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Seckendorff: Teutscher Fürsten-Staat HIS-Data
5226-3-4-25
Dritter Theil > Cap. 4 > §. 25
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4) Geschehen des endes so wohl schrifftliche verordnungen als vorbescheide
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    ⇦ S. 579: §. 24
S. 579 (Forts.) §. 25.[1] (4) Dieweil in solchen sachen nicht alles durch schrifften und befehliche verführet werden kan, sondern viel durch mündliche verhör, handlung und anordnung geschehen muß: So werden in der fürstl. cammer öffters vorbeschiede unterschiedlicher Scan 599
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  leute und beamten gehalten, dabey es denn auch ordentlich hergehen, gütliche verhör und handlungen versuchet, reifliche deliberation gepflogen, und verordnung darauf geschehen sollen: Damit aber zwischen denen sachen, die rechts-strittig, oder peinl. sind oder sonst ihrer art nach, vor die gerichts-stellen oder fürstl. rathstuben gehören, keine vermengung geschehen, und zu beschwerung der land-stände, oder verkürtzung des rechts anlaß gegeben werde: so geschehen solche vorbeschiede u. verhör, auch mündliche anzeig und ermahnungen, bey fürstl. cammer stuben, allein in denen sachen, die zu dero eigentlichen expedition gehören oder also beschaffen, daß sie zum wenigsten daselbst zu der cammer nachricht erkundiget, und alsdenn, da sie recht-hängig, zweifelhafftig, oder sonst bedencklich sich befinden, vor die fürstl. regierung oder nach gelegenheit, für die justitz-beamte auf dem lande gewiesen werden.*
  Diesem nach werden solche vorbeschiede angesetzet, und citationes gemeiniglich ausgefertiget, wenn zum exempel, allerley fürstliche bediente, die auf rechnung und verwaltung sitzen, anzunehmen, und zu beeydigen, oder der bestallung halben mit ihnen zu handeln, oder sie andern vorzustellen, oder dieselbe zu rede zu setzen, zum fleiß zu ermahnen, über geklagte excesse, oder eingelangte beschwerden, die nicht in gerichtliche und peinliche straffen lauffen,** zu vernehmen, von ihnen rechnungen zu fordern, oder abzuhören, verwürckte straffen, die in ihren bestallungen benahmet, oder, auf erzeig-
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  ten ungehorsam, anzusetzen, wegen ihres verhaltens von andern erkundigung einzuziehen, ihre angegebene reste zu examiniren: Wenn zwischen etlichen, die etwa in ein amt verordnet, unrichtigkeit beyzulegen, wenn mit creditoren und prätendenten an die Fürstl. Herrschafft gütliche handlung zu pflegen, oder zwischen ihnen selbst, da sie sich über dergleichen forderungen zweyeten, vergleich zu stifften; Wenn mit kauff- und handels-leuten, mit handwerckern, pacht-leuten und dergleichen zu tractiren: Wenn bey verlautetem eingriff in die regalien der grund zu erforschen, und zumahl bey erster erkundigung zeugen darüber zu vernehmen: Wenn auf eingelangte klagen und bitten, um erlassung oder moderation eines und andern Herrschaffts-gefälles erkundigung einzuziehen, und bescheid darauf zu ertheilen.
  In diesen und dergleichen puncten, wann die fürstl. cammer überhäuffet ist, werden auch commissiones an renterey-verwandte, oder beamte des landes, aus der cammer ausgefertiget: Ingleichen werden visitationes in die ämter und cammer-güter, zu erforschung der haußhaltung, verhaltung der diener, beschaffenheit der güter und dergleichen, mit umständlichen instructionen, so offt es nöthig,*** und man darzu gelangen kan, angeordnet: Nichts weniger auch executiones, zu einbringung der schuldigen gefälle, der diener rechnungen und resten,
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  arresta schuldiger und zur flucht verdächtiger leute, eilsame verstrickung deren, die sich an den cammer-gefällen augenscheinlich vergreiffen, anbefohlen, und also in diesen dingen eine art der gerichtbarkeit und botmäßtgkeit exerciret.
  * Man siehet zwar keine ursach, warum dergleichen sachen, wo zumahl eine quæstion de utilitate Principis mit unterläuffet, nicht eben so wohl und gut bey der Cammer könten tractiret werden. Nachdem es aber einmahl dahin kommen, daß mittelst vieler griffe und inventionen das Cammer-wesen zu bereichern etwan mag seyn gesuchet worden, so hat sich das gute vertrauen dahin fast verlohren, wie man denn zum Schertz das sprichwort: in camera non est justitia, im munde führet und sind, wie der Baron Schröder in seiner Fürstl. Renth-Cammer redet, die Cameralisten bey dem lande so verhaßt worden, daß auch dieselben von den zusammenkünfften und versammlung der Landes-stände an etlichen orten ausgeschlossen werden. Wiewohl, wenn dieses anders richtig, dem wercke fast zu viel gethan ist, da bey vielen, zumahl wohl eingerichteten Cammern noch rechtschaffene und gewissenhaffte leute anzutreffen, welche sowenig in dem interesse ihres herrn was zum schaden thun, noch hingegen dasselbe mit eines dritten schaden befördern lassen, wobey denn auch wohl wenig glück und segen seyn wird. Um solcher ursachen willen es denn eben weißlich geordnet, daß alle dinge, welche in die quæstiones juris et justitiæ mit einlauffen, vor des landes-herrn Gerichten verhandelt, und dadurch die kennzeichen gleiches und rechts an den tag geleget werden.
  ** So bald aber dieses ist, oder auch ein sonst von der Cammer dependirender bedienter sich wegen unverdienter bestraffung zu beschweren und sonst zu einer rechtlichen untersuchung ein sonderliches vertrauen hätte, wird er damit in die regierung verwiesen und hinlänglich gehört.
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  *** Allein die unnöthigen sind aus denen §. 13. angeführten ursachen zu vermeiden.

  Anmerkungen HIS-Data  
  [1] korrigiert aus: 26
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Stand: 20. Juni 2017 © Hans-Walter Pries