das überflüssige Leimwasser wieder herauszupressen. Mittelst eines hölzernen Kreuzes, des Planirkreuzes von der Form eines T, hängt man die planirten Bogen auf pferdehaarne Schnüre zum Trocknen auf.  
  Lagenweise, jede Lage aus mehren zusammengenommenen Bogen bestehend folgt das Schlagen auf einer glatt und blank geschliffenen in einen festen Klotz eingelassenen Eisenplatte mittelst des 12 bis 18 Pfund schweren, auf der Bahn ebenfalls recht glatten Schlaghammers. Dieses Schlagen muß möglichst gleichförmig geschehen, an der einen Stelle so viel als an der andern. Der Buchbinder muß die Geschicklichkeit besitzen, die Papierlage so zu drehen und zu wenden, daß jener gute Erfolg erreicht werde. Bücher, die eben erst aus der Druckerei kommen, schmuzen leicht ab. Dies zu verhüten, muß man alte Makulaturbögen zwischen jene Bogen legen.  
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  Durch das Falzen mit dem Falzbeine werden die Bogen nach ihrem Formate zusammengelegt. Man richtet sich hiebei nach den entgegenstehenden Seitenzahlen, indem man die Bogen gegen das Licht hält. Alle Seitenzahlen eines Bogens müssen genau auf einander passen. Ist dies der Fall, so ist auch der weiße Rand auf allen Seiten übereinstimmend. Gewöhnlich werden die gefalzten Bogen noch einmal geschlagen, eine Arbeit, welche Formatschlagen genant wird. Geschähe es nicht, so würde das Buch an den Stellen, wo es zusammengelegt ist, dicker ausfallen.  
  Jetzt komt das ganze Buch zwischen zwei Bretern in die Presse. Gehörten Kupfer dazu, so mußte man diese vorher hineinkleben. Fest schraubt man sie in der Presse zusammen; und nun erst bringt man sie zum Heften auf die Heftlade. Diese Heftlade besteht aus einem Grundbrete, auf welchem, nach seinen Enden zu zwei Schraubenspindeln aufgerichtet stehen. Schraubenmütter lassen sich an diesen Schraubenspindeln auf und nieder schrauben; und auf den Schraubenmüttern ruht ein Riegel oder eine Leiste, welche die Bewegung der Schraubenmutter mit macht und daher auf jede beliebige Entfernung von dem Grundbrete gestellt werden kann. Die Leiste hat ihrer Länge nach eine Spalte oder Ruthe, woraus die eisernen Hefthaken herabhängen. Jeder Hefthaken, dessen unteres Ende den eigentlichen Haken ausmacht, hat an seinem obern Ende Schraubengänge, auf welche eine Schraubenmutter mit Flügeln (eine Flügelschraube) paßt. Je nachdem man diese Flügelschrauben rechts oder links dreht, je nachdem läßt sich der herabhängende Theil des Hefthakens verkürzen oder verlängern.♦  
  Unten an dem Grundbrete befindet sich ein rechtwinkliger Ausschnitt, in welchen eine bewegliche Leiste, die Vorlage hineinpaßt. Diese Vorlage kann mittelst zweier hölzerner Schrauben befestigt werden. Sie dient zum Einklemmen der Heftschnüre, worauf die Bücher geheftet werden sollen. Man befestigt nämlich die Schnüre, welche Bünde oder Gebünde heißen, mit dem einen Ende an die Hefthaken, zieht sie dann durch die Spalte zwischen dem Grundbrete und der Vorlage, schraubt letztere wieder an und befestigt die Schnüre unter der Vorlage durch eiserne Heftstifte. Werden nun die Schraubenmütter in die Höhe geschraubt, so erhalten dadurch die Heftschnüre ihre gehörige Spannung. Wäre eine Schnur doch noch zu schlaff, so brauchte man nur die Flügelschraube desjenigen Hefthakens, womit sie verbunden ist, hinunterzuschrauben; dadurch würde sie dann die nöthige Spannung bekommen.  
  Die Heftschnüre sieht man an dem Rücken jedes Buchs, wenn man den Deckel davon ablöst. Zu einem Buche in Folio sind sechs Heftschnüre nöthig; zu einem Buche in Quart nur vier oder fünf; zu einem Buche in Octav nur drei bis vier; u. s. w. Deswegen theilt man den Rücken des Buchs in gewisse Theile ab; und eben darnach richtet sich denn die Entfernung der Heftschnüre von einander: den Anfang des Heftens macht man mit dem Vorsetzpapiere, welches an den ersten und letzten Bogen des Buchs angeklebt wird. Zu kostbaren Bänden nimt man gewöhnlich zwei Bogen türkisch Papier, wovon man hernach das eine Blatt an die Decke klebt. Den  
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  letzten Bogen heftet man nun zuerst, dann folgt der vorletzte und so geht man rückwärts bis zum ersten fort. Das Heften geschieht mit gutem gewichsten Zwirn, der in die lange starke Heftnadel eingefädelt ist. Mit dieser Nadel sticht man im Rückenbruch durch die Bogen, zieht den Faden um die Heftschnüre, sticht wieder durch den Bogen, und setzt diese Arbeit so lange fort, bis das Buch ganz fertig geheftet ist.  
  In den meisten Fällen haben die Bogen nicht an den Schnüren einen Zusammenhang mit einander, sondern an den Vicegebünden, d. h. an den letzten Gebünden auf beiden Seiten des Buchs, welche keine Schnüre haben, und wo ein Bogen mit dem andern durch den Faden vereinigt wird. Nur dann findet auch an den Schnüren eine Verbindung der Bogen Statt, wenn, wie es zur Beschleunigung der Arbeit bisweilen geschieht, zwei Bogen mit einander geheftet werden.  
  Zu den Pergamentbänden bedient man sich, statt des Bindfadens, der pergamentenen Riemen als Heftschnüre. Manche Bücher werden auch an den Stellen, wo die Bünde auf dem Rücken liegen sollen, eingesägt. In diesen eingesägten Rinnen haben dann die Schnüre eine festere unverrückbare Lage. Bücher mit solchen Schnüren schlagen sich gut auf und sperren sich nicht leicht.  
  Wenn das geheftete Buch aus der Heftlade herausgenommen ist, so bringt man es so in die Handpresse, daß beide Vorsetzpapiere über die beiden Preßbalken hervorragen. Mit einem kleinen Hammer klopft man dann den Rücken rund und gleichförmig glatt. Vermöge eines Pinsels beschmiert man den Rücken mit Leim, und bringt dadurch eine noch festere Verbindung der Bogen zuwege. Mit den Fingern oder mit dem Hammerstiele reibt man den Leim sorgfältig ein. Bei den sogenannten englischen Bänden, bei den Franzbänden und andern vorzüglichen Bänden überklebt man den Zwischenraum zwischen den Bänden auch noch mit Papier-und Leinwandstreifen.  
  Getrocknet und gepreßt kommen die Bücher in die Beschneidepresse, worin sie beschnitten werden. Die Beschneidepresse hat zwei Preßhölzer und zwei Schrauben, auf dem einen Balken aber auch noch eine besondere Leiste, an welcher der Beschneidehobel auf und nieder gezogen werden kann. Dieser Hobel hat zwei Backen, durch deren Mitte eine Schraubenspindel so geht, daß die Backen mittelst derselben einander genähert und wieder von einander entfernt werden können. In der Mitte der einen Backe ist eine kreisrunde stählerne Scheibe befestigt, deren Peripherie sehr scharf ist. Beide Backen sind in der Nähe ihrer Enden mit zwei Leisten verbunden, wodurch die parallele Lage der Backen zu einander gesichert ist. Je nach der Dicke des zu beschneidenden Buchs läßt sich der Hobel aufschrauben und mit der Presse verbinden, worin das zu beschneidende Buch steckt; und vermöge der einen Backe, welche an der Presse auf und nieder beweglich ist, läßt sich der Hobel so an der Presse auf und nieder bewegen, daß er das Buch bis zu den bestimten Punkten hin beschneiden muß. Diese bestimten Punkte sind vorher mit dem Punktireisen bezeichnet worden. Das Punktireisen ist ein gerader vierseitiger eiserner Stab, von einerlei Dicke und Breite, an einem Ende rechtwinklig um-  
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  gebogen und mit einer Hülse versehen, die sich darauf etwas gedrängt hin und her schieben läßt. An ihrem vordern Ende hat die Hülse einen eisernen Dorn, und hinten oder oben läßt sie sich mittelst einer kleinen Schraube befestigen. Erst wenn man mit diesem Instrumente angemerkt hat, wie weit das Buch beschnitten werden soll, spant man es in die Presse, aus welcher es mit dem Schnitte so weit hervorragen muß, als die eingedrückten Punkte andeuten. Übrigens beschneidet man das Buch zuerst oben, dann unten und zuletzt vorn.  
  Der Schnitt wird nun entweder besprengt, oder marmorirt, oder angestrichen, oder vergoldet. Das Marmoriren ist fast gar nicht üblich mehr, sondern das Besprengen, das Anstreichen und das Vergolden. Zum Besprengen nimt man einen Pinsel, den man in den dünnen Färbebrei taucht, welcher mit Kleister angemacht worden ist. Zur rothen Farbe nimt man Zinnober oder auch rothe Mennige, zur blauen Schmalte, zur grünen braunschweiger Grün, zur gelben casseler Gelb u. s. w. In einiger Entfernung von dem Schnitte des in der Presse fest zusammengepreßten Buchs fährt man mit einem Finger langsam über die Borsten hin. Beim Zurückspringen der Borsten spritzen diese die Farbe in kleinen Punkten auf den Schnitt. Beim Anstreichen mit einer von jener Farben (am beliebtesten ist jetzt der gelbe Schnitt) muß das Buch gleichfalls fest in die Presse eingepreßt seyn, damit von der Farbe nichts zwischen die Blätter laufe. So auch beim Vergolden. Nach dem Glattschaben des zu vergoldenden Schnitts wird derselbe mit einer durchgequirlten Mischung von Wasser, Salz und Eiweiß überstrichen. Man legt die zur gehörigen Größe geschnittenen Goldblätter, auf ein pergamentenes Auftrageblatt, läßt das überhängende Ende jedes Goldblatts auf den Schnitt fallen und zieht das Pergamentblatt schnell darunter weg. Liegt nun alles Gold auf dem Schnitte; so reibt man es mit Baumwolle an und glättet es zuletzt mit einem Hundszahne oder mit einem blanken Achate, der in einem Hefte sitzt.  
  Das Kapitalen des Rückens an dem obern und untern Ende folgt jetzt zunächst. Bei kleinen Werken werden nämlich jene Rückenenden mit schmalen gewebten Bändern, bei gewöhnlichen Bänden mit Pergamentstreifen, von größern und vorzüglichen Werken mit Leinwandstreifen und bunten Schnüren beleimt. Nun schabt man die über den Rücken hervorstehenden nicht mit eingehefteten Enden der Heftschnüre auf, um sie mit ihren Fasern an den Pappendeckel zu leimen. Zu Pappbänden schneidet man für den Rücken einen Streifen dünner Pappe zu, biegt ihn und läßt ihn auf beiden Seiten einige Zoll weit hervorragen, um ihn auf die Flügelfalze des Vorsetzpapiers aufleimen zu können. Die Pappendeckel selbst werden abfornirt, d. h. mit einem scharfen Messer nach einem eisernen Lineale zugeschnitten. Sie werden dann angesetzt oder mit Leim angeklebt. In der Presse läßt man das Buch trocknen.  
  Entweder mit Pergament (was freilich heutiges Tages nur noch selten geschieht), oder mit farbigen, vornehmlich marmorirten und türkischen Papiere, oder mit Leder (Saffian, schön marmorirtem Kalb- oder Schafleder etc.) wird das Buch überzogen. Man schneidet diese  
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  Sachen so zu, daß sie innerhalb des hohlen Rückens und an den Deckelkanten umgeschlagen werden können. Zum Ankleben gebraucht man Kleister, den sich der Buchbinder aus Stärke mit einem trocknenden Zusatz von Alaun verfertigt. Das Pergament wird vorher mit weißem Papier gefüttert, das Leder aber wird naß gemacht, ausgerungen, ausgezogen, zugeschnitten, und an den Stamm, wo es umgeschlagen werden soll, mit einem scharfen Messer dünner geschärft. Mit dem aufgeklebten farbigen Papiere wird nach dem Trocknen, außer dem Glätten, gewöhnlich keine weitere Veränderung vorgenommen. An den englischen Bänden oder Franzbänden aber, ja selbst bei geschmackvollen Pappbänden, färbt der Buchbinder das Leder nach Art des Marmors oder des türkischen Papiers, oder der Perlmutter auf mannigfaltige Weise, und macht es ungemein glänzend. Hiebei kann er recht seine Geschicklichkeit und seinen Geschmack zeigen, wenn er recht hübsche Flammen, Züge, Wolken, Punkte etc. hervorbringen will. Durch Eisenschwärze, verdünntes Scheidewasser, Zitronensaft kann er schon allerlei Figuren in das Leder beizen, wenn er diese Flüssigkeiten auf verschiedene Art mit einem Pinsel oder Schwamme aufstreicht. Zur Hervorbringung von mancherlei Farben muß er aber auch verschiedene Farbestoffe, z. B. eine Abkochung von Campecheholz, von Fernambukholz, von Gelbholz, von Curcumä, von Orlean, Saflor, eine Indigauflösung, Kreuzbeerensaft u. dgl. mit Beihilfe von Weinessig, oder von Alaun, oder von Potasche etc. anwenden; s. Papierfärberei u. Lederfärberei.  
  Sowol das zum Vergolden des Schnitts, als auch das zu dem Goldtitel, auf den Rücken, zu den goldenen Linien, Sternen und andern Verzierungen auf Rücken und Deckel bestimte Blattgold wird mit einem scharfen Messer, dem Goldmesser auf einem mit Kälberhaaren ausgestopften Kissen, dem Goldkissen zugeschnitten. Dieses Kissen ist mit weichem Leder überzogen, das eine rauhe Oberfläche hat. Man trägt die zugeschnittenen Blätter, wie beim Vergolden des Schnitts auf und druckt die Fileten und Stempel darauf. Die Fileten sind verschiedentlich gestaltete, meistens bogenförmige in einem hölzernen Griffe befestigte Messingstücke, deren untere Fläche eine Gravirung von Blümchen, bunten Kanten, Streifen, Schlangenlinien, u. dgl. hat. Die Stempel, gleichfalls von Messing, enthalten auf ihrer untern Fläche Blümchen, Sternchen u. dgl. einfache Verzierungen. Vorzüglich gute Fileten und Stempel erhält der teutsche Buchbinder aus England. Der Abwechselung in der Mode wegen muß der Buchbinder davon eine ziemliche Anzahl haben. Man macht die Fileten und Stempel in glühenden Kohlen heiß, hält sie auf ein leicht sich an sie festsitzendes Goldblättchen, und drückt dieses nun heiß auf die mit Eiweiß bestrichene Stelle des Rückens oder Deckels, wo die goldnen Verzierungen hinkommen sollen. Fest verbindet sich auf diese Art das Gold auf dem Leder oder Papiere da, wo die Fileten oder Stempel es andrücken. Alles übrige Gold kann mit dem Tuchlappen leicht hinweggerieben werden.  
  Zum Aufdrucken des Titels bedient sich der Buchbinder des Schriftkastens, aus einem mit einem Handgriffe versehenen schmalen Messingstücke bestehend, das in
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  seiner Mitte der Länge nach eine Rinne enthält: In diese Rinne passen die gewählten Lettern (gewöhnliche Buchdruckerlettern) ein, welche eine Zeile bilden sollen. Mit einer durch die schmale Kante gehenden guten Schraube und einer kleinen beweglichen Backe, worauf die Schraube wirkt, werden die Lettern fest und so an einander geschraubt, daß die Oberflächen aller Lettern in einer Ebene liegen. Zuerst trägt der Buchbinder das Gold auf das Titelfeld, welches oft aus einem besonders aufgeklebten Saffianstücke besteht. Alsdann erwärmt er die Lettern und drückt sie auf das Feld an die richtige Stelle. Alles unnütze Gold reibt er hierauf wieder mit dem Tuchlappen hinweg. Zuletzt wird der fertige Band noch einmal mit dem Glattstein oder Zahne geglättet; auch bringt man ihn noch einmal in die Presse.  
  Die englische Erfindung, Bücher ohne Nadel und ohne Faden einzubinden, scheint eben so wenig Eingang gefunden zu haben, als diejenigen, den Rücken der Comtoirbücher von Metall, oder von Elfenbein, oder von Holz zu machen, um dadurch den Blättern eine festere Lage zu geben *).  
  Was die übrigen Papparbeiten des Buchbinders betrifft, so werden diese in dem Artikel Papparbeiten vorkommen.
   
Buchdruckerei Buchdruckerei, s. am Ende des Bandes.{1}
{1} Siehe Art. Buchdruckerkunst in Band 14.
 
  • *) Die bemerkenswertesten neuern Schriften über Buchbinderei möchten wol folgende seyn: J. J. H. Bücking, die Kunst des Buchbindens. Stadt am Hof 1807. 8. – Die engl. Buchbinderkunst etc Leipz. 1819. 8. – J. Ch. Hüttner, über einige Vortheile und bequeme Handgriffe der Buchbinder in England. Tübingen 1801. 8.
 
   
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Stand: 14. Februar 2018 © Hans-Walter Pries