HIS-Data
Seckendorff: Teutscher Fürsten-Staat HIS-Data
5226-5-18
Additiones > §. 18
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Mittel, welche wider solche mängel des regenten zu gebrauchen
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    ⇦ S. 92: §. 17
S. 93 Von der eigenwilligen Herrschafft §. 18.
  § 18.
  Und das wäre von der kranckheit des eigenen willens bey einem Regenten dißmal gnug gesagt; Das mittel dargegen wäre weitläufftig zu beschreiben, und folget in dem tractat davon eines und anders; Summarisch zu reden, so ist das beste, daß ein Regent gläube und erkenne, (1.) Wie er von GOtt in den regier-stand gesetzet und solches amt ihme nicht zum spiel und lust, wenigers andern leuten zur straffe und plage, sondern ihm selbst, und seinen anvertrauten unterthanen, (denn dieses beyderley hat er gar nicht ursach von einander zu sondern) zu nutz, trost, freude und vergnügung, gegeben sey. (2.) Daß er dennoch ein mensch sey und so wol, als andere, menschliche mängel und gebrechen habe, also unterweisung und rath bedürffe, ja gewissens halben an denselben regulariter gebunden, und an keine eigene einfälle gewiesen sey. Bleibet er in diesen haupt-gründen, so wird ihn GOTT auch in fleißiger betrachtung und berathschlagung zu erkennen geben, welches (3.) sein und seiner lande wahrer und rechtmäßiger[1] stand sey, was er rechtswegen thun könne und solle, wie weit sich seine kräffte und vermögen erstrecke, wo er fest halten, und wo er weichen müsse, und (4.) insonderheit, wo er die discurse, reden und meynungen seiner räthe höret, so bemühe er sich, ohne daß er alsobald einplumpen und einen dem andern in einem augenblick fürziehen wolte, unpartheyisch die vernünfftige gründe und ursachen die jeder theil anführet, wol und reifflich zu erwegen, und woran er zweiffel hat, solchen fein kaltsinnig
S. 94 Additiones zum II. T. C. 1 §. 1.
  und glimpfflich fürzulegen, keinen, der seine meynung dargegen vertheidiget, zu überschnarchen, sondern lasse der sachen, ihrer beschaffenheit nach, lieber etwas zeit, oder es falle nun so eilsam es wolle, so mache er den ausschlag lieber dahin, wo er für sich siehet die grundvesten des göttlichen und natürlichen, auch Reichs-rechten, die fußstapffen seiner löblichen vorfahren, das exempel anderer weiser und berühmter Regenten und leute, die meisten, freyen, ungezwungenen, und durch keine præparation, bedrohung oder verfängliche unterbauung eroberte stimmen der räthe, und endlich, was seine unterthanen, und ihme selbst, (nach der güldenen regul Christi) wenn er ein unterthan wäre, annehmlicher, leichter und nützlicher, auch gewöhnlicher ist, das erwehle er lieber, als neu-ersonnene, harte ungewöhnliche und gefährliche wege; wird ihm denn nicht allezeit der success in die hand kommen, so hat er doch ein weit ruhigers hertz, auch bessern nahmen, und kan, was nicht anderst seyn kan in gedult und großmuth ihm gefallen, ja wenn er vernünfftig verfahren eine einbusse lieber als ein glück oder zugang, seyn lassen den er mit blossem wagniß eigensinnig und abentheuerlich erlanget. Denn es heisset doch; Nunquam successu crescit honestum. Und wird er ehe zehenmahl mit vernunfft und beyfall der räthe oder stände des landes, als einmal mit seinem eigenem kopff und dünckel, gewinnen.

  Anmerkungen HIS-Data  
  [1] korrigiert aus: rechmäßiger
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Stand: 14. August 2017 © Hans-Walter Pries