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Adel III. (in polit. Hinsicht). Die Untersuchung des
Einflusses, den ein bevorrechteter, zumal ein vor andern geehrter
Stand auf die ganze bürgerliche Gesellschaft in ihrer jetzigen
Gestaltung äußert, und der Lehren, welche für die Gesetzgebung
daraus fließen, gehört unter die schwierigsten und streitigsten der
Staatslehre; besonders hat in neuester Zeit der Zwiespalt unter den
Ständen des Volkes die Leidenschaften in dieser Sache angeregt, und
bewirkt, daß die Frage aus dem einen oder andern Standpunkt, also
immer einseitig, aber mit desto größerer Heftigkeit, verhandelt
wurde. Die Staatslehre muß, frei von solcher Befangenheit, alle
Seiten erwägen und das Urtheil auf die nothwendigen geselligen
Verhältnisse gründen. |
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Bedeutende Reibungen erscheinen als
unvermeidlich, wenn man bedenkt, wie viel seit dem Mittelalter, wo
der jetzige Lehnadel sich bildete und seine Rechte erhielt, in den
Verhältnissen der Stände sich der That nach geändert hat, ohne daß
die Gesetzgebung mit diesem Gange gleichen Schritt gehalten hätte.
Dem Adel steht nicht mehr ein unfreier Bauernstand gegenüber; der
Bürgerstand hat sich überaus kraftvoll ausgebildet, und wie er
allmälig den Bauernstand zu sich herauf zog, mußte auch die
Entfernung des Adels von ihm geringer werden, oder es entstand ein
drückendes Mißverhältniß. Nur eine neue, den Zeitumständen angepaßte
Ordnung der Dinge, wie sie in einigen Staaten von Europa bereits
besteht, oder ein gewaltsames Niederdrücken der untern Stände, wie
z. B. in Ungern oder in Mingrelien 1) wo eine drückende
Lehnsverfassung besteht, kann dem stillen Kampfe der verschiedenen
Volksclassen abhelfen. |
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Die Beschwerden des Mittelstandes sind nicht
ungegründet. Das freie Aufstreben im ganzen Volke, die Masse
geistiger, sittlicher und volksthümlicher Kraft, die sich überall
entwickelt hat und zum Bewußtseyn ihrer selbst gelangt ist, sieht
mit Widerwillen sich durch eine unübersteigliche Schranke gerechter
Belohnungen beraubt. Dabei kann der Güterbesitz nicht gemeint seyn,
weil
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- 1) Chardin, voyages. I, 137. Amsterd.
1711.
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es allen einleuchtet, daß die Sicherheit des
Eigenthums unbedingt herrschen müsse. Aber je mehr die
Zeitereignisse persönliches Verdienst bedurften und erweckten, desto
empfindlicher wird es, daß manche Ehrenvorzüge nicht diesem als
solchem, sondern der Geburt zu Theil werden. Unleugbar ist jetzt ein
weit höherer Grad von Tätigkeit des Einzelnen erfoderlich, wenn er
durch Verdienste um das Gemeinwesen andere überwägen will. Daher
fällt es auch mehr auf, daß einige das höchste Gebiet bürgerlicher
Ehre vorweg in Besitz nehmen, ohne ihre eigene Würdigkeit
nachzuweisen. Dem Staat entgeht dadurch auf beiden Seiten in den
Begünstigten das Gute, das sie im Wettstreben mit den übrigen würden
ausgebildet haben, in diesen aber die Frucht aller Anstrengungen,
deren Unterlassen nun durch die Ausschließung von gewissen
Verhältnissen verursacht wird.♦ |
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Die Zeit ist vorüber, wo man um der bloßen
Erinnerung an alte thatenreiche Geschlechter willen noch den
Abkömmlingen höhere Achtung zollen kann, wenn diese nicht sichtbar
in die Fußstapfen der Altvordern getreten sind. Freilich würde es
sehr heilsam seyn, wenn diese Nacheiferung in ihnen lebhaft und
allgemein würde, und man sieht wol ein, daß gänzliche Zerstörung des
Adels schon deshalb ein Verlust für die Gesammtheit wäre; aber die
gegenwärtige Lage bringt doch diesen Vortheil auch nur mangelhaft zu
Wege. |
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Die Bestimmung des Adels, bei der
Staatsvertheidigung vorzüglich mitzuwirken, hat schon durch die
stehenden Heere, neuerlich aber durch die Wiedererweckung einer Art
Heerbann, aufgehört. Die Steuerfreiheit verlor hiebei ihren Grund,
und die Ritterpferde standen wenigstens einem guten Steuerwesen im
Wege; auch hat man beides fast überall wirklich aufgehoben. Daß der
Adel die Umgebung der Fürsten bildet, Kron- und Hofämter
ausschließend erhält, ist nur in so fern schädlich geworden, als
daraus Anlaß entstand, auch in andern Dingen ein drückendes
Übergewicht zu erlangen, besonders, zwar nicht gesetzlich, aber nach
einem festen Herkommen, alle höchsten Staatsämter in Besitz zu
nehmen. Dieser Umstand muß, abgesehen von seinem widrigen Einfluß
auf den Gemeinsinn des größeren Theiles der Bürger, in Ansehung der
Ämter selbst nachtheilig werden, weil die Auswahl unter den
Bewerbern sehr beschränkt wird, und eine große Menge geistiger Kraft
ungenützt bleibt, und weil zugleich eine erbliche Ansicht der Dinge,
wenn sie mit der höchsten Gewalt bekleidet wird, Einseitigkeit in
die Staatsverwaltung, Bedrückung und Beschränkung anderer Stände
schwer vermeiden kann.♦ |
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Begreiflich ist es daher, wenn das Fortschreiten
in den geselligen Verhältnissen, weil das Neue bedenklich scheint,
viele Hindernisse findet; wenn der Gang der Rechtspflege durch
Befreiungen ungebührlich gestört, durch gutsherrliche Gerichte
bisweilen gemißbraucht wird, die Lage der Unterthanen zu
verschlimmern, während die Lehnrechte der Betriebsamkeit im Wege
stehen. Die ausnahmlose Herrschaft des Rechtsgesetzes, in der
eigentlich die wahre nothwendige Freiheit der Bürger besteht, leidet
sichtbar durch die Gewalt, die der Adel insgemein besitzt. Eine
besondere Adelskammer, wie das engl. house of Lords und die
französische Chambre des Pairs, entspricht dem teutschen Volksleben
wenig, und würde unvermeidlichen Nachtheil |
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haben, weil der bevorzugte Stand außer dem
allgemeinen auch sein eigenes Bestes hat, dem er, oft wider die
Übrigen, zu häufigen Einfluß auf seine Beschlüsse einräumen würde
(s. Art. Volksvertretung).♦ |
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Selbst daß nur der Adel hoffähig ist, läßt sich
tadeln, weil es der gleichmäßigen Stellung des Fürsten über dem
ganzen Volke widerstreitet, Schwung und mannichfaltige Berührungen
von ihm abhält und Vorurtheile nähren kann. Der nicht ansässige, und
vollends der nicht wohlhabende Adel ist eben so wol selbst in einer
ungünstigen Lage, weil ihn die öffentliche Meinung von vielen
Nahrungswegen abhält, als er der Würde seines Standes schadet, die
er nicht durch Unabhängigkeit eines reichlichen Lebens behaupten
kann. Die Käuflichkeit der Adelsrechte aber ist der allgemeinen
Achtung am meisten entgegen.♦ |
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Dies sind ungefähr die Hauptgründe gegen den
Adel. Ihr bedeutendes Gewicht ist unleugbar, doch ist nun zu sehen,
ob nicht andere, gleichfalls gewichtige, ihnen entgegengesetzt
werden können, und ob jene das Wesen der Sache, oder die gerade
jetzt hervortretenden nachtheiligen, nicht unabänderlichen
Äußerungen betreffen. |
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In monarchischen Staaten ist eine Abstufung der
Stände sehr wesentlich, um Ordnung zu begründen, die bestehende
Verfassung zu sichern, den Gemeingeist zu beleben, und die mit
verschiedenen Beschäftigungen verbundenen Eigenthümlichkeiten zu
bewahren. Zu allem dem führt das Anschließen an die Genossen. Die
neueren Erschütterungen im Staats- und Staatenverhältniß haben zwar
diese Gränzen, wie sie die geschichtliche Entwickelung des Volkes
gestaltet hatte, verwirrt und außer Acht gesetzt; aber es zeigten
sich auch die nachtheiligen Folgen hievon. Dieses allgemeine
Verflachen und Überschreiten der Unterschiede hat den wahren,
tüchtigen Bürgersinn gar sehr geschwächt; der abgezogene Begriff des
Gemeinwohles kann das Anschauliche nicht ersetzen, was die
Theilnahme der Mitglieder jedes Standes an ihrem Schicksale hatte,
kann in der Mehrzahl nicht genug Lebhaftigkeit erregen. Das
Nahrungswesen leidet unermeßlich von dem Wetteifer in immer größerem
Aufwand, als hinge von diesem die Stufe bürgerlicher Anerkennung ab.
Wenn es möglich ist, die verschwundene Ordnung einigermaßen wieder
herzustellen, ohne daß daraus Fesseln für das allseitige Aufstreben
entstehen, und ohne daß von den einzelnen Classen das Ganze aus dem
Gesichte verloren wird, so würden die Vortheile höchst bedeutend
seyn. Freilich gehörte dazu ein reges Leben für den Staat, ein
größerer Antheil der Bürger am Öffentlichen, als es insgemein der
Fall ist 2). |
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Der Unterschied der Stände kann nicht von der Art
seyn, daß nicht jeder geehrt würde. Dies ließe sich nur denken, wenn
es einen unfreien Theil des Volkes gäbe, auf dem alle Lasten ruhen,
oder dem wenigstens der Weg der Vertretung fehlte, um seine Lage zu
verbessern. Aber eine Abstufung des Ranges ist mit der Würde und
Freiheit Aller wohl vereinbar, ja ist von Erbmonarchieen nicht
füglich zu trennen, weil in diesen der Rang von dem
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- 2) Vergl. hierüber Esprit des Loix, II, 4. und
daß Montesquieu nicht einseitig war, beweist sogleich III, 4.
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Thron ausgeht und durch Nähe an demselben sich
bestimmt. Nur darf er deshalb in keine wesentlichen Verhältnisse
eingreifen, weil seine Grade nicht mit den Bildungsstufen
zusammenfallen. Wo erblicher Vorrang noch nicht bestünde, würde es
nicht ausbleiben können, daß die Herrscherstämme einzelne
Geschlechter mit solchem begabten, wozu ihnen Verwandtschaft,
Freundschaft, geleistete Dienste viele Gründe darbieten.
Insbesondere liegt es in der Natur der Sache, daß die den Fürsten
einmal nahe stehenden Geschlechter mittelst vererbter Vorzüge in
ihrer Umgebung gehalten werden. Wie viele Ränke und Nachtheile das
regellose Trachten nach diesem Hofleben da verursachen kann, wo
jedem der Zugang offen steht, zeigt die Geschichte der
muhammedanischen Staaten, freilich in einer Stärke, die bei uns
nicht denkbar wäre; aber daß es hiemit doch eine andere Bewandniß
hat, als mit Staatsämtern, leuchtet von selbst ein.♦ |
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Sind nun vollends solche adelige Geschlechter
bereits durch lange Erinnerungen mit Herrscher und Volk in
Zusammenhang, so muß ihre Zerstörung viel mehr gegen sich haben, wie
es überhaupt mißlich ist, dem Bestehenden mit vorschnellem Urtheile
die Paßlichkeit für unsere Zeit abzusprechen. So wie man überhaupt
Stände im Volk nicht machen kann, so ist es auch nicht leicht
rathsam, vorhandene zu zerstören, aber das Einrichten und Ändern der
Verhältnisse im Einzelnen, nach Maßgabe der allgemeinen
Erscheinungen der Zeit, wird freilich immer nothwendig bleiben. |
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Der Adel steht unter den verschiedenen Ständen
dem Fürsten am nächsten; er darf aber weder einziger noch
vorzüglicher Vertreter des gemeinen Wesens seyn. Daher ist z. B. zu
wünschen, daß bürgerliche Rittergutsbesitzer mit den adeligen
gleiches Recht haben, in der Vertretung des großen Grundeigenthums
Virilstimmen einzunehmen, oder, wie in großen Staaten, die Landboten
mit zu wählen. |
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Die richtige Stellung des Adels im Staate wird
aber nicht von selbst entstehen, ohne eine zweckmäßige Gestaltung
aller Verhältnisse durch die Gesetzgebung. Der Adel darf zu nichts
ein Vorrecht geben, wozu nur persönliches Verdienst geeignet ist.
Wenn ihm daher zu allen Staatsämtern gar kein Vorzug eingeräumt
wird, so ist dies sowol dem ganzen Staat als ihm selbst nützlich,
weil seine Mitglieder dadurch Auffoderungen erhalten, sich auch
persönlich hervorzuthun und den Geschlechtsruhm aufrecht zu
erhalten. Hof-Ämter mögen ipso iure persönliches Adelsrecht bei sich
haben, wenn ein solches überhaupt beibehalten wird.♦ |
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Die politische Bedeutung des Adels erfodert
nothwendig eine Unabhängigkeit von der Regirung und eine
Selbstständigkeit, die alle gewöhnlichen unsicheren Wege des
Erwerbes entbehrlich macht, wol auch eine sichtbare Anständigkeit
des Lebens bereitet. Grundbesitz ist also für ihn sehr wesentlich.
Ein hierauf gegründeter Majoratsadel, wie der britische, indem die
jüngeren nicht hinreichend grundbegüterten Linien sich dem dritten
Stand anschließen, ist vielleicht das einzige Mittel, beide Stände
sich zu einem glücklichen Gleichgewicht näher zu bringen. Der nicht
begüterte thut besser, einen Titel abzulegen, der ihm durch
unbefriedigte Ansprüche zur Last fällt. Seitdem die Klöster,
Capitel, geistlichen Ritterorden u. s. w. die Anhäu- |
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fung der Adeligen nicht mehr begünstigen, muß
wirklich für einen anderen Abfluß gesorgt werden, wenn nicht am Ende
die übergroße Anzahl aller Bedeutung des Standes Eintrag thun soll.
Dies würde die erwähnte Einrichtung verhüten 3). Ein Zufluß von
frischer Kraft und freier Geistesentwicklung würde leicht
hervorgebracht werden, wenn man den vorzüglich würdigen Gliedern des
Dienst- oder Verdienstadels die Übertragbarkeit ihrer Würde auf ihre
Nachkommen, im Falle des erfoderlichen Besitzthums, gestattete. |
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Um den Zwecken der Staatsverwaltung nicht zu
schaden, ist zuvörderst in Ansehung der Rechtspflege dafür zu
sorgen: |
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I. Daß die Rechtsverfolgung gegen Adelige und das
Verfahren in peinlichen Fällen durch den eingeräumten bevorzugten
Gerichtsstand bei einer Gerichtsstelle der zweiten Ordnung auf keine
Weise verzögert oder erschwert werde; |
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II. Da die gutsherrlichen Gerichte (auf die
übrigens bürgerliche Gutsbesitzer gleichen Anspruch haben), wo man
sie beibehalten will, wenigstens genau an die Landesgesetze
gebunden, und von den Landesobergerichten in fleissiger Aufsicht
gehalten werden. |
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Dasselbe gilt von der polizeilichen Verwaltung. In
Ansehung des Volkshaushaltes ist es ein anerkanntes und auch in vielen
Staaten (z. B. in Frankreich schon im Anfang der Umwälzung, in Baiern
1808, in Preussen 1811, in Würtemberg 1817) schon befriedigtes
Zeitbedürfniß, daß die aus dem Mittelalter stehengebliebenen
gutsherrlichen Rechte gegen die Gutsunterthanen zwar nicht
aufgehoben, aber in andere weniger dem landwirthschaftlichen
Betriebe schädliche Leistungen von gleichem Betrag umgewandelt
werden, (s. Gutsherrlichkeit). Eben so unbestreitbar ist ein Vorzug
in der Besteurung, wie z. B. in Mecklenburg sogar die Hälfte jedes
Rittergutes steuerfrei ist, (Erbvergleich von 1755. §. 7.), dem
Zeitgeiste nicht mehr angemessen, und der Gleichheit der
Staatslasten entgegen, es müßte denn diese Vergünstigung als ein
gebührender Ersatz für die Entziehung anderer einträglicher
Vortheile anzusehen seyn, z. B. für den ehemaligen unmittelbaren
Reichsadel in Deutschland, (wie nach dem würtemberg. Adelsstatut §.
44, bei dem Verfassungsentwurfe von 1817. Vergl. preuß. Finanzedict,
27. Oct. 1810. S. 26. d. Gesetzsamml.). In Bezug auf Heerpflicht mag
der Gutsherr zugleich Bannerherr seines Bezirks seyn; Befreiung der
Adeligen wäre aber auf keine Weise zu rechtfertigen. |
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Demnach würden Vorrang, Kron- und Hofämter,
Wappen, Ritterorden, und etwa ein bevorzugter Gerichtsstand die
einzigen Auszeichnungen der Geburt bilden. Landtagsfähigkeit,
Bannerführung, Gleichstellung mit den andern Ständen in übrigen
Dingen werden, scheint es, den besten Sporn zur weiteren Fortbildung
geben. So ist ein reges, freies Volksleben denkbar, ohne daß
einerseits Hemmungen des allgemeinen Fortschrei-
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- 3) Vergl. Bonaparte's Statut, 1. März 1808.
Lassaulxs Annalen der Gesetzgeb. Nap. I. Bd. I. Heft 1.
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tens, andrerseits Störungen der Ordnung,
befürchtet werden müßten. |
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Dies alles gilt indeß nur von monarchischen
Staaten. Dem Wesen der Volksherrschaft (Demokratie) ist der Adel
fremd, und wenn sich in dieser Form ein solcher Bestandtheil findet,
so wird er unfehlbar Reibungen verursachen, in denen entweder er
oder die ganze Verfassung untergeht. Eben so ist ein erblicher Adel
nicht wohl mit der Tyrannei (despotischen Monarchie) vereinbar; er
würde stets im Kampfe mit dem Machthaber stehen. Höchstens könnte
ein auf Geldbesitz ruhender Adel, wie einigermaßen der bonapartische
(den Buchholz in sofern pries, Hermes S. 107.) unter die Werkzeuge
der Unterdrückung gesetzt werden. In der Aristokratie dagegen ist
politische Gewalt der Geschlechter wesentlich; man kann daher
füglich den Einfluß des Adels als den aristokratischen Bestandtheil
der gemischten Verfassungen betrachten, in denen sich vereiniget
findet, was die einzelnen reinen Formen Gutes haben. |
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Ein blos persönlicher Verdienstadel ist durchaus
nicht geeignet, die Bestimmung des Erbadels in der Monarchie zu
erfüllen. Er mag als Belohnung des Verdienstes angemessen seyn,
kommt aber im Verhältniß der Stände nicht in Betracht, weil er, mit
keiner Selbstständigkeit und Unabhängigkeit des Lebens verbunden,
ganz an das Staatsoberhaupt, als den Austheiler von Würden, gebunden
ist. In jener Hinsicht ist die Schwierigkeit eines Urtheils über das
wahre Verdienst, wenigstens die Einseitigkeit nach dem Maßstabe des
Beurtheilenden, und der unvermeidliche Einfluß fremdartiger
Beweggründe zu erwägen; deshalb ist der Verdienstadel nicht gerade
verwerflich, aber auch nicht für eine tiefeingreifende Anstalt zu
halten. Daß ferner die Anerkennung und Belohnung der vorzüglichen
Bürgertugend in dieser Gestalt erscheint, ist eine Folge des
vorhandenen Erbadels, den man in jenen nachgeahmt hat. |
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Montesquieu's Lehren werden immer bedeutendes Gewicht behalten,
z. B. die Sätze: Le pouvoir intermediaire subordonné plus naturel est celui de la noblesse.
Abolissez dans une monarchie les prérogatives des seigneurs, du clergé,
de la noblesse et des villes, vous aurez bientôt un état populaire,
ou bien im état despotique. Espr. D. L. II, 4.
Wie weit die Wünsche des Adels gehen können, s. Klübers
Acten des Wiener Congresses, I, 2. S. 124. I, 3. S. 106. —
Stützpuncte unserer Ansicht enthalten die Andeutungen des Ministers von
Stein (über Preussens wichtigste Angelegenheiten. Leipzig 1817.).
S. besonders auch: über das Verhältniß des teutschen Adels zu seinen Mitständen;
Europ. Annalen, 1815. 8s u. 9s St.
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(Rau.) |
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