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Allgemeine Encyclopädie HIS-Data
5139-1-03-203-2
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Artikel: Alpen-Wirthschaft
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  Alpen-Wirthschaft. Wenn von Alpenwirthschaft die Rede ist, so versteht man unter den Alpen überhaupt alle diejenigen Weidstriche auf den Gebirgen (s. unter Alpen IV.), die des Winters wegen ihrer Entfernung, Höhe und Wildheit gewöhnlich weder von Menschen noch Vieh bewohnt werden können, und wohin deswegen zur Sommerszeit größere oder kleinere Viehheerden getrieben werden, damit sie das Alpengras wegfressen und
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  daselbst entweder als junges, nichttragendes Gelt-oder Mastvieh gut genährt werden, oder reichlich Milch geben, woraus in der sogenannten Sennhütte Butter, Käse und Zieger bereitet wird. Dieses ist die Alpenwirthschaft oder Alpenökonomie der Schweizer und ihrer Nachbarn in den Gebirgen.
  Die Alpenwirthschaft ist in der ganzen zusammenhängenden Gebirgskette eingeführt, welche zwischen Teutschland und Italien herzieht, oder als eine Fortsetzung der Schweizeralpen anzusehen ist. Man trifft sie daher außer der Schweiz oder in den Rhätischen und Penninischen Alpen in ganz Savoyen, einem großen Theil von Piemont und des Venedigschen, einem Theil des Mailändischen Gebietes, in ganz Tirol, im Allgöw und den Vorarlbergischen Herrschaften, in dem südlichen Theil von Baiern 1) und dem südöstlichen Theile des schwäbischen Kreises, in Obersteiermark und in einem Theile der Herzogthümer Kärnthen und Krain oder in den kärnthischen und julischen Alpen, im Salzburgischen und Berchtolsgaden 2), welches nebst einem Theil von Steiermark und Tirol zu den norischen Alpen gehört, und in den Bisthümern Brixen und Trient, an. Eben dieses findet man in den Gegenden des Juragebirgs und vorzüglich in der Franche Comté. Die hohen Gebirge von Auvergne, nämlich die Berge von Salers, Mond'or und Cantal werden auf eine ähnliche Art, wie die Schweizeralpen, benutzt 3).
  Was die Schweiz betrifft, so kann die Alpenwirthschaft nicht in allen Cantonen eingeführt seyn, da nicht alle Alpen haben. So hat z. B. der Canton Schafhausen keine Alpenwirthschaft; im Canton Zürich nur der kleine östliche Theil der an das Toggenburg stößt; im Canton Luzern ist sie blos im Entlibuch, im Lauterthal und um den Pilatusberg eingeführt; im Canton Zug hat nur die Gemeinde Egeri eigentliche Alpenwirthschaft u. Sennhütten; der Canton Basel hat nur Alpenwirthschaft auf dem Jura; im Canton Waadt beschäftigt man sich damit sehr stark in den Ämtern Vivis und Aelen, nach dem Wallis hin, und sowol auf diese Alpen, als auf die Alpen
 
  • 1) S. v. Schrank Baierische Reise.
  • 2) S v. Schrank und v. Moll naturhist. Briefe. Salzb. 1785. 2 Bde., und: Meine Wanderungen durch Salzburg, Berchtesgaden u. Österreich. Von Fr. M Vierthaler. 2. Th. 1816.
  • 3) Über die Alpenwirthschaft der Schweiz besitzen wir nachfolgende Schriften die in diesem Aufsatze benutzt wurden: – J. J. Scheuchzers Naturgeschichte des Schweizerlandes. Von Sulzer. 2 Bände 1746 – J. Rud. Schintz Beitrage zur nähern Kentniß des Schweizerlandes. 5 Hefte. Zür. 1783 bis 1787. – Abhandlungen und Beobachtungen der ökonomischen Gesellschaft in Bern. 21 Bde. Von 1760 bis 1773. – Neue Sammlung von Abhandl. und Beobacht. Von der ökonomischen Gesellschaft in Bern. 1r Band 1796. – Abhandlungen der naturforschenden Gesellschaft in Zürich. Zür. 1761 bis 1766. 3 Bde. – Der Bündnerische Sammler. 6 Bde. 1779 bis 84. – Verhandlungen der Gesellschaft landwirthschaftl. Freunde in Bündten. 4 Stücke. 1780 u 1781. – Der neue Bündnerische Sammler. 7 Jahrg. 1804 bis 1812. – L. W. Medikus über die Alpenwirthschaft der Schweiz. Leipz. 1795. – J. R. Steinmüller Beschreib. der schweiz. Alpen- und Landwirthschaft. 1r und 2r Bd. Winterthur 1802 bis 1804.
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  des Cantons Freiburg wird ein großer Theil des waadtländischen Rindviehes getrieben. In einem bedeutenden Theile des Cantons Bern und im Aargau hat man keine Alpen. —
  Da die Alpen jedes Cantons verschiedenen Eigenthümern angehören, so sind sie in verschiedene Weidstriche oder einzelne Alpen eingetheilt, wovon eine jede noch einen besondern Zunamen hat, z.E. in Glarus: die Sandalp, Limmernalp u. s. w. In Bern: die Grindelwaldsalp u. s. w. Diese letztere ist wieder in 7 verschiedene Alpen, so wie andre Gemeinalpen daselbst, in Viertel, vertheilt. — Solche Alpen sind durch Bergrücken, durch ungeheure Felsenwände, durch Zäune aus hölzernen Planken oder durch trockene Mäuerchen von einander unterschieden.
  Die Form, die Lage, die Höhe und Größe der schweizerischen Bergweiden oder Alpen sind in allen möglichen Abwechslungen und Veränderungen äußerst merkwürdige Erscheinungen in den Gebirgen unsrer Erde. — Auf den Gipfeln dieser Berge erheben sich hin und wieder Felsenmassen von einer sehr ansehnlichen Höhe und Peripherie senkrecht in die Höhe, laufen aber nicht in eine Spitze aus, sondern sind oben wie abgeschnitten und bilden horizontale oder schiefe Flächen, oft von sehr großem Umfange, die oben mit etwas vegetabilischer Erde bedeckt und mit Gras bewachsen sind. Bisweilen erheben sich die Felsen treppenförmig über einander zwischen denen, oft breiten Absätzen, sich horizontale oder nach verschiedenen Richtungen schiefe Flächen befinden, die ebenfalls Gras hervorbringen.♦
  Diese Schweizergebirge enthalten oft sehr breite und weitläuftige Rücken, und bilden abwärts von den Gipfeln Abhänge, und um die Gipfel herum Flächen, die an Raum mit der so beträchtlichen Höhe im Verhältnisse stehen. Dies sind die schweizerischen Bergweiden oder Alpen, und hier wächst das köstliche Alpengras, das dem Rindvieh eine so vortreffliche Nahrung gibt. Sieht der fremde Reisende in den bewohnten Schweizerthälern nach jenen dem Anscheine nach unfruchtbaren und unzugänglichen Höhen hinauf, so muß ihm die Schilderung von der Größe und Fruchtbarkeit derselben eben so unglaublich vorkommen, als die Nachricht, daß daselbst viele hundert Kühe weiden, und ohne Gefahr an den unermeßlichen Abgründen herumgehen. —
  Die Größe und Güte der Alpen wird nach dem Sommerweidrecht für mehr oder weniger Kühe berechnet und ist in den meisten Cantonen obrigkeitlich bestimmt. In den Cantonen Glarus, Bündten, St. Gallen u. s. w. heißt die Weide für eine Kuh ein Stoß (2 junge Rinder werden nur für einen Stoß und ein Pferd für 4 Stöße gezählt); daher sagt man: Die Alp hat 50 Stöße, d.h. die Alp kann 50 Kühe ernähren; oder; man will die Alp bestoßen, d.h. man will die Alpweide mit der bestimmten Anzahl Kühe besetzen. –
  Um sich von dem außerordentlichen Umfang der Alpen einen Begriff zu machen, darf ich nur bemerken: daß man im Glarnerlande einzelne Alpen von 5 bis 700 Stößen hat und daß die dortigen Alpen im Sommer 10900 Kühe und mehr als 5000
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  Schafe ernähren. Wer sollte dieses von einem Ländchen erwarten, das 11 Stunden der Länge und 9 Stunden der Breite nach beträgt, und außer 2 engen Thälern beinahe nur aus Eisbergen und kahlen Felsenmassen zu bestehen scheint!
  Der unübersehbar große Umfang der Schweizeralpen wird noch sichtbarer, wenn man bedenkt, daß Alpen keine Wiesen sind, daß sie ein sehr kurzes und sparsames Gras hervorbringen, und daß daselbst oft große Strecken mit Felsenmassen und Schuttkegeln bedeckt werden, daher man auf denselben ungleich größere Strecken zur Weide auf eine Kuh rechnen muß, als auf den Wiesen im Thale. — Aus diesem erhellet aber auch, daß nicht sowol die geometrische Größe einer Alp, als vielmehr ihre Fruchtbarkeit und Lage die obige Schätzung nach Stößen bestimmt, daher die Alpen niemals gemessen werden. — Laut der Berechnung, die Medikus von einem Landwirth im Fruttingerthal erhalten hat, sollen für die Sömmerung einer Kuh auf den Alpen 3 Jaucharte (à 40,000 Berner Quadrat-Schuhe) auf den Voralpen oder auf den niedern Bergen, und 9 bis 12 Jaucharte auf den hohen und höchsten Alpen, erfodert werden.
  Die Alpenpflanzen unterscheiden sich auffallend von denen im Thale. So wie die gedüngten Wiesen hohes und fettes Gras hervorbringen, so sind die Alpen nur mit niedrigem Grase besetzt, welches ein mageres, trockenes Aussehen hat, daher die Fruchtbarkeit derselben nicht sowol in saftigen, hohen und breiten Kräutern, als in der außerordentlichen Kraft derselben besteht. Eben so berücksichtigt der Alpenhirt nicht sowol die Menge, als die Güte der Milch, welche besonders auf den höchsten Alpenrücken ganz verdickt und gelblich, wie Nideln (Rahm) ist. Derjenige also, der auf den Alpen eine solche Grasmenge erwartet, irrt sich sehr, und seine Verwunderung steigt noch viel höher, wenn er auf solchen Alpen Kühe mit vollen Bäuchen und Eutern antrifft, wo er so kurzes Gras sieht, daß es ihm beinahe unmöglich scheint, wie es die Kühe nur abbeißen können.
  Doch auch in Ansehung der Fruchtbarkeit findet sich hier ein sehr großer Unterschied. Die meisten Alpenweiden sind nämlich in Absicht auf frühere oder spätere Benutzung derselben in besondere Abtheilungen, die man Stafel oder Stoofel nennt, eingetheilt. Gewöhnlich hat man deren zwei oder drei: den untersten, den mittlern und den obersten Stoofel (im Canton Bern Läger; Stafel heißt hier die Hütte). Zuerst treibt man das Vieh in den untersten Stafel, welches der unterste Theil der Alp ist, wo der Schnee am frühesten wegschmilzt (dies nennt man in der Schweizersprache auf Alp fahren, so wie es ab Alp fahren heißt, wenn man das Vieh von der Alp ins Thal hinunter treibt).♦
  Die Alpauffahrt geschieht gewöhnlich zu Ende des Mays oder zu Anfang des Brachmonats; zu Ende des letztern benutzt man den mittlern Stafel, und erst zu Ende des Heumonats kann man den obersten Stafel besetzen. Beides, die Auf- und Abalpfahrt, ist hin und wieder gefährlich, und auf vielen Alpen sind die Wege, die auf die obersten Stafel führen, so holperig und steil, daß das Vieh oft einen ganzen Tag dazu braucht, in dahin zu ge-
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  langen, obschon die Entfernung von einem Stafel in den andern kaum eine oder zwei Stunden beträgt, indem man es ganz nach Willkür gehen läßt, ohne es zu treiben. –♦
  Das Rindvieh der Alpenländer sucht aus einem natürlichen Triebe das Hochgebirg, und es ist beinah unbegreiflich, wie es ihm möglich wird, auf solchen unzugänglich scheinenden Alpwegen, die steilsten Gebirgs-Abhänge und Höhen zu besteigen. Die Dauer des Aufenthalts auf den obersten Alptheilen wird gänzlich durch die Witterung bestimmt; ist der Augustmonat trocken und warm, so bleibt das Vieh bis in die Mitte dieses Monats oben; ist die Witterung aber regnerisch, so muß es schnell auf die untern Stäfel herabziehen, weil es alsdann in der höhern Alpregion meistens schneit, wenn es im Thale regnet.
  Die untersten Stäfel haben noch die längsten und breitesten Futterkräuter, hingegen je höher man hinaufsteigt, desto kürzer und zärter, aber dichter in einander gewachsen, sind sie, welche sich zugleich noch durch ihr weit lebhafteres Grün auszeichnen. Außer den gewöhnlichen Grasarten, die aber hier kaum den vierten Theil der Höhe erreichen, welche sie auf den Wiesen im Thale zu haben pflegen, trifft man auf den Alpen, je höher man hinauf kommt, desto häufiger die vielen eigenthümlichen Alpenpflanzen an, die eine Hauptursache der besondern Güte des Futters der höhern Alpen sind; denn beide zusammen, sowol die besondre Kraft, welche die gewöhnlichen Wiesengräser auf diesem Standpunkt erhalten, als auch diese eigenthümlichen, aromatischen Alpenpflanzen machen die Güte desselben aus. Im Allgemeinen halten die Hirten die Mutten, Muttern oder Mutterei (Phellandrium mutellina Linn.), Unsrer lieben Frauen Mäntelj (Alchemilla vulgaris et alpina L.), den Alpwegerich oder Adelgras (Plantago alpina L.), Pimpinella alp. L., Aretia helvet. et alp. L., Trifolium alp. L., Astragalus alp. L., und and.m. für die vorzüglichsten Alpenfutterkräuter 4). —♦
  Die meisten obersten Stäfel der Alpen sind über der Region des Holzwuchses, und das Bau- u. Brennholz, das die Alpenhirten daselbst brauchen, müssen sie entweder auf ihrem eignen Rücken oder durch Pferde hinaufbringen. Nur das Rhododendron hirsut. und ferrugineum L. wird hier noch angetroffen, das übrigens ebenfalls im Mittelgebirge gedeiht.
  Das beste und kräftigste Futter erhalten die Schweizer von den Orten, die über unermeßlichen Abgründen auf schmalen Felsenabsätzen liegen, und so gefährlich sind, daß keine Kuh und kein Schaf dort weiden kann. Hier wagt sich der kühne Gebirgsschweizer mit augenscheinlicher Lebensgefahr auf seinen Fußeisen hin, und sammelt mit Sense und Rechen das Futter ein, das über diesen kahlen Felsenwänden wächst, und das man Wildheu nennt. Dies ist vorzüglich eine Nothilfe für den ärmern Theil, der wenig oder keinen eigenen Wiesen-
 
  • 4) Der vorzüglich von den Glarnen in die entferntesten Gegenden von Europa versandte Schweizer-Thee besteht aus mehrern getrockneten Alpenkräutern. S. Trümpi's Glarnerchronik S. 33–36. Storr's Alpenreise 1781. 1r Th. S. 4. Steinmüller's Alpenwirtschaft. 1r Th. S. 13 u. 14.
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  wachs hat und ein Paar Ziegen wintern will; oder, um einen guten Taglohn zu machen, nicht Mühe und Gefahr scheut. Eine Ziege ist gewöhnlich bei dieser gefährlichen Bergreise die einzige Gesellschafterin des Wildheuers, welche ihm mit ihrer Milch den Hunger und Durst stillt..♦
  Jede Gemeinde hat einen eigenen sogenannten Wildheuet, d.h. eigene Gebirgsgegenden, die von niemandem als von Gemeindsgenossen benutzt werden dürfen; zugleich ist ein Termin, meist vom ersten August an, festgesetzt, in dem man es einsammeln darf, damit es nicht zu früh geholt werde; auch ist es bestimmt, wie viel Personen von einer Familie wildheuen dürfen; gewöhnlich nur Eine.♦
  Dieses Wildheu hat getrocknet einen besonders starken, gewürzhaften Geruch. Nachdem es abgemäht ist, wird es am folgenden Tage gedörrt in Heugarne oder Tücher eingesammelt, und theils über die Felsenwände hinunter geworfen, theils mit unglaublicher Leichtigkeit und Sicherheit in die tiefer liegenden Berge und Thaler getragen 5).
  Die Alpen in der ganzen Schweiz sind entweder gemeine Alpen oder Privatalpen, wovon aber jede dieser Classen in verschiedenartige Abtheilungen zerfällt. In den meisten Gegenden trifft man beide Arten beisammen an, obgleich in jeder die eine oder die andre vorwaltend oder vorzüglich. — So sind in den demokratischen Cantonen Uri u. Schwytz alle Alpen größtentheils gemein; im bernerischen Oberlande hingegen hat man meistens Privatalpen. — Auf die Gemeinalpen, z.E. in Uri, kann jeder Landmann sein Vieh auftreiben, doch muß einer, der in einer Alp eine Hütte haben und Alpenwirthschaft treiben will, bei der Gemeinde, in deren Nähe die Alp, die er benutzen will, liegt, die Erlaubniß auswirken, und nachher wird ihm diese von der Obrigkeit bestätigt. Er darf aber nur in Einer Alp eine Hütte haben, und zugleich auf diese Gemeinalpen nicht mehr Vieh treiben, als er mit eigenem Futter überwintern kann.♦
  Damit aber die Alpen mit Vieh nicht übertrieben werden, so treten die Älpler, Sennen- oder Sentenbauern (Alpenhirten), welche eine Gemeinalp benutzen wollen, schon im Winter zusammen, bestimmen für jede Hütte die Anzahl der Kühe, und setzen die nöthigen Verordnungen fest, wonach sich alle zu richten haben. Diese Alpen sind nach Stößen eingetheilt, und der Senn muß keinen Alpenzins bezahlen. Auch Appenzell Innerrhooden hat viele solcher Gemeinalpen; der Canton Glarus hingegen gar keine.
  Die Privatalpen gehören entweder einer einzigen Person, oder einzelnen Familien, oder ganzen Gemeinden. – Die Berner Privatalpen gehören entweder einem einzigen Eigenthümer, oder mehreren, von denen jeder mehr oder weniger Rechte daran als Eigenthum besitzt. Viele dieser Privatalpen sind so genannte Gusti- oder Stierenberge, auf denen junges Vieh, Rinder, Pferde u. dergl. zur Weide gehen; oder wenn sie mit Kühen benutzt werden, heißen sie Bauernberge, zum Unterschied von Herrenbergen, die einem einzigen Eigenthümer angehören. –
 
  • 5) In Steinmüller's Beschreib. der Alpenwirthschaft 1r B. Ist auf dem Titelkupfer ein glarnerischer Wildheuer abgebildet.
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  Diese sogenannten Herren- oder Küherberge waren vor 50 bis 80 Jahren meist Bauerngustiberge; früher noch wol gar Allmenden. Verschiedene Partikularen suchten nun von den schönsten und größten solcher Alpen so viel Rechte zusammen zu kaufen, bis sie deren entweder die Hälfte, oder so viele Mitbesitzer auf ihrer Seite hatten, daß sie das Stimmenmehr an der Alpgemeinde, wo jedes Recht eine Stimme hat, besaßen. Dann schlugen sie den Mitbesitzern vor, den Berg zu theilen oder sie auszukaufen, oder sich von ihnen auskaufen zu lassen. Waren sie nicht geneigt dazu, so konnte der über die Hälfte an Rechten besitzende ihnen dennoch Gesetze vorschreiben, neue Einrichtungen treffen, Hütten bauen, die Alp verpachten u.dergl., wodurch die Übrigen bald müde wurden, und sich zum Verkauf ihres Antheils fügten. War jener nun Alleinbesitzer, so machte er aus dem Gusti- einen Kühberg; besetzte ihn kaum mit der Hälfte von Vieh oder noch weniger; verlängerte die Zeit des Aufenthalts von 12 bis auf 20 oder mehr Wochen; ließ die Weide von Steinen säubern und diese auf trockne Mäuerchen zusammentragen; Sümpfe austrocknen oder einzäunen, um daselbst Streue oder Heu zur Verbesserung der Alp oder Verlängerung der Alpzeit einzusammeln, u. s. w. — Auf diese Welse sind die Alpen schon hin und wieder ungemein verbessert und zu Wintergütern — oder Theile derselben zu Wiesen oder Waldungen umgeschaffen worden 6).
  Diejenigen Alpen, welche Cantonalgut sind, wovon also die Einkünfte in die Staatskasse fließen (im Canton Appenzell Innerrhoden heißen solche Herengräser), und diejenigen, welche durch fromme Stiftungen an Kirchen, Spitäler, Einsiedeleien und Klöster gekommen sind, werden so, wie die meisten Alpen, welche einem einzigen Privatmanne gehören, an Sennen, die nur Vieh, aber keinen Alpengrund besitzen, für einen Zins verlehnt. Diese Zinse von Alpen, die einzelnen Gemeinden gehören, welche die Alpen nicht selbst benutzen, er-
 
  • 6) In ältern Zeiten hat man an mehrern Orten der Schweiz, z.E. im Canton Glarus, die untersten Theile der Alpen in Bergwiesen verwandelt, die man Berge nennt, und welche mit den Berner-Oberländischen Vorsassen in gleiche Kategorie gehören. Auf diesen wird gewöhnlich nur das Heu eingesammelt, das Frühlingsgras hingegen vom Vieh vor der Alpfahrt, und das Herbstgras nach derselben benutzt. Diese Berge werden gedüngt; sie sind daher mit Kuhställen und größern und kleinern Berghäuschen versehen, welche Letztere mit ganzen Familien entweder anhaltend oder nur so lange bewohnt sind, als die Viehherden sich daselbst aufhalten. – In dieser Hinsicht sind die Schweizer Alpen noch ungemein großer Verbesserung fähig, und wir dürfen hoffen, man werde diese, zum Teil schon in unseren Zeiten, bewirken, wozu der vortreffliche Bernerische Oberförster Kasthofer seine Miteidsgenossen so einsichtsvoll und warm auffordert. S. Bemerk. über die Wälder und Alpen des Bernerischen Hochgebirges. Ein Beitrag zur Bestimmung der Vegetationsgrenze schweizerischer Holzarten, des Einflusses der Waldungen auf die Kultur des Hochgebirges, des Verhältnisses der Forstwirthschaft zur Landwirthschaft und der Bedinge für Verbesserungen der Alpenwirthschaft. Von Karl Kasthofer. 2te verm. und verbess. Aufl. Aarau. 1818. – Vorlesung über die Kultur der Kühalpen. Gehalten in der Versammlung der schweizerischen Gesellschaft für die Naturkunde, in Lausanne, den 28. Heumonat 1818 von K. Kasthofer, Oberförster. Bern. 1818.
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  tragen in einigen Gegenden, z.E. im Glarnerlande, im Distrikt Sargans des Cantons St. Gallen und anderswo, bedeutende Summen, die entweder für Polizeiausgaben angewandt, oder alljährlich unter die Bürger verteilt, oder von den Gemeinds- oder Staatssteuern abgezogen werden.
  Große Alpen von mehrern hundert Stößen werden meistens nicht nur von einem Senntenbauer allein, sondern von mehrern in Lehenzins genommen, wo dann entweder Alle die Geschäfte, Hütten, Nutzen und Schaden nach festgesetzten Verordnungen gemeinschaftlich unter sich theilen, oder daß jeder für sich allein mit seinen Kühen senntnet (Alpenwirthschaft treibt). Obschon dann hier die Kühe einer solchen vertheilten Sennerei meist gemeinschaftlich weiden, so hat doch ein jeder Senn seine eigenen Alpengeräthe und Hütte, weswegen man auf manchen Alpen 4 bis 10 solcher Alphütten antrifft, die kleine Senndörfchen bilden.
  Im Canton Appenzell findet sich auch noch eine besondere Art großer Privat-Alpen, z.E. Bootersalp, Schwägalp u.a., welche etliche Sennthum Vieh ernähren, und die daher in größere oder kleinere Abschnitte oder Weiden eingetheilt, obwol nicht von einander gesondert noch verzäunt sind. Diese heißen kuhg'rechtete Alpen, und es befindet sich auf jeder Abtheilung eine Sennhütte, so wie jene verschiedenen Eigenthümern angehören. Gewöhnlich hat Ein Senn 1, 3 bis 4 solcher Abtheilungen, entweder eigenthümlich oder gemiethet, und zwar tiefer oder höher liegende, um sein Vieh immer aus einer in die andere Abtheilung treiben zu können. Über die gleichartige Benutzungsweise solcher Alpen machen die Besitzer unter sich selbst Gesetze, schreiben solche in ein sogenanntes Alpenbüchli, und erwählen aus ihrer Mitte einen Alpmeister, der über die Befolgung derselben wachen muß.
  Auf Privatalpen, die ganzen Gemeinden angehören (wie z. B. im Berneroberland, im Sarganserland, Bündnerland und anderwärts), und wohin die Gemeindsbürger ihre einzelnen Kühe treiben, werden diese von einem gemeinschaftlichen Senn (Hirten) besorgt, der jedem zu seiner Zeit den ihm gehörigen Antheil von Butter und Käse zu überliefern hat. — Dieses Verhältniß bestimmen die Sennen auf eine ziemlich richtige, doch hin und wieder verschiedenartige, Weise. — Wenn nämlich im Berneroberlande die Kühe 6 bis 10 Tage in der Alp gewesen sind, so wird das Messen der Milch aller dieser Kühe vorgenommen. Jeder Eigenthümer, der Kühe auf der Alp hat, verfügt sich alsdann dorthin, und melkt gewöhnlich selbst an einem Abend und an dem darauf folgenden Morgen seine Kühe; diese Milch wird alsdann gemessen oder gewogen und nach dem Verhältniß dieser Maaße oder Pfunde, welche die Kuh eines Mannes an diesem Tage gibt, wird ihm sein Antheil von der ganzen Summe des Käses, Butters und Ziegers, der auf der Alp gemacht worden ist, zugetheilt: diese Bestimmung hat im Saanenlande auch noch den Vortheil, daß die Sennen daselbst für ihre gemietheten Kühe nach der mehrern oder mindern Menge Milch, welche sie beim Messen geben, für die 12wöchige Nutzung einen verhältnißmäßigen Pachtzins zu bezahlen haben. — Im Sarganserlande
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  darf am ersten Tage keiner seine eigene Kuh selbst melken, um allem Betrug oder Mißtrauen vorzubeugen, sondern man stellt drei und drei zusammen, welche wechselmelken; am folgenden Tage melkt jeder Bauer seine eigene Kuh, worauf die von jeder erhaltene Milch genau gewogen, und danach die verhältnismäßige Ausrechnung über den Ertrag gemacht wird.
  Die Ankaufspreise der Alpen sind äußerst verschieden. In Brienz gibt es Alpen, auf denen man das Kuhrecht für einen französ. Louisd'or kaufen, und wieder andre, wo man 18 bis 20 Ld'or. oder 115 bis 128 Kronen (zu 25 Batzen) dafür bezahlen muß. Erstere sind die höchsten, schroffesten und felsigtsten Alpen (Schafalpen), auf denen gar keine Kühe, sondern nur Schafe und Ziegen weiden können; letzteres sind die besten und fruchtbarsten Kuhalpen daselbst, auf denen die Alpfahrt 20. Wochen dauert.
  Im höchsten Werthe stehen die Emmenthaler Berge oder Alpen des Cantons Bern, weil sie am niedrigsten liegen, am frühesten und längsten benutzt werden können, Bergfällen und andern Schaden weniger unterworfen sind, und weil sie einzelnen Eigenthümern angehören und am sorgfältigsten unterhalten werden. Man verfertigt da auch die theuersten, centnerschweren Käse.
  Eben so ist der Pachtzins eines Alpkührechtes, d.h. die Miethe, die man für die Erlaubniß, eine Kuh auf einer Alp sommern zu dürfen, an den Eigenthümer des Alprechtes zahlen muß, sehr verschieden; so wie auch der Pachtzins einer Kuh während 12 bis 18 Wochen der Dauer der Alpfahrt sehr ungleich ist. Im Canton Glarus bezahlt man für eine Kuh 12 bis 30 Gulden. — Im Haslithal ist der höchste Preis 3 Ld'or.
  Um nun einigen Begriff von den ungeheuer großen Viehweiden im schweizerischen Alpengebirge zu bekommen, bedenke man nur die große Viehzahl, die des Sommers daselbst genährt wird. — Im J. 1797 zählte man im ganzen ehemaligen Canton Bern 109,859 Milchkühe. — Im J. 1796 befanden sich auf den Entlibucher Alpen 8883 Kühe. — Die Glarner Alpen ernähren mehr als 10,000 Stück Rindvieh; eben so viel die Urner Alpen. — In Unterwalden findet sich eine noch größere Anzahl, und im Canton Schwytz 20,000 Stück, wovon jährlich 7000 Stück in die Schweiz und nach Italien verkauft werden. In Appenzell Inner-Rhooden 6000 und in Außer-Rhooden 3000 Stücke. Eben so finden sich in Bündten, einem kleinen Ländchen von 140 Quadrat Meilen 80,000 bis 90,000 Stück Rindvieh, und dieses Hirtenvolk gewinnt vermittelst des Viehhandels nach Italien alljährl. eine Summe von 800,000 Gulden.
  Über den vorzüglichsten Gegenstand der Alpenwirthschaft, nämlich über das Schweizerrindvieh, müssen wir hier doch auch einiges bemerken 7). Man kann das Schweizervieh durchaus nicht mit so kurzen Worten charakterisiren, wie es die berühmten teutschen Naturforscher, Bechstein und Götze, thaten; denn jeder Canton hat verschiedenartiges Vieh, und in manchem Cantone sind 3 bis
 
  • 7) S. eine umständliche Beschreibung davon in von Salis und Steinmüller Alpina. 1r Bd. Römer und Schinz Säugetiere der Schweiz. Zür. 1809.
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  4 verschiedene Viehracen. Nicht alles Schweizervieh ist groß, ja einiges ist auffallend klein. Das Vieh in Oberhasli und an den Ufern des Brienzer- u. Thunersees ist klein, nicht schön gestaltet, von magerem Aussehen; im Grindelwald ist es zwar auch klein, aber von schöner runder Gestalt. —♦
  Die größte und schönste Rindviehrace in der ganzen Schweiz ist die im Simmenthale, in der Landschaft Saanen und im Canton Freiburg. Es ist von schönem und großem Wuchs, im Durchschnitte 5 bis 6 Ctnr. schwer, roth und schwarzbraun von Farbe, mit kurzen, dicken, völlig ochsenartigen Köpfen und verschieden geformten Hörnern. In den demokratischen Cantonen haben die Zuger und dann die Schwytzer das schönste und größte Rindvieh. —♦
  Im Canton Zürich hält man eine sehr große Viehrace am Zürichsee und in der Nähe der Stadt; es gibt nicht selten in den dortigen Dörfern, vorzüglich auch auf den dem Spital gehörigen Lehengütern, Ochsen von 10, 11, ja, wiewol seltener, von 13 Ctnr.; sie sind hoch und starkbeinig, sehr muskulös und fleischig und vortrefflich zum Ziehen.
  Der Ertrag der Schweizerkühe auf den Alpen ist zwar beträchtlich, doch keineswegs höher, als bei einer immerwährenden gut bestellten Stallfütterung. Die besten Schweizerkühe, z.E. im Saanenlande, geben zur Zeit, wo sie am milchreichsten sind, täglich 7 bis 8 Maaß Milch, wovon ein Maaß 5 Pfund (zu 17 Unzen) wiegt, also 35 bis 40 Pfd. Milch. Allein dies dauert nur eine Zeitlang, und man kann im Allgemeinen sicher nur 5 bis 6 Maaß Milch des Tags in den 16 bis 18 Wochen, während der Alpfahrt, rechnen. Aus diesem Grunde setzt v. Bonstetten die Erträglichkeit einer guten Kuh im Durchschnitt auf das ganze Jahr nicht höher, als zu 12 Pfd. auf den Tag, wo aber die Zeit, da sie trocken steht, mit eingerechnet ist.
  Bemerkenswerth ist es, daß auf den Alpenweiden die stärkere Kuh alle Mal einen gewissen Rang vor den übrigen und schwächern behauptet. Wird eine fremde Kuh der Heerde beigesellt, so muß sie nach und nach es mit allen aufnehmen, bis ihr Rang entschieden ist. Die stärkste Kuh bei einem Sennthum (die Ringerin) ist auch die Anführerin oder Heerkuh der ganzen Heerde; sie geht mit stolzem Selbstgefühl, mit in die Höhe gerichtetem Kopfe, voran, und keine andre wagt es, ihr vorzutreten; sie hat die größte Glocke am Halse, und versteht es, die vordern Füße im Gehen so auseinander zu setzen, daß die Schelle sie nicht berührt, sie erscheint auch bei der Sennhütte zuerst und läßt sich melken, geht dann auch zuerst wieder auf die Weide und die übrigen folgen ihr der Reihe nach. Der Appenzeller Senn in kuhgrechteten Alpen, wovon die verschiedenen Abtheilungen der gemeinschaftlichen Alp nicht durch Zäune von einander getrennt sind, bezahlt eine gute Heerkuh, die zugleich die besten Weideplätze aufsucht und die beliebte schwarz-braune Landesfarbe besitzt, mit 1 bis 2 Ld'or. höher. —♦
  Jede Kuh in den Alpen hat ihren besondern Namen, bei welchem der Senn sie ruft, der bald von ihrer Farbe, bald von ihren besondern Eigenschaften, am häufigsten aber von der Phantasie der Sennen gewählt wird. — Am meisten scheinen die Alpenkühe sich zu fühlen, wenn sie bei den festlichen Anlässen der Aufalpfahrt und
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  Abalpfahrt, jede mit einer eigenen Glocke nach ihrem Werthe versehen wird. Die Alpenkühe sind nämlich bei diesen Anlässen (so wie die Sennen) reichlich geputzt, und während das Hirtenvolk jauchzt und singt, bezeigt die ganze Heerde ihre Freude durch allerlei Sprünge. Die Heerkuh, und nach ihr immer die stärkere, gehen unmittelbar hinter dem geputzten Senn her, und nie wird es eine Kuh ohne Glocke wagen, der mit einer Glocke versehenen voranzugehen; jede Kuh kennt ihre Glocke; denn wenn es gar zu steil aufwärts geht, so tragen die Sennen die größern Glocken; aber die Kühe, denen sie gehören, folgen ihnen immer nach. Man sorgt dafür, daß die Glocken ein harmonisches Geläute machen und im Tone auf einander folgen. Die Sennen legen hierauf einen großen Werth, und es gibt Sennereien im Canton Bern, wo man wol 40 bis 50 Carolin darauf verwendet 8).
  Durch einen verschiedenartigen Gesang, der aber immer in auf- und absteigenden Tönen besteht, lockt der Senn nach seinem Willen Kühe, Schafe oder Schweine, und jede der verschiedenen Heerden folgt den bekannten Locktönen; nie werden die Kühe dem Ziegenruf folgen, und umgekehrt. — In jedem Canton ist dieser Ruf, den man beim Rindvieh den Kuhreihen nennt, verschieden; er ist im Stande, den Kühen, die nicht mehr auf den Alpen sind, das Heimweh zu machen, so daß sie wild werden und auszureißen suchen. Überhaupt äußert sich im Frühjahr der Trieb, auf die Alpen zu gehen, sehr auffallend beim Alpenvieh und die schwerste Kuh klettert ohne Mühe auf den steilsten Abhängen einher.
 
  • 8) Wir haben auf 2 Kupfertafeln einen Appenzeller Kühenzug oder die sogenannte Überfahrt vorgestellt. — Der eigentliche Senn führt den Zug an. Vor ihm her gehen 2 bis höchstens 5 Ziegen, die so kirre sind, daß sie fortlaufen, so lange er geht, und still stehen, so bald er still steht; mit ihm geht sein Hund, von keiner bestimmten Race und eher klein als groß. Obige Ziegen müssen alle durchaus von weißer Farbe seyn, wenn sie die Ehre haben wollen, die Überfahrt in Gesellschaft des Sennen zu eröffnen; indem braungefärbte oder schwarze Ziegen, die sich bisweilen bei einem Sennthun befinden, bei diesem stattlichen Zuge nicht zugelassen werden, sondern mit dem Saumrosse und den Schweinen nachgesandt werden müssen — Dem Senn folgen drei Kühe, die nicht nur die schönsten und stärksten der Heerde sind, sondern sich so gleichen, daß kein Fremder die Eine vor der Andern erkennen möchte. Ihre Farbe ist ganz schwarzbraun. — Nach ihnen folgt in der Reihe der Handbub, wie der Senn selbst, mit einem saubern Melkeimer über der Achsel und ihm wandert die ganze Herde nach. Einige Sennen setzen einen Werth darauf, nur schwarzbraune Kühe zu haben, doch gehört dieß nicht in die allgemeine Regel; es ist genug, wenn drei Schällenkühe von dieser Farbe sind. Den Beschluß macht der Heerdstier, der ebenfalls immer von ganz schwarzbrauner Farbe seyn muß. Zwischen seinen Hörnern ist der einfüßige Melkstuhl aufgebunden. — Um sicher zu seyn, daß nichts von der Heerde zurückbleibe, folgt noch ein Knecht, der, wenn der Zug nur von einem Futterorte zum andern im bewohnten Thale geht, ein Milchgefäß auf dem Rücken trägt. Bei einer wirklichen Alpenfahrt ist er von dieser Rückenlast freigesprochen. — In den bildlichen Darstellungen eines solchen Überfahrtszuges wird allemal auch noch ein Saumroß und ein Schweintreiber angebracht; allein diese paradiren bei dem Zuge selbst nicht, sondern folgen ihm nach seinem Standorte Tages hernach. Das Saumroß trägt den kupfernen Käsekessel und die hölzernen Milchnäpfe, und der Säumer kehrt wie der Schweintreiber, nach Abgabe des ihm Übergebnen, sogleich wieder zurück.
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  Noch ist zu bemerken, daß hin und wieder auf den Alpen der Schweiz, neben den Milchkühen, auch aller Art Geltvieh und Mastochsen, Pferde, Schafe, Ziegen gehalten werden, und man hat wirklich eigene sogenannte Mastalpen für Mastvieh, Stierenalpen oder Güstiberge für junges Hornvieh, oder Pferde- und Schafalpen 9), welche letztern die steilsten sind für Schafe und Ziegen. — Auch in jeder Alp werden mehrere Schweine gehalten, deren Unterhalt hier beinahe nichts kostet, die aber nur groß und nicht fett werden; man ernährt sie vorzüglich mit den Abfällen der Käsefabrikation und hält sie theils in eigenen Ställen, um die Sennhüten herum, theils weiden sie in der Nachbarschaft derselben auf der Alp.
  Eine Anzahl Kühe von 20 bis 50 Stücken, die den nämlichen Leuten zur Pflege anvertraut sind, heißt in der Schweiz eine Sente, ein Sentum oder Senten; der Hirt, der entweder als Herr und Meister, oder als gedungener Oberknecht die Aufsicht über das Vieh hat, und Käse kocht oder buttert, heißt Senn; sein Meisterknecht Zusenn, und der diesem beigeordnet ist, und vorzüglich das Vieh hüten muß, heißt Handbub, Kühbub, Gaumer oder Statter. Hält man auch Schafe, so vermehrt ein Schäfer noch obige Anzahl der zur Besorgung eines Sentums erfoderlichen Personen. Sentnen heißt also Alpenwirthschaft treiben.
  Nach Ramonds Berichten (in Coxe's Reisen B. 1. S. 272.) sollte man glauben, daß in der ganzen Schweiz die Älpler mit Weib und Kindern auf die Alpen ziehen; dieß ist aber, allgemein behauptet, falsch. In dem größten Theile der Schweiz ist man der Meinung, daß die Alpengeschäfte, die Besorgung der Kühe und die Käsefabrikation, ein Geschäft für Männer sey, daher gehen auch wirklich im größten Theile der Schweiz blos Männer auf die Alpen, verrichten daselbst allein alle Alpengeschäfte, und nie betreten Weiber dieselben. Es gibt zwar einzelne Ausnahmen, wo der Senn es für rathlicher findet, mit Weib und Kindern auf die Alpen zu ziehen, und dieses vorzüglich wegen der Leichtigkeit des Unterhaltes, weil auf denselben die Familien sich auf die wohlfeilste Art mit den Abfällen der Butter- und Käsefabrikation ernähren können. Dieß kann man im Kienthälchen, im Fruttingerthal, im Saanenlande und im Emmenthale antreffen. Eben so im Canton Appenzell, in einigen Gegenden des ehemaligen Gouvernements Aigle und des benachbarten Unter-Wallis, wo Männer und Weiber die Alpengeschäfte mit einander theilen. — Im Emmenthale muß das so seyn, weil der Senn (hier Küher) in der Regel weiter nichts Eigenes hat, als seine Kühe — oft nur einen Theil derselben, mit welchen er im Sommer auf eine gepachtete Alp, im Winter gekauftem Heu nachziehet.
  Die kleinen Häuschen, die sich auf allen Alpen befinden, die den Sennen zum Aufenthalte dienen und worin die Milchprodukte verfertigt werden, heißen Sennhüt-
 
  • 9) Man nimmt an, dass einzig in Graubünden 100.000 Schafe, und 60 bis 70,000 Ziegen gehalten werden. S. helvet. Almanach für das Jahr 1806.
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  ten. Sie sind meistens von übereinander gelegten Balken so errichtet, daß Sonne und Wind überall freien Zutritt haben. Auf den höchsten Alpen bestehen die Sennhütten oft nur aus (in Form von trockenen Mauern) zusammengelegten Steinen, weil auf denselben kein Holz mehr wächst. Da für den Rauch kein ordentlicher Abzug vorhanden ist, so müssen sie natürlich inwendig sehr rußig und schwarz aussehen; die Sennen selbst können bei ihrem Geschäfte nicht sauber und gut gekleidet seyn; daher rechtfertigt der erste Anblick von beiden Meiners Urtheil, als er im Canton Appenzell eine Sennhütte betrat, und kommt nicht mit den Vorstellungen überein, die sich manche durch schwärmerische Beschreibungen verleitet, von dem Vergnügen des Alpenlebens machen.♦
  Da, wo man keine Käse kocht, sondern Butter verfertigt, muß die Sennhütte vorzüglich an einen solchen Ort gebaut werden, daß die Milchkammer oder das Milchgemach einen unterirdisch kalten Luftzug oder Quellwasser habe, um die Milch frisch und unversauert zu erhalten. — Man hat auch wirklich an einigen Orten, wo man obige Erfodernisse nicht fand, von der Sennhütte abgesonderte, in Berge und Gletscherfirn eingegrabene Milchkeller, die aber gleichwol nicht viele Schritte von der Sennhütte entfernt sind. — Dicht bei den Sennhütten befinden sich auch hinlängliche hölzerne Ställe, wo die Kühe gemolken und manchmal bei schlechtem Wetter eingestellt werden; jedoch fehlen diese an sehr vielen Orten.
  Da, wo man Käse kocht oder käset, steht auch nicht weit von der Sennhütte ein Käsgaden oder Kässpeicher, dessen Balken wohl in einander gefügt sind, und der überhaupt schon mit mehr Kunst und Regelmäßigkeit, als die Sennhütten, gebaut ist, und zwar vorzüglich deswegen, um die Käse vor den Mäusen zu sichern, die daselbst leicht großen Schaden anrichten könnten.
  Der Käse, und zwar der fette, von unabgerahmter Milch verfertigt, ist in den meisten Cantonen der Schweiz das Hauptprodukt der Alpen, bei dessen Verfertigung die Schweizer den meisten Vortheil finden, und dieß ist eine Hauptursache der theuern Butterpreise daselbst. Diese fetten Käse werden am meisten gesucht und am besten bezahlt, wenn sie von einer gewissen Größe sind, und auf deren Ausfuhr, vorzüglich nach Frankreich und Italien 10), gründet sich ein Theil des auswärtigen Produktenhandels der Schweiz. Solche sind die Käse von 40, 50, 60, 70, 80 bis 100 Pfund, die in Centnern 4, 5 bis 6 Prozent mehr gelten, als die kleinen fetten Käse.♦
  Man würde erstaunen, wenn man die unglaubliche Menge von Käsen, welche jährlich auf allen Alpen der Schweiz verfertigt werden, zusammen unter eine Zahlenreihe brächte. So werden z. B. in den Alpen des kleinen Engelbergerthales während 43 Wochen 2320 Centner Fettkäse verfertigt. Alle diese kauft das Kloster in Engelberg an sich und verkauft sie wieder nach Italien, und wenn es für den Centner 15 Gulden bezahlt, so werfen die dortigen Alpen in obiger kurzer
 
  • 10) Sie gehen jedoch viel weiter, sogar nach West- und Ostindien. Die fürs Ausland bestimmten Fettkäse heißen daher vorzüglich im Berneroberlande Kaufmannswaare.
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  Zeitfrist eine Summe von 34,800 Gulden ab. Nur in einer einzigen Gemeinde, Tschangnau im Emmenthale, werden wenigstens 14 –1500 Centner Käse gekocht. Im Schönenwalde, einer Alp im Emmenthale, werden vom 19ten Mai bis Ende des Weinmonats 150 Centner Fettkäse zubereitet. –♦
  Im Haslilande (mit 6000 Einw.) führte man 1760 über 1000 Centner Fettkäse für 21,000 Reichsthaler aus, und eine gleiche Anzahl wurde 1765 aus dem Gründelwald (3000 Einw.) abgegeben, und dafür 8-10000 Reichsthaler bezogen. Auf den Fryburger Alpen beträgt der Gesammtbetrag jährlich 24,000 Centner Käse. Rechnet man den Centner im Allgemeinen zu 32 Franken, so beträgt dieß ein Capital von 768,000 Franken 12). Auf dem einzigen Rigiberge kommt eine Summe von 72,000 Kronen und von mehr als 100,000 Gulden heraus. — Wie stark überdieß die Consumtion des Käses in der Schweiz selbst sey, kann man daraus schließen, daß man, ein Jahr ins andre gerechnet, alljährlich 23 – 2500 Zentner Käse im Kaufhause zu Bern angegeben findet, welche nur in der Stadt Bern selbst angeschnitten und verkauft werden.
  Die Zubereitung der Schweizerkäse ist sehr verschiedenartig und mannigfaltig, eben so, wie der innere Gehalt und Werth derselben unter sich verschieden ist. Beim Kochen der Fettkäse verfährt man im Emmenthale, Saanenlande und anderswo auf folgende Weise: Sobald die Kühe des Morgens 13) gemolken sind, nimmt der Senn das Käsekochen vor. Die am Morgen erhaltene Milch wird mit der von gestern Abend 14) in den Käsekessel geschüttet, und erhält bei einem schwachen Feuer den nämlichen Grad von Wärme, den sie hat, wenn sie eben von der Kuh gekommen oder kuhwarm ist. Hat die Milch diese Wärme, so zieht man den Kessel vom Feuer ab, und bringt das Scheidungsmittel, den sogenannten Käselaab 15), in die Milch, welcher dieselbe in ganz
 
  • 11) S. helvet. Almanach für das Jahr 1802.
  • 12) S. Ebendas. für das Jahr 1810.
  • 13) Die Saanenkäse wiegen kaum 40 Pfund, und gehören daher zur kleinern Art. Die Emmenthaler Käse hingegen wiegen 66 bis 100 Pfund. In großen Sennereien im Saanenlande werden deswegen täglich 2 Käse, einer des Morgens und einer des Abends verfertigt.
  • 14) Von dieser Milch wird gewöhnlich der sich während der Nacht oben aufgesetzte Rahm weggenommen, theils zum Genusse der Sennen, theils um etwas Butter daraus zu verfertigen.
  • 15) Bei der Käsefabrikation in der Schweiz bedient man sich überall zu Scheidung der Milch des sogenannten Käselaabs, das bekanntlich von den Mägen ganz junger Kälber und junger Ziegen auf mancherlei Art bereitet wird. Im Canton Glarus nimmt man diese nebst dem natürlichen Zieger, den sie von der Milch enthalten, bläst sie ein wenig auf, bindet sie oben an und hängt sie in das Kamin, um sie zu dörren. Der Senn nimmt nun ein paar Dutzend solcher gedörrter Magen, zerschneidet sie in kleine Stücke, streut Pfeffer, Salz und Safran darüber und befeuchtet dies mit Molken oder Wasser, ballt alles untereinander und zusammen, und behält es dann in einer Rinderblase zum Gebrauch auf. – Andere legen die auf obige Weise zubereiteten Thiermagen in ein hölzernes Gefäß, und füllen dasselbe zum gleichen Gebrauch mit Molken auf, die ganz durchsäuert wird. – Von der erstern Art nimmt der Senn aus der Blase 3 Finger voll Laab oder Lupp, legt es in ein kleines Gefäß, gießt warme Milch darüber, rührts stark herum und durchsäuert {1} damit die Milch im Kessel. – Oder man bindet eine Portion Laab in ein kleines Tuch, hängt es am Tage vor dem Käsen in warme Molken um es zu erweichen und aufzulösen, gießt dann diese Molken in die laue Milch, und hängt das Beutelchen mit dem Laab in den Kessel hinein, bis die Milch geschieden ist. — Im Bernerisch-Oberlande schneidet man die getrockneten Magen in große Stücke, streut Salz darüber, legts in ein hölzernes Gefäß und läßt es einige Tage stehen. So oft man davon gebraucht hat, füllt man das Gefäß wieder mit warmen Molken an. Allein bei dieser Art Laabbereitung braucht man alle 8 Tage einen frischen Magen, welche die bernischen Oberländer, da man nicht so viele im Lande hat, aus Schwaben, Elsaß und Baiern kaufen.
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  kurzer Zeit scheidet oder gerinnen macht. Man thut in einen Kessel von 100 bis 200 Maaß Milch nur 1 oder 2 gewöhnliche Löffel voll Laab, nach seiner verschiedenen Stärke. Die Sennen pflegen einen hölzernen Löffel in der Milch herum schwimmen zu lassen; wenn er still stehen bleibt, so erkennt man daran, daß sie dick geworden, und gleich hierauf zertheilen sie den zusammen geronnenen Klumpen mit einem großen, flachen, hölzernen Werkzeuge, in Gestalt eines kleinen Schwerts (Käsdegen) in kleinere Theile; dann nimmt man den Käsbrecher, d.i. den von der Rinde entblösten Gipfel einer jungen Tanne, deren oberste, dünne Seitenästchen bis auf eines Fingers Länge abgeschält und abgestutzt, oder bogenförmig abwärts gebunden sind; mit diesem wird die Masse (die Dickete) so lange herumgerührt oder gebrochen, bis alle große Klumpen in kleine Theile, ungefähr von der Größe einer Erbse oder Linse verwandelt sind. —♦
  Viele Sennen verrichten dieses Geschäft des Brechens mit den Händen, indem sie die dicke Masse so lange im Kessel herumwerfen und zerdrücken, bis sie in ganz kleine Stücken zertheilt worden. Während dieser Arbeit rückt man den Kessel wieder zum Feuer, und gibt ihm eine etwas stärkere Wärme, als am Anfang; doch darf die nun zerlegte Milch nie wärmer werden, als daß man die Hand ganz bequem darin halten kann 16). —♦
  Sind die käsigen Theile klein gemacht, so setzen sie sich auf den Boden, und der Senn bemüht sich nach und nach durch Herumdrehen der ganzen Masse und fortdauerndes, schwaches Zusammendrücken, dieselben in einen kugelförmigen Klumpen zu vereinigen; die Theile haben in diesem Zustande so viel Anziehbarkeit an sich selbst, und die Sennen wissen sie so gut zusammen zu bringen, daß auch nicht ein kleines Käsetheilchen in der Käsemilch zurück bleibt.♦
  Ist es so weit gekommen, so fährt der Senn mit einem breiten, flachen, niedern Kübel oder einem starken Beuteltuche in den Kessel, bringt den Käsklumpen mit großer Behutsamkeit in jenen und hebt ihn äußerst behend und geschickt heraus. Nun läßt er die mit herausgeschöpfte Käsmilch ablaufen, und stürzt den ganz weichen und zähen Käseteig auf das auf einem Tisch liegende
 
  • 16) In dieser Arbeit liegt der vornehmste Unterschied zwischen dem weichen Emmenthaler- und dem harten Saanen- Greyerser- und Urseler-Käse. Bei dem Emmenthaler Käse werden die käsigen Theile nicht so klein gemacht, sondern etwas gröber gelassen: daher kann der Käse nicht so fest zusammen gepreßt werden und behält inwendig viel größere Löcher. — Die Berneroberländer, Freiburger und Urseler Sennen hingegen zerstückelt diese Theile so klein als möglich, und deswegen sind diese Arten Käse weniger porös, und werden vorzüglich im Alter viel härter.
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  Käsebret; darauf wird er in ein sauberes Leintuch und in den sogenannten Käsjärb gelegt, mit dem Tuch umwickelt, der Järb 17) fester zusammengezogen und der Käse mit Steinen beschwert oder gepreßt, durch welche zwei Operationen die noch in demselben befindliche Syrte oder Käsmilch heraus getrieben und dem Käse Festigkeit gegeben wird. So beschwert oder gepreßt bleibt der Käse bis zum andern Tage, an welchem man wieder einen Käse macht, wo die Steine vom Ersten abgenommen werden, und er gesalzen 18) in den Käsespeicher gebracht wird.
  Diese Fettkäse haben einen sehr verschiedenen Ruf ihrer Güte; die berühmtesten sind die die Greyerser- Saanen- Brienzer- Emmenthaler- Urseren- und Münsterthaler-Käse. Von etwas geringerm Gehalte, als die Erstern sind die Urner- Schwyzer- und Glarner-Fettkäse. —♦
  Um Bern herum, im Canton Fryburg und auf dem Juragebirge wird ebenfalls eine Art Käse gemacht, die vorzüglich berühmt und unter dem Namen Vacherin (Vaschrein) bekannt ist. Dieser Käse ist so weich, daß er sich beinahe streichen läßt, wie Butter, in der Wärme ordentlich zerfließt und im Munde so delikat schmeckt, als wenn er blos aus Nideln oder Rahm
 
  • 17) Der Järb ist ein dünner, sehr elastischer Ring von Buchen- oder Ahornholz; er hat die Höhe, die man dem Käse geben will, und kann durch eine einfache Einrichtung vermittelst einer Schnur enger zusammengezogen oder erweitert werden, so daß man den nämlichen Ring zur Verfertigung größerer und kleinerer Käse gebraucht.
  • 18) Alle in der Schweiz verfertigten Käse werden gesalzen, doch auf eine sehr verschiedene Art, theils längere Zeit und stärker, theils kürzere Zeit und schwächer. Die Käse werden jedesmal zuerst auf ihrer ganzen Oberfläche mit einem nassen Lumpen abgewaschen oder mit einem Messer abgeschabt, dann mit Salzwasser besprengt und mit Salz bestreut. Um es einzureiben, bedient man sich entweder der Hände, oder eines kleinen runden, unten flachen Bretchens, das oben mit einem Knopfe versehen ist, damit man es halten kann. Die Berneroberländer- und Greyerser Käse, die alle in Italien mit dem Namen Brienzer Käse bezeichnet werden, und namentlich die Saanen- und Simmenthaler Käse zeichnen sich sehr durch ihren salzigen Geschmack aus, und das starke Salzen derselben ist eine Hauptursache der langen Dauer dieser harten Käse; denn daselbst werden sie 10–13 Wochen lang, zuerst täglich zweimal, und nachher einmal gesalzen *); man pflegt das Salz dort zu rösten, auf eigenen kleinen Mühlen zu mahlen, mit einem Siebe über den frischen Käse zu sieben und dasselbe mit den Händen, oder wenn die Rinde des Käses schon zu hart seyn sollte, mit Tüchern einzureiben. — Auf solche Weise zubereitete Käse kann man 80 bis 100 Jahre lang aufbehalten und man findet bei Berneroberländer Sennen solche einzelne Käse, die der Großvater oder Urgroßvater derselben zum Andenken ausgezeichnet froher Familienereignisse verfertigte, aufbewahrte, und mit der Jahrzahl von Tannenrinde eingesetzt, bezeichnete. — Ein gut verfertigter und fetter Saanenkäs ist von außen daran zu erkennen: daß seine Oberfläche nicht eingefallen und niedriger sey, als der Rand: im entgegengesetzten Falle kann man zuverlässig annehmen, daß der Käse nur halbfett sey.

 
  • *) Die Greyerser Käse werden nicht auf den Alpen selbst gesalzen, sondern in gewisser Anzahl nach dazu bestimmten Orten geführt, oder vielmehr auf Pferden gesaumt. Solche Salzhäuser findet man an mehrern Orten in großer Anzahl, meist in den Thälern. S. helvet. Almanach für das Jahr 1810.
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  verfertigt wäre. Er erhält seine große Weiche dadurch, daß er blos aus fetter Milch und bis zur Scheidung ohne Feuer bereitet wird. Die Küher nehmen nämlich die Milch so wie sie gemolken worden, und scheiden sie mit dem Laab kühwarm; die geronnene Masse wird zugleich nicht klein, sondern nur in größere Klumpen zertheilt; nachher bringt man den Kessel zwar etwas über das Feuer, um das Koaguliren der Käsetheile zu befördern, aber nur unter ein so schwaches Feuer, als erfoderlich ist, diesen Zweck zu erreichen; denn in diesem Umstande liegt die Hauptursache seiner Weichheit. Der Vacherin ist so weich, daß man ihn gar nicht preßt, und ihn mit einem Kranze von Rinde umgibt, damit er nicht auseinander falle. Er wird mehr im Thale als auf den Alpen verfertigt und in den ersten 4 bis 5 Monaten als Delikatesse gegessen.
  Pfarrer Schinz beschreibt auch die Verfertigung eines sehr weichen Käses, der in der italienischen Schweiz, und zwar größtentheils nur auf den obersten Alpen des Maynthals (Val maggia) gemacht wird, sehr viel Ähnlichkeit mit dem Vacherin hat, und der unter dem Namen Fromaggio di Paglia di Lavizarra bekannt ist.
  Gewöhnlich wird nur auf den Alpen des Sommers fetter Käse verfertigt: beim Winterfutter macht man magere Käse zur Nahrung der Thalbewohner, und Butter. Halbfette Käse entstehen, wenn die am Abend gemolkene Milch am folgenden Morgen abgerahmt und mit der zu dieser Zeit gemolkenen frischen Milch in den Kessel gegossen und daraus Käse gekocht wird. — Ganz magerer Käse hingegen wird blos von abgerahmter Milch und Buttermilch verfertigt, ist zähe und nicht sehr schmackhaft. — Die Appenzeller Fett- und magern Käse werden, nachdem sie ein paar Monat auf dem Gestell im Keller gestanden und täglich gesalzen worden, in einen Kasten gelegt, in dem sich eine Sulz von Wasser, Wein, Salz und Pfeffer befindet und daselbst eingebeizt. Diese Beize durchdringt nach und nach den ganzen Käse und macht ihn mürbe, theilt ihm aber auch einen starken Geruch mit, der ihn nicht jedermann wohlschmeckend macht. So zubereiteter Appenzeller Käse heißt Sulzkäs. —
  In dem Distrikte Sargans und in Graubündten werden auch in denjenigen Alpen, in denen sich keine kalten Milchkeller auffinden lassen, sondern worin die Milch sehr bald sauer wird, 10, 16, 18 bis 24 Pfund schwere, viereckige Sauerkäse verfertigt.
  Hin und wieder in der Schweiz macht man auch kleinere und größere Gaißkäse. In Appenzell Innerrhoden hält man im Sommer 1500 bis 2000 Ziegen auf den Alpen, aus deren Milch man Gaißkäse von 5 bis 10 Pfund kocht. 20 Maß Gaißmilch (1 Maß zu 3 Pfund und 1 Pfund zu 40 Loth) geben im Nachsommer und im Herbste, wo die Milch am stärksten und fettesten ist, einen 5 bis 6 Pfund schweren Käse; im Frühling hingegen, wo die Milch am schwächsten ist, müßte man dazu wenigstens 30 Maß Milch nehmen. Die besten und größten sind diejenigen, welche man im Berner-Saanenlande auf dem Dungelberg im Lauinenthal verfertigt und welche bis 20 Pfund schwer sind. — Überhaupt ist im Canton Bern, und namentlich in den Oberämtern Interlaken und
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  Oberhasli, die Ziegenzucht am höchsten gediehen. Die Gemeinde Brienz hält in 300 Haushaltungen an 6000 Ziegen; und die aus 20 Haushaltungen bestehende Gemeinde Imboden im Oberhasli hält 500 Ziegen.
  Nirgends in der teutschen Schweiz werden die Schafe gemolken, um Käse aus der Milch zu machen. Hingegen in der italienischen Schweiz melkt man die großen bergamaskischen und cremanischen Schafe, welche die Alpenbesitzer im Frühjahr in Italien kaufen, und im Sommer auf den Alpen mästen, um sie im Herbste an Mayländer und Schweizer Metzger zu verkaufen, und man verwandelt daselbst ihre Milch in Schafkäse.
  Da, wo man halbfette oder ganz magere Käse oder Zieger verfertigt, macht man vorerst Butter. Der Rahm wird nicht in Verbindung mit der Milch in Butter verwandelt, sondern letztere wird, so bald sie von der Kuh kommt, in runde, hölzerne, flache Kübel (Mutten, Milchgebsen) von 2 bis 3 Fuß im Durchmesser und 4 bis 5 Zoll in der Höhe, die an einem sehr kalten Ort in einer besondern Abtheilung der Sennhütte stehen, geschüttet, und ein oder mehrere Tage stehen gelassen, bis der Rahm sich ganz von der Milch geschieden und oben aufgesetzt hat. Am vortheilhaftesten ists, wenn die Milch in der Gebse der Höhe nach nicht mehr als 3 Zoll beträgt, und wenn der Rahm nach zweimal 24 Stunden abgenommen wird. Dieses Geschäft verrichten die Sennen mittelst der hölzernen, breiten, flachen Nidelkelle auf eine äußerst geschickte Art, so daß nicht das geringste davon zurück bleibt. —♦
  Zum Buttern bedient man sich entweder des gewöhnlichen Butterfasses mit einem Stößel, wo die Butter gestoßen wird, oder häufiger eines cylindrischen Fasses, das noch ein Mal so breit als hoch ist und auf der schmalen Seite auf 2 an der Wand anliegenden Balken oder auf einer gewöhnlichen an die Wand angelegt stehenden Leiter liegt, wo so viele Sprossen, als wegen des Butterfasses erforderlich ist, heraus genommen sind. Der Cylinder ist bis 1 ½ Fuß breit und hoch, und sein Durchmesser noch ein Mal so hoch oder stark; durch die Axe desselben geht ein viereckiger in demselben befestigter Balken, an dem sich zu beiden Seiten eine Kurbel befindet, mittelst welcher das ganze Butterfaß herumgedreht werden kann.♦
  In seinem Innern befinden sich in den Winkeln des gleichseitigen Dreiecks 3 Fächer oder Bretchen von der Breite des ganzen Butterfasses, in dem Umkreise des Cylinders befestigt, und gegen den Mittelpunkt hinlaufend; ungefähr halb so lang als der Halbmesser. Unten an jedem Bretchen in der Mitte seiner Breite befindet sich ein rundes Loch, und die beiden Enden derselben an der untern Seite sind auch bogenförmig ausgeschnitten. Die Gewalt dieses Butterfasses ist sehr stark, da bei der Bewegung desselben der Rahm an beiden Seiten dieser 8 Fächer anschlägt.♦
  An einigen Orten, und vorzüglich in den Appenzeller Alpen, hat man bei dem gewöhnlichen Butterfaß mit einem Stößel die Einrichtung, daß man es an einen senkrechten Balken befestigt, an dem sich oben ein Schwengel, gleich dem Schwengel an einer gewöhnlichen Wasserpumpe, befindet; an diesen wird der Stößel des Butterfasses eingehängt; und durch den Schwengel aus und nieder gehoben, wodurch die Bewegung desselben im Butterfasse sehr erleichtert wird. Doch
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  muß man den Schwengel ganz langsam und gleichförmig bewegen, weil sonst, der durch denselben so sehr vermehrten Kraft wegen, der Rahm zu stark in Bewegung gesetzt wird, und Vieles aus der Öffnung, in der der Stößel auf und nieder geht, und die eben dieser Einrichtung wegen eine gewisse Weite haben muß, herausspritzen würde. —♦
  Nach Verfertigung der Butter wird die abgerahmte Milch, in Vereinigung mit der Buttermilch, entweder ganz auf die nämliche Art in so genannten magern Käse verwandelt, wie es oben beim Fettkäsekochen beschrieben ist, oder man macht Zieger daraus. Zur Verfertigung dieses letztern ist ein Haupterfoderniß der Etscher, Echis, Achis oder Sauer (säuerliche Molke) das der Senn sogleich, wenn er in die Alphütte kommt, bereitet. Er gießt nämlich in die hölzerne Etschertause gleich viel Gaißmilch und gute Kuhmilch (auch nachher Buttermilch) schüttet an dieselbe eben so viel warme Schotten (Molken), stellt das Gemisch an einen warmen Ort, läßt stehen, bis es sauer ist, gebraucht es dann auf nachstehende Weise, und füllt das Gefäß immer wieder mit frischen Molken aus.
  Um Zieger zu erhalten, wird die abgenommene oder blaue Milch, wie auch Buttermilch, im Sennkessel über ein starkes Feuer gesetzt; nun gießt man mehr oder weniger, je nach Beschaffenheit der Säure, von obigem Scheidungsmittel hinein, worauf während des Kochens die Scheidung des Ziegers erfolgt, der in flockigen Theilen in der nun übrig bleibenden, ganz reinen, grünlichgelben Molke herumschwimmt. Ersterer wird nun in das Ziegerbürr gebracht, einen einem Weinfaß ähnlichen Behälter aus Tannenrinde, in welchem man 30 bis 40 Centner aufbehalten kann; zugleich wird der Zieger sehr stark gesalzen und mit Steinen beschwert, damit die zurückgebliebene Feuchtigkeit zu den überall angebrachten Öffnungen herausgetrieben werde. Nach erfolgter Gährung wird er im Herbst in Säcke gefaßt und ins Thal hinunter gebracht. —♦
  Auch da, wo man halb oder ganz fette Käse bereitet, wie z. B. im Canton Bern, wird eine zweite Scheidung und zwar die siedende vorgenommen, wobei man ebenfalls Zieger (Nachscheid) erhält. Hier ist also der Zieger nicht das Produkt der abgerahmten oder Buttermilch, sondern der Käsmilchsyrte. Erstere wird in magere Käse vermittelst des Laabs verwandelt; letztere über einem starken Feuer siedend gemacht und mit sauergewordener Schotte geschieden. Im bernerischen Oberlande wird er unter mehrern Gestalten, am häufigsten in sackförmigen Rümpfen, aus der Rinde junger Tannen verfertigt, an Bauern in den Ebenen (Getreidepflanzer) zur Winterspeise verkauft, den sie alsdann zu den Erdäpfeln, oder auch, als etwas stark Gesalzenes in der Erntezeit zu Stärkung des Magens genießen. — Der Zieger hat eine weiße Farbe, die er nie verliert, er unterscheidet sich in Geschmack merklich von dem Käse, bekommt die Härte und Consistenz desselben nicht, und wird daher auch nicht zur Ausfuhr gesucht.
  Vorzüglich im Canton Glarus wird gegenwärtig noch, wie schon vor mehrern hundert Jahren 19), der soge-
 
  • 19) In einem ungedruckten Aufsatz de re lactaria im Canton Schwyz, den Heinrich Dettling daselbst 1552 dem berühmten Conrad Geßner zusandte, wird schon bemerkt: "daß {1} die Verfertigung des Kräuterkäses im Glarnerlande fast im Brauch sey, obwol man ihn an andern Orten auch mache."
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  nannte Schabzieger, Glarnerzieger, Gönnkäse verfertigt und durch ganz Europa verführt. Er hat seinen Namen Schabzieger davon, weil er nach ein paar Jahren ganz hart und häufig vor dem Gebrauche auf Speisen, Butterschnitten und dgl. fein geschabt oder geraspelt wird. —♦
  Außer dem stark gesalzenen, weißen Alpenzieger besteht derselbe aus nichts andern, als dem sogenannten Zieger- Schabzieger- oder Kleekraut (trifolium melilotus caerul.), das man in Gärten und Äckern pflanzt, und das in guten Jahren beinahe mehr, als jede andre Pflanze einträgt 20). Auf einen Centner Zieger wird nun ungefähr ein Vierling Ziegerkrautpulver und 8 bis 10 Pfd. Salz genommen und alles in einer sogenannten Ziegerreibe oder Ziegermühle, deren Rad vom Wasser getrieben wird, aufs sorgfältigste gerieben und untermengt. Von diesem Teige werden kleinere und größere hölzerne Formen, gleich abgestutzten Pyramiden, angefüllt und mit einem hölzernen Stößel fest eingedrückt. Nach 8 oder 10 Tagen nimmt man die Ziegerstöcke, welche von 1 bis 7 Pfund schwer sind, aus den Formen heraus, und läßt sie nach und nach trocken werden; doch darf man sie anfangs nicht in die durchziehende Luft stellen, indem sie sonst leicht Spalten bekommen 21).
  Die Molke oder Schotten wird bekanntlich als Arznei vielfältig gebraucht. Der Ziegenmolke wird zu dem Ende noch der Vorzug eingeräumt, weil diese, nach der Erfahrung der Chemiker, weniger nahrhaft ist, als die Kühmolke. — Schon seit mehr als einem halben
 
  • 20) Man hat Beispiele, daß ein Plätzchen von 40 Klaftern mehr als 4 Ld'ors eingetragen hat. Es ist daher zu bedauern, daß sich gegenwärtig die Glarner weniger mit der Pflanzung desselben abgeben, als ehemals, und lieber beträchtliche Summen Geldes für Kleekraut in die March des Cantons Schwytz schicken. Die Behandlung ist folgende: man gräbt den Acker im Anfange des Frühjahrs, oder noch besser im Herbste und dann im Frühling noch einmal und düngt ihn stark. Das Samenquantum läßt sich nicht leicht bestimmen, weil der gekaufte gewöhnlich sehr schlecht gereinigt ist. Von diesem nimmt man auf 40 bis 50 Klaftern durchgängig 5 bis 6 Mäßli (16 zu einem Viertel gerechnet) da man hingegen von eigenem und wohlgereinigten Samen kaum den vierten Theil braucht. Er muß dick und so bald gesäet werden, als die Erde von der Winterfeuchtigkeit ausgetrocknet ist. So wie die Pflanze etwas herangewachsen ist, wird der Acker bei trockner Witterung sorgfältig gejätet, wozu man aber nur die Hand und sehr leichte Spitzhauen gebrauchen darf. Ist der Klee etwas größer, und man bemerkt neuerdings Unkraut darin, so wird die gleiche Arbeit noch ein Mal wiederholt. Dann läßt man ihn fortwachsen, bis er schön in der Blüthe ist und die untersten Blätter gelblich zu werden anfangen. Wenn er nun, mit Ausnahme dessen, den man zum Samen stehen lassen will, in diesem Zustande abgeschnitten worden ist, so hängt man ihn büschelweise an die Luft, oder steckt ihn unter die Dachrafen, bis die Blätter spröde sind; dann wird er an einem heißen Sommertag an sonnigen Orten dünne auf Tücher ausgebreitet und Nachmittags abgerieben und gesiebt. — Einige säen auch den Kleesamen im Herbste, und befinden sich wohl dabei. — Als Nachfrucht pflanzt man gewöhnlich weiße Rüben.
  • 21) S. J. Im. Scheuchzers Naturgeschichte des Schweizerlandes. Herausgegeben von Sulzer, 1r Th. S. 440–445. Conr. Schindleri dissertatio de caseo Glaronensium rasili viridi. Bas. 1755. Sammlungen von landwirthschaftlichen Dingen von der ökonom. Gesellschaft in Bern, 1766. 46 Stück S. 162.
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  Jahrhundert sind Gaiß und Weißbad im Canton Appenzell, und späterhin Unterseen im Canton Bern, berühmte Curorte 22).♦
  In einigen Cantonen, in den Alpen von Oberhasli, im Fruttinger- und Kienthal, im Emmenthal, Entlibuch und Unterwalden wird seit 40 bis 60 Jahren Schotten- oder Milchzucker aus der Nachmolke verfertigt, der Anfangs in einem weit höhern Preise, als jetzt, verkauft wurde. Die Nachmolke wird nämlich so eingesotten, bis blos noch ein sandiger oder süßer Rückstand übrig bleibt, welcher Schottenzucker heißt, und der Milchzucker ist, wovon es geläuterten und ungeläuterten gibt. Der Letztere ist wohlfeiler, da ein Rest käsiger oder vielmehr ziegeriger Substanz, auch mitunter angebrannte oder verkohlte Theile, ihm eine unreine Farbe geben; daher verkaufen die Kühjer im Emmenthale den Centner für 4 bis 6 Kronen.♦
  Von diesen Unreinigkeiten wird der Schottenzucker auf zweierlei Weise gesäubert: entweder durch das Waschen, oder durch eine wiederholte Auflösung und Kristallisation; bei der erstern erhält man reinen Zuckersand nach der Sprache des Älplers, d.h. Milchzucker in Gestalt eines Pulvers; – bei der zweiten wird wiederholte Feuerung und Zusatz von Alaun erfodert. Dadurch wird er weißer, von jedem Überreste käsiger Theile gereinigt und daher zu beliebiger Aufbewahrung geschickt gemacht, und kristallisirt sich, so daß man ihn in beliebige Stücke schlagen kann: aber eben dadurch verliert er etwas von seiner Süßigkeit. Von diesem wird der Centner für 20 bis 30 Kronen verkauft.
  Der Milchzucker hätte nicht nur seinen großen medicinischen, sondern auch ökonomischen Nutzen, wenn man ihn anstatt des Zuckers zur Versüßung des Kaffees und der Choccolade gebrauchte 23). Einzelne Sennen im Emmenthale und Entlibuch, z.E. in Tschangnau und Marbach verfertigen in einem Sommer 10, 20 bis 30 Centner Milchzucker. Indeß ist zu besorgen, daß sich die Produktion dieses Artikels allmählig vermindern werde, da die Bergeigenthümer ihre Lehenkühjer, wegen des starken Holzverbrauchs beim Schottensandsieden, hierin schon jetzt einschränken.♦
  In der Unterwaldner-Alp Sinzgau wird alle Molken vom ganzen Senten zu Zucker eingekocht; der Senn formt denselben in schöne viereckige Tafeln; er ist rein, weiß und hart, wie Zucker, und das Pf. wird daselbst für 6 Batzen verkauft. Nach seiner Angabe erhält er von 60 Maß Molken 3 bis 4 Pfund Zucker, woraus hin-
 
  • 22) S. Nachricht von Gaiß und von dem daselbst üblichen Gebrauche der Ziegenmolke von D. Ernst in Winterthur; in Rahn's Museum der Heilkunde, herausgegeben von der helvet. Gesellschaft correspondir. Ärzte und Wundärzte. III. Bd. 1795. Ferner: D. Ebersolds zu Aarmühle bei Unterseen, Canton Bern, Kuranstalt – in Höpfners helvet. Monatschrift I. 4s Heft S. 140–160.
  • 23) Vor 8 und 10 Jahren, wo die Zuckerpreise so hoch gestiegen waren, schien es, als wollte man sich dieses Surrogats bedienen, und wirklich machte man bedeutende Versuche damit; allein der größere Absatz war nur von kurzer Dauer. Das Schlimmste dabei war dieß, daß wucherische Kaufleute in Genf, Basel und Hamburg anfangs nur obbeschriebenen rohen Schottensand unter die Cassonade, nachher aber durch eine Auflösung selbst in den schönen Hutzucker mischten, wo er sich durch seine Schwerflüssigkeit und zum Theil eben daher rührenden, geringern Süßigkeit verrieth, und sich von den Thee- und Kaffeetrinkern schreckliche Verwünschungen zuzog.
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  reichend erhellet, daß dieses Fabrikat nur in solchen Gegenden mit einigem Vortheil verfertigt werden kann, wo man Überfluß an Holz hat, und dieses gar nicht zu schonen braucht 24).
  Gleichwol bleiben die Molken, wo man aus Sparsamkeit mit dem Holz oder aus andern Gründen keinen Zucker daraus macht, doch nicht unbenutzt, indem man Schweine damit, zwar nicht mästet, aber zur Mastung vorbereitet, weil sie dabei stark wachsen, und sehr gesund bleiben.
  Über den Ertrag der Milch entweder in Fettkäse, oder in Butter und magern Käse, oder Zieger verwandelt, und über den reinen Ertrag einer Alpenkuh während der jährlichen Alpzeit sind hin und wieder in gedruckten Schweizer Schriften sehr gründliche Angaben enthalten; wir beschränken uns hier auf die Anführung folgender: Höpfners Mag. für die Naturkunde Helvetiens, 3. Bd. S. 294. Vergl. damit von Bonstetten Briefe über ein schweizerisches Hirtenland, S. 62–83. Abhandlungen der ökonomischen Gesellschaft in Bern 1761. St. 2. S. 391. 1762. St. 4. S. 141. 1771. St. 1. S. 74. 1796. 1r Bd. S. 157. Steinmüller's Beschreibung der schweiz. Alpen und Landwirthsch. Bd. 1. S. 163 -166. Bd. 2. S. 203. Abhandl. der ökonom. Gesellschaft in Bern 1761. St. 2. S. 391. 1762. St. 4. S. 141. 1771. 1. St. S. 4. 1796. I. 157.
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HIS-Data 5139-1-03-203-2: Allgemeine Encyclopädie: 1. Sect. 3. Th.: Alpen-Wirthschaft HIS-Data Home
Stand: 18. November 2017 © Hans-Walter Pries