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Seckendorff: Teutscher Fürsten-Staat HIS-Data
5226-2-13-3
Anderer Theil > Cap. 13 > §. 3
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Wobey in acht zunehmen 3) Die bestellung eines predigers, und das Jus Patronatus
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S. 315 (Forts.)   ⇦ S. 315: §. 2
  §. 3. Das dritte, so allhier zu mercken, ist die bestellung einer person, die zum predig-amt geschickt, und entweder schon ordiniret, oder dessen Scan 335
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  versichert ist, zu einer gewissen pfarr, oder in eine gewisse gemeinde, stadt oder dorf, welches recht sonst die election, pfarrsatz, jus patronatus, kirchen-bestellung, beruffung, collatur, pfarr-lehn, und so fortan, pfleget genennet zu werden. Nun ist es zwar an sich selbst natürlichen und göttlichen rechten gemäß, daß iede christliche gemeinde macht habe, ihr einen seelsorger und kirchen-diener, durch gemeine wahl einstimmung und beruffung anzunehmen.* Weil aber gleichwohl die art und weise in GOttes wort förmlich nicht fürgeschrieben, so bleibet es dannenhero billig iedes orts bey der gewonheit, die von alters hero aufkommen, als daß etlicher orten die weltliche hohe obrigkeiten allein, etlicher orten die kirchen-diener und bischöffe, anderswo auch wol die unter-obrigkeiten, oder auch privat-personen, diese wahl, benennung und beruffung einer person zum predig-amt an diesem oder jenem ort verrichten. Denn weil von der zeit der ersten kirchen her, dißfalls viel unterschiedene arten und weisen der pfarr-bestellungen gefunden werden, auch darüber viel streit und irrungen sich erhoben, so ist es doch bey solcher bewandniß das sicherste, daß es bey iedes orts alter gewohnheit gelassen, und keine nothwendigkeit erzwungen werde, daß die gemeinden allein, oder die weltliche obrigkeit, oder auch alle drey zugleich, diese wahl und benennung verrichten. Denn es wird der kirchen GOttes dißfalls kein schade geschehen, wenn nur das erste und andere stück, so wir vorher gesetzet, recht in acht genommen wird,
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  darzu denn die guten ordnungen, welche die hohe obrigkeiten hierinnen aufrichten, mercklich dienen. Sonderlich aber ist dieses gantz christlich, und in wolbestellten kirchen-wesen gewöhnlich, daß, obwohl die pfarr-bestellung an sich selbst nicht in den stimmen oder wahl der gemeinde bestehet, sondern solche benennung die obrigkeit oder privat-leute haben, dennoch über der vorgeschlagenen person, die Gemeinde des orts vernommen, und ihnen zugelassen wird, ob sie an dem kirchen-diener, der ihnen fürgestellet worden, seiner lehr, amts-gaben oder lebens halben, etwas wichtiges zu bedencken und zu erinnern hätten, auch da sie erhebliche mängel und ursachen anzeigen können, denenselben vorgebauet, oder eine andere tüchtige person ihnen fürgesetzet wird.
  Von diesen allen ist in denen kirchen-ordnungen der Augspurgischen Confeßions-verwandten Reichs-Stände christliche und stattliche verfassung zu finden, und darinnen umständlich enthalten, wie zu einem kirchen-dienst der collator oder patron der pfarr, oder da solches recht dem landes-fürsten, oder dessen ämtern selbst zustünde, das consistorium selbst, eine christliche, gelehrte und geschickte person vorschlagen, wie sie dabey den würdigsten vorziehen, keinen andern respect, als die wohlfahrt des kirch-spiels, vor augen haben, den nominirten vorhero beyläufftig erforschen, mit einer predigt hören, so dann eine prob-predigt an dem ort, dahin er vorgeschlagen wird, thun lassen die gemeinde in öffentlicher versammlung darüber ver-
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  nehmen, und im fall sie mit der fürgeschlagenen person lehr und wandel zufrieden, oder nichts erhebliches darwider einzuwenden, ihme so dann von dem patrono die vocation oder schrifftlichen beruff aushändigen, und ferner, wo er nicht vorhero im predigamt begriffen, das ordentliche examen, so vor der ordination nöthig ist, mit ihme anstellen, endlich auch die ordination werckstellig machen lassen sollen.
  * Es haben belesene leute angemercket, ist auch aus den historien klar, daß in denen 3. ersten seculis die geistlichen von denen gemeinden erwählet worden: lässet sich aber daraus keines weges eine nothwendigkeit erzwingen, sintemahl, da anfangs die hohe obrigkeiten sich der christlichen religion nicht annahmen, die Christen selbst unterereinander den gottesdienst bestellen und die äusserliche direction der kirchen, so gut sie konten, fassen musten, welches sonst ingesamt nach der auf das natürliche recht sich gründenden politic allewege der hohen obrigkeit zukommet. Zwar soll man wol einer gemeinde nicht leicht einen pfarrer wider ihren willen aufdringen, weil zumahl ein solcher nicht viel erbauen wird, ist auch in so weit gantz löblich, daß man dieselben mit ihren stimmen bey denen prob-predigten zuhören pflegt: Aber eine nothwendigkeit hieraus machen wollen, ist über die schnur gehauen, und dem rechte der hohen obrigkeit gar zu nachtheilig, als die mit recht solche bestellung, samt dem übrigen kirchen-regiment, hat an sich ziehen, zugleich auch dadurch die mala in multitudine regnantia, als da sind der ehr-geitz, allerhand griffe zu erlangung der meisten stimmen, und factiones, abschneiden können. Nachdem aber die Regenten dieses hohe recht, so wohl als andere weltliche, entweder selbst verwalten, oder auch nach vorwaltenden unmständen an privatos überlassen konten, so ist aus dem
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  letztern das jus patronatus oder pfarr-lehen entstanden, wovon bereits in des kaysers Justiniani Novellen, auch Caroli M. und Ludovici Pii capit. nachricht zu finden, und bißher auch in unsern christlichen kirchen geduldet worden. Weil nun die patroni, wie aus obigem erhellet, dieses recht von der hohen obrigkeit haben, so folget, daß diese ihnen, deßfalls ratione exercitii concessi gesetze vorzuschreiben, auch da etwan untüchtige personen vorgeschlagen werden solten, dieselben zu verwerffen befugt sey. Inzwischen welche art der pfarr-bestellungen unter denen jetzt angemerckten am besten sey, wollen wir aus des bekannten Grotii buch de jur. summ. potest. kürtzlich hinzu fügen. Da mihi, schreibet er, Cyprianum, et qui eo tempore vixerunt, nihil erit à populari electione meruendum. Da Patres Nicaenos, libenter episcopis electionem addicam. Da Theodosios, da Valentinianos, da Carolum M. nullum erit â regia electione periculum. Und ferner: si tamen aliquid consilii dandum est, non displicet mihi Justinianeorum temporum ratio, ne plebi invitæ Pastor obtrudatur, et simul salvis summis potestatibus jure rescindendi electiones, si quid forte in ecclesiæ aut reipublicæ perniciem erratum sit.
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Stand: 6. Oktober 2017 © Hans-Walter Pries