|
|
⇦ S. 240: §. 42 |
S. 240 (Forts.) |
Beym 9. Capitel II. T. |
Scan 1126 |
|
§. 43. |
|
|
WEil nunmehro mit den vorhergehenden additionen über meine
gedancken so viel platz dieser edition eingenommen worden, mir auch die zeit
dißmahl entgangen, daß ich nothwendig abbrechen muß, so will ich bey diesem und
folgenden capiteln nur etliche materien namhafft machen, von denen ich zwar im
sinn gehabt, ein und anders vielleicht nicht unnützliches, zuschreiben, bin
solcher bewandniß aber dieselbe anderen, die sich darinn üben wollen,
überlassen, oder wo es einsten die gelegenheit gebe, mir vorbehalten, weiter
auszuarbeiten,* als: |
|
|
* Ich hatte mir zwar vorgenommen, diese und folgende
vorgelegte fragen abzuhandeln: Nachdeme aber das buch über vermuthen
angewachsen, daß zu befürchten, es möchte dasselbe in keinen bequemen band
gefasset werden können; So will und kan nur mit wenigen ein und andern punct
berühren. |
|
|
1 Noch mehr motiven, dadurch die Regenten zu bewegen, daß
sie die administration der justitz für kein parergon oder zufällige und
schlechte verrichtung halten, also die collegia, darinnen recht ge- |
|
S. 241 |
Von etlichen Justitz-Sachen §. 43. |
Scan 1127 |
|
[1]sprochen wird, besser bestellen, und in ihrem lauff erhalten
solten.** |
⇩ [1] |
|
**Dahin gehöret 1. Die erhaltung des gantzen staats, der
sonst unzehligen unheil unterworffen ist; 2. Daß auch dadurch ein nutzbahrer
ertrag entsteht; 3. Die auffnahme des landes in commercien und handthierungen,
welche sonst nimmermehr floriren können etc. |
|
|
2. Anleitung, wie Herren und Regenten, also auch einige dero
vornehmen diener, die etwan in der jugend nicht zeit und mittel gnug zum
studiren gehabt, zu nothwendiger wissenschafft des rechtens gelangen, und
dadurch geschickt gemacht werden können, in collegiis der rechts-gelehrten
nützlich zu præsidiren oder beyzusitzen, und ihr votum mit gutem grunde
abzugeben.*** |
|
|
*** Dazu ist wohl kein besser mittel, als zum theil selbst
hand anzulegen, zum theil öffters in collegiis zu seyn, und der geübteren
relationes und votiren anzuhören. Wohin gehöret was sonst von zuziehung
geschickter leute gesaget worden. |
|
|
3. Vorschläge zu beförderung der justitz, in der art des
verhörens, protocollirens, vortragens, registrirens und resolvirens damit die
zeit gewonnen, und die geschäffte erleichtert werden.**** |
|
|
**** Darinnen wird man, was den handgriff, so zu sagen
betrifft, nichts besses befinden, als kurtze fragen des richters, und der
partheyen unbewundene antwort, wodurch man in einigen tägen etliche sachen
abhandeln und die justitz ungemein befördern kan. Es gehöret aber ein wohl
einsehender richter dazu; das übrige kommet auf die verbesserung der
Proceß-ordnungen an, wovon dermahlen noch wenig zu hoffen. |
|
|
4. Von dem grossen nutzen und rechten ge- |
|
S. 242 |
Additiones zum II. T. C. 9. |
Scan 1128 |
|
brauch der collegiorum juridicorum, schöpffen-stüle und
facultäten, wie auch von verhütung des mißbrauchs.**** |
|
|
***** Der guthe gebrauch müste nur allein in fällen, da der
richter selbst nicht sprechen kan, als in casu judicis suspecti, leuterationis,
inquisitionen v. d. g. statt haben; Zum mißbrauch gehören die informate ad
effectum liberandi ab expensis, die vielen verschickungen der acten zu grossen
unstatten der unterthanen, ohngeachtet auswärtig der sachen nicht einmahl recht
eingesehen werden kan etc. |
|
|
5. Von dem schaden, der aus unnöthiger behauptung der
mancherley vermengten alten gerichtbarkeiten, die hin und wieder im Reiche
annoch observiret werden, mehrentheils zu blosser plage, hinderniß und kosten
der unterthanen entstehet, als da sind etliche arten der cent-gerichte,
rüge-gerichte, vogt-gerichte, helff-gerichte, und dergleichen mehr. * |
|
|
* Dieses ist eine rechte last der unterthanen, wie ich es in
der erfahrung sattsam gesehen Oft sind leute von verschiedenen obrigkeiten
wegen eines delicti 2. und mehrmahl gestraffet, offte bey repressalien,
verboth der erscheinung, v.d.g. in grosse kosten und verderben gestürtzet
worden. Doch scheinet es nach und nach einiger orten in etwas mit solchen
gerichten abzunehmen, welches auch, ausser denen schweren verbrechen, wohl zu
wünschen. |
|
|
6. Von dem grossen mißbrauch, mit ansetzung der straffen und
bussen, und was für eine bessere arth zu vorkommung des bösen, und erhaltung
rechtens und erbarkeit, zu gebrauchen, wie auch vom schaden der
land-verweisung, staupenschlags und gefängniß-straffen.** |
|
S. 243 |
Von etlichen Justitz-Sachen §. 43. |
Scan 1129 |
|
** Die straffen solten billig nicht zu erhöhung der
Herrschafftl. gefälle, sondern zu erhaltung des endzwecks, als 1. daß der
delinquent gebessert, 2. andere dadurch abgeschrecket, 3. die Republique in
ruhe erhalten werde, abziehlen. Man straffe also z. e. keinen geitzigen an der
ehre, keinen ehrgeitzigen mit gelde v.s.w. von den Staupenschlägen und
landesverweisungen ist bereits bey vorigen §. dieser additionen gehandelt. |
|
|
7. Von ordnungen des votirens in rath-stuben, oder
dergleichen collegiis, obs besser sey, von oben oder von unten anzufahen, zwey
bäncke zu halten, oder nicht, und die gelehrten zu erst allein, oder wechsels
weise mit der adelbanck, votiren zu lassen.*** |
|
|
*** Ich halte verschiedener ursachen willen vor wohl gethan,
wenn an die ordnung von unten auf zu votiren man sich nicht allemahl so genau
bindet, weilen viele zeit damit hingehet. Besser möchte auch seyn ohne
unterschied der bäncke nach der ancienneté der dienste zu sitzen, oder wo
gleichwohl ein anders eingeführet, wechselsweise zu votiren. |
|
|
8. Von einer sichern und bessern arth zu referiren in
wichtigen rechts-sachen, als an den meisten orten[2] gebräuchlich, und
insonderheit, ob der gebrauch des Hohen Raths zu Turin, darvon Antoninus
Thessaurus in der præfation seiner piemontischen decisionen schreibet, nützlich
sey, daß man bey ablegung der relationen die partheyen oder dero gewalthabere
zugegen seyn lasse.**** |
⇩ [2] |
|
**** Ich glaube, daß in der arth zu referiren keine gewisse
regeln gegeben werden können, sondern daß ein jeder nach seiner capacité darauf
sehen müsse, wie er die momenta causæ recht heraus ziehen könne. Ich habe
gesehen, daß einige sich viele mühe darinnen |
|
S. 244 |
Additiones zum II. T. C. 9. |
Scan 1130 |
|
gegeben, wir sie ad modum relationum Cameralium referiren
möchten, und wenn sie zum ende kommen, hat man doch nicht gewust, was aus der
sache zu machen; da hingegen mir jemand bekannt, welcher nur auf einen geringen
blat die momenta causæ zu notiren und darauf so vollständig cum voto zu
referiren weiß, daß nichts daran auszusetzen: Ich kan aber diesen vorschlag
allhier nicht ausführen, zumahl solcher ohnedem mehr auf mündliche
demonstration als viele regeln ankömmet. Des Thesauri vorschlag wäre meines
erachtens unnützlich und gefährlich. |
|
|
9. Von einer bessern und schleunigern art demjenigen, so die
sache gewonnen, zu dem seinigen zu verhelffen.***** |
|
|
***** Dieses kömmet lediglich auf gute Proceß-ordnungen, und
promte handhabung der justitz an, denn sonst alles vergebens ist. z.e. In den
meisten Proceß-ordnungen ist deutlich enthalten, daß wer zur restitution einer
sache condemniret, er solches binnen 14. tagen thun, oder dieselbe ihm durch
die Obrigkeit abgenommen werden solle: daß im executiv-proceß die würckliche
execution in Sächs. frist, oder wie bereits einiger orten heilsam verordnet, in
halber Sächs. frist vollstreckt werden solle. Wenn nun dieses allemahl genau
observiret würde, so ist die hülffe genug beschleuniget. |
|
|
10. Obs rathsam wäre, alle gerichts-sportulen und gebühren
der richter, schreiber und advocaten, abzuschaffen, und mit erhöhung der
salarien, oder bestellung und besoldungen gewisser advocaten, vorzunehmen, auch
mit bestraffung der muthwilligen haderer, oder taxirung der sachen und
processen, die mittel darzu zu erlangen.* |
|
|
* Wir haben davon schon an seinen orte gehandelt, daß nemlich
dergleichen abschaffung der sportuln v.s.w. nicht wohl rathsam, weil doch der
endzweck einmahl |
|
S. 245 |
Von einigen Handhabungs Mitteln etc. §. 44. |
Scan 1131 |
|
nicht erlanget, und darnach noch dazu andere übel zu
beschwerde der unterthanen und litigirenden partheyen entstehen würden. |
S. 245 §. 44. ⇨ |