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IV. Verbreitung der Justinianischen
Rechtssamlung 68). |
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Als Justinian seine Rechtssamlung in ihren
einzelnen Theilen publicirte, stand Italien noch unter der
Herrschaft der Ostgothen; so daß dieselbe im Grunde nur in
dem östlichen Reiche gesetzliche Kraft hatte. Nachdem er
jedoch im J. 535 Italien wieder erobert, und mit dem östlichen
Reiche verbunden hatte, säumte er nicht, seine Compilation in
das wieder eroberte Land zu senden, und solche durch ein Edict
sowol in die Gerichte einzuführen, als auch in der Rechtsschule
zu Rom erklären zu lassen. Alles dieses bestätigte er durch die
eben erwähnte Sanctio pragmatica vom J. 554.♦ |
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Unter seinem Nachfolger Justinus II.
eroberten jedoch die Longobarden, im J. 568 fast ganz Italien,
bis auf das Exarchat von neuem, und im J. 752 fiel auch der
Hauptsitz des Exarchen, Ravenna, ihrem Könige Aistulf in die
Hände; ohne daß Italien je wieder mit dem östlichen Reiche
verbunden worden wäre. Beide Nationen, Römer und
Longobarden lebten nunmehr örtlich vermischt, aber in Sitte
und Recht verschieden mit einander, so daß in derselben Stadt
der Longobarde nach longobardischem, der Römer nach
römischem Rechte lebte.♦ |
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Als hierauf Karl der Große dem Reiche der
Longobarden ein Ende machte, und seit 774 in Italien herrschte,
dauerte zwar dieser Rechtszustand im Allgemeinen fort; indessen
wurde nun auch den in Italien lebenden fremden, den
Alemannen, Burgundern und sonstigen Völkerstämmen, so gut
wie den Longobarden ihr eigenes Recht zugestanden, obgleich
Longobarden und Römer der Zahl nach das große Übergewicht
behielten. Deshalb findet sich nun in den Urkunden dieser Zeit,
gewöhnlich eine Erklärung, nach welchem Rechte der Paciscent
lebe (professio), eine Erklärung, welche in der Regel nicht von
einer freien Wahl desselben abhing, sondern sich nach der
Abstammung von der Nation, zu welcher derselbe gehörte,
richtete.♦ |
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Im 12ten Jahrhunderte nahmen diese
Professionen ab, indem von diesem Zeitpunkte an, die
germanischen Rechte in Italien verschwanden, die Localstatuten
anfingen zu entstehen, und das Römisch-Justinianische Recht,
von welchem wäh-
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- 68) Vergl. über das Detail dieses
Abschnitts das unübertreffliche Meisterwerk von v. Savigny
(Geschichte des römischen Rechts im Mittelalter; bis jetzt vier
Bände).
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rend dieser ganzen Zeit, wenigstens zum
Behuf der Römer Gebrauch gemacht worden war, immer
allgemeiner wurde. Aus dem kräftigen Leben der neu
aufblühenden lombardischen Städte, welche durch inneres
Bedürfniß und Verwandtschaft des Zustandes zu dem römischen
Rechte hinzugezogen wurden, erklärt es sich
vorzugsweise 69), daß dasselbe eine neue Blüthe erlebte,
welche so folgenreich auf die Reception dieses Rechts in den
meisten europäischen Staken eingewirkt hat.♦ |
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Kentniß des römischen Rechts bahnte den
Weg in die neuen Magistraturen zu dringen, und so beschäftigte
man sich denn eifrig mit dem Unterrichte in der Justinianischen
Compilation; anfangs in Ravenna, nachher und viel glücklicher in
Bologna und daneben in Pisa. Der erste bekante Rechtslehrer
war Pepo, ihm folgte (1113 — 1118) Irnerius, der zuerst
in der Logik Unterricht gegeben, ehe er aus irgend einer
Veranlassung 70), die einzelnen Theile der Justinianischen
Rechtssamlung zu studiren, selbige theils mündlich, theils durch
kurze Glossen zu erklären anfing, und dadurch Gelegenheit zu
der Schule der sogenanten Glossatoren gab. Ihm folgten eine
Menge Lehrer, deren Ruf sich weit über die Alpen verbreitete:
zahlreiche Schüler aus allen Theilen von Europa brachten die
neue gründliche Kentniß zurück in ihre Heimath, und
verbreiteten sie auch hier durch Urtheilssprüche, durch
Schriften, und bald selbst durch mündliche Lehre in Schulen, die
sich nach dem Muster von Bologna bildeten.♦ |
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Dieses war unstreitig der Hauptgrund, daß
sich das Justinianische Recht, wiewol hin und wieder unter
mannigfachem Kampf mit den einheimischen Rechten, nach und
nach in die Gerichte fast aller europäischen Länder einschlich, in
diesen Ländern zu der Autorität eines Gesetzes gelangte, und
wenigstens als allgemein recipirtes Gesetz angesehen wurde;
wogegen ihm jene Kraft in einzelnen Ländern durch
ausdrückliche Verfügungen von oben herab wieder genommen
worden ist 71).
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- 69) Alle übrigen gewöhnlich
angeführten Gründe haben keinesweges Beweiskraft. S. Hugo
civil. Literairgeschichte. S. 49.
- 70) Nach Conradi a Liechtenau
chronicon Urspergense, auf die Bitte der Gräfin Mathilde. nach
Hostiensis Comment. ad Decretal. III. 26. c. 1. wegen der
Erklärung des Worts As. S. v. Savigny Bd. IV. S. 18. Völlig
grundlos ist die Fabel, daß das römische Recht das ganze
Mittelalter hindurch vergessen und verloren gewesen sey, daß die
einzige Handschrift der Pandekten verborgen in Amalphi
gelegen habe, daß sie bei Eroberung dieser Stadt, im J. 1135 von
den Pisanern erbeutet worden sey, daß Kaiser Lothar II., mit
dem die Pisaner im Bunde gewesen, ihnen zum Lohn für ihre
Hilfe das erbeutete Buch geschenkt, zugleich aber durch ein
Gesetz verordnet habe, daß das römische Recht überall in den
Gerichten anstatt der germanischen Rechte angewendet werden
solle, und daß auf seinen Befehl öffentlicher Unterricht im
römischen Rechte ertheilt sey. S. v. Savigny Bd. III. S. 83 f.
- 71) Über die Verbreitung des Justinianischen Rechts in den
einzelnen Ländern Europa's, so wie über dessen
Nichtverbreitung in denselben, oder dessen Wiederverdrängung,
s. meine Einleitung. S. 94 — 116. Vergl. außerdem:
Seldeni Diss. ad Fletam in Hoffmann hist. Jur. rom. Vol. 1. P. II. p.
89 — 184. Ed. 2. Arthur Duck de usu et auctoritate jur. civ. in
dominiis principum christian. Lond. 1649. 1653. 1689. Lugd. Bat.
1652. 1654. Lips. 1676. Don Ant. d‘Asti dell' uso e autorita della
ragion civile nelle provincie dell imperio occidentale. Napoli 1720 —
1722. 8.
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⇧ Inhalt |
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In dem östlichen Reiche erhielt sich dagegen
die Justinianische Rechtssamlung bis zum 9ten Jahrhunderte. Da
nämlich die in derselben herrschende lateinische Sprache den
griechischen Unterthanen immer weniger zusagen mußte, so
dachte man ernstlich an eine neue Umbildung der
Justinianischen Rechtssamlung. Kaiser Basilius Macedo hatte
daher schon im Jahr 876, sowol einen kurzen Inbegriff des
römisch-griechischen Rechts unter dem Titel procheion ton
nomon verfertigen lassen, als auch zur Abfassung einer
gänzlichen Umarbeitung der sämtlichen Rechtsquellen, eine
Commission niedergesetzt, an deren Spitze Symbatius
Protosphatarius stand. Diese sollten das neue Gesetzbuch theils
aus den damals vorhandenen griechischen Übersetzungen der
einzelnen Theile der Justinianischen Compilation, theils aus den
Commentaren über dieselbe, theils endlich aus den giltigen
Verordnungen der orientalischen Kaiser zusammentragen, und
das Ganze materienweise, nach Titeln in 60 Büchern
ordnen.♦ |
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Basilius erlebte jedoch die Beendigung
dieses Werks nicht; sein Sohn Leo der Philosoph, promulgirte es
887, ein Jahr nach seines Vaters Tode, und nante es zu dessen
Ehre die Basiliken. Eine neue verbesserte Ausgabe veranstaltete
Kaiser Constantin Prophyrogeneta nach dem J. 945, und diese
ist es, welcher bis auf diese Zeit von den unter dem türkischen
Scepter lebenden Griechen, noch immer Gesetzeskraft
eingeräumt wird. (S. den Art. Basiliken). |
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V. |
V. Form der Justinianischen
Rechtssamlung zur Zeit des wiederaufblühenden
Rechtsstudiums zu Bologna. |
⇧ Inhalt |
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Es ist oben bemerkt worden, daß die
Justinianische Rechtssamlung keinesweges ein vollständig
abgeschlossenes Gesetzbuch ausmachte, sondern nur in
einzelnen Abtheilungen publicirt wurde, deren jede zur
Ergänzung der andern dienen sollte; ferner, daß Justinian zwar
selbst die Pandekten in sieben Theile abtheilte, den Codex aber
nicht, sondern dieser nur zwölf regelmäßig auf einander folgende
Bücher enthielt; endlich daß die Novellen noch völlig
ungeschlossen, und deßhalb in keine Samlung gebracht, und
noch viel weniger geordnet waren. Justinians Absicht ging also
auch nicht dahin, daß diese einzelnen Rechtsbücher ein
zusammenhängendes Ganze seyn sollten.♦ |
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Die Idee von einer Verbindung dieser
Rechtsbücher zu einem solchen wurde am frühesten im Orient
aufgefaßt, wie denn die Basiliken das Resultat derselben sind. Im
Abendlande ist sie dagegen erst in den spätern Zeiten nach
Erfindung der Buchdruckerkunst geweckt und ausgeführt.
Dagegen fand eine neue Anordnung der einzelnen Theile der
Justinianischen Rechtssamlung, zur Zeit des wiederaufblühenden
Rechtsstudiums zu Bologna Statt, die im höchsten Grade
merkwürdig ist, deren Grund aber in Bezug auf gewisse
Einzelnheiten bis jetzt noch nicht genügend hat erklärt werden
können. |
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Diese Anordnung besteht darin, daß 1) die
Pandekten in drei Theile getheilt sind, welche Digestum vetus,
Infortiatum, und Digestum novum heißen. |
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Außerdem hat das Infortiatum einen Anhang,
tres partes, genant; 2) bildet der Codex nur neun Bücher, als
solcher; 3) machen die letzten drei Bücher des Codex nebst den
Novellen ein Buch aus, welches das Volumen legum parvum,
oder schlechthin Volumen genant wird, dem zugleich die
Institutionen meistens als Anhang beigeschrieben wurden, wie
wol viele sie auch als wesentlichen Bestandtheil desselben
betrachten; 4) sind die Novellen liber Authenticorum betitelt,
in neun Collationen abgetheilt, und haben einige heterogene
Anhänge erhalten.♦ |
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Aber auch in Betreff des Contexts der
einzelnen Rechtsbücher ist eine Abänderung eingetreten,
insofern nämlich sämtliche griechischen Stellen in den
Pandekten, so wie die griechischen Novellen in einer lateinischen
Übersetzung erscheinen, die griechischen Constitutionen des
Codex weggelassen, dagegen demselben Auszüge aus den
Novellen und einigen spätern Constitutionen eingeschaltet, und
endlich die Inscriptiones und subscriptiones nur in einer sehr
abgekürzten Form wiedergegeben sind. |
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V. 1) |
1) Eintheilung der Pandekten in
Digestum vetus, Infortiatum und Digestum novum. |
⇧ Inhalt |
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Das Digestum vetus begreift Buch I — XXIV.
Tit. 2. einschließlich in sich: das Infortiatum (wobei zu bemerken
ist, daß hier die Glossatoren gewöhnlich das Wort Digestum
weglassen) fängt mit Buch XXlV. Tit. 3. an, und schließt mit
Buch XXXVIII.: das Digestum novum endlich umfaßt die Bücher
XXXVIII — L. Außerdem findet sich jetzt (denn früher
scheinen die tres partes unabhängig bestanden zu haben, da es in
ältern Zeiten Handschriften gab, wo sie dem Digestum novum
beigefügt wurden 72), zu Ende des Infortiatum eine neue
Abtheilung, welche man Tres partes nante.♦ |
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Mitten im fr. 82. D. XXXV. 2. ad legem
Falcidiam fängt nämlich mit den Worten Tres partes des
Fragments, in den meisten Handschriften und den alten
Ausgaben eine neue Rubrik, oft sogar ein neues Blatt mit großen
Anfangsbuchstaben an, so daß man von hier ab eine neue
Abtheilung bis Buch XXXVIII. annehmen muß. Wann? von
wem? und weshalb diese Eintheilung gemacht worden; und
weshalb die einzelnen Theile Digestum vetus, Infortiatum und
Digestum novum genant sind?, wie endlich die Abtheilung der Tres
partes gebildet worden sey? ist sehr zweifelhaft. |
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Es gibt zwei Hauptmeinungen über die
Veranlassung jener Eintheilung. Nach einer alten Sage, die uns
Odofredus, einer der Commentatoren, welche auf die
Glossatoren folgten, aufbewahrt hat, wurden zu der Zeit, als
Irnerius zu Bologna das Recht studirte, die Rechtsbücher von
Ravenna aus zuerst nach Bologna gebracht, aber nicht mit einem
Male, sondern theilweise, und in folgender Ordnung: zuerst der
Codex, Digestum vetus und novum, und die Institutionen, dann das
Infortiatum ohne Tres partes, hierauf die drei Bücher (Buch X —
XII. des Codex), zuletzt die Novellen (liber Authenticorum).
Auf
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- 72) Z. B. die Handschrift des
Benedictus Petroburgensis vor 1171. S. Grupen Observat. p.
295.
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diese Sage, und besonders auf den Umstand
gestützt, daß die frühern Schriftsteller des Mittelalters das
Infortiatum nicht gekant haben, indem sie, wo sie Stellen aus
demselben hätten anführen müssen, sich mit den Institutionen
beholfen haben, nimt v. Savigny 73) an, daß man zuerst nur
das Digestum vetus und novum besaß, dieses letztere aber nicht in
dem beschränkten Umfang, den es in den gegenwärtigen
Handschriften oder Ausgaben hat, sondern von den Worten Tres
partes anfangend; daß man späterhin das fehlende mittlere Stück
gefunden, hierauf Tres partes von dem Digestum novum getrent, und
sie so wie es der Inhalt erfodert, mit dem zuletzt gefundenen
mittlern Theil verbunden habe.♦ |
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Dieserhalb habe man diesen mittlern Theil
das lnfortiatum d. h. den vermehrten, verstärkten mittlern
Theil der Digesten, genant, wogegen die Namen Digestum
vetus und novum, ursprünglich blos die Bedeutung eines ersten
und zweiten Theils gehabt haben könten, oder nach Analogie des
alten und neuen Testaments so genant seyen, oder endlich, was
das Wahrscheinlichste sey, daraus entstanden seyen, daß das vetus
früher als das novum, so wie dieses früher als das Infortiatum
gefunden worden sey. —♦ |
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Die zweite Hauptmeinung ist von
Hugo 74) aufgestellt. Nach ihm ist kein Theil entbehrt und
später gefunden worden, sondern die Grundlage der Eintheilung
in den Schulen von Constantinopel, Rom und Ravenna
aufzusuchen. Nach Justinians Studienplan wurden die 14 letzten
Bücher der Pandekten gar nicht in den Vorlesungen erklärt, so
daß diese in jenen Schulen einen abgesonderten Theil
ausmachten. Dieser Theil mag aber entsprochen haben den Tres
partes des Edicts, welche in dem vor Justinian befolgten
Studienplan wahrscheinlich auch von den Vorlesungen
ausgeschlossen waren, und so mag man durch Analogie den
Namen Tres partes auf jenen Theil der Pandekten übertragen
haben.♦ |
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Zufälligerweise aber fanden sich ungefähr
am Anfange dieser Tres partes (nämlich nur etwa anderthalb
Bücher früher) die Worte Tres partes mitten in einer einzelnen
Pandektenstelle, und nun habe sich irgend Jemand (späterhin hat
Hugo aus den Worten des Conrad v. Liechtenau, darzuthun
gesucht, daß es Irnerius gewesen, welcher denn auch durch eine
ähnliche Spielerei das Wort novi hinter operis nuntiatione in der
Rubrik des ersten Titels Buch XXXIX. aufgegriffen, um den
letzten Theil Digestum novum zu nennen) den Spaß gemacht, das
letzte Stück der Pandekten von diesen Worten an abzuschreiben,
und die Anfangsworte zugleich als Titel des ganzen Stücks zu
benutzen.♦ |
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Diese Einrichtung fand allgemeinen Beifall
und hieraus machte sich die fernere Eintheilung des
vorhergehenden größern Stücks ganz von selbst. Denn die Tres
partes dachte man sich als drei Unzen, folglich das vorhergehende
Stück als neun Unzen, und nun war es sehr natürlich, diese neun
Unzen in Sechs und Drei zu zerlegen, was denn ungefähr mit
dem Verhältniß des Dige-
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- 73) Geschichte des römischen
Rechts im Mittelalter. Thl. 3. S. 398 f.
- 74) Civilist. Magazin
Bd. IV. No. 4. Bd. V. No. 1. u. 18.; so wie Inhaltsverzeichniß. S.
XXXI — XL. Bd. VI. No. 2.
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stum vetus und Infortiatum (ohne die Tres partes)
zusammentrifft. So kamen die Pandekten nach Bologna, wo man
verständig genug war, die kleinen Tres partes vor dem letzten
Theil wegzunehmen und dem mittlern zuzulegen, welcher nun
von dieser Änderung den Namen Infortiatum erhielt. |
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V. 2) |
2) Trennung der ersten neun Bücher des
Codex und Bildung des Volumen. |
⇧ Inhalt |
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Die Trennung der ersten neun Bücher des
Codex, welche nunmehr einen Theil für sich ausmachten,
welcher vorzugsweise der Codex hieß, ist wahrscheinlich durch
den Vortrag über denselben veranlaßt. Die drei letzten Bücher
nämlich bezogen sich auf das öffentliche Recht, welches damals
durch die mannigfachen politischen Umwandlungen Italiens
beinahe alle Anwendbarkeit verloren hatte, und so erklärt es sich
denn, wie mehre Handschriften des Codex, welche schon vor
Irnerius Zeiten geschrieben sind, nur die ersten neun Bücher
vollständig, von den drei letzten dagegen anhangsweise nur
dürftige Bruchstücke und Auszüge aus den allenfalls noch
anwendbaren einzelnen Constitutionen derselben enthalten.
Diese drei letzten Bücher pflegte man daher eher als die neuern
Verordnungen 75) anzusehen, welches freilich unrichtig ist,
aber dennoch Veranlassung gab, daß man sie mit den Novellen
in Verbindung setzte, und nunmehr diesen Theil Volumen
legum parvum oder schlechthin Volumen nante, weil er von
allen übrigen der am wenigsten dickleibige war. Die Institutionen
gehörten eigentlich zu dem Volumen, wiewol sie meistens vor
dasselbe gestellt werden 76). |
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V. 3) |
3) Eintheilung der Novellen in
Collationen. |
⇧ Inhalt |
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Die Novellen erscheinen nunmehr in einer
geschlossenen Samlung, in Collationen getheilt, und nur in
lateinischer Sprache, als Theil des Volumen. Unter Irnerius
wurde nämlich eine solche Novellensamlung (Liber
authenticorum, jetzt Vulgata, versio vulgata, genant), als ein
Ganzes aufgefunden, welche in chronologischer Ordnung 134
Justinianische Novellen, also mehr als Julian, und weniger als die
griechische Samlung von 168 Novellen enthielt.♦ |
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Der größte Theil dieser Novellen ist
Übersetzung aus dem Griechischen, mehre, welche nur
lateinischen Text hatten, sind in ihrem Originaltext
wiedergegeben.{1} Ihr Samler und Übersetzer ist unbekant, aber
gewiß ist es, daß er einzelne schon vorhandene
Novellenübersetzungen benutzt hat. Der Name Authentica,
welchen diese Samlung gleich von Anfang in Bologna erhalten
hat, scheint nicht von dem Verfasser, sondern von dem
Entdecker herzurühren.♦ |
{1} fehlender . ergänzt. |
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Als diese Samlung in Bologna zuerst bekant
wurde, erklärte sich Irnerius dagegen und hielt sie für
untergeschoben, änderte aber nachher seine Meinung. Die
Glossatoren, welche früher nur den Julian benutzt
|
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- 75) So z. B. heißt es in dem Liber
dans modum legendi abbreviaturas in jure: Ultimi libri tres
raro leguntur a doctoribus . . . non frequentantur in scholis legendo, sicut alii
libri IX. Codicis, quod ultimi tres longe post primos novem compositi
sunt,
- 76) v. Savigny. Bd. III. S. 480.
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⇧ Inhalt |
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hatten (Novellae genant im Gegensatz der
vollständigen Novellen als Authenticae), wandten nun auch
dieser Samlung ihre Thätigkeit zu. Die erste Veränderung,
welche sie mit ihr vornahmen, war die Eintheilung derselben in
Collationen (Collatio ist nach dem Latein des Mittelalters gleich
bedeutend mit Collectio); diese Eintheilung war aber gleich mit
einer Ausscheidung der weniger brauchbaren Novellen
verbunden, indem die brauchbaren in neun Collationen
eingetheilt wurden, und die ausgeschiedenen einen Anhang
bildeten, welcher ebenfalls in drei Collationen vertheilt war, so
daß das Ganze zwölf Collationen bildete, welche den zwölf
Büchern des Codex entsprechen.♦ |
|
|
Die drei letztern Collationen sind freilich
bald verschwunden, daher das Bedürfniß der Handschriften sich
nach den Vorlesungen richtete, und daher das, was nicht in den
Vorlesungen erklärt wurde, auch in den Abschriften
vernachlässigt worden ist. Doch mögen sich davon, nur mit
Weglassung der Collationenbezeichnung, die Anhänge einzelner
ausgeschiedenen Novellen herschreiben, welche sich in einzelnen
Handschriften befinden, aus denen neuerlich einige dergleichen
vorher unedirter Novellen herausgegeben sind 77). |
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Jene Novellen, von denen 97 glossirt
wurden, sind nun folgender Gestalt unter die neun Collationen
gebracht. Die erste Collation enthält sechs Titel, nämlich Novelle
1 — 6; die zweite sechs Titel: Novelle 7, 8 in zwei Titeln, 9, 10,
11, 12; die dritte sieben Titel: Novelle 14 — 20; die vierte sieben
Titel: Novelle 22, 23, 105, 33, 34, 39, 44; die fünfte zwanzig Titel:
Novelle 46, 48, 47, 51 — 57, 49, 58, 60, 61, 63, 66, 67, 71, 70, 69;
die sechste vierzehn Titel: Novelle 74, 72, 73, 76 — 85, 88; die
siebente zehn Titel: Novelle 8, 9, 90, 92, 94, 91, 95 — 97, 99,
100; die achte dreizehn Titel: Novelle 98, 93, 108 —112, 116,
114, 113, 115, 117; die neunte endlich fünfzehn Titel: Novelle
118— 120, 125, 124, 131, 127, 159, 134, 86, 106, 132, 143, 128
und 123.♦ |
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Außer diesen waren wenigstens noch 38
bekant, indessen liefern die gewöhnlichen Handschriften solche
sehr selten, und beschränken sich dieselben meistens auf die
glossirten Novellen. Von folgenden 33 findet sich während des
Mittelalters keine Spur: Novelle 33, 41, 75, 121, 122, 126, 135 —
139, 141, 142, 148 — 158, 160 — 168. Auch die dreizehn Edicte
Justinians und dessen Sanctio pragmatica war dem Mittelalter
unbekant 78). |
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Jene Stellung der Novellen unter die neun
Collationen bezieht sich aber nur auf die Ausgaben von
Contius, seit seiner Zeit haben die neuern Ausgaben eine andere
Stellung angenommen, und, wenn auch in ihnen noch von
Collationen die Rede ist, so stimt doch ihre Ordnung nicht mit
jener alten Ordnung überein.
|
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|
- 77) Vgl. Biener Geschichte der
Novellen Justin. S. 243 — 285.
- 78) Cramer Beiträge zur
Geschichte der Novellen in Hugo civilist. Magazin. Bd. III. S.
113 — 162. Weis progr. historiae literariae Novell. Part. 1. Marb.
1800. 4. v. Savigny Beitrag zur Geschichte der Novellen in der
Zeitschrift für geschichtliche Rechtswissenschaft. Bd. II. S. 100
— 136. Desselben Geschichte des römischen Rechts im
Mittelalter. Bd. III. S. 453 f.
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|
Zu diesen neun Collationen kam außerdem
noch eine Collatio decima (mit welcher jedoch eine andere
Collatio decima, die Contius aus später aufgefundenen Novellen
bildete, und seinen Ausgaben anhing, nicht zu verwechseln ist),
welche auf folgende Weise veranlaßt wurde. Kaiser Friedrich II.
schickte den Doctoren zu Bologna mehre seiner Verordnungen
zu, mit dem Auftrage, sie jedesmal hinter eine bestimte
Constitution in einem passenden Titel des Codex einzuschalten.
Dieses thaten sie in einer Sitzung, welche in der Peterskirche
gehalten wurde.♦ |
|
|
Späterhin stellte Hugolinus die unter dem
Namen der Usus feudorum bekante Samlung von
Lehnrechtsgewohnheiten, mit allen Constitutionen der Kaiser
Friedrich I. und II., so wie einigen des Kaisers Conrad, hinter die
neunte Collation, und nante sie selbst, oder Andere thaten
solches, Collatio decima, wie wol es nicht ganz allgemein üblich
blieb 79). Noch später hat Bartolus zwei Constitutionen
Kaisers Heinrich VII. über Majestätsverbrechen und Rebellion
vom Jahre 1312 als Undecima collatio hinzugefügt, ohne daß
diese Anordnung jedoch besonders gangbar geworden
wäre. |
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|
Endlich ist noch diesen Collationen der
Kostnitzer Frieden (tractatus de pace Constantiae) von 1183
beigegeben worden. |
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V. 4) |
4) Veränderungen in Bezug auf den
Context. |
⇧ Inhalt |
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Abgesehen von jener Abänderung in Bezug
auf die Vereinigung der einzelnen Theile der Justinianischen
Rechtssamlung in ein Ganzes, und die Stellung derselben zu
diesem Zwecke beschäftigte sich die Schule zu Bologna auch mit
der Constituirung des Texts. Namentlich für die Pandekten
existirten zu ihrer Zeit, neben der ältesten Pisanischen oder
Florentinischen Pandektenhandschrift, von der schon einige
Male die Rede gewesen ist, unabhängige Urhandschriften (litera
vetus, communis) daneben kanten die Glossatoren aber auch jene,
und und betrachteten dieselbe im Ganzen als den echten und
bessern Text. Aus beiden gemeinschaftlich bildeten sie durch
freie Auswahl einen neuen Text, den man den Bolognesischen
(litera Bononiensis) nennen kann 80), und bei denen sie sich
der vorhandenen Handschriften gegenseitig zur Ergänzung
bedienten.♦ |
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Eben so geschah es in Bezug auf die
Behandlung des Textes im Codex und den übrigen
Rechtsbüchern, wiewol die kritische Arbeit hier eine weniger
feste Richtung annahm, als die, welche in den Pandekten durch
die stete und allgemeine Rücksicht auf die Florentinische
Handschrift hervorgebracht werden mußte. Die besondern
Eigenthümlichkeiten dieser neuen Recension waren nun zuerst
die gleichförmige Weglassung aller Inscriptionum legum in den
Pandekten, so wie
|
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- 79) v. Savigny Geschichte des R.
R. Bd. III. S. 481 f.
- 80) v. Savigny a. a. O. S. 410 — 444, wo
auch die berühmte Streitfrage verneinend gelöset ist, ob die
Florentinische Handschrift die Urschrift aller jetzt vorhandenen
Handschriften sey. S. über diesen Streit die sehr reichhaltige
Literatur in Brencmann histor. Pandect. L. III. c. 2, Bach hist. jur.
L. IV. c. 3. §. 6. Walch ad Eckhard. hermeneut. L. I. §. 74.
Haubold Institut. dogm. lit. §. 231. meine Einleitung. S. 405 —
425.
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⇧ Inhalt |
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die Weglassung der Inscriptionum und
Subscriptionum legum bei dem Codex, da in Hinsicht der ersteren
nur der Name des Verfassers jedes Excerpts, und bei dem
letztern der Name des Gesetzgebers beibehalten wurde,
wahrscheinlich aus dem Grunde, weil man mit ihnen nichts
anzufangen wußte, und sie als eine nutzlose Mühe für die
Schreiber und Correctoren ansahe.♦ |
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Weggelassen wurden ferner die griechischen
Stellen aus Papinianus und Modestinus Schriften in den
Pandekten, und statt dessen eine lateinische Übersetzung
derselben aufgenommen, welche den Burgundio aus Pisa (er
starb 1194) zum Verfasser hat 81).♦ |
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Weggelassen wurden endlich gänzlich die
griechischen Constitutionen im Codex, und nur an zwei Orten
findet man eine lateinische Übersetzung derselben, nämlich im
Titel de plus petitione (III. 10.) und de aleatoribus (III. 43.),
deren letztgedachte in einer Handschrift zu London, einem
Peter de Cortona beigelegt wird 82). Daß die griechischen
Novellen auch nur in einer lateinischen Übersetzung
aufgenommen wurden, ist bereits oben bemerkt. |
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Dagegen erhielt der Text des Codex einen
neuen Zuwachs durch die darin eingeschalteten sogenanten
Authentiken. Sie bestehen aus dreierlei Stücken. |
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1. Bei weitem der größte Theil besteht in
kurzen Auszügen aus den Novellen, welche bei einzelnen Stellen
des Codex als Berichtigungen oder Ergänzungen beigefügt sind.
Die meisten derselben sind von Irnerius, einzelne später von
Hugolinus u. A., eine ganz neue von Albericus. In Bologna hat
man sich schon frühzeitig dahin vereinigt, sie als integrirende
Stücke des Codex, mithin der Rechtsquellen selbst anzusehen.
Dieses geschah, indem Azo diese Auszüge neben den
Constitutionen des Codex selbst, und fast ohne Unterschied von
demselben commentirte.♦ |
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Durch die Glosse des Accursius ist diese
Ansicht noch mehr befestigt worden, und insbesondere kann
von dieser Zeit an die Zahl der anerkanten Authentiken, im
Gegensatz der nicht wenigen, welche sich noch in manchen
Handschriften finden, als geschlossen angesehen werden. Die
von Accursius anerkanten Authentiken stehen übrigens nur in
den ersten neun Büchern des Codex, was sich leicht aus dem
geringen Werth erklärt, den man überhaupt auf die drei letzten
Bücher setzte; ältere Handschriften aber haben einzelne
Authentiken auch in diesen drei letzten Büchern 83).♦ |
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Der Name Authentica laßt sich wol am
natürlichsten daher erklären, daß das Wort nicht Benennung des
Excerpts, sondern Hinwei-
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- 81) Nicht aber Bulgarus oder
Bandinus. S. v. Savigny a. a. O. Bd. IV. S. 341 f. In Hinsicht
der Stellen aus Modestinus ist dieses noch zweifelhaft, v.
Savigny a. a. O. Bd. III. S. 445. Sowol Accursius als Asti (dell‘
autorita della ragion civile L. II. c. 3. p. 46) sind geneigt, hier einen
doppelten Text des Modestinus in beiden Sprachen
anzunehmen.
- 82) Hach in der Zeitschrift für geschichtliche
Rechtswissenschaft. Bd. V. S. 213. S. auch Biener Gesch. der
Novellen. S. 579.
- 83) v. Savigny a. a. O. Bd. III. S. 488 f. Bd.
IV. S. 41 f., wo auch über den frühern Streit, ob Irnerius, oder
wer der Verfasser der Authentiken sey, das Nöthige beigebracht
ist. Vergl. noch über denselben und dessen Literatur meine
Einleitung. S. 133 — 135 und vorzüglich F. A. Biener historia
authenticarum Lips. 1807. 4.
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sung auf die Quelle desselben (nämlich auf
die Authentica oder den liber Authenticorum, als jene alte
Novellensamlung im Gegensatz des Julian) ist 84). |
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2. Zwei einzelne Constitutionen von Kaiser
Friedrich I., nämlich die Authentica: Habita in dem Titel ne filius
pro patre (Buch IV. Tit. 13.), welche auf ausdrücklichen Befehl
des Kaisers dort eingeschaltet werden sollte, und die Authentica
Sacramenta puberum (B. II. Tit. 18.). Ihre Aufnahme in den
Codex scheint sich nur allmählig und nicht gleichförmig gemacht
zu haben, sie findet sich aber schon bei Azo, und Accursius hat
sie glossirt. |
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3. Eilf Constitutionen von Kaiser Friedrich
II. Es sind dieses die Stellen, welche die Doctoren zu Bologna
nach der eigenen Auffoderung des Kaisers in den Text des
Codex setzten. |
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Außer diesen Authentiken des Codex finden
sich auch noch dergleichen in manchen Handschriften und
Ausgaben der Institutionen, ja sogar in einzelnen Handschriften
der Novellen selbst, und zwar stimmen die in den Institutionen
mit denselben Excerpten, die sich in dem Codex als Authentiken
finden, nicht überein. Dieses hindert aber wol nicht, sie als ein
Werk desselben Verfassers anzusehen, dem man die Authentiken
in dem Codex verdankt 85). |
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VI. |
VI. Die Glosse. |
⇧ Inhalt |
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Den schriftstellerischen Bemühungen der
Schule zu Bologna um die Erklärung der Justinianischen
Rechtssamlung, verdanken wir auch die Glosse. Zuerst wurden
von den Rechtslehrern nur ganz kurze Erklärungen einzelner
schwieriger Ausdrücke zwischen die Zeilen geschrieben
(Interlinearglossen), bald auch größere Erklärungen an den
Rand, die sich dann allmählig zu einer Art von fortlaufenden
Commentaren erweiterten. Dergl. Glossen hat man von
Irnerius, Bulgarus, Martinus Gosia, Jacobus, Hugo,
Rogerius, Albericus, Wilhelmus, Placentinus, Henricus de
Baila, Johannes Bassianus, Pillius, Cyprianus, Otto und
Lotharius 86). Aus diesen und vielleicht noch andern, ist
der alte Commentar zusammengesetzt, welcher jetzt gewöhnlich
die Glosse heißt, aber in den spätern Handschriften und
vorzüglich in den neuern Ausgaben sehr interpolirt ist.♦ |
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Diese Glosse hat den Accursius 87)
zum Redacteur, und ist von 1220 — 1227 ausgearbeitet.
Der Grund derselben ist eine Compilation aus den frühern
Glossen; hiezu hat Accursius auch sehr viel selbst geliefert, und
außerdem auch aus den Schriften seiner eigenen Zeitgenossen
geschöpft. Bei jedem Excerpt war in derselben der Name des
Verfassers, mittelst einer Abkürzung angegeben, leider sind diese
Abkürzungen in den Handschriften aber oft verwechselt, oft
verstümmelt, so daß hieraus man-
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- 84) Falk Encyclopädie. S. 141.
- 85) v. Savigny In Hugo civilist. Magazin. Bd. III. No. 14.
Dessen Gesch. des R. R. Bd. IV. S. 50 — 58. Vgl auch
meine Einleit. S. 141 f. Und den Artikel: Authentiken.
- 86) S.
über dieselben den ganzen vierten Band von Savigny; und über
die Glosse noch den Artikel Glosse.
- 87) S. diesen
Artikel.
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⇧ Inhalt |
|
che Verwirrung entstanden ist. Diese
Accursische Glosse erhielt nun allgemeines Ansehen, und wurde
deshalb, um sie von andern Glossen zu unterscheiden, die
Glossa ordinaria genant. Späterhin erhielt sie sehr viel Zusätze,
indem nun auch Auszüge aus den Schriften der nach Accursius
lebenden Rechtsgelehrten, wie z. B. eines Bartolus, Baldus,
Salicetus, Jason und Fulgosius hinzukamen, und man mit ihr
Casus, d. h. weitläuftige Auslegungen schwerer Stellen und
fingirte Rechtsfälle verband, welche besonders von Vivianus
Tuscus herrühren. Ja, selbst in den gedruckten Ausgaben wurde
sie noch immer durch dergleichen Excerpte aus den Schriften
der neuern Rechtslehrer vermehrt.♦ |
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Einige dieser Zusätze sind mit: Additio
bezeichnet, ein großer Theil derselben aber nicht. Es hält daher
äußerst schwer, sich von der reinen Accursischen Glosse einen
Begriff zu machen, weil es wenig Handschriften gibt, die sie
ohne Zusätze enthalten, und weil sie in unsern gedruckten
Ausgaben nirgends rein zu finden ist. In den verschiedenen
Abdrücken gibt es wol fünfzig bis sechszig verschiedene Formen
der Glosse, und man kann dreist annehmen, daß, je neuer die
Ausgabe, desto verdorbener die Glosse ist. |
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Nächst der Glosse waren nun auch eine
Menge anderer wissenschaftlicher Werke entstanden: die
Apparatus (eigentlich Glossen über die Glosse), Repetitiones,
umfassende Commentare über einzelne Stellen; Commentare
über die einzelnen Rechtsbücher selbst, von denen die von
Bartolus, Baldus, Jason, Fulgosius u. A. die berühmtesten
waren, Summae, was wir etwa Compendien nennen, namentlich
von Azo, Johannes Bassianus u. s. w. 88). |
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Der Werth der Glosse ist nach ihrer
Entstehung zu beurtheilen; sie enthält viel Gewäsch, aber auch
manche glückliche Erklärung einzelner Stellen des römischen
Rechts 89). |
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VII. |
VII. Jetzige Form der Justinianischen
Rechtssamlung. |
⇧ Inhalt |
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Die jetzige Anordnung der Justinianischen
Rechtssamlung ist erst spät entstanden. Veranlaßt wurde sie
durch die Ausgaben derselben ohne Glosse, und durch die
daraus entstehende kritische Bearbeitung der einzelnen Theile
der Samlung. Vorzüglich die Bemühung der Herausgeber
derselben ging dahin, deren Form und Inhalt gerade so wieder
herzustellen, wie sie zu Justinians Zeiten gewesen waren. Die
florentinische Handschrift, die Entdeckung der griechischen
Novellensamlung und die Benutzung der Basiliken, so wie der
spätern griechischen Schriftsteller gaben die nächste
Veranlassung dazu.♦ |
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Besonders wirkten in dieser Rücksicht
Haloander durch seine Ausgabe der Pandekten, des Codex und
der Novellen; Taurellius durch den Abdruck der Florentiner
Handschrift; Contius durch seine Ausgabe des Codex, Russard
und Charondas ein; befestigt wurde die jetzige Form durch
Dionysius Gothofredus, welcher die ganze Rechtssamlung
unter dem Gesamttitel des
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- 88) Eine Aufzählung derselben s.
in meiner Einleitung. S. 254 — 259. 275 fgg.
- 89) Vergl.
meine Einleitung, S. 267 — 270.
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Corpus juris civilis herausgab. Wir finden
daher in den jetzigen Ausgaben die Eintheilung in Digesten
vermieden, den Codex wiederum nach seinen zwölf Büchern,
jedoch mit Beibehaltung der eingeschalteten Authentiken, die
Inscriptiones und Subscriptiones legum möglichst wieder hergestellt,
die griechischen Stellen der Pandekten wieder aufgenommen, die
griechischen Constitutionen des Codex möglichst ergänzt, und
die Novellen nach den griechischen Novellensamlungen
abgedruckt, jedoch so, daß die Eintheilung der Collationen im
Ganzen beibehalten, und neben dem griechischen Text zugleich
auch die Vulgata gegeben worden ist. Der jetzige Bestand des
Corpus juris erscheint daher nun in folgender Form. |
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Es zerfällt seinem Inhalte nach in zwei
Haupttheile, den wesentlichen und den außerwesentlichen,
oder Appendix. Der wesentliche begreift die eigentlichen zu der
Justinianischen Samlung gehörigen Rechtsbücher, der
außerwesentliche faßt dasjenige in sich, was entweder die
Glossatoren oder die neuern Herausgeber anzuhängen beliebt
haben. |
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Nach der jetzt gewöhnlichen Ordnung
folgen die Rechtsbücher in dem wesentlichen Theile so
aufeinander: Institutionen vier Bücher, Pandekten fünfzig
Bücher, Codex zwölf Bücher, und Novellen 168 Stück in neun
Collationen getheilt. Dagegen sind die in dem außerwesentlichen
Theile enthaltenen Bücher folgende: |
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1) Die sogenanten dreizehn Edicte
Justinians, seit Russard's Ausgabe (1561) in den Ausgaben
aufgenommen. |
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2) Justini Imperatoris Aug. Novellae, an der
Zahl fünf. Gleichfalls seit Russard. Die 1, 2, 4, 5 stehen seit
Contius (1571) unter den Novellen Justinians. |
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3) Tiberii Imperatoris Constitutiones, seit
derselben Zeit. |
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4) Aliae aliquot Constitutiones Justiniani,
Justini et Tiberii ex libro Juliani antecessoris. Seit Contius. |
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5) Imp. Leonis 90) Augusti Novellae, 114
an der Zahl, obgleich sonst mehre existirten. Diese Novellen
haben eine Verbesserung des Justinianischen Rechts zum
Zwecke, allein oft ist der darin enthaltene Tadel desselben
ungerecht{1}, und noch öfters hat Leo die Gründe desselben gar
nicht eingesehen. Seit Contius sind sie den Ausgaben des Corpus
juris angehängt. |
{1} korrigiert aus: ungegerecht |
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6) Zenonis Imp. de novis operibus constitutio;
gehört eigentlich zu dem Titel des Codex de aedificiis privatis, wo
sie als const. 12. gelesen wird. Ebenfalls seit Contius. Diese unter
1 — 3, 4 und 6 erwähnten Novellen gab mit Justinian's Novellen
zuerst Scrimger 1558 heraus, und Agyläus übersetzte sie in das
Lateinische. |
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7) Imperatoriae constitutiones, griechisch,
nämlich Verordnungen der spätern griechischen Kaiser:
Heraclius,
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- 90) S. Casp. Achat. Beck de
novellis Leonis Aug. et philos., earumque usu et auctoritate liber singularis.
Adjectis animadversionibus et mantissa commentationum ad argumentum
spectantium; edidit Car. Frid. Zepernick. Hal. 1779. 8.
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⇧ Inhalt |
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Leo Ikonomachus, Constantinus
Caballinus, Nicephorus, Leo Armenius, Theophilus,
Basilius, Leo und Alexander, Constantinus
Porphyrogenneta, Romanus Senior, Nicephorus Phocas,
Basilius Porphyrogenneta, Romanus Argyrus, Zoas,
Michael, Isaak Comnenus, Michael Parapinaceus,
Nicephorus Botaniata, Alexius Comnenus, Manuel
Comnenus, Alexius Comnenus II., Jsaak Angelus, Johannes
Duka, Michael Paläologus und eines Ungenanten. Diese
Constitutionen hat zuerst Charondas (1575) seiner Ausgabe aus
Ennemondi Bonnefidii Jus orientale angehängt, und sind sie seit
dieser Zeit in den spätern Ausgaben des Corpus juris wiederum
abgedruckt, obgleich sie nachher viel vollständiger in Leunclavii
Jus Graeco-Romanum gegeben waren. |
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8) Canones sanctorum et reverendorum
Apostolorum per Clementem a Petro Apostolo Romae ordinatum episcopum
in unum congesti: griechisch. Diese Canons, 84 und nach den ältern
Abtheilungen 85 an der Zahl, rühren weder von den Aposteln
her, ob sie gleich Justinian in der Vorrede zur sechsten Novelle
als Quelle des geltenden Kirchenrechts anerkant hat, noch sind
sie von dem römischen Bischof Clemens in diese Samlung
gebracht, sondern vielmehr von einem Betrüger
untergeschoben 91). Sie enthalten kurzgefaßte kirchliche
Regeln, welche theils die Pflichten der Lehrer und
Kirchendiener, theils der übrigen Christen festsetzen, und
überhaupt Verschiedenes, was die Verfassung der Kirche und
den Gottesdienst betrifft, unter Androhung von Strafen
bestimmen. Haloander hat sie zuerst seiner Novellenausgabe
(1531) mit einer lateinischen Übersetzung angehängt, und seit
dieser Zeit sind sie in die Ausgaben des Corpus juris
übergegangen. |
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9) Die Usus oder Consuetudines
feudorum, dem Corpus juris durch die Glossatoren
angehängt. |
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10) Friderici secundi Imperatoris
Constitutiones de statutis et consuetudinibus contra libertatem ecclesiae editis,
et immunitate locorum religiosorum ubique morantium, et fori privilegio, et
Gazaris et Patarenis et aliis haereticis, eorumque successoribus, et navigiis
peregrinis et advenis quocumque locorum hospitantibus eorumque
successoribus, et de agricolarum securitatibus. |
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|
11) Liber de pace Constantiae, oder der
Costnitzer Frieden, von den Glossatoren beigefügt. |
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Außerdem finden sich noch in einigen
Ausgaben willkürliche Anhänge, z. B. der Julianische
Novellenauszug (im Corp. jur. Lugd. ap. Senneton. 1548 —
1551 etc.), der sogenante Brachylogus (ebendaselbst), die
Lombarda (im Corp. jur. Lugd. sub signo Leonis 1562), die goldene
Bulle (im Corp. jur. ed. Aveae de Baudoza),
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- 91) Fabric. bibl. Gr. Vol. XII. p.
143 sqq. ed. Harles. Guil. Beveregii judicium de canonibus
apostolicis, in Cotelerii Patres apostol. P. I. p. 432., worin sich auch
noch mehre Abhandlungen über diesen Gegenstand befinden. S.
auch J. Paul. Hebenstreit D. de canonibus, ut dicuntur vulgo,
apostolicis, Jen. 1701. 4.
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die Bruchstücke der zwölf Tafeln, die tituli e
corpore Ulpiani, und Julii Paulli receptae sententiae, in der Ausgabe
Simon van Leeuwen u. s. w. |
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VIII. |
VIII. Art zu Allegiren 92). |
⇧ Inhalt |
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Die Art, das Corpus juris zu allegiren, weicht
bedeutend von der Art, wie andere Bücher, z. B. die alten
Classiker allegirt werden, ab. Justinian selbst citirt in seinen
Novellen seine Samlung nach der Zahl der Bücher, Theophilus
in der Institutionenparaphrase nach der des Buchs und des
Titels; eben so die Basiliken, selbst noch mit Angabe der Zahl
der einzelnen Stelle, und so auch die spätern griechischen
Rechtsgelehrten. Im Westen citirt Ivo (Carnotensis) alle Theile des
Corpus juris nach Zahlen.♦ |
|
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Wie jedoch seit Irnerius der mündliche
Vortrag über dasselbe, und besonders das Disputiren, als eine
Hauptsache des damaligen Unterrichts aufkam, auch man hiebei,
so wie bei den mündlichen Verhandlungen in den Gerichten
einzelne Stellen anführen mußte, so fing man an, da es nicht so
schwer ist, Worte als Zahlen zu behalten, und da seit der
Recension von Bologna die einzelnen Stellen nicht mehr in den
Handschriften beziffert wurden, diese Stellen nach ihren
Anfangsworten, so wie den Titel, woraus sie genommen waren,
nach seiner Rubrik anzuführen.♦ |
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So z. B. citirt die Glosse und die
Glossatoren die Pandekten folgendermaßen: Dig. quod metus
causa l. metum §. Cum autem, und wenn sie eine Zahl
hinzusetzt, so ist es blos da, wo mehre Stellen mit denselben
Worten anfangen, oder dieselbe Rubrik, wie bei dem 30sten,
31sten und 32sten Buche der Pandekten (de legatis in primo,
secundo, tertio), also in dem obigen Beispiele: D. quod metus
causa l. metum
9. §. Cum autem. Daraus ward: L. metum 9.
§. Cum autem D. quod metus causa, nachher, als man auch
anfing, den Anfangsworten die Zahlzeichen beizufügen: L.
metum 9. §. Cum autem 8.
D. quod metus causa, und noch
später, etwa in der Mitte des siebzehnten Jahrhunderts 93),
als man schon viele numerirte Ausgaben besaß, mit Weglassung
der Anfangsworte der Stelle und des Paragraphen L. 9. §. 8. D.
quod metus causa, welches seitdem die gewöhnliche und noch
jetzt in den Gerichten übliche Citirmethode ist.♦ |
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Etwa seit 1790 fing man in den Schriften der
Rechtsgelehrten an, außer der Rubrik nun auch die Zahl des
Buchs und Titels hinten einzuklammern: L. 9. §. 8. D. quod
metus causa (IV. 2.), und seit Hugo ist es gebräuchlich
geworden, ohne selbst der Rubrik zu gedenken, zu citiren: fr. 9.
§. 8. D. IV. 2., wobei jedoch noch Einige die Rubrik des Titels
quod metus causa angeben. |
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|
Dabei ist zu bemerken, daß statt des D. auch
wol ff gesetzt wird; z. B. l. 9. §. 8. ff. quod metus causa. {1}
Diese
Sigle ff, welche schon in den Handschriften vorkömt, ist nichts
als ein geschlungenes D, und bedeutet Digestorum 94)-
|
{1} fehlender . ergänzt. |
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- 92) Hugo civil. Magazin. Bd. IV.
Nr. 8. und S. 409. Thibaut civilist. Abhandlungen. 1814. Nr. 10.
- 93) Riccius tr. rhaps. de libr. jur. Rom. quat. (1657) nent
wenigstens diese Art eine Neuerung.
- 94) Cramer de sigla
Digestorum; Hugo Magazin Bd. III. Nr. 6. u. ebendas. S. 186. —
Über die oft sehr lächerlichen Erklärungen Anderer s.
Brunquell. hist. jur. {2} P. III. cap.
3. §. 34. Ludovici doctrina
Pand. §. 59. meine Einleitung. S. 166. Anm. 13.
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{2} Fußnote ergänzt von S. 363 Sp. 1 |
S. 363 Sp. 1 |
CORPUS JURIS
CIVILIS |
⇧ Inhalt |
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Auf eine ähnliche Art wurde der Codex
allegirt; seit Hugo geschieht es, daß statt des Worts lex, constitutio
gesetzt wird; z. B. c. 4. C. VI. 15. |
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Bei den Institutionen allegirte man
gleichfalls sonst die Anfangsworte, und nachher die Zahl des
Paragraphen, und die Rubrik des Titels, z. B. §. 3. Inst. de justitia
et jure; jetzt §. 3. J. I. 1.♦ |
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Die Novellen wurden sonst nach der Zahl
der Collationen und der Titel, oder blos nach der Rubrik der
Titel allegirt; jetzt nach der Zahl einer jeden Novelle, so wie
dieselben von Contius in seiner Ausgabe von 1571 geordnet,
und von Gothofredus den Nummern nach beibehalten sind,
ohne Rücksicht auf die Zahl der Titel zu nehmen; sodann nach
deren Capitel und Paragraphen, wie jeder andere classische
Autor.♦ |
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Bei den libris Feudorum allegirt man jetzt
zuerst die Zahl des Buches, und dann die des Titels; z. B. II.
Feudorum 45. |
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⇧ Inhalt |