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Alterthümer, Antiquitates (vergl. Alterthum) heißen mehrere einzelne Trümmer oder Überreste
merkwürdiger Denkmäler und Gegenstände aus einer der
gegenwärtigen ungleichen Vorzeit, die weder an sich
verständlich sind, noch durch die Geschichte vollständig
erläutert werden, sondern erst durch mühsame Forschungen
deutlich gemacht werden müssen.♦ |
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Jeder menschliche Verein, Dorf, Stadt,
Reich kann seine Alterthümer haben, d.i. eine Menge mehr
oder minder zertrümmerter Wohnungen, Tempel, Gräber,
Hausgeräthschaften, Waffen, Münzen, Schriften, Kunstwerke,
Denkmäler, desgleichen mehrere besonders unter dem
gemeinen Volke etwa noch erhaltene Gebräuche, Handlungen,
Sitten, Kleidungsarten, Feste, damit in Verbindung stehende
Sagen u.dergl., die aus einem gesellschaftlichen Zustande, der,
mit dem Anfang des gegenwärtig bestehenden, sein Ende
erreichte, herrühren, und, wie alles Vorgeschichtliche, oder
von der Geschichte unbeachtet Gebliebene, in eine Art von
Räthselhaftigkeit versenkt sind, weil ihr Ursprung, Sinn, Inhalt
und Zusammenhang mit den eigentlichen Gegenständen der
Geschichte nicht klar zu Tage liegen, sondern durch
Forschungen erst entwickelt werden. |
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Weil aber diese und andere einzelne
Überreste aus einem ehemals bestandenen gesellschaftlichen
Volks- oder Staatsverein nicht mit Sicherheit ausgedeutet
werden können, ohne jenen gesellschaftlichen Zustand in
seinem ganzen vormaligen Zusammenhange und in allen
Verhältnissen zu erforschen und zu kennen; so hat man den
Begriff Alterthümer vorzugsweise ausgedehnt auf die
systematische Beschreibung des ganzen vormaligen
Organismus eines alten Volksvereins oder Staatsgebäudes,
welches entweder untergegangen, oder in einer neuen, d.i. der
alten ganz ungleichen Gestalt nur noch vorhanden ist.♦ |
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In diesem, und zwar gewöhnlichsten Sinne
bedeuten Alterthümer eigentlich Beschreibung der
Alterthümer, und Alterthümer werden dann in dem oben
angegebenen Sinne genommen, daß sie alle einzelne
Merkwürdigkeiten des vormaligen gesellschaftlichen
Zustandes, die bürgerlichen, häuslichen, gottesdienstlichen
Einrichtungen, die Formen des Krieges, der Rechtsver- |
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ALTERTHÜMER |
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waltung, der Sitten, die Gebräuche,
Wissenschaften und Künste und ihrer Erzeugnisse, kurz alle in
dem vormaligen Bestehen des Vereines vorhanden gewesene
Erscheinungen bezeichnen.♦ |
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Der Grund dieser Bezeichnung liegt darin,
daß alle genannte Merkwürdigkeiten wirklich erst in neuern
Zeiten, vorzüglich seit dem Aufleben der Wissenschaften,
fragmentarisch entdeckt, und als dunkle, von der Geschichte
nicht, oder wenig erörterte Gegenstände einzeln durch
sorgfältige Erläuterungen aus ihrer Räthselhaftigkeit gezogen,
folglich als Trümmer eines ganzen Staatsgebäudes, als
Alterthümer, behandelt, und so lange und mit solchem Fleiß
erklärt und erläutert wurden, bis es möglich war, nach den
Ergebnissen der auf einzelne Gegenstände gewandten
Forschungen, den inneren Zusammenhang des aufgelöseten
Vereines zu begreifen und das alte Staatsgebäude gleichsam
aus den Trümmern idealisch wieder aufzubauen.♦ |
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Solche einzelne Forschungen sind z. B. für
die hebräischen Alterthümer gesammelt von Ugholini:
thesaurus antiquitatum sacrarum etc. Venet. 1744—70.
XXXIV. fol., für die griechischen von Jacob Gronovius:
Thesaurus graecarum antiquitatum. Lugd. Bat. 1697—1702.
XII. fol., für die Römischen von Joh. Georg Grävius
Thesaurus antiquitatum Romanarum. Traj. 1694—99. XII. fol.
Fortsetzungen von de Sallengre: Nov. Thesaurus antiq. Rom.
Hagae 1716—19. III. fol. und Poleni Nova Supplementa
Thesauri antiq. Rom. et Graec. Venet. 4737. V. fol. etc. |
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Alterthümer dieser Art sind daher bei
kentnißreichen Schriftstellern, die zufällig dahin Gehöriges
mitgetheilt, oder bei noch ältern Schriftstellern mühsam
znsammengelesen haben, sorgfältig aufgesuchte,
zusammengetragene und in einandergreifende Notizen,
Angaben, Berichte, Äußerungen, Bemerkungen, ferner
Ausdeutungen von noch vorgefundenen Erzeugnissen des
Volkes, als Wohnungen, Tempeln, Gräbern, Anlagen, Waffen,
Geräthschaften, Bildhauereien, Münzen, Denkmälern aller Art,
kurz einzelne, nicht aus einer Totalanschauung entlehnte,
sondern abgesondert entdeckte, durch Forschung entwickelte,
durch scharfsinnige Auslegung erörterte Nachrichten,
Andeutungen, Beschreibungen, Winke, Abbildungen, die nach
dem Gesetz der Gleichartigkeit künstlich geordnet und durch
die combinirende Beurtheilung zu einem Ganzen verbunden
worden sind.♦ |
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So haben wir jüdische Alterthümer von
Aug. Pfeiffer, Reland, Warnekros, Bauer: griechische
Alterthümer von Joh. Philipp Pfeiffer, Potter, Lambert Bos,
Havercamp; römische Alterthümer von Rosini, Nieupoort,
Pitiscus, Maternus von Cilano, Adam, Heyne; teutsche
Alterthümer von Grupen, Tresenreuter, Heineccius, Hummel,
Rößig; gallische von de la Sauvagere; brittische von Wilhelm
Baxter u. s. w. |
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Solche Alterthümer bilden gleichsam
Lehrbücher der Staatskunde oder Statistik der alten Staaten
und Völker; sie unterscheiden sich aber dadurch von den
Statistiken neuerer Zeit, daß diese vollständiger abgefaßt und
aus der lebendigen Betrachtung eines bestehenden Staates
gleichsam in einen Guß zusammengeflossen sind, auch nur die
wesentlichen Eigenheiten und die innern und äußern
Hauptverhältnisse nebst ihren Zusammenwirken zu
einem |
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ALTERTHÜMER |
⇧ Inhalt |
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einzelnen politischen Gesamtleben
darstellen, jene dagegen unvollkommner, bloß nach Maßgabe
der aufgefundenen Nachrichten, die gleichsam wie einzelne
Scherben in einander gepaßt worden, zusammengetragen sind,
so, daß sich aus der fragmentarischen Zusammenstellung erst
die deutliche Anschauung aller innern Verbindungen des
aufgelöseten alten Staates ergibt, auch außer den wesentlichen
Haupteinrichtungen desselben eine Menge Kleinigkeiten
behandelt werden, die man in den neuern Statistiken als
unwichtig und überflüssig mit Stillschweigen übergeht. Viele
Fragen bleiben daher in den Antiquitäten unbeantwortet, viele
Verhältnisse dunkel und räthselhaft, vielerlei Ansichten
werden möglich, weil das Ganze nur Stückwerk ist. |
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Dessen ungeachtet sind die jüdischen,
griechischen und römischen Alterthümer durch den
vereinigten Fleiß vieler Gelehrten, wenn nicht in allen Theilen,
doch in den Hauptsachen, so bewundernswürdig aufgeklärt
worden, daß sie ihrer Bestimmung sich annähern, den innern
Bau und die ganze Verästung aller Zweige der
Staatsverwaltung und der bürgerlichen Ordnung als eines im
Ganzen fixirten Zustandes, darzustellen. Je mehr sie durch
fortgesetzte Forschungen und aufgefundene alte Schriften,
welche neue Aufschlüsse geben, vollendet werden, desto
deutlicher werden die häuslichen, bürgerlichen,
gottesdienstlichen Einrichtungen, die Regirungsart, Gesetze,
Rechtspflege, Polizei, der Cultus, dessen Quellen, Schriften,
Priesterordnungen, ihr Verhältniß zur Regirung und dem
bürgerlichen und häuslichen Leben, die verschiedenen Stände,
und deren Rechte, Nahrungsquellen, die Formen des Friedens
und des Land- und Seekrieges, der Stand, die Art und
Beschaffenheit der Wissenschaften und Künste und ihrer
Bearbeiter, nebst den fördernden oder hindernden Ursachen,
dann die Grundideen, die das ganze Volk oder einzelne
Classen durchdrangen und einen bestimmten Geist, eine
besondere Richtung, Neigung, Leidenschaft, Reibung
erzeugten, kurz das ganze eigentliche Leben, Thun und Seyn
eines Volkes in seiner innern Verwickelung und seinen
Umtrieben zur klaren Anschauung hervortreten und die
Erscheinungen der Geschichte, als Thatkraft, Muthlosigkeit,
Siege , Niederlagen nebst der ganzen Verkettung der
Begebenheiten gründlicher, und nach allen mitwirkenden oder
hemmenden innern Ursachen, begriffen werden können. |
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Die Alterthümer anderer hier nicht
genannter Völker *) in den vier Erdtheilen sind mehr oder
minder bearbeitet worden, je nachdem steter Zugang zu ihnen
gewesen ist, gelehrte Forscher und liberale Unterstützer sich
gefunden haben, und besonders schriftliche Denkmäler aus
dem Alterthume entdeckt worden sind. Nachweisungen zu den
dahin gehörigen Werken findet man in Meusel's Bibliotheca
Historica, bei den verschiedenen Völkern, in Bougine's
Handbuch der allgem. Literargeschichte im Real-Index unter:
Alterthümer; in Ersch Literatur der Geschichte No. 409 etc.
und in ähnl. Büchern. Am reichhaltigsten und sorgfältigsten
sind in den neuern
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- *) Die Alterthümer der einzelnen Länder
und Völker, Wissenschaften, Künste und Anstalten, s. unter
diesen, z. B. Nordische, Kirchliche, Rechts-Alterthümer
u. s. w.
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ALTERTHUMSKUNDE |
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Zeiten die ägyptischen Alterthümer
vorzüglich durch die Franzosen, die indischen durch die
Engländer dargestellt und erläutert worden. Die wesentliche
Ausbeute davon, so wie die Nachweisungen zu den
Originalwerken findet man in Heeren's Ideen über Politik,
Verkehr und Handel der alten Welt. 3te Ausg., auch besonders
abgedruckt unter dem Titel: Zusätze zur dritten Ausgabe der
Ideen von Heeren. Gött. 1815. |
(P. F. Kanngiesser.) |
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