|
|
⇦ S. 92: §. 17 |
S. 93 |
Von der eigenwilligen Herrschafft §. 18. |
Scan 979 |
|
§ 18. |
|
|
Und das wäre von der kranckheit des eigenen willens bey
einem Regenten dißmal gnug gesagt; Das mittel dargegen wäre weitläufftig zu
beschreiben, und folget in dem tractat davon eines und anders; Summarisch zu
reden, so ist das beste, daß ein Regent gläube und erkenne, (1.) Wie er von GOtt
in den regier-stand gesetzet und solches amt ihme nicht zum spiel und lust,
wenigers andern leuten zur straffe und plage, sondern ihm selbst, und seinen
anvertrauten unterthanen, (denn dieses beyderley hat er gar nicht ursach von
einander zu sondern) zu nutz, trost, freude und vergnügung, gegeben sey. (2.)
Daß er dennoch ein mensch sey und so wol, als andere, menschliche mängel und
gebrechen habe, also unterweisung und rath bedürffe, ja gewissens halben an
denselben regulariter gebunden, und an keine eigene einfälle gewiesen sey.
Bleibet er in diesen haupt-gründen, so wird ihn GOTT auch in fleißiger
betrachtung und berathschlagung zu erkennen geben, welches (3.) sein und seiner
lande wahrer und rechtmäßiger[1] stand sey, was er rechtswegen thun könne und
solle, wie weit sich seine kräffte und vermögen erstrecke, wo er fest halten,
und wo er weichen müsse, und (4.) insonderheit, wo er die discurse, reden und
meynungen seiner räthe höret, so bemühe er sich, ohne daß er alsobald
einplumpen und einen dem andern in einem augenblick fürziehen wolte,
unpartheyisch die vernünfftige gründe und ursachen die jeder theil anführet,
wol und reifflich zu erwegen, und woran er zweiffel hat, solchen fein
kaltsinnig |
⇩ [1] |
S. 94 |
Additiones zum II. T. C. 1 §. 1. |
Scan 980 |
|
und glimpfflich fürzulegen, keinen, der seine meynung
dargegen vertheidiget, zu überschnarchen, sondern lasse der sachen, ihrer
beschaffenheit nach, lieber etwas zeit, oder es falle nun so eilsam es wolle,
so mache er den ausschlag lieber dahin, wo er für sich siehet die grundvesten
des göttlichen und natürlichen, auch Reichs-rechten, die fußstapffen seiner
löblichen vorfahren, das exempel anderer weiser und berühmter Regenten und
leute, die meisten, freyen, ungezwungenen, und durch keine præparation,
bedrohung oder verfängliche unterbauung eroberte stimmen der räthe, und
endlich, was seine unterthanen, und ihme selbst, (nach der güldenen regul
Christi) wenn er ein unterthan wäre, annehmlicher, leichter und nützlicher,
auch gewöhnlicher ist, das erwehle er lieber, als neu-ersonnene, harte
ungewöhnliche und gefährliche wege; wird ihm denn nicht allezeit der success in
die hand kommen, so hat er doch ein weit ruhigers hertz, auch bessern nahmen,
und kan, was nicht anderst seyn kan in gedult und großmuth ihm gefallen, ja
wenn er vernünfftig verfahren eine einbusse lieber als ein glück oder zugang,
seyn lassen den er mit blossem wagniß eigensinnig und abentheuerlich erlanget.
Denn es heisset doch; Nunquam successu crescit honestum. Und wird er ehe
zehenmahl mit vernunfft und beyfall der räthe oder stände des landes, als
einmal mit seinem eigenem kopff und dünckel, gewinnen. |
S. 95 §. 19 ⇨ |