HIS-Data
Allgemeine Encyclopädie HIS-Data
5139-1-15-269-4
Erste Section > Fünfzehnter Theil
Werk Bearb. ⇧ 15. Th.
Artikel: CASSEL
Textvorlage: Göttinger Digitalisierungszentrum S. 275 : 269
Siehe auch: HIS-Data Cas
Hinweise: Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Bearbeitung
⇦ CASSEBRUCH
CASSEL (Johann Philipp) ⇨

   
Forts. S. 269 Sp. 2 CASSEL,  
  1) ein Kreis in der kurh. Prov. Niederhessen, welcher sich auf beiden Seiten der Fulda ausdehnt, im Norden an Hofgeismar, im Nordosten an das hanöverische Amt Münden, im Osten an Witzenhausen, im Süden an Melsungen, im Südwesten an Frizlar, im Westen an Wolfhagen gränzt. Sein Flächeninhalt betragt etwa 11 ½ Quadratmeile. Die Oberflache ist uneben, gebirgig u. waldig: im Norden greift der Reinhardswald in seinen Umfang, im Westen erhebt sich der Habichtswald, im Osten bedeckt die Söhre das Land. Diese Gebirge stehen zum Theile von Sandsteinbildung da, oder als Kegel, wie die meisten Basaltberge, oder als niedrige Flötze, wie alle Berge von Kalksteinformation, überall macht der Basalt die höhern Kuppen auf dem Sandsteine aus.♦  
  Die Fulda strömt mitten durch den Kreis, und verstärkt sich in seinem Umfange aus Osten durch die Losse und den Fahrenbach, im Westen durch die Baune und Ahne; Fischteiche sind nur wenige vorhanden. Der Boden zeigt sich meistens thonig und sandig, im Ganzen steinig: die bessern Äcker bedeckt eine schwarze, warme und fette, reichlich mit Sande vermischte Kruste, aber dieser sind wenige, und die magern sind kalt, schwer, thonhaltig.♦  
  Man bauet am häufigsten Rocken, Gerste, Hafer, Erbsen und Bohnen, vor Allem aber eine Menge Kartoffeln, dann Rüben und Kopfkohl, und um die Hauptstadt her auch viele feinere Gemüse. Auf dem Lande sieht man wenige edlere Obstarten; die Gärten der Hauptstadt sind mit dem schönsten französischen Obste angefüllt, aber die Rebe gedeihet auf diesem Boden und unter dieser Breite noch nicht. Hier und da sieht man Futterkräuter auf den Feldern; das Hornvieh und das Schwein sind gut, letztre meist von der kleinen gelbgescheckten Art; das Pferd aber klein und unansehnlich, das Schaf selten veredelt. Federvieh wird hinreichend gehalten, obgleich das Meiste was die Hauptstadt bedarf, aus den Kolonien komt. Wild, noch zureichend, aber weniger Klein- als Hochwild, selbst noch Schweine. Mancherlei Mineralien, worunter Braunkohlen, Vitriol und Alaun, Salpeter, gute Pfeifen- und Faianceerde, und Schleifsteine die wichtigsten sind; mit Basalte sind alle Kunststraßen beworfen. Die Volksmenge belief sich 1821 auf 48,238, wovon  
S. 270 Sp. 1 CASSEL  
  23,296 auf die Hauptstadt, der Rest auf 1 Marktflecken, 41 Dörfer und 11 Weiler und Höfe kommen. Das Groß bekent sich zur reformirten Kirche, in der Hauptstadt leben etwa 4000 Lutheraner, 1200 Katholiken und über 700 Juden.♦  
  Ackerbau, Flachsbau und Viehzucht sind die Hauptbeschäftigungen auf dem Lande; in der Hauptstadt und deren nächster Umgebung haben sich Fabriken verbreitet, wovon einige in das Große gehen. Der Landmann hat wenige Nebenbeschäftigungen, wohin vor Allem das Holzschlagen und das Fuhrwesen gehört; die Garnspinnerei stockt fast ganz, und hessische Leinwand wird bei weitem weniger, als sonst fabrizirt. Hier und da wird etwas Potasche gesotten; Bier und Brantwein in kleinen Kesseln zubereitet.♦  
  Der Kreis besteht nur aus zwei Theilen: der Residenz und dem Landgerichte Cassel, wovon letzteres bis auf die Hauptstadt, deren Vorstädte und 2 nahbelegene Weiler den ganzen Kreis umfaßt, mithin keiner besondern Beschreibung bedarf.  
2) 2) Hauptstadt des Kurfürstenthums Hessen, der Provinz Niederhessen und des Kreises und Landgerichts Cassel. Sie breitet sich unter 51° 19' 20" Br. und 27° 7'5" L. in dem überaus malerischen Fuldathal an dem Strome, der die Stadt in 2 Theile zerschneidet, aus: das Groß bedeckt den ziemlich hohen Weinberg und zieht sich an dessen linkes Ufer herab, der Theil auf dem rechten Ufer liegt ganz in dem Thale.♦  
  Die Stadt ist bis auf eine geringe Strecke von der Hüttenburg bis zum Wilhelmshöher Thore durchaus mit einer festen, 16 Fuß hohen Mauer umgeben, aus welcher 6 Thore und 1 Pforte führen und hat einen Flächeninhalt von 106,720 Quadratruthen innerhalb der Ringmauern. Sie zerfällt in 3 Theile:♦  
  1) die Altstadt, der älteste Theil von Cassel, welcher durch die massive, 273 Fuß lange, 42 breite Fuldabrücke von 3 Bogen mit der Unterneustadt zusammenhängt. Ein Chaos von kleinen, schmalen, aber sehr hohen Häusern, die ganz den Geschmack des Mittelalters, in welchem sie ihre Entstehung fanden, beurkunden, und in engen unregelmäßigen Straßen stehen; die öffentlichen Plätze sind bis auf den Schloßplatz eben so klein als unregelmäßig, und die sogenante Schlucht oder der Kai an der Fulda gewährt nur einen schlechten Anblick. Doch ist sie vortrefflich gepflastert und die Straßen werden durch die Druseln, die zur Nachtzeit eröffnet werden, durchaus rein erhalten und aller Unrath, selbst der der heimlichen Gemächer in die Fulda abgeführt.♦  
  2) Die Oberneustadt, der neueste Stadttheil und derjenige, der Cassel einen Platz unter den schönen Städten Teutschlands anweiset. So antik Alles in der Altstadt aussieht, so modern erscheint dagegen die Oberneustadt: hier fällt das Auge auf die regelmäßigsten, nach der Schnur geführten und rechtwinkelig sich durchschneidenden Straßen, auf große reguläre Plätze und auf Paläste, die jeder Königsstadt zur Zierde gereichen würden. Hier breitet sich der herrliche Friedrichsplatz aus, mit der kolossalen, marmornen Ritterstatue des Landgrafen; wovon er den Namen führt; und mit den herrlichen Boulevards, die diese umschließen, 1000' lang, 450' breit; hier der ovale Königsplatz, 256' im Durchmesser mit dem merkwürdigen Echo in der Mitte, der Karlsplatz mit der Marmorstatue Landgraf  
S. 270 Sp. 2 CASSEL  
  Karls; der Garde du Corps Platz; der Wilhelmsplatz; der Opernplatz und der weite Kasernenplatz; hier ziehen die 4500 lange und 87 ½ Fuß breite Königsstraße, die Karls-, Frankfurter- und Bellevuestraßen hin; hier stehen am Friedrichsplatze in einer Reihe das herrliche Museum, das schönste Gebäude der Stadt, dessen Façade 290' mißt und 19 Fenster, zwischen welchen Säulen von ionischer Ordnung stehen, hat, und dessen Frontispiz auf 6 freistehenden, 36' hohen kolossalen Säulen ruhet, die schöne katholische Kirche mit ihren Gemälden von Tischbein und Gerin, und ein kurfürstl. Palast; hier genießt man von der Bellevuestraße, die lauter Paläste oder palastähnliche Häuser hat, die entzückendste Aussicht, über die unterliegende Aue, über den Fuldastrom und über das weite Thal, das in der Ferne das Gebirge umkränzt. Hier vereinigt sich Alles, was Cassel Großes und Schönes auszuweisen hat; denn noch ist ja die Kattenburg, die auf dem 1810 niedergebranten alten Residenzschlosse aufgeführt werden soll, noch nicht zur Hälfte vollendet und der sich vor derselben ausbreitende, wirklich schöne Schloßplatz, der jetzt, nachdem die Rennbahn weggebrochen ist, mit dem Friedrichsplatze zusammen hängt, verunstaltet.♦  
  3) Die Unterneustadt auf dem rechten Fuldaufer, eben so alt und winkelig, wie die Altstadt zusammengebauet, enthält an merkwürdigen Gebäuden bloß das alte unhaltbare, aber mit einem Graben umgebne und zum Statsgefängnisse dienende Kastell, und die Unterneustädter Kirche, die sich auf einem ovalen Platze freistehend recht gut ausnimt.♦  
  4) Die leipziger Vorstadt, vor dem leipziger Thore, meistens aus Wirthshäusern bestehend und wie die übrigen Vorstädte ganz offen;♦  
  5) die frankfurter Vorstadt vor dem gleichn. Thore, aus einer Reihe von Gartenhäusern bestehend;♦  
  6) die Wilhelmshöher Vorstadt, die eine Reihe gutgebaueter Häuser bis dahin zeigt, wo der Weg nach Wehlheiden abgeht, und♦  
  7) die Holländervorstadt, ebenfalls eine Reihe von Häusern an der holländischen Straße.♦  
  In diesen verschiednen Stadttheilen enthält Cassel 19 öffentliche Plätze, 65 Straßen, durchaus vortrefflich gepflastert, gut gereinigt und unterhalten, und zur Nachtzeit durch 1150 Reverbèren und Laternen erhellt, 51 Pracht- und öffentliche Gebäude, worunter noch das Meßhaus, das völlig neueingerichtete Schauspielhaus und das Pagenhaus besondre Aufmerksamkeit verdienen, 6 reformirte Kirchen, worunter die alte Martinskirche, die merkwürdigen Katakomben der hessischen Fürsten und das Mausoleum Philipp des Großmüthigen bewahrt, 1 luth. Kirche ohne Glocken, 1 kath. Kirche, 1 Kapelle, 1 Synagoge, 6 Schulgebäude, 12 milde Stiftungen, 20 Militärgebäude, ... Privathäus. und 1821, doch mit Einschlusse zweier Weiler Philippinenhof und ..... 23,296 Einw., worunter 4000 Lutheraner, 1200 Katholiken und 720 Juden seyn mögen.—♦  
  Cassel ist die Residenz des Kurfürsten, des Statsministeriums und aller davon abhängenden Behörden, des Oberappellationsgerichts, der Provinzialbehörden von Niederhessen, der Oberpolizeibehörde, des Oberpostamts, des Obermedizinalkollegiums, des Landwirthschaftsvereins, der Gewerbs- und Handelsdeputation, des Generalkriegsdepartement und eines Generalsuperintendenten, der unter den Konsistorien an der Spitze des gesamten reformirten  
S. 271 Sp. 1 CASSEL ⇧ Inhalt 
  Klerus steht; sie hat einen ordentlichen eingerichteten Magistrat, ein Stadtgericht und ein Landgericht; ihre Kämmereieinkünfte beliefen sich 1811 auf 13,954 Thlr. 13 gr., die Ausgabe auf 40,096 Thlr. 18 gr., die durch eine außerordentliche Oktroi gedeckt werden mußten.♦  
  Zu den Unterrichtsanstalten gehören 1 Lyceum mit 6 Klassen und dem damit verbundnen Schullehrerseminar, 1 Real- und mehre Elementarschulen, das Pageninstitut mit dem Kadettenhause, die Akademie der Kunst, mit der Maler-, Zeichner- und Bildhauerschule, die jährliche Ausstellungen hält, eine Gesellschaft der Alterthümer, die 1817 wieder hergestellt ist, aber nur fort zu vegetiren scheint, und 1 chirurgisches Kollegium. Cassel besitzt eine öffentliche Bibliothek, die, seitdem die von dem verstorbenen Kurfürsten damit verbunden ist, wol 75,000 bis 80,000 Nummern zählt und in dem prächtigen Lokal des Museums aufgestellt ist; ein vorzüglich reiches und schätzbares Münz- und Medaillenkabinet; ein Naturalienkabinet, besonders an Vögeln u. Conchylien reich und eine Kunst- u. Modellkammer mit dem Mosaikkabinette, sämtlich im Lokale des Museums, neben welchem auch in einem freistehenden Thurme ein kleines Observatorium eingerichtet ist; dann die an niederländischen und teutschen Stücken so vorzügliche Gemäldegalerie (welche jedoch einige ihrer Zierden, wie Potters Kuh und die 4 Claude Lorrains aus Paris nicht zurück erhalten hat, weil sie schon in Privathände übergegangen waren), in dem Galeriepalaste: es hat 4 Buch-, 2 Musikhandlungen, 2 Buchdruckereien, 6 Lesekabinette u. s. w.♦  
  An mildthätigen Anstalten findet man 1 allgemeines Hospital, wozu die große Kaserne vor dem Kölner Thore eingerichtet ist, 5 andre Hospitäler, meistens für abgelebte dürftige Personen, 2 Waisenhäuser, 2 Krankenhäuser, 1 Entbindungshaus, mehre andre Fundationen, 1 Lombard und 1 Klassenlotterie; in der Charité, die vor der leipziger Vorstadt neben dem Agathenhofe belegen ist, waren 1810. 3665 Kranke und darunter 504 Venerische aufgenommen; davon genasen 3238, starben 143 und blieben zurück 283.♦  
  Überhaupt ist Cassel ein gesunder Ort, obgleich seine hohe Lage und die mit so mancherlei Unrathe angefüllte Atmosphäre mancherlei Übel, besonders katarrhalischer und rhevmatischer Natur, Lungenschwindsuchten, typhöse Fieber herbeiführen. Die Geburten können daher die Sterbefälle nicht übersteigen. In dem Zeitraume von 1793 bis 1810 waren zu Cassel 11,216 geboren, 11,954 begraben, mithin in 18 Jahren 738 mehr gestorben als geboren. Der rauhe Nordwind ist die Geißel der Einw.; der nicht seltene Ostw. bringt Kälte und Trockenheit, der Süd Wärme mit. Orkane und Gewitter sind selten und ziehen schnell vorüber. —♦  
  Die Einwohner nähren sich vorzüglich von den Ausflüssen des Hofs, der Centralbehörden und der Garnison; an Fabriken sind vorhanden: 1 Kattun- u. Zitzmanuf. auf Agathenhof, mit 170 Arb., 2 Papiertapetenmanuf. mit 20 Arb., 1 Bandmanuf. mit 32 Arb., 1 Gold- und Silberfabr. mit 13 Arb., 4 Handschuhfabr. mit 62 Arb., 3 Hutfabr. mit 32 Arb., 2 Tuchmanuf. mit 44 Arb., 1 Kartenfabr. mit 8 Arb., 1 Wachslichterfabr. mit 12 Arb.: 6 Tabaksfabr. mit 37 Arbeitern; 1 Faiancefabr. mit 9, und 1 Salpeterfabr. mit 7 Arb., überhaupt betrug der Werth der von denselben angefer-  
S. 271 Sp. 2 CASSEL  
  tigten Manufakt. 1811. 210,011 Thlr. 8 gr. Hiezu ist in neuern Zeiten noch 1 Zuckerraffinerie gekommen. Auch macht man guten Wachstaffent, Regenschirme, Zugschäfte, casseler Mineralgelb u. s. w. Die Handwerker arbeiten überhaupt geschmackvoll und gut, besonders sind die Töpfer durch ihre Ornamentalöfen (s. Nemnich), die Hutmacher, die Sattler, die Tischler bekant. 1811 zählten die Zünfte 1171 Meister mit 841 Gesellen und 303 Lehrburschen, so wie 20 eigentliche Künstler.♦  
  Der Handel besteht theils in Propre-, theils in Kommissionshandel, theils in Spedition; der Wechselhandel ist gesunken; auch die Geschäfte der übrigen Handelshäuser, deren man mit Einschlusse der Krämer und Trödler nicht weniger als 438 aller Art mit 221 Dienern und Lehrlingen aufführte, gehen nicht in das Große, und beschäftigen sich meistens mit dem Verlage der Landstädte; doch ziehen die größern Landkrämer über Münden und Frankfurt. Die seit 1763 angelegten beiden Messen fallen 14 Tage vor den Ostern- und Michaelmessen von Frankfurt an der Oder, stehen zwar 14 Tage, unterscheiden sich aber wenig von großen Märkten und bloß in Leder und Galanteriewaren werden bedeutendere Geschäfte gemacht. Ein eignes Kaufgericht gibt es nicht. Außerdem werden 5 Kram-, 2 Viehmärkte jährlich und 3 Wochenmärkte gehalten.♦  
  Die Stadt besitzt eine Feldmark von 1944 Ackern an Gärten und Pfluglande und von 1705 Ackern an Wiesen und Weiden: die Gartenfrüchte, die um die Stadt gebauet werden, sind vorzüglich, und der Blumenhandel einträglich; man hat 6 Mahl- u. Ölmühlen, 2 Ziegeleien u. 1 Gypsbrennerei. Die Konsumtion von Cassel belief sich 1809 an Rindvieh auf 1882, an Kälbern auf 5961, an Wollvieh auf 9824, an Lämmern auf 236, an Schweinen auf 2907, an Ferkeln auf 131, an Hirschen auf 113, an Rehen auf 299, an wilden Schweinen auf 116, an Hasen auf 8309 Stück, an Brotmehl auf 39,413 Viertel, an Weiß- u. Braunbier auf 8904 Fässer, an Brantwein auf 234,240 Maß, an Stärke u. Puder auf 100 Zntr., an fremdem Biere, auf 3 Fässer, an Kaffee auf 1311 ¼, an Kakao auf 18 ¼, an Schokolate auf 1, an Cichorien auf 108 Zntr., an fremden Likören und Rum auf 14,720 Maß, an fremdem Mehle auf 168 Viertel, an Zucker auf 1748 ½, an Syrup auf 300, an fremdem Tabak aus 956 2⁄3 Zntr., an Weinen auf 5785 Fässer und 711 Maß, an Essig auf 119 Fässer und an Fleische auf 121 Zntr.♦  
  Im Ganzen ist Cassel keine theure Stadt, und alle Lebensbedürfnisse, so wie die Miethe und das Holz wohlfeil. Es hat ein stehendes Theater, das zu den bessern Teutschlands gehört, regelmäßige Koncerte, Bälle, Masceraden, 1 großes Civil- u. Militärcasino, 2 Logen und verschiedne andre Zirkel; was aber Cassel vorzüglich anziehend macht, sind seine reizenden Promenaden innerhalb der Mauern, die unter dem Berge belegene Aue mit ihrem Schlosse, ihrem Marmorbade und ihren Fasanerien, die herrlichen Alleen, die alle Straßen um die Stadt begleiten, die schönen Gärten vor den Frankfurter-, Holländer- u. Wilhelmshöher Thoren, wovon mehre den öffentlichen Vergnügungen geweihet sind, das Landhaus der Kurfürstin bei Wehlheiden, nur ¼, das prächtige Wilhelmshöhe , ½, und Wilhelmsthal, 1 Meile von der Stadt entfernt, das Eichwäldchen, das Fischhaus, das Tannenwäldchen u. s. w.♦  
  Die Garnison, welche die Stadt hat, be-  
S. 272 Sp. 1 CASSEL  
  steht aus den Garden des Kurfürsten, die sämtlich in Kasernen liegen. —♦  
  Cassel wird als Chasalla schon in einer Urkunde von 913 erwähnt; es war damals nur ein geringer Maierhof. Doch hatten sich nach und nach so viele Menschen um denselben gesammelt, daß die Altstadt schon im Anfange des 13. Jahrh. bürgerliche Rechte und Freiheiten erhielt, und schon am Ende desselben Jahrhunderts von Landgraf Heinrich I. zu seiner Hofhaltung gewählt wurde. Die Unterneustadt entstand im 14. Jahrhunderte, eben so die Freiheit, welche aber bald in die Altstadt gezogen wurde. Die Oberneustadt ist seit 1685 angelegt.♦  
  Die Stadt wurde im 17. und 18. Jahrhunderte so gefestigt, daß sie im 7jährigen Kriege Belagerungen aushalten konte; nach diesem Kriege wurden die Festungswerke jedoch geschleift. Die vorzüglichsten Gebäude hat sie unter den 3 vorletzten Regirungen erhalten, auch in der westphälischen Periode erhielt sie manche zweckmäßige Verschönerung, und nirgends zeigte sich wol Cassel in einem größern Glanze, als unter der ephemeren Regirung Jeromes.♦  
  Die beiden einzigen Topographien von Cassel sind die von Schminke 1767 und von Apell von 1797, aber 1805 beide indeß bereits veraltet; ein neuer Plan der Hauptstadt ist 1823 erschienen.
   
HIS-Data 5139-1-15-269-4: Allgemeine Encyclopädie: CASSEL HIS-Data Home
Stand: 19. Februar 2018 © Hans-Walter Pries