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BUCHHANDEL (historisch). Schon die
frühesten Anfänge dieses Geschäfts bei den Griechen und
Römern, über welche nur einzele und unzusammenhängende
Nachrichten vorhanden sind, zeugen von einer ziemlich
vollständigen mercantilischen Ausbildung. Bei den Römern,
wo es meist Freigelaßne waren, welche sich mit demselben
befaßten, finden sich Spuren eines eigenthümlichen Verlags
(so scheint Tryphon die Xenia und Apophoreta des Martialis,
und Quinctus Pollius Valerianus dessen Jugendgedichte
gehabt zu haben, vgl. Martial. I, 114. und XIII., 3.), Beweise
von Honorarzahlungen und Beispiele von gleichzeitiger
Besorgung verschiedener Ausgaben.♦ |
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Nach Lessings scharfsinniger Erklärung
(Werke I, 240 ff.) erhellt nämlich aus einem Epigramme des
Martialis (I, 3.), daß es von diesem Schriftsteller zwei
Ausgaben gab: eine kleine tragbare in Taschenformat, welche
bei dem Freigelassenen des Julius Lucensis verkauft wurde,
und eine größere für Bibliotheken bestimmte, zu deren
Aufbewahrung Schränke gehörten und die bei Atrectus zu ha-
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ben war. Den Bedarf an Exemplaren
lieferten Abschreiber, welche im Solde dieser Buchhändler
standen und für ihre Rechnung arbeiteten. Auch in den
Kolonien, namentlich zu Lyon (Plinii epist. II, 1.), vorzüglich
aber zu Alexandrien, wurde dieser Handel lebhaft
betrieben. |
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Im höhern Mittelalter nahm er durch die
Entstehung der Klöster und durch die Thätigkeit der Mönche
für die Vervielfältigung des Lesebedarfs eine etwas andere
Richtung. Da sich die Sammellust meist auf die Klöster
beschränkte und diese ihren Bedarf sich selbst verschafften, so
war wenig Gelegenheit vorhanden, auf den Kauf zu arbeiten,
und das wenige, was in dieser Art geschah, ging wol blos von
den Klöstern aus. Erst etwa seit dem 12. Jahrhunderte
erwachte, zunächst in Paris, durch das Bedürfniß der
Studirenden angeregt, das frühere Geschäft wieder, und es
traten daselbst unter dem Namen Stationarii wieder besondere
Händler mit Büchern auf. Im 15. Jahrhundert erscheinen
ebendergleichen Händler auch in Italien wieder (Ebert zur
Handschriftenkunde I, 106 ff.), und das Geschäft erhielt,
seitdem sich die Lese- und Samlerlust mehrte, einen weitern
Umfang. |
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Die rechte Begründung aber fand es in der
Buchdruckerkunst. Die leichten Mittel der Vervielfältigung,
welche die letztere darbot, machten die Bücher recht eigentlich
zur Ware und zum Gegenstande eines höhern, vielverzweigten
Geschäfts. Anfangs besorgten die Buchdrucker den Vertrieb
ihrer Erzeugnisse selbst, wie noch vorhandne Verlagskataloge
von Bämler (Allg. liter. Anzeiger 1798. S. 1889.) und
Mentelin (Dibdin aedes Althorp. II, 131. tour III, 295.)
beweisen.♦ |
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Gegen Ende des 15. Jahrhunderts aber
standen, zuerst in Italien, besondre Buchhändler auf, welche
für ihre Rechnung (ad suam instantiam, a sua instanza)
drucken ließen, wie anfangs Lucantonio Giunta zu Venedig,
und seit 1508 Johann Rinman zu Augspurg, der sich zuerst den
Titel eines Buchführers beilegte. Neben ihnen trieben auch
die Buchdrucker noch geraume Zeit lang ein zum Theil sehr
ausgebreitetes Handelsgeschäft fort, wie das Beispiel der
Manucci zu Venedig, der Etienne's zu Paris und Koburger's zu
Nürnberg beweist. Besonders großen Einfluß erhielten in
dieser Beziehung die ebengenannten Manucci. Zwar hatten
schon Faust und Schöffer Paris besucht (daß letzterer bereits
1485 die frankfurter Messe bezogen habe, ist zur Zeit noch
nicht hinreichend bewiesen); aber der Welthandel, den
Venedig trieb, hob und unterstützte auch diesen literarischen
Warenverkehr. Aldus machte bis in das innerste Teutschland
direkte Geschäfte: der nürnberger Drucker und Händler,
Koburger, hielt ein reiches Sortimentslager und hatte eine
Commandite in Lyon.♦ |
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Im ersten Drittel des 16. Jahrhunderts
erscheinen in dieser Hinsicht vorzüglich die italiänischen und
französischen Händler thätig. Die frankfurter und (seit der
Mitte des Jahrhunderts) auch die leipziger Messen wurden von
ihnen besucht, sie hatten Niederlagen in Frankfurt, und Pietro
Valgrisi aus Venedig errichtete 1560 auch zu Leipzig eine
Filialhandlung. So entstanden besondere Büchermessen und
Büchermeßkataloge. Gegen Ende des Jahrhunderts nahm die
Thätigkeit der Italiäner wieder ab, dagegen traten die
betriebsamen Niederländer und Holländer in die Schranken
und übten eine Thätigkeit, |
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welche sich über ein Jahrhundert erhielt.
Den meisten Einfluß scheint in dieser Hinsicht Plantin in
Antwerpen gehabt zu haben, welcher bereits die Messen zu
Frankfurt bezog und seine Geschäfte bis nach Spanien
ausdehnte.♦ |
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Im 17. Jahrhundert herrschte die Thätigkeit
der holländischen Buchdrucker und Buchhändler vor. Die
Elzeviers, Blaeu's und Jansson's bemächtigten sich des
Büchermarkts, selbst bis in die scandinavischen Reiche hinauf,
und scheinen dem Geschäfte zuerst die innere technische
Einrichtung und Verfassung gegeben zu haben. Um dieselbe
Zeit wendete sich aber die Büchermesse von Frankfurt nach
Leipzig und hatte sich gegen Ende des Jahrhunderts fast ganz
an letztern Ort gezogen. Ob der Grund davon vielleicht in
einer Rivalität der teutschen Buchhändler lag, die sich zu
Frankfurt von den Ausländern überstimt und beengt fanden,
wagen wir nicht zu entscheiden; fast aber wird es
wahrscheinlich, wenn man sich der allmäligen Abnahme des
ausländischen Verkehrs erinnert, welche sich genau seit dieser
Zeit nachweisen läßt.♦ |
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Im ersten Drittel des 18. Jahrhunderts löste
sich der engere Verein zwischen dem teutschen und
ausländischen Buchhandel immer mehr auf, und die Teutschen
bildeten ihr Geschäft auf neue eigenthümliche Weise aus,
indem sie sich immer mehr blos auf den neuen Verlag
beschränkten und den Handel mit alten und seltenen Büchern,
welche der ausländische Buchhandel noch bis auf diese Zeit
beibehalten hat, allmälig aufgaben. Die Geschichte des
neueren Buchhandels und das Technische dieses Zweiges des
Handels, s. unter Handel. |
(Ebert.) |
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