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Seckendorff: Teutscher Fürsten-Staat HIS-Data
5226-2-9-5
Anderer Theil > Cap. 9 > §. 5
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Oder richtet gewisse hoff- und land-gerichte auf
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S. 241 (Forts.)   ⇦ S. 241: §. 4
  §. 5. Nechst diesem, und damit sonderlich die stände des landes, und andere, welche sonst, wie gedacht, alsobald vor denen regierungen oder cantzeleyen des landes-fürsten zu rechte stehen müssen, und seinem untergericht unterworffen sind, gleichwohl noch eine andere gerichts-stelle hätten, darinnen mit gantz ordentlichen proceß verfahren, auch die sachen durch sothane vermehrung der gerichts-stellen desto förderlicher expediret werden möchten, haben unterschiedliche fürsten und stände in Teutschland, vor langen zeiten * noch eine andere hohe gerichtbarkeit zuweilen an dero hof, mehrentheils aber an einem andern bequemen, und etwa im mittel gelegenen ort landes, angestellet, welche man Hof-Gerichte, Land-Gerichte, Cammer- oder Quartal-Gerichte nennet, dieselbe sind mit unterschiedlichen, und mehrentheils halb von edelleuten, halb von Scan 261
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  andern gelehrten und graduirten Personen, als beysitzern, besetzet, und wird der oberste, welcher die direction führet, der Hof- oder Landrichter genennet, daselbst werden alle diejenigen, die sonst für der regierung oder rathstuben des landes-fürsten verklaget werden können, nach des klägers belieben und wahl, wenn die sache nicht schon vor der regierungs-cantzeley anhängig, belanget, doch ist an vielen orten zwischen demselben, und der cantzeley eines landes-fürsten, dieser merckliche unterscheid, nicht nur, daß von dem hof gericht an die landes-herren sich beruffen oder appelliret wird, und über dasselbe die hohe aufsicht und verordnung dem landes-fürsten zukommet, sondern auch, daß nur zu gewisser zeit, nemlich alle quartal, darinnen geurtheilet, auch gemeiniglich keine peinliche,** sondern allein bürgerliche sachen daselbst gerechtfertiget werden, und sonst in vielen dingen seinen sondern proceß, sonderliche bedienten, als protonotarien, actuarien, gewisse advocaten, anwälde, fiscale und hof-gerichts-botten hat, von welchen allen die in druck ausgegangene hof-gerichts-ordnungen unterschiedlicher länder, mit mehrerm nachricht geben, und daraus zu ersehen, mit was maasse und weise solche hof-gerichte bestellet sind, ob sie neben den rath-stuben, oder unter denselben, oder auch gantz allein zu denen rechts-sachen geordnet, und also für den rath-stuben der landes-herren dergleichen nichts fürgenommen werde. Man findet auch in etlichen fürstenthümern sonderliche land-gerichte, welche von denen Röm. Käysern privi-
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  legiret, daß sie gleichsam an statt deroselben und des Reichs über einen gewissen bezirck, ob gleich solcher dem landes-herrn nicht gar unterworffen, das recht sprechen sollen. ***  Weil aber dieselben ihre gewisse art haben, und bey solcher bewandniß so wohl vor landes-herrliche, als reichs-gerichte gehalten werden, so ist deroselben beschreibung auch hieher eigentlich nicht gehörig.
  * Und zwar findet sich, daß solches bereits im XIV. und XV seculo geschehen, da sonst vorher die rechts-händel von wichtigkeit bey denen land-tägen entschieden worden, als man im jahr 1199. bey land-graf Herrmann in Thüringen und den mönchen auf der pforte ein exempel hat.
  ** Auch ordentlicher weise keine fiscal- und lehns sachen, samt allerhand andern nach der observantz Teutschlandes besondern arten: Wiewohl Schilterus in Jur. Alem. geklaget, daß diese hoff-gerichte vieles an sich gezogen hätten, woran ich doch, was diejenige zeit betrifft, fast zweiffle, wenigst von einigen solchen judiciis darthun kan, daß ihnen wenig autorität mehr übrig geblieben.
  *** Dergleichen ist das Kayserliche Landgericht des herzogthums zu Francken, welches im Stifft Würtzburg nicht allein über die Stiffts- sondern auch andere unterthanen von alters her in landgerichts-fällen, als da sind, Vormundschafften, Einkindschafften, Annehmungen an kindes statt, Erbfälle, Testamente, exerciret worden, wie davon das Fränckische Landrecht, welches von den gemeinen rechten gantz sonderlich abgehet, zu sehen ist. Und giebt es dergleichen gerichte in Francken und Schwaben noch mehrere, deren gäntzliche abschaffung bey dem Westphälischen Friedens-negotio auf die bahn gebracht, aber nicht geendiget, sondern die sache biß auf den nechsten Reichstag verschoben worden.
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Stand: 17. September 2017 © Hans-Walter Pries