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Allgemeine Encyclopädie HIS-Data
5139-1-17-109-3
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Artikel: CHRISTLICHE KIRCHE - CHRISTOLOGIE
Textvorlage: Göttinger Digitalisierungszenntrum 117 : 109
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Inhalt:
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Forts. S. 109 Sp. 2 CHRISTLICHE KIRCHE, wird der Inbegriff aller Christen genannt, in sofern man sie sich in einer gewissen Verbindung untereinander zu ihrem Schutz und Gedeihen als Christen denkt.♦  
  Leider sind die Christen aber schon in sehr frühen Zeiten in verschiedene Parteien zerfallen durch Verschiedenheit in Ansichten und durch Unduldsamkeit gegen Abweichungen von angenommener Lehre, wobei nicht immer nur Eifer für das Heilig Gehaltene, sondern oft die niedrigsten Leidenschaften mitwirkten.♦  
  Zunächst entstehen aus solchen Abweichungen in Lehren und Grundsätzen Sekten, d. h. Gemeinschaften, die von den übrigen nur als Abweichungen vom Rechten betrachtet, und entweder bestritten, ja verfolgt werden, oder nur durch Duldung, vielleicht auch durch Verborgenheit ihr Bestehen haben. Wenn aber eine solche Gemeinschaft zu einer unabhängigen Selbstständigkeit gelangt, so daß sie nicht mehr auf Duldung innerhalb oder neben einer anderen Anspruch macht, sondern sich allen anderen gegenüber selbst behauptet, ist sie eine Kirche.  
  Verschiedene Kirchen und Sekten bestehen bis auf den heuti-  
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  gen Tag, wie oft auch Vereinigungen gewünscht und versucht sind. Sie unterscheiden sich nicht etwa bloß in religiösen Glaubens- und Sittenlehren, sondern auch in der Verfassung. Ein wesentlicher Unterschied findet hier zwischen der römisch-katholischen und protestantischen oder evangelischen Kirche Statt, zwischen welchen beiden die griechisch-katholische gleichsam das Mittel hält. Die römisch-katholische Kirche steht unter einem sichtbaren Oberhaupte, dem Papste, der als Stellvertreter von Christus betrachtet wird. Die evangelische Kirche erkennt nur ein unsichtbares Oberhaupt an, nämlich Christus, und unterwirft sich nur der heiligen Schrift, als dem einzigen Sichtbaren, was von seiner Erscheinung auf Erden fortdauert. In allem Weltlichen, der weltlichen Obrigkeit nach der heiligen Schrift (Röm. 13,1) willig Unterthan, verweigert doch der evangelische Christ die Herrschaft jedes Menschen in geistlichen Dingen.♦  
  Die evangelische Kirche muß allerdings, zumal als eine sehr ausgedehnte Gesellschaft, Vertreter haben. Diese sind aber nicht Vertreter Christi, welche gebieten, sondern Vertreter der Gemeinschaft, und müssen im Sinne derselben reden und handeln. Damit dieß geschehe, bedarf es wieder besonderer Einrichtungen, welche bis jetzt noch nicht das sind, was sie seyn sollten. Dem Landesfürsten, als solchem, muß dabei immer das Recht bleiben, der Kirche Alles zu untersagen, wodurch die Erreichung des Statszweckes gehindert werden würde, und keine Kirche kann sich dieser Art der Unterwerfung entziehen; auch würde sie ohne dieselbe unmöglich machen, vom Landesherrn geschützt zu werden. Doch das Weitere müssen die Artikel Evangelische Kirche und Kirchenverfassung ausführen.  
  Sehr anziehend und zugleich höchst lehrreich ist die Geschichte der christlichen Kirche, von welcher wir hier nur einen ganz kurzen Überblick geben können. — Man pflegt die christliche Kirchengeschichte entweder nach den Jahrhunderten vorzutragen, oder (und zwar verschiedentlich) in Perioden einzutheilen. Wir folgen hier der Eintheilung in vier Perioden: 1) vom Anfange bis zu Constantin dem Großen; 2) von diesem bis zu Karl dem Großen; 3) von diesem bis zur Reformation; 4) von da bis auf unsre Zeit.  
1. Periode Erste Periode. Wenn gleich von Jesus Christus der Geist ausging, welcher in der christlichen Kirche walten sollte, so begann doch die Stiftung derselben eigentlich erst nach seinem Hinweggange von der Erde durch seine Apostel an dem wichtigen Tage der Pfingsten, an welchem sie, vom höhern göttlichen Geiste belebt, zu Jerusalem auftraten, öffentlich und ohne Furcht das Evangelium von Jesus zu verkündigen. Tausende bekannten sich sogleich zu demselben und es entstand die erste christliche Gemeinde zu Jerusalem. Verfolgungen veranlaßten viele Glieder, aus der Stadt zu fliehen, und die neue Lehre in andre Gegenden zu bringen. Auch die Apostel dehnten sich bald weiter aus.♦ ⇧ Inhalt 
  Doch von höherer Wichtigkeit ward für weitere Ausbreitung der Übertritt des Paulus, eines jüdischen Gelehrten, der Anfangs einer der heftigsten Verfolger der Christen war. Jetzt der eifrigste und gewandteste Verkündiger des Evangeliums, gebührt vorzüglich ihm das Verdienst der Ausbreitung der christlichen Lehre über entfernte Länder. Daß noch an-  
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  dere begeisterte Männer mit Hand anlegten, werden wir uns denken können, wenn uns auch nicht die Geschichte einige namentlich aufführte; z. B. den Barnabas, Silas, Apollo, Markus, Lukas, Timotheus, Titus. Wir erwähnen hier nur der Stiftung einer der ersten Gemeinden zu Antiochien, weil hier zuerst die Bekenner des Evangeliums den Namen Christen (Christianer) erhielten.♦  
  Außer dem innern Werthe des Evangeliums für Verstand und Herz, und der Achtung, welche sich seine Bekenner vielfach durch ihr Wesen erwarben, wurde sein Eingang auch noch durch äußerliche Umstände begünstigt: durch den damaligen Verfall aller Religionen, und das weit verbreitete, tief gefühlte, Bedürfniß eines Bessern, und ins besondere durch daß Anschließen der neuen Lehre an die immer dringender gewordenen Hoffnungen des jüdischen Volks, von welchem wenigstens der bessere Theil hier seine Hoffnungen erfüllt sah. Günstig war überdieß die weite Ausdehnung der Völkerverbindung durch ein Statenband, die weite Verbreitung jüdischer Glaubensgenossen und einer, nämlich der griechischen Sprache.♦  
  So wuchs die Zahl der Bekenner mit schnellen Schritten; und durch Fortsetzung des Werkes durch eifrige Nachfolger der ersten Verkündiger nach ihrem Tode, hatte die christliche Lehre am Ende dieser Periode bereits Anhänger in allen drei Welttheilen, von Afrikas Küste an über Arabien, Palästina, Kleinasien, Griechenland, Italien bis Spanien, Gallien, Germanien und Britannien.—♦  
  Alle diese Fortschritte geschahen unter den mannichfaltigsten Bedrückungen und Verfolgungen. Aus dem Gegensatze des Christenthums gegen ein bisheriges Religionswesen mußten allerdings Reibungen entstehen; aber besonders Anfechtungen von Seiten derer, die mit dem Untergange des Bisherigen Bedeutung und Erwerbungsquellen verloren, der Priester und Sekten. Seine Gehässigkeit allgemeiner zu machen, mußte ihnen Verleumdung dienen, durch welche das Christenthum auch im Widerspruch mit dem erscheinen sollte, was allgemein für Heilig galt.♦  
  Die ersten Verfolgungen kamen von Seiten der Juden, und schon früh fielen Opfer, wie Stephanus, Jakobus. Die Beherrscher des Reichs übersahen Anfangs die Sache; die Christen hatten, von ihnen nur als eine jüdische Sekte betrachtet, auch nur mit zu dulden, was die Juden traf. Die Verspätung der Aufmerksamkeit auf sie war ihnen von großem Gewinn; sie konnten schon Bedeutung erlangen, ehe sie von der Statsmacht ernstlich angegriffen wurden. Da führten denn diese Angriffe nicht mehr zum Untergange, wenn auch zu schweren Drangsalen. Glücklicher Weise waren die Kaiser nicht alle gleich hart gegen sie, einige sogar begünstigend; doch höchst grausam vor allen Nero, Domitian, Decius und Diocletian, wie sehr auch oft die Beschreibung übertreiben mag. Die Verfolgungen kosteten nicht allein Leben; Manchen drängten sie auch zum Abfall hin; aber auch Geistesgröße wurde bewährt, und Mancher dadurch für die große Sache gewonnen, z. B. Justin der Martyrer.  
  Die Einrichtung, welche in den frühesten Gemeinden Statt fand, war die einer Gesellschaft mit gleichen Rechten jedes Mitgliedes. Nur geistiges Übergewicht gab größeres Ansehn, und daher war dieß auf Seiten der  
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  Lehrer. Diese waren daher in gewisser Art Aufseher (Episcopoi, Episcopi, wovon Bischof), ließen sich aber bald andere Vorsteher, von der Gemeinde gewählt, beiordnen (Presbyteri) und zu wohlthätigen Diensten (außer dem Lehrgeschäft) ernannte man Diakonen und Diakonissinnen u. s. w. —♦  
  Alle Bestimmungen geschahen durch die Gemeinden. Ihre gemeinschaftliche Erbauung in ihren Versammlungen war Gesang, Gebet, Vorlesung aus der heiligen Schrift mit freiem Vortrage verbunden, die Feier des Abendmahls und der Liebesmahle oder Agapen; auch wurde für Arme gesammelt. So wie sich die Gemeinden vermehrten und nun in weitern Räumen von einander entfernt lagen, geschahen gemeinschaftliche Berathungen durch Abgeordnete von einzelen Gemeinden. Nicht bloß Lehrer oder Geistliche wurden hiezu abgesandt; doch, daß ihnen ihre Einsicht und Gewandtheit, so wie das erworbene Vertrauen eine vorzüglichere Geltung gaben, ist natürlich.♦  
  Aber leider wurde diese Geltung bald von den Geistlichen, gesucht, der reine Sinn und Eifer von Egoismus und Ehrgeiz verdrängt, und es kam bald auch weiter zur Eifersucht der Geistlichen unter einander. Schon im 2. Jahrh. wollten die Bischöfe größerer Gemeinden und in größern Städten mehr gelten, als andre; die Kirchen in Hauptstädten sollten auch Hauptkirchen seyn. Gegen Ende des 2. Jahrh. sprach schon ein römischer Bischof Viktor über den Bischof von Ephesus Polykrates, weil letzterer das Osterfest nicht mit den andern an Einem Tage feiern lassen wollte, den Exorcismus aus, doch nicht ohne Unzufriedenheit der übrigen mit dieser Anmaßung. So zeigte sich denn schon am Ende dieser Periode die Hierarchie in ihren Anfängen.  
  Nachdem die ersten Verkündiger des Evangeliums hingeschieden waren, blieb den Christen nichts von ihnen, als ihre Schriften, die sie mit großer Sorgfalt sammelten, besonders, damit nichts Unechtes darunter gemischt würde. Selbst einige, nachher für echt anerkannte Schriften waren eine Zeit lang ein Gegenstand des Zweifels und genauer Untersuchung. Sie waren nun der Grund, worauf man die Lehre vor Allem bauete; doch gewann auch bald ein früh entstandenes Glaubensbekenntniß (noch jetzt unter dem Namen des apostolischen bekannt und geltend, und mit der Zeit nur in Wenigem verändert) Ansehn; auch fing man schon in dieser Periode an, sich auf mündliche Überlieferungen von den Aposteln her (Traditionen) zu berufen, und als aus den spätern Verfolgungen Martyrer hervorgingen, erhielten die Aussprüche derselben ebenfalls großes Gewicht. Diese Martyrer waren natürlich Gegenstand hoher Achtung.♦  
  Die in der Verfolgung Abgefallenen traf eine desto tiefere Verachtung. Man stritt sich oft heftig über ihre Wideraufnahme und die Art derselben, und der Streit um die Würdigkeit eines Bischofs in Afrika, den ein abgefallener Bischof geweiht haben sollte, artete durch den Hinzutritt der niedrigsten Leidenschaften und Ränke in eine lange, weit verbreitete Spannung und einen mehre Jahrhunderte fortdauernden Kampf (den Donatistischen) aus; dessen Bedeutung wir in der folgenden Periode näher erkennen werden.  
  Außer den Schriften der Apostel liefert uns aber diese  
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  Periode noch manche, sehr schätzenswerthe Schriften späterer Kirchenlehrer. Zum Theil Erzeugnisse des fortgesetzten Eifers für Entwickelung der Lehre überhaupt, wurden sie auch durch die Nothwendigkeit der Vertheidigung des Christenthums, bald gegen die weltlichen Herrscher, bald gegen schriftliche Angriffe (Celsus im 2, Porphyrius im 3. Jahrh.), bald gegen Irrgläubige veranlaßt, sowie nicht minder durch den Wunsch, denkende Köpfe, die noch der neuen Lehre abhold waren, zu gewinnen.♦  
  Schon dieses würde dahin geführt haben, früher geschätzte philosophische Systeme mit der christlichen Lehre in Verbindung zu bringen; doch war dieß ohnehin natürlich, wenn neue Bekenner Anhänglichkeit an solche frühere Systeme mitbrachten, und es ging so besonders die platonische Philosophie in das Christenthum über. Aber manche, zu weit gehende philosophische Spekulationen, und Entstellungen der einfachen Bibellehre waren die Folge davon. Von den merkwürdigen Kirchenschriftstellern dieser Periode müssen wir uns übrigens begnügen, nur Justin den Martyrer im 2ten, Clemens von Alexandrien, Origenes und Cyprian im 3. Jahrhundert zu nennen. Auch erwähnen wir hier der Katechetenschule zu Alexandrien, einer Stiftung des 2. Jahrh. zur Bildung künftiger Lehrer, da dieselben jetzt nun schon der Gelehrsamkeit bedurften.  
  Wenn wir diese Schriftsteller, oft schon über die Einfachheit der theoretischen Lehren der Bibel spekulirend, zu weit hinaus gehen sehen, so steigerten andre auch die praktischen Grundsätze zu einer unnatürlichen Höhe. Als solche sind uns vorzüglich die Montanisten, von der Mitte des 2. Jahrh. an, bekannt, die manchen Schwärmer und Sonderling erzeugten; doch finden wir unter ihnen auch einen Tertullian im 3. Jahrh., welcher der Kirche viel Dankenswerthes leistete. —♦  
  Was die Irrlehrer betrifft, gegen welche in dieser Periode gestritten werden mußte, so treten hier vor manchen Andern, die bald zu viel jüdische Begriffe in das Christenthum einführen wollten, bald einige Schriften der Apostel herabsetzten, oder wie Sabellius, der Lehre vom Vater, Sohn und heiligen Geist eine anstößige Deutung gaben, vorzüglich die Gnostiker hervor, welche die abenteuerlichen Begriffe einer asiatischen Philosophie von den Mittelgeistern zwischen Gott und der Welt in das Christenthum einzuführen suchten, und so die Christuslehre in ein wundersames System umgestalteten. Als die merkwürdigsten derselben, sind Kerinthos im 1sten und Valentinus im 2. Jahrh. zu nennen.♦  
  Nicht sehr unterschieden sich von ihnen die Manichäer im 3. Jahrh., die ihre Begriffe von den Magiern hernahmen und ein böses und gutes Prinzip der Welt lehrten; eine Ansicht, die in gewisser Modifikation noch heute ihre Vertheidiger findet, nur freilich nicht, daß, wie Manes lehrte, die Juden vom bösen Prinzip beherrscht wären, und von ihm das alte Testament herstamme, und erst Christus vom guten Prinzip gesendet sei.  
  Es konnte wol nicht fehlen, daß unter allen diesen Umständen, zumal bei der immer zunehmenden Erweiterung der christlichen Gemeinden ihre Sitten nicht in der frühern Lauterkeit und Einfachheit blieben. So gar rein waren sie vom ersten Anfange an nicht; wie sehr haben  
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  schon die neutestamentlichen Schriftsteller mit manchen Ausschweifungen, so wie auch mit dem Hange zu äußerlichen Gebräuchen, statt des wahren Geistes, zu kämpfen gehabt! Beides nahm aber bald beträchtlich zu, und wenn Manche durch Unsittlichkeit ihren Feinden Blößen und Vorschub zur Verfolgung gaben, so vermehrte sich mit der Zeit der Sinn für äußerliche Gebräuche immer mehr.♦  
  Man erfand deren leider bald zu viele, wenn wir auch die Einführung immer neuer christlicher Feste billigen wollen. Schon mit dem Ablauf dieser Periode finden wir Kreuzeszeichen, Exorcismus, besondre Versammlungshäuser mit äußerlichem Schmuck. Auch traten schon im 2. Jahrh. Sonderlinge hervor (Asketen), die sich in einen äußerlichen Heiligenschein kleideten, und ihre Tugend in Enthaltsamkeit von sonst erlaubten Genüssen und Geschäften setzten, und so das Einsiedler- und Mönchsleben vorbereiteten.  
2. Periode Zweite Periode. Es war für das Christenthum ein höchst wichtiges Ereigniß, als Kaiser Constantin der Große dasselbe nicht bloß begünstigte; die Christen empfingen durch ihn, je mehr er freie Hand bekam, Freiheit, Ansehn und Reichthümer; sondern endlich 337 selbst Christ wurde, und die ihm folgenden Regenten, nur Julian, doch ohne wichtige Folgen, ausgenommen, in seine Fußtapfen traten. Wie mußte es nicht die Zahl der Bekenner zu der nunmehrigen Statsreligion vermehren, wenn jetzt an dieß Bekenntniß sich auch glänzende, äußerliche Vortheile knüpften, während Nichtchristen Nachtheile, ja sogar Verfolgungen erlitten?♦ ⇧ Inhalt 
  Auch erweiterte sich das Gebiet des Christenthums jetzt bis unter die Gothen (durch Ulfilas), Armenier, Iberier, Perser und Äthioper, wenn gleich in Persien die Christen eine harte Verfolgung überstehen mußten. Doch als bald nach der Theilung des römischen Reichs die bekannten fremden, heidnischen Völker besonders in den abendländischen Theil mit Eroberungsglück einbrachen und eine Völkerschaft, die andere verdrängte, mußten auch die Christen wieder unter mancher Bedrückung seufzen, bis auch diese Völker nach und nach das Christenthum annahmen, und dieses so wieder an Ausbreitung gewann.♦  
  Einen viel empfindlichern Verlust erlitt es, als im 7. Jahrh. Muhamed in Arabien eine neue Religion stiftete, und seine Nachfolger mit den Waffen in der Hand sich bedeutende Länderstrecken nicht bloß in Asien, sondern auch in Afrika und von da aus in Europa unterwarfen. Diese Länder waren nun von dem christlichen Gebiet abgeschnitten, und was in denselben nicht zur muhamedanischen Religion übertrat, sondern dem christlichen {1} Bekenntniß treu blieb, dauerte nur unter schwerem Drucke kaum geduldet fort. Zu einigem Ersatze gewann dagegen die christliche Religion neue Bekenner in Persien, Indien, China und nördlich neuen Zuwachs in Britannien und Teutschland, hier vorzüglich durch Winnfried oder Bonifacius. {1} korrigiert aus: christliche
  Im Innern der christlichen Kirche entwickelte sich in dieser Periode immer mehr die Hierarchie. Die Bischöfe, jetzt mit den weltlichen Regenten in Verbindung, gewannen durch sie äußerliche Gewalt, wenn sie gleich auch wieder von den Einwirkungen der Kaiser auf das kirchliche Wesen niedergehalten wurden. Zwei Übel bekämpften sich hier und Jahrhunderte hindurch gegenseitig.  
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  Schon Constantin veranlaßte allgemeine (ökumenische) Kirchenversammlungen zur Entscheidung über wichtige Streitigkeiten, und eben so die Regenten nach ihm; und was in diesen Concilien durch Bischöfe beschlossen war, wurde durch Regentenmacht Reichsgesetz. Wenn hiedurch schon überhaupt die Bischöfe eine große Gewalt über die Kirche erhielten, so trat auch bald immer heftiger das Streben nach Vorrang unter den Bischöfen selbst hervor. Der römische Bischof will durchaus der Erste seyn. Er erhält auch bald, daß er für den ersten erklärt wird; doch wird dem konstantinopolitanischen ein gleicher Rang zuerkannt; und schon in der Mitte des 5. Jahrh. gelten Beide mit denen zu Antiochien und Alexandrien unter dem Titel: Patriarchen als Hauptbischöfe.♦  
  Mit Ablauf dieses Jahrhunderts vollendete der Mönchsstand seinen Übergang in den geistlichen Stand, wurde eine neue Stütze der Hierarchie, und diente besonders zur Erweiterung der Gewalt des römischen Bischofs über viele andre Bischöfe. Sich von den Bischöfen ihres Sprengels loszumachen, und sich unmittelbar dem Papst zu unterwerfen, dazu reizte die Mönche die größere Freiheit, welche ihnen die Befreiung von naher Aufsicht und die politische Nachsicht des römischen Bischofs verlieh, so wie die Ersparung der Abgaben an ihre Sprengelbischöfe.♦  
  Nicht wenig nützte dem römischen Bischöfe auch der Apostel der Teutschen, Bonifacius, der, was er bekehrte, auch ersterm unterwürfig machte. Auch die zunehmenden Reichthümer der Kirche durch Schenkungen und durch Erfindungen der viel einbringenden Lehren vom Fegefeuer und Sündenablaß dienten sehr zur Hebung des bischöflichen Ansehns.♦  
  Immer aber noch bedrängten sich die Bischöfe besonders der konstantinopolitanische und römische unter einander. Jener mächtiger, doch auch zugleich eingeschränkter in der Nähe des Kaisers; dieser mit Anfange des 7. Jahrh. sogar zum Haupte der ganzen christlichen Kirche erklärt, doch oft von Konstantinopel aus sehr gedemüthigt. Es war daher ein wichtiger Schritt zur höhern Macht des letztern, als ihn zuerst die Langobarden von dem Einflusse des konstantinopolitanischen Hofes, und dann der Frankenkönig Pipin wieder vom Drucke der Longobarden befreiete, und ihn sogar mit einem Landesdistricte beschenkte, während der konstantinopolitanische Bischof noch immer unter der Einschränkung des Hofes blieb.  
  Was nun die Erhaltung und Entwickelung des christliches Lehrbegriffs in dieser Periode anlangt, so war Anfangs der durch das neue Verhältniß der Kirche zum State begünstigte Übergang der Künste und Wissenschaften in die Kirche von sehr erfreulichem Einfluß. Eusebius und Laktanz im Anfange dieser Periode lieferten ausgezeichnete Werke. Wer kennt erstern nicht auch besonders als Kirchengeschichtschreiber! Bald aber dringen in die christliche Lehre, durch mannichfache Streitigkeiten veranlaßt, die seltsamsten Begriffe. Doch erscheinen bis zum 5. Jahrh. immer noch wichtige Schriftsteller, als: Athanasius, Ambrosius, Chrysostomus, Augustinus, Theodoretus.  
  Von da an tritt ein Mangel an ausgezeichneten Schriftstellern ein, bis endlich noch am Ende dieser Periode sich Joh. Damascenus durch das erste vollständige christliche Lehrgebäude berühmt macht, während Beda der Ehrwürdige von England  
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  aus Licht verbreitet. Der Grund, auf welchem man die Lehre bauete, war allerdings auch, wie in der ersten Periode, die heilige Schrift nebst der Tradition, aber es kam bald auch noch das Ansehn der Aussprüche früherer Kirchenschriftsteller hinzu. Jedoch dieß nicht immer ohne Einwendung gegen ihre Giltigkeit; im sechsten Jahrhundert wurde Origenes Gegenstand eines sehr heftigen Streites (Dreikapitelstreit).♦  
  Der höchst leidenschaftlichen und für Lehre und Kirchenthum höchst verderblichen Streitigkeiten, bietet uns diese Periode genug dar. Die Hitze an denselben nahm immer zu, es ward mit großer Härte oft mit Todesstrafe gegen die Ketzer verfahren. Aus der frühern Periode gingen besonders die donatistischen Streitigkeiten in diese über, bis ihnen die Eroberungen der Saracenen in Spanien ein Ende machten: sie verwandelten sich bald in einen Streit über die echte und unechte Kirche, und leiteten endlich zu der Lehre von der allein selig machenden Kirche. Auch der Streit mit gnostischen Irrlehren, war nicht ganz erloschen, wir finden im 4. bis 6. Jahrh. besonders noch als solche die Priscillianisten.♦  
  Neu hinzu kamen und vor allen merkwürdig wurden im 4. Jahrh. die arianischen Irrlehren, deren Gegenstand, wie überhaupt am meisten in dieser Periode, die Person Christi war. Christus, behauptete Arius, sei nicht mit Gott gleiches Wesens. Die Synode zu Nicäa im J. 325 drückte dieser Behauptung den Stämpel der Irrlehre auf, konnte sie aber nicht unterdrücken. Sie behielt sogar Bischöfe zu Freunden, hatte nicht einmal fortwährend die weltliche Macht gegen sich; die verschiedenen Ansichten vertheilten sich unter verschiedene Völkerschaften und es erzeugte sich noch eine dritte Partei, die Semiarianer.♦  
  Einen andern Streit im 5. Jahrh. veranlaßte Nestorius, welcher sich weigerte, die Maria Gottesgebärerin zu nennen. Aus Neid und Ränken entstand der wüthendste Kampf. Keine Synode kann ihn stillen. Die Nestorianer werden endlich in das Gebiet des Königs von Persien hinaus gedrängt, und sondern sich in eine eigne fortdauernde Kirche ab. Eutiches veranlaßte die heftigen monophysitischen Streitigkeiten über die Vereinigung der beiden Naturen in Christus, und keine Synode vermag sie zu schlichten. Ein kaiserliches Dekret, das den Feststellungen zweier verträglicher Häupter beider Parteien Sanction geben soll (das Henotikon des Kaiser Zeno 482) löscht doch den Streit nicht aus. Es sondert sich abermals eine eigne Kirche ab, die sich in Afrika und Asien ausbreitet.♦  
  Auf eine ähnliche Absonderung läuft auch der monotheletische Streit im 7. Jahrh., ob Christus einen oder zwei Willen gehabt habe, hinaus. Als Ketzer verdammt, nehmen die Monotheleten ihren Sitz am Gebirge Libanon.♦  
  Während dieser und anderer minder bedeutenden Streitigkeiten in den orientalischen Kirchen, entspannen sich deren weit wenigere in den occidentalischen, wo der Völkereinbruch die Geistesbewegung lähmte. Vorzüglich merkwürdig macht sich hier nur im 5. Jahrh. der pelagische Streit. Pelagius legte, nach der Meinung der Rechtgläubigen, dem Menschen viel zu viel Kraft zur Besserung bei. Vorzüglich trat gegen ihn Augustin auf, und dessen Partei, die leider in einen entgegengesetzten Irrthum bis zur Prädestination ausschweifte, behielt die  
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  Oberhand, so wie Augustins Ansehn und Einfluß sich bis auf die jetzige Zeit erstreckt hat.  
  Daß unter allem dem, was sich hier der Betrachtung dieser Periode dargeboten hat, das christliche Wesen überhaupt wenig gewinnen, sondern nur verlieren konnte, ist leicht zu erachten. Die Zahl der Christen wuchs allerdings bedeutend, aber fast immer leidet durch äußerlichen Zuwachs einer Gesellschaft das Innere. Was mußte aus der christlichen Religion unter den rohen Völkern werden, die in das römische Reich einbrachen; wie viel Unreines mußten sie derselben zubringen! Durch die Hirten, deren einziger Zweck ihr äußerlicher Vortheil war, konnte die christliche Wahrheit nicht gewinnen.♦  
  Wenn Streitigkeiten und Spaltungen schon an sich dem Geiste des Christenthums widersprechen, so führten sie zugleich von allem Praktischen in der Lehre ab, leiteten nur zu Grübeleien und zu immer neuen bloß spekulativen und spitzfindigen Bestimmungen; und unter Überladung mit diesen ging fast alle Fruchtbarkeit der Lehre, unter strenger Wichtighaltung dieser Bestimmungen fast aller einfache christliche Sinn verloren. Da sank denn auch die Sittlichkeit tief herab. Der Aberglaube gewann eine völlige Herrschaft. An die Stelle des Herzerhebenden in christlichen Versammlungen trat, was nur der Phantasie zusagte. Der äußerliche Glanz, die äußerlichen Gebräuche vermehrten sich ohne Ende. Gar manches Heidnische ging in dieselben über.♦  
  Den Mangel des Geistes zu ersehen und den Geist völlig zu tödten, entstanden bald bindende Vorschriften und Formulare für kirchliche Handlungen. Im 6. Jahrh. ward durch Gregor den Großen, sonst nicht ohne Verdienst um das kirchliche Wesen, ein förmlicher Meßkanon eingeführt. Die Festtage vermehrten sch, Heilige und Reliquien wurden angebetet. Mit Verehrung der heiligen Bilder war es gegen das Ende dieser Periode zu solcher Ausschweifung gekommen, daß Kaiser Leo der Isaurier sich zu dem Befehle bewogen fand, alle Bilder aus den Kirchen zu entfernen. Dieß fand jedoch eine weitverbreitete Widersetzlichkeit, und es entsprangen daraus viele Unruhen, in welchen der römische Bischof am heftigsten gegen das Bilderverbot auftrat (er kannte den ihm hieraus erwachsenden Vortheil), so daß die Bilder endlich durch ein Concilium wieder eingeführt wurden. Auch die spätern Bemühungen des Frankenkönigs Karl konnten dem Bilderstreite kein Ende machen.  
3. Periode Dritte Periode. Diese Periode beginnt mit Erscheinung Karls des Großen auf dem fränkischen Königsthrone. — Fast müssen wir hier bedauern, obgleich durch die Natur des Gegenstandes veranlaßt, jede Periode mit einem Blicke auf die Ausbreitung der christlichen Religion begonnen zu haben; denn leider erblicken wir hier Karl den Großen in einem Lichte, welches ihn nicht vortheilhaft beleuchtet. Wir sehen ihn zwar eifrig für die Ausbreitung der christlichen Religion wirken, aber mit den Waffen in der Hand; erblicken ihn so in Teutschland und besonders in beklagenswerther Härte gegen die sich unter Wittekind tapfer wehrenden, aber endlich erliegenden Sachsen. Durch seine Gewaltthätigkeiten wurden sie Christen. Nur der eine Gedanke kann uns hier erfreuen: das Christenthum verbreitet sich. — ⇧ Inhalt 
S. 114 Sp. 1 CHRISTLICHE KIRCHE ⇧ Inhalt 
  Auf mildere Weise wurde diese Verbreitung unter seinen Nachfolgern in Nordteutschland bis Dänemark und Schweden fortgesetzt, und vorzügliche Verdienste erwarb sich hier der Apostel des Nordens Ansgarus. Er wurde Erzbischof zu Hamburg. Die Stiftung mehrer neuer Bisthümer muß das kirchliche Wesen befestigen. Über Norwegen dringt die neue Lehre bis Island und Grönland. Die, die südlichern Küsten oft beutesüchtig angreifenden, endlich in Frankreich aufgenommenen, Normänner bekehren sich gleichfalls zum Christenthume. — ♦  
  Auch von der morgenländischen Kirche aus verbreitete sich die christliche Religion gegen Norden, und gegen Westen bis Böhmen und Mähren, wo es manchen Streit zwischen den Bischöfen zu Rom und Konstantinopel gibt, wem von Beiden die bekehrten Länder untergeben seyn sollen.  
  Im 11. Jahrh. treten die Kreuzzüge ein, deren Absicht dahin ging, das von Koransbekennern beherrschte Palästina wieder in ein christliches Land zu verwandeln, und welche durch Peter des Einsiedlers klägliche Beschreibung von der Lage der dortigen Christen veranlaßt wurden. Zwei Jahrhunderte dauern sie fort, mit anfänglichem Glück aber traurigem Ende. Durch Theilnahme an denselben ist, wer weiß welcher, Gewinn an Reichthum oder Land zu ernten; den Verschuldeten schützt sie gegen den harten Gläubiger; und für jede Sünde wird überflüssiger Ablaß verdient.♦  
  Überall regt sich der Eifer dafür und Fürsten gehen mit ihrem Beispiele voran. Aber mit welchen Schändlichkeiten bezeichnen die Scharen ihre ganze Bahn! Das Verdienst, welches sie sich jetzt zu erwerben auszogen, löscht ja, wie sie meinen, Alles aus. Und was ist die Frucht des zweihundertjährigen Wahns? Kein Fuß breit von dem Lande, das gewonnen werden sollte, und in den Ländern, von welchen die Scharen ausgingen, Entvölkerung, Verwirrung aller Verhältnisse und Sittenverderbniß. Selbst beförderte Länderkenntniß, erweiterter Verkehr und manche Geistesanregung scheinen für das Verlorne fast zu theuer erkauft. Es gehen drei Ritterorden aus dieser Begebenheit hervor, der Tempelherrn-, Maltheser- und teutsche Ritterorden; und es gehört hieher, des Verdienstes des Letztern um die Verbreitung des Christenthums in Preußen zu erwähnen.  
  So unglücklich die Versuche gegen die Ungläubigen in Palästina abliefen, so günstig war den Christen doch noch gegen Ende dieser Periode das Glück gegen die Araber in Spanien, welches Land endlich von ihnen glücklich gereinigt wird, oder es werden doch die Zurückbleibenden zur Annahme des Christenthums gezwungen. Nur sehen wir fast zu derselben Zeit auch Konstantinopel in den Händen der Türken (1453) und so den Mittelpunkt eines andern Haupttheiles der christlichen Kirche unter schmählichem Joche.  
  Wenn endlich durch Amerika's Entdeckung dem Christenthum ein neuer Welttheil sich öffnet, so haben wir doch die Härte zu beklagen, mit welcher ihm dort Bekenner geworben werden.  
  In Ansehung der Fortschritte der Kirchenverfassung in dieser Periode bieten sich uns die merkwürdigsten Ereignisse dar. Die römischen Bischöfe erheben sich in derselben zum Gipfel ihres Ansehens und ihrer Macht. Sich  
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  über die ganze Christenheit als Oberhaupt erhoben zu dünken, waren die römischen Bischöfe schon aus frühern Zeiten gewohnt. Die Vortheile, welche sie am Ende voriger Periode durch Pipin erlangt hatten, erweiterten sich durch Karl den Großen, da er dem Longobardenreiche in Italien gänzlich ein Ende machte, die Schenkungen seines Vaters an den römischen Bischof vermehrte, und von demselben zum Kaiser gekrönt, (800) jetzt sein mächtiger Beschützer ward, unter welchem zugleich jeder Einfluß des orientalischen Kaisers auf Rom verschwand. Doch Karl behauptet auch immer noch das Verdienst, den Bischof in Schranken zu halten.♦  
  Schwächer waren seine Nachkommen. Unter ihnen lernt bald der römische Bischof, einen jüngern Enkel Karls vor dem ältern auf den Kaiserthron hebend, das Kaiserthum in Abhängigkeit von sich setzen.♦  
  Ein neuer Dienst geschah den Anmaßungen desselben (um 830) durch das Erscheinen erdichteter Schreiben römischer Bischöfe (Dekretalen), die aus dem 1. Jahrh. herrühren und von einem frühern spanischen Erzbischofe Isidor gesammelt seyn sollten, den römischen Bischof zum Herrn der ganzen Christenheit erhoben, und leicht durch Schlauheit auf der einen, wie durch Unvorsichtigkeit und Blindheit auf der andern Seite Geltung bekamen. Alle Erzbischöfe und Bischöfe wurden dadurch der römischen Aufsicht und Willkür unterworfen. —♦  
  Um diese Zeit (860) begann die völlige Trennung zwischen der morgenländischen und abendländischen Kirche mit einem heftigen Streite beiderseitiger Bischöfe, des Nikolaus in dieser, und des Photius in jener. Einige Male schien es späterhin zu einer Unterwerfung der griechischen Kirche unter Rom zu kommen, doch ohne Dauer, und beide Kirchen stehen nur sich oft befeindend einander gegenüber.  
  Die nächstfolgende Zeit zeigt uns die römischen Bischöfe abwechselnd bald im Übergewicht gegen die Fürsten, bald in Demüthigung durch sie. Eine Zeit lang wird auch der römische Stuhl nach Willkür einiger Frauenzimmer besetzt. Endlich aber im 11. Jahrh., besteigt Gregor VII. den bischöflichen Stuhl, mit unbegränzter Herrschbegierde, Allem trotzender Kühnheit und mit einer durch schon frühere Theilnahme an Statsgeschäften erworbenen Kenntniß und Klugheit. Sein Ziel war, alle geistlichen und weltlichen Herrn sich zu unterwerfen.♦  
  Schon früher hatte er mittelbar durch Einen seiner Vorgänger die römische Bischofswahl allein von einem Kardinalskollegium abhängig gemacht, und behauptete nunmehr den Titel Papst, sonst ein Ehrenname aller Bischöfe, allein für sich. Er begann damit das Cölibatgesetz, schon früher oft vertheidigt und behauptet, mit größter Strenge über alle Geistlichen ohne Ausnahme zu verbreiten, um sie allein an sich zu knüpfen. Er fuhr damit fort, das bisherige Recht, der Fürsten, Bischöfe, deren Güter doch von ihnen herrührten, zu belehnen, aufzuheben, um sie jeder Ergebenheit gegen dieselben zu entziehen.♦  
  Wie jenes Gesetz lauten Widerspruch, so fand dieses heftigen Widerstand. Aber dem Kaiser Heinrich IV. kostete dieser Widerstand die Demüthigung, zu Canossa schimpfliche Buße thun zu müssen. Der Papst will nun der Lehnsherr aller Fürsten seyn, kommt aber endlich selbst durch den früher gedemüthigten Heinrich ins  
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  Gedränge. Seine Nachfolger setzen sein Werk fort unter Kampf zwischen Gegenpäpsten und mit abwechselndem Glücke. Paschalis II. muß mit dem Kaiser einen beschränkenden Vertrag wegen des Belehnungsrechts schließen. Alexander III. mißhandelt den König von England. Innozenz III. vollendet den Despotismus mit Hilfe des furchtbaren Interdikts.  
  Wenn um diese Zeit die Kreuzzüge dem Ansehn der Päpste sehr beförderlich wurden, besonders auch durch die Besitzungen, welche ihnen von denen vermacht waren, die aus den Kreuzzügen nicht zurück kehrten: so leisteten ihnen dazu auch die Mönchsorden wichtige Dienste. Diese vermehrten sich vorzüglich im 11. u. 12. Jahrh., und von großer Bedeutung wurden die beiden Bettelmönchsorden (Orden, welche allem Güterbesitz entsagten und nur von Almosen leben wollten), die Dominikaner und Franziskaner. Mit dem Rechte, überall zu predigen und Ablaß zu ertheilen, untergruben sie das Ansehn rechtmäßiger Selsorger. Sie drängten sich so überall hin. Auch zu den Lehrstühlen gelangten sie. Dabei ohne alle Gefahr durch weltliche Macht Etwas zu verlieren: Wie viel konnten sie nicht dem Papste nützen! Auch die Inquisition ist ihre Erfindung, nämlich der Dominikaner.  
  Auf welchem Gipfel äußerlicher Hoheit stehen also jetzt vor uns die Päpste! Doch wie bald sinken sie, nach kurzer Dauer von demselben herab! Besonders sinkt ihr Ansehn durch die Übermacht der fränkischen Könige im Anfange des 14. Jahrh. Sie müssen ihren Sitz in Avignon nehmen, zu ihrem großen Schaden in Rom, so wie auch zum Nachtheil der teutschen Kaiser, gegen welche sie, in der fränkischen Könige Gewalt, handeln müssen. Nur für ihre Einkünfte sorgen sie durch neue einträgliche Erfindungen, der Annaten, Exspektativen, Reservationen, Provisionen, Kanzleitaxen, Ablaßbriefe. Nach ihrer endlichen Rückkehr in die Stadt Rom müssen Päpste mit Gegenpäpsten kämpfen, bis die costnitzer Synode wieder auf Einen Papst zurückführte. Nun wird aber der Unwille über das Kirchenwesen immer lauter; worauf wir noch einmal zurück kommen werden.  
  Wir sehen uns jetzt erst nach dem Fortschreiten der theologischen Gelehrsamkeit in dieser Periode um. Hier, wo unser Blick zum dritten Male auf Karl den Großen trifft, erscheint er in einem hohen Glanze; denn mit wahrem Eifer ließ er es sich angelegen seyn, die Wissenschaft zu befördern. Er, ein warmer Freund derselben, zog dazu viele Gelehrte an seinen Hof und wirkte besonders durch den Engländer Alkuin; der von ihm geweckte Geist wirkte auch nach ihm fort. Es entstanden außer den Klosterschulen die Schulen der Stifter, d. h. der Geistlichen an einer Kirche, die unter eine gewisse gemeinschaftliche Regel gestellt, Canonici hießen.♦  
  Es entstehen im 12. Jahrh. auch die ersten Universitäten zu Paris und Bologna. Wir wollen aus den ersten zwei Jahrhunderten nur des Rhabanus Maurus, des Hoymo von Halberstadt und des Johann Scotus Erigena gedenken, und dabei zugleich des Photius aus der orientalischen Kirche, die von jetzt an wenig leistet, aber doch nicht ganz ohne Verdienst beson-  
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  ders für Schrifterklärung bleibt, wobei vorzüglich Euthymius Zigabenus im 12. Jahrh. Erwähnung verdient.  
  Bald begann nun aber das Zeitalter der Scholastiker, die unter Anwendung des Aristoteles auf die Religionswissenschaft, sich immer mehr in das spitzfindigste Grübeln vertieften. Am meisten zeichneten sich zum Theil vortheilhaft aus: Anselm von Canterbury, Peter Abälard, Peter der Lombard, als Haupt der folgenden Scholastiker besonders durch seine libri sententiarum; und nachdem die Bettelmönchsorden in die scholastische Theologie eingetreten waren, Alexander von Holes, Albert der Große, Bonaventura, Thomas von Aquino, Johannes Duns Scotus, durch welche beiden letztern der Unterschied zwischen Thomisten und Skotisten entstand. —♦  
  Die Ergebnisse der scholastischen Philosophie sind manche neue Lehren und Einrichtungen in der christlichen Kirche z. B. die Lehre von den sieben Sacramenten und die Ausschließung der Laien von dem Kelche, indem der ganze Christus auch schon im Brote vorhanden sei. Vorangegangen war diesem die Lehre von der Transsubstantiation, welche dem Paschasius Radbertus im 9. Jahrh., zwar nicht ihr Entstehen aber doch ihre Vollendung verdankte, und eine Streitigkeit veranlaßte, die wol die lebhafteste dogmatische in dieser Periode war.  
  Wie ist es zu verwundern, daß unter solchen Verhältnissen, der Zustand der christlichen Kirche zur untersten Tiefe hinabsank! Unter Unwissenheit und Aberglauben verbreitete sich Rohheit über Geistliche und Laien, ja Erstere übertrafen wol noch die Letztern darin. Geistliche hatten außer ihrer Unwissenheit auch ganz andre Angelegenheiten, als das Volk zu weiden. Dieses ohne Mittel des Unterrichts, selbst der Bibel beraubt, kannte statt der Religion nur Cärimonien, Feste, Ablaßertheilungen; denn es galt nun die Lehre von dem kirchlichen Vorrath überflüssiger Verdienste, die für Geld und Eifer gegen Ketzer zu haben waren. Der Aberglaube und Leichtsinn ließen außer der Inquisition auch Hexenprozesse, und die verächtlichsten religiösen Volksbelustigungen entstehen. Es war Mitternacht; doch bald drangen auch in dieselbe die Strahlen des dämmernden bessern Morgens.  
  Die Scholastik war zu dürre, als daß es nicht noch hatte Herzen geben sollen, die im Gefühl eines edlern Bedürfnisses, Befriedigung auf anderm Wege hätten suchen sollen. Dieser Weg war die Mystik, welche ihren lautern Ursprung in der Stimme eines unverdorbenen Herzens hat, dem alles, für seine Bedürfnisse unfruchtbare Spekuliren zuwider ist, und unter strenger Herrschaft eines hellen Verstandes geht die edlere Mystik dem bessern Ziele auf geradem Wege zu.♦  
  Aber in jener Zeit war der Verstand durch das eitle Grübeln verächtlich und man möchte sagen zur Herrschaft unbrauchbar geworden. Die Phantasie trat an seine Stelle, und so führte die Mystik zur Schwärmerei. Wurde früher Platon dazu gemißbraucht, so mußte nun noch ein dem Dionysius Areopagita zugeschriebenes Werk dazu dienen. Doch große Verdienste um das Bessere erwarben sich manche Mystiker, z. B. Tauler, Thomas a Kempis u. A.  
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  Heller ward's auch im Gebiete der Wissenschaften, besonders da seit der Eroberung von Konstantinopel griechische Gelehrte nach Italien sich flüchteten und endlich gar Buchdruckerkunst (1440) die Mittheilung der Gedanken erleichterte. Es traten ein Laurentius Valla, Marsilius Ficinus, und später ein Reuchlin und Erasmus auf.  
  Unter den Erleuchtetern fehlte es auch nicht an solchen, die das Papstthum freimüthig bestritten. Johann Semeka von Halberstadt, Dante Alighieri, Petrarcha, Boccaccio, Nicolaus von Clemangis, Johann Wessel, Hieronymus Savonarola. Auch zwischen den Franziskanern und dem Papste trat eine Spannung ein, und Wilhelm Occam schrieb gegen denselben. —♦  
  Hier und dort trennten sich auch Parteien von der römischen Kirche. Schon im 12. Jahrh. die Waldenser, die sich Anfangs über viele Länder verbreiteten, heftig verfolgt, aber nicht ganz ausgerottet wurden; sie bestehen bis auf den heutigen Tag in den Thälern von Piemont. Eben so wenig wurden die Wiklefiten ganz unterdrückt. Wiklefs Schriften wirkten in Böhmen und Mähren. Sie entzündeten den Eifer des Johann Huß in Prag, und ob dieser gleich, und bald nach ihm sein Freund Hieronymus, verbrannt wird, so muß doch gegen die Hussiten ein langer Kampf geführt werden. Sie sind nicht ganz zu unterdrücken; es gehn aus ihnen die mährischen Brüder hervor, und später die jetzt bestehenden Brüdergemeinden. —♦  
  Außer diesem erhebt sich auch gegen die Päpste ein noch ernsterer Widerstand mit eben der Synode, welche den Johann Huß verdammte (1414). Die Reformation an Haupt und Gliedern kommt auf derselben feierlich zur Sprache und der Papst wird den Synoden unterworfen, welches durch die bald folgende baseler Synode (1431) bestätigt, und auf welcher Synode auch schon der Anfang mit Abstellung vieler päpstlicher Mißbräuche, z. B. der Annaten gemacht wird. Wären die Beschlüsse nur erfolgreicher gewesen! Die Franzosen zwar benutzten sie zum Gewinn bedeutender Freiheiten. Durch die pragmatische Sanction, später in ein für die Päpste milderes Concordat umgewandelt, und aufs Neue bestätigt durch die Propositiones Cleri Gallicani 1681 bestehen noch jetzt die Freiheiten der gallikanischen Kirche.♦  
  Aber die Teutschen verloren durch den zu schwachen und dem Papst zu unterthänigen Friedrich III., wieder die Früchte jener Synoden. Vorzüglich war es Äneas Sylvius, erst Vertheidiger der Rechte der Synoden, nachmals Papst unter dem Namen Pius II., der das Papstthum wieder auf den frühern Fuß setzte und seitdem herrschten und schalteten die Päpste wieder mit der ehemaligen Willkür und zum Theil unter den verabscheuungswürdigsten Ausschweifungen bis zu Leo X., mit dem wir zur folgenden Periode übergehen.  
4. Periode Vierte Periode. Bei dem Umriß dieser Periode müssen wir nothwendig die Ordnung in der Darstellung, die wir in den drei frühern beobachteten, und zu welcher uns der natürliche Zusammenhang der Dinge beim Entstehen der christlichen Kirche führte, verlassen; wir können hier nicht anders, als unsern Blick zuerst auf diejenige große Begebenheit wenden, welche nicht allein den ⇧ Inhalt 
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  Anfang dieser letzten Periode bezeichnet, sondern der Hauptursprung aller Ereignisse in derselben wird, auf die Reformation. Diese begann zwar durch einige Männer, denen mancherlei ihr günstige politische Verhältnisse jener Zeit, siegreich gegen die ungünstigen, ihr Werk möglich machte; vor Allem aber gründete sich die Möglichkeit dieser großen Verwandlung darauf: das Zeitalter war reif dazu. Das gefühlte Bedürfniß einer Kirchenverbesserung, schon früher hier und dort ausgesprochen, hatte sich in einen weiten Kreis unter alle Stände verbreitet, und durch die wieder auflebenden Wissenschaften war es immer klarer geworden, so wie zugleich die Ausführung des Werks erleichtert. Die Reformatoren waren also nichts Anderes, als Werkzeuge und Sprecher ihres Zeitalters, darin lag ihr vorzüglichstes Gewicht, und ihre Macht in dem Schutze dessen, der jetzt sprach: es werde Licht!  
  Der Übermuth des Papstes hatte im Ablaßkrame den höchsten Gipfel erreicht. Ein Augustinermönch und Lehrer auf der Universität Wittenberg, Doktor Martin Luther, erhob die erste laute Stimme dagegen durch 95 angeschlagene Theses, und mit Blitzesschnelle verbreitete sich die Theilnahme an diesem doch noch unbedeutend scheinenden Schritte. Luther ward dem Papste verantwortlich. Eine gefährliche Reise desselben zur Verantwortung nach Rom wurde unter dem Schutze seines Fürsten Friedrich des Weisen von Sachsen abgewendet. Die drohenden und schmeichelnden Versuche päpstlicher Abgeordneten konnten ihn nicht zurückführen. Es wurde der Bannstrahl geschleudert, aber umsonst; Luther verbrannte die Bulle, und brach mit dem Papst auf immer (1521). Ein Reichstag zu Worms (1521) sollte ihn überwältigen; aber er stand wie ein Held und blieb auf seiner Bahn. Ein kürzeres Zurückdrängen von derselben durch die Sorgfalt des schützenden Fürsten, wie es schien, in Unthätigkeit auf der Wartburg, war das Beginnen seines wichtigen Werks der Übersetzung der heiligen Schrift.♦  
  Bald erschien er wieder auf dem Kampfplatze (1522), und wirkte nun kräftig durch Rede und Schrift und mit ihm wackre Freunde. Neue Reichstage wurden gehalten, ihm und seinen Anhängern ungünstig oder doch zweideutig. Auf einem derselben zu Speier (1529) gab ihnen ihre Protestation den Namen Protestanten, auf einem andern zu Augsburg (1530) übergaben sie das Bekenntniß, dessen Geist nimmer von der evangelischen Kirche weichen möge. Ihm folgt bald die von Melanthon verfaßte Apologie dieses Bekenntnisses.♦  
  Weit hatte sich nun schon die Theilnahme an der Kirchenverbesserung verbreitet, gen Norden bis Schweden und Dänemark; schon waren Fürsten eifrige Beförderer derselben. Die zunehmenden Bedrängnisse veranlaßten die protestantischen Fürsten zu einem Bunde (schmalkaldischer Bund 1531). Noch verzögert sich der Ausbruch des Krieges. Luther verfaßt die schmalkaldischen Artikel (1537). Er stirbt (1546) und alsbald beginnt der schmalkaldische Krieg, der durch die Schlacht bei Mühlberg (1547) für die Protestanten höchst ungünstig ausfällt. Das augsburger Interim (1548) ist für die Protestanten sehr beschränkend. Doch die Sache ändert sich wieder und durch den augsbur-  
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  ger Religionsfrieden 1555 erhält die protestantische Kirche Freiheit und wird eine gesetzliche Kirche.  
  Hätte nur nicht auch Zwistigkeit gewaltet unter den Freunden des Lichts! Schon früh trat sie hervor. Fast zu gleicher Zeit mit Luther hatte Ulrich Zwingli in der Schweiz dieselbe Bahn betreten. In Allem mit ihm einig, trennten sie sich nur in der Lehre von der Gegenwart Christi im Abendmahle. Es wurde Einigung versucht, aber durch Luthers Unbiegsamkeit vereitelt (Gespräch zu Marburg 1529). Die Trennung wird bleibend.♦  
  Aber es streiten nicht Zwinglianer oder Reformirte und Lutheraner gegen einander; der Zwiespalt dringt auch in das Innere jeder Partei. Zwingli bleibt in der Schlacht bei Cappel 1531 im Kriege zwischen den katholischen und reformirten Kantonen. Calvin führt nach ihm eine veränderte Abendmahlslehre und die Prädestinationslehre ein, durch den Consensus tigurinus 1549 und den Consensus pastorum genevensium 1551.♦  
  Gegen die Prädestination erhebt sich Widerspruch besonders von Arminius und seinen Anhängern in den Niederlanden. Eine Synode zu Dortrecht 1618 verdammt den Arminius und seine Lehre. Aber die Arminianer dauern fort, und es gehen aus ihnen Männer hervor, welche die Freunde der theologischen Wissenschaften und Aufklärung mit Hochachtung nennen; wir führen nur den Hugo Grotius an.  
  In der lutherischen Kirche war bald nach Luthers Tode durch Melanthons Nachgiebigkeit gegen das Interim heftiger Streit entstanden. Es kommen über Hinneigung zur reformirten Lehre Streitigkeiten dazu. Manche Festsetzungen zur Schlichtung des Streits werden versucht; zu Torgau 1574, durch die schwäbisch-sächsische Concordie 1575, auf dem Schloß Lichtenburg 1576 durch das torgauer Concordienbuch. Endlich kommt es zu der bergischen Concordienformel 1577; welche jetzt (obgleich nicht überall angenommen), nebst der augsburgischen Confession und ihrer Apologie, den schmalkaldischen Artikeln, dem großen und kleinen Katechismus Luthers und den ältern Hauptsymbolen der christlichen Kirche das symbolische Buch der lutherischen Kirche ausmachen.  
  Die Ausbreitung des Protestantismus betreffend, nahm die lutherische Lehre von Teutschland aus besonders ihren Gang nach Norden hin; die reformirte nach Frankreich, den Niederlanden, nach England und Schottland. In den Niederlanden kostete es erst einen blutigen Kampf gegen die spanische Oberherrschaft, ehe sie eine freie Stätte gewann, und oft ward ihre Ruhe durch innern Zwist zerstört.♦  
  In England kam sie aber in Reibung mit einem andern gleichfalls neu gestalteten Kirchenwesen, welches weder römisch-katholisch noch protestantisch war. Hier hatte König Heinrich VIII gleichfalls um die Zeit der in Teutschland beginnenden Reformation, jedoch aus unlautern Bewegungsgründen, sich vom Papste losgerissen, aber dafür sich selbst zum Papste gemacht. Von unsauberm Geiste ausgegangen, hatte diese Umgestaltung auch des päpstlichen Unsaubern zu viel gelassen. Damit konnten sich die Reformirten nicht vereinigen, und sie blieben unter manchem Kampfe den engländischen Episkopalen als Presbyterianer feindlich gegen über stehen; auch später, wenn gleich die Episkopalkirche von vielem Päpstlichen gereinigt und dem Calvinismus näher gebracht war,  
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  blieb die Vereinigung unmöglich. So weit der Einfluß der katholischen Kirche auf England reichte und in den übrigen Ländern, war dieselbe, obgleich die protestantische Kirche durch den augsburger Religionsfrieden Gesetzmäßigkeit erlangt hatte, darum doch nicht unthätig geworden, sie wieder zu vernichten.  
  Die laute Stimme des Zeitalters hören, dem aufgegangenen Lichte sich anschließen, und das alte Gebäude verlassen, oder doch seine Gemächer den Lichtstrahlen öffnen: jenes wollten die nicht, denen nur das alte Gebäude gab, was sie gelüstete; dieses durften sie nicht, wenn nicht ihr Gebäude zusammen stürzen sollte. Nur einzele Mitglieder suchten dem Lichte Eingang zu verschaffen und es ist wirklich theilweise eingedrungen und hat dem Kirchenhaupte zu Rom viel Sorge und Beschwerde gemacht bis auf den heutigen Tag. Hätte die katholische Kirche wenigstens sogleich, nachdem der Schlag geschehen war, dadurch ihr Gewicht zu vermehren gesucht, daß von nun an nur immer die achtungswürdigsten Männer auf den päpstlichen Stuhl gesetzt worden wären; aber es blieb hier, wie es zuvor gewesen war. Was helfen sollte, waren Bücherverbote, Verfolgungen, Ketzergerichte und vermehrte Mönchsorden.♦  
  So wäre denn doch wol bald das morsche Gebäude zusammen gestürzt, hatte es nicht eine neue, höchst wichtige Stütze erhalten an dem von Ignatius Lojola um die Zeit des Anfangs der Reformation gestifteten, aber spät erst ausgebildeten Orden der Jesuiten. Ein Orden, der in feinster Klugheit sich von je her als Meister gezeigt hat, aber auch in einer Klugheit, die von Allem verlassen, was sonst menschliche Handlungen zu bestimmen würdig ist; die den Zweck aufnimmt, wie er ihr durch die unreine Begierde gegeben wird, und der Alles recht ist, was nur die Eigenschaft hat, als Mittel zum Zwecke dienen zu können; Allem aber die Gestalt des Achtungswerthen zu geben sucht. Waren unter den Jesuiten einige eines bessern Urtheils werth, so ändert dieß doch das Ganze nicht; ging aus dem Treiben des Ordens einiges Gute hervor, so ist dieß dem Zufalle zuzuschreiben, daß auch zuweilen Gutes zum unlauterm Zwecke dienlich war.♦  
  Die Klugheit führte nun die Jesuiten zum Einflusse in alle Verhältnisse der Gesellschaft und in alle wichtige Begebenheiten. Hiezu gehörte vorzüglich zunächst die tridentinische Kirchenversammlung, von der die Bessern sich viel versprachen, welche von den Päpsten ungemein gefürchtet und daher möglichst verschoben und in die Länge gezogen wurde, bis endlich nach 18jährigen Verhandlungen (1545 — 1563) durch Jesuiteneinfluß eine Reihe Beschlüsse hervorgingen, die das päpstliche Gebäude von Neuem befestigten und das Eindringen des Lichts verhinderten.♦  
  Später aber hatten die Jesuiten doch manche Kämpfe zu bestehen, in welchen sie nicht immer gerade glänzende Sieger blieben. Venedig konnte nicht überwunden werden, als es sich mit Hilfe seines gelehrten Werkzeuges, des Paul Sarpi, der die merkwürdige Geschichte des tridentinischen Concils schrieb, in ein freieres Verhältniß mit dem Papste setzte. Vorzüglich feindlich wurde ihnen aber ein von dem Bischof zu Ypern, Cornelis Jansen nachgelassenes Werk, das, die Frucht einer 40jährigen Arbeit, die wahre Lehre des Au-  
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  gustinus an’s Licht brachte. Heftig erbittert stritten Papst und Jesuiten, mehr zum Pelagianismus hin geneigt, gegen die Jansenisten, unter welchen sich Pascal auszeichnete. Sie konnten es indeß nicht hindern, daß die Jansenisten zuletzt nach den Niederlanden sich hinzogen, und da sich in einer eignen Kirche behaupteten. Die nachmaligen Angriffe der Jesuiten gegen Quesnels anfänglich von Rom aus empfohlnen praktischen Kommentar über das neue Testament gelangen zwar so gut, daß daraus gar die für Frankreich so drückende Konstitution Unigenitus hervorging, aber eben diese Konstitution wurde auch in Frankreich die Veranlassung zu den härtesten Kämpfen, die dem Ansehn der Jesuiten nicht eben beförderlich wurden.♦  
  Endlich, nachdem sie den Statsregirungen immermehr verdächtig, ja aus Portugal, Spanien und Frankreich schon vertrieben waren, mußte dieser Orden im J. 1773 durch Papst Clemens XIV., seine Aufhebung erfahren, ob sie gleich darum noch nicht aus allen Ländern (Rußland, Schlesien,) vertrieben wurden.  
  Doch wir kehren zu den innern Ereignissen der protestantischen Kirchen zurück.  
  So wie die dortrechter Synode die Partei der Arminianer nicht hatte unterdrücken können, so dauerten auch überhaupt in der ganzen reformirten Kirche Streitigkeiten, besonders über die Prädestination fort. In Frankreich vorzüglich faßte man eine mildere Ansicht. Berühmt wurde hier Amyraut, aber vor Allem wurde das freiere Forschen durch Cartesius angeregt. Den Nachbarn wurde dieß bedenklich, und die Schweizer verwahrten sich gegen das Eindringen neuer Lehre durch die formula consensus helvetici. In England kam es zu harten Reibungen zwischen den Episkopalen und Presbyterianern, und Letztre selbst zerfielen in mehre Parteien.♦  
  Endlich verloren in Frankreich die Reformirten oder Hugenotten ihre Religionsfreiheit gänzlich, es ward furchtbar gegen sie gewüthet; wir erinnern nur an die Bartholomäusnacht 1572. Sie flohen nach Teutschland und den Niederlanden, und verbreiteten hier einen freien Forschungsgeist. Besonders zeichnete sich in den Niederlanden Peter Bayle aus. Immer friedlicher ward es nun in der reformirten Kirche, immer mehr näherten sie sich den Lutheranern. Auch in Frankreich gewannen sie nachmals wieder einige Freiheit, abwechselnd mit Druck, bis sie seit der Revolution und neuerlich durch die Karte mit andern Parteien gesetzlich gleiche Rechte erhielten, in der That aber noch manchen Druck empfinden müssen.  
  In der lutherischen Kirche war durch die Concordienformel keine Eintracht gestiftet, ja es erwachte immer noch mehr der unglückliche Geist des Streitens über dogmatische Bestimmungen; es kehrte eine frühere unfruchtbare Spekulations- und Streitperiode zurück. Fühlbarer ward in dieser Dürre, zu welcher auch noch der Druck eines 30jährigen Krieges (1618 — 1648) kam, bei den Bessern das Bedürfniß des Herzens.♦  
  Man nahm seine Zuflucht wieder zum Mysticismus. Manche schweiften in traurige Verirrungen aus, Arndt war einer der edelsten mit segensreichem Wirken. Der westphälische Friede gibt endlich der protestantischen Kirche mit der katholischen Kirche gleiche Rechte. Fürsten arbeiten jetzt zum innern Frieden unter den Protestanten, aber das unfruchtbare Streiten  
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  dauert fort, und arm für Erbauung ist der Unterricht. Endlich tritt Ph. Jak. Spener auf und öffnet unter mannichfachem Kampf dem Religionslehrer die richtigere Bahn. Auch sein Wirken aber wird Veranlassung zu vielen Verirrungen, jedoch sein Geist einheimisch in der Kirche. Halle wird der erste Hauptsitz des von Ausartung nicht ganz frei gehaltnen Spenerschen Geistes; aber gegen diese Ausartung wirken auch Männer, wie Chr. Thomasius und Wolf. —♦  
  Die Verirrungen der Spenerschen Nachfolger haben sich nur noch in den Pietisten erhalten. Diese vereinigten sich bald mit den Herrnhutern, deren Gemeinde Graf Zinzendorf aus den Gliedern der zu ihm sich wendenden verfolgten mährischen Brüder stiftete. Wir erwähnen hier bei den Herrnhutern noch zweier anderer Sekten, die in demselben Jahrhundert gestiftet wurden, der Methodisten in England, ähnlich den Herrnhutern und der Schwedenborgianer in Schweden. Früher entstandene und weit verbreitete Sekten sind die Taufgesinnten, später von einem besonnenem Reformator Menno auch Mennoniten genannt; und die Quäker.  
  Wenn wir bis hieher nur von Verbreitung der protestantischen Kirchen in den bereits christlichen Ländern redeten, so dürfen wir nicht übergehen, mit welchem Eifer von Katholiken sowol, als Protestanten versucht wurde, überhaupt das Christenthum in die noch heidnischen Länder und Welttheile zu verbreiten. Von der katholischen Kirche geschah dieß mit einer Art von Eroberungssucht, und daher besonders im Anfange mit einem hitzigern Eifer, als bei den Protestanten. Dem Papste wurden die Missionen auch erleichtert durch die Mönchsorden und vorzüglich nahmen sich die Jesuiten der Sache an; oft mit Selbstsucht und Eigenmacht und zu großer Unzufriedenheit des Papstes, wie in China und Paraguay.♦  
  Aber auch unter den Protestanten wurde nach und nach das Missionswesen immer lebhafter. Dänemark begann in Ostindien. Es bot sich mit England die Hand. Auch Schweden kam dazu, Holland und Teutschland. Am meisten ist indeß von Großbritannien aus geschehen. Die Thätigkeit der Herrnhuter und Methodisten verdient hiebei bemerkt zu werden; so wie endlich auch die Bemühungen der Bibelgesellschaft zur Verbreitung der heiligen Schrift in alle Länder. Jetzt wirken die Missionen in allen Welttheilen von Süden und Norden. Auch auf die unter den Christen wohnenden Juden ward schon früher besonders durch das Callenberg'sche Institut 1728 und wird jetzt eine erneuerte Thätigkeit gerichtet.  
  Wollten wir, wie bei den frühern Perioden, auch hier besonders von Irrlehrern und Ketzern reden, so haben wir eigentlich nach dem Sinne der katholischen Kirche schon bisher fast von weiter nichts geredet; denn die ganze Reformation ist in ihren Augen nichts Anderes, als eine Ketzerei, und daher diese ganze Periode ihnen durchaus nichts Anderes, als eine Ketzerperiode; daher sie auch jeden Übergang von der protestantischen zur katholischen Kirche als eine Rückkehr zu bezeichnen pflegen. In diesem Sinne reden wir nun von Irrgläubigen nicht, daß wir die von der katholischen Kirche Abweichenden so nennen, überhaupt geben wir diesen Namen nicht denen, welche über Lehren verschieden denken, über welche ein-  
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  mal Verschiedenheit der Ansichten zu einer gewissen Allgemeinheit geworden ist. Aber es gibt noch Lehren, über welche eine gewisse Übereinstimmung in den förmlich ausgesprochenen Lehrbegriffen aller christlichen Parteien Statt findet; und wenn wir nun diejenigen, welche davon abweichen, Irrgläubige nennen wollen: so zeigen sich und dieselben zuerst von Italien ausgehend, und die ersten berühmtesten unter ihnen waren Lälius und Faustus Socinus im 16. Jahrh., welche besonders gegen die Gottheit Christi und die Dreieinigkeit stritten. Beide mußten Italien verlassen und nach der Schweiz fliehen. Faustus durchreiste Teutschland, wo er viele Anhänger fand, die sich Unitarier nannten, die sich aber bald nach Polen hinzogen, wo sie sich mit den dortigen Arianern vereinigten und einen festen Sitz gewannen, doch nicht ohne Verfolgung blieben; jetzt aber noch in Siebenbürgen bestehen.♦  
  Hienächst rechnet man auch die Naturalisten oder Deisten in England vom 17. Jahrh. zu den Irrlehrern, welche, was bis dahin unerhört war, die göttliche Offenbarung in der heiligen Schrift abläugneten, jede positive Religion verwarfen, und allein die natürliche Religion einführen wollten. Daß allein unwillige Beobachtung von so Manchem, was jedem gesunden Verstande und Herzen in dem Bestehenden ärgerlich war, zu dieser Abweichung führte, dafür bürgt schon der edle Charakter dessen, der diese Bahn öffnete, des Eduard Herbert von Cherbury. Es war daher auch Anfangs diese Partei wenigstens der Sittlichkeit nicht nachtheilig, bis auch die Moral des Christenthums manchen Angriff erfuhr, wie z. B. von Hobbes und dem Grafen von Rochester. Wenn in Frankreich auch Voltaire dazu gehört, so hielt diesem Rousseau, obgleich auch Naturalist, doch einiger Maßen das Gegengewicht. In Teutschland würde der Verf. der wolfenbüttelschen Fragmente zu nennen seyn, wie jetzt ausgemacht ist, Reimarus.  
  War nun aber auch in der protestantischen Kirche Nichts zu verbessern? Wir kommen hier zu einer merkwürdigen Umgestaltung in dieser Kirche, welche um die Mitte des 18. Jahrh. begann, und nach welcher wir nun von beiden, unter einander friedlich gewordenen, protestantischen Kirchen zusammen reden können.  
  Der Grund der protestantischen Kirche ist die heilige Schrift: aber als Lehre der heiligen Schrift, folglich als unverbesserliche Auslegung derselben galten lange die symbolischen Bücher. Niemand kann der protestantischen Kirche, die, wie durch den Geist ihrer symbolischen Bücher, so auch durch ihren zweiten Namen evangelische Kirche sich ausdrücklich allein zu der heiligen Schrift bekennt, die Frage verargen, ja sie ist ihre heilige Pflicht, ob auch die symbolischen Bücher ganz die Lehre der heiligen Schrift bis auf die allerkleinsten Theile getroffen haben. Diese Frage aber zu beantworten, dazu gehört Forschungsfreiheit und das Licht der Wissenschaft.♦  
  Beides nun trat um die Mitte des vorigen Jahrhunderts ins Leben. Philosophen wie Wolf, theologische Gelehrte wie Semler zündeten ein neues Licht an. In allen Wissenschaften wurde es heller. Denkfreiheit schützte ein Friedrich der Große. Beispiel derselben gab die allgemeine teutsche Bibliothek, und freie Geistes-  
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  bewegung weckten die engländischen und französischen Schriften, so wie die Schriften der Arminianer und Socinianer. Wenn schon überhaupt bei jedem Übergange aus Gebundenheit in Freiheit Ausschweifungen kaum fehlen werden, so sind sie hier noch weniger zu verwundern, wenn wir die Theilnahme der engländischen und französischen Literatur an dieser Umwandelung in Erwägung ziehen. Aber immer sehen wir in solchen Ausschweifungen nur Einige.♦  
  Viele behaupten die Besonnenheit, und durch vielfache Kämpfe nähern wir uns jetzt immer mehr dem wahren Punkte, der heiligen Schrift, sie ist auch im Kampfe des Supranaturalismus und Rationalismus nicht verloren gegangen; denn nicht bloß jene Partei hält sich an dieselbe, auch diese findet in derselben immer mehr das Eine, das Noth ist, und beide vereinigen sich immermehr zum Preise dessen, der uns mit diesem Himmelsgeschenk begnadigt hat. Dieß weiter auszuführen, so wie die um die protestantische Kirche und Wissenschaft verdienten Männer zu nennen, müssen wir uns wegen beschränkten Raumes gänzlich versagen.  
  So wie in der protestantischen Kirche, so ward es auch in eben der Zeit in der katholischen Kirche heller. Viel trug dazu bei Kaiser Joseph II., den auch der Papst durch einen Besuch in Wien nicht aufzuhalten vermochte. Manchen aufgeklärten {1} Theologen hat in neuerer Zeit auch die katholische Kirche gehabt. Einen harten Streich erlitt der Papst durch Napoleon, der ihn seiner Länder beraubte. Durch die Verbündeten hat er sie wieder erhalten, und wir fürchteten davon keine neue Gefahr. Aber — die neueste Zeit bietet manche traurige Erscheinung dar. Der Papst Pius VII. stellte 1814 die Jesuiten wieder her und diese Maschine setzte sich wieder in Thätigkeit.♦ {1} korrigiert aus: aufgekärten
  Auch in der protestantischen Kirche wachen in größerer Zahl und mit neuer Keckheit Feinde des errungenen Lichts auf. Sie haben nicht Ursache, sich der Wahrheit anzunehmen, denn schon länger war die Aufklärung in Annäherung zu ihr, wie wir vorhin bemerken. Welche Triebfedern liegen also dem neuern Unwesen des Mysticismus, Pietismus und Obskurantismus zum Grunde? Wer kann das ganze Gewebe durchschauen! Hier und dort ist's auf Zurückrufung der Evangelischen zum Katholicismus durch äußerlich mildere Veranstaltungen abgesehen, und Mancher schon ist gewonnen.♦  
  Solche Vereinigungsversuche geschahen schon früher auf offnem Wege. Auch Leibnitz nahm Theil daran. Fast immer war es indeß nicht Läuterung des Katholicismus, sondern nur äußerliche Abglättung desselben zu seiner Empfehlung, und nur Zurückrufen der Protestanten, einige Mal für's erste nur zur engländischen Episkopalkirche, und dann weiter. Werden die Protestanten solchem Rufe folgen? In der Vereinigung der Reformirten und Lutheraner, deren Trennung nur noch äußerlich ist, sind in neuern Zeiten einige Schritte geglückt. Man befürchtet das Entstehen einer neuen, der bisherigen lutherischen und reformirten feindlich gegenüber tretenden Kirche. Aber da müßten erst noch neue Verirrungen hinzu kommen, denn noch umschließt sie, wie vor den Unionsversuchen, die Einigkeit im Geist, die Mannichfaltigkeit im Unwesentlichen ertragen kann.  
  Wenn wir, um dieß zuletzt noch zu bemerken, bis  
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  jetzt gar nicht der griechischen Kirche in dieser Periode erwähnt haben, so liegt der Grund darin, daß von ihr nichts Bedeutendes zu sagen ist. Einiges ist zu ihrer Verbesserung unter den russischen Kaisern seit Peter dem Großen geschehen. Versuche ihrer Wiedervereinigung mit der römischen Kirche waren meist vergeblich. Vielleicht wird es heller in derselben, wenn Griechenlands Regeneration gelingt!
   
Christliche Religion CHRISTLICHE RELIGION, ist diejenige Religion, deren Einführung der Zweck der Erscheinung Jesu Christi war; oder: diejenige Überzeugung von Gott und der höheren Bestimmung des Menschen, welche Jesus durch sein Wort und Vorbild aussprach.♦ ⇧ Inhalt 
  Sie ist also, wie alle Religion, zunächst etwas Inneres. Übrigens wird auch der Abdruck dieses Innern in Worten oder in einer Lehre christliche Religion, besser: Religionslehre genannt. Jenes nennt man auch die subjektive, dieses die objektive Religion.♦  
  Die Überzeugung eines Menschen oder die Lehre können zuweilen nur vermeintlich mit dem Worte und Vorbild Jesu übereinstimmen; dann sollte man sie nicht etwa eine falsche christliche, sondern eine nur vermeintlich christliche oder unchristliche Religion nennen, oder überhaupt irrige Religion, in sofern wir die christliche für die einzig wahre anerkennen.♦  
  Unchristliche Lehren sind viele selbst innerhalb der christlichen Gemeinschaft hervorgetreten. Die Irrungen sind nicht bloß aus Mangel genauer Erkenntnis Jesu entstanden, sondern auch aus leidenschaftlichen Bestrebungen und vorsätzlichen Entstellungen.♦  
  Die Urkunde der wahren christlichen Religion ist die heilige Schrift, in welcher Jesus uns gewisser Maßen unmittelbar und daneben auch in denen dargestellt ist, die in nächster Verbindung mit dem standen und zuerst seinen Geist in sich aufnahmen. Da es vielfache Schwierigkeiten hat, das reine Ergebniß der Schrift auszumitteln, so mußte der den Menschen einwohnende prüfende Wahrheitssinn ihr entgegenkommen, indem wir davon ausgehen, ihr Ergebniß könne nur Wahrheit sein.♦  
  Ganz verschieden hiervon ist die oft sehr irrige Vorstellung eines Einzelnen, die heilige Schrift müsse sein besondres System enthalten. Allgemeiner Wahrheitssinn und individuelles System ist nicht einerlei.
   
Christologie CHRISTOLOGIE, ist Lehre von Jesu als Christus. Man versteht aber oft darunter insbesondre die Lehre von Christus, in sofern sie allein auf die heilige Schrift gegründet, also eigentlich historisch darstellend ist.
   
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Stand: 18. März 2018 © Hans-Walter Pries