HIS-Data
Seckendorff: Teutscher Fürsten-Staat HIS-Data
5226-3-3-5-6
Dritter Theil > Cap. 3 > Sect. 5 > §. 6
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Wohin gehöret das recht, jagd-ordnungen zu machen, die aufsicht in jagd-sachen, hegung der wild-fuhr, bestraffung der jagd-verbrechen, vorzug bey der nachfolge etc.
⇦ §. 5 §. 7 ⇨

    ⇦ S. 444: §. 5
S. 444 (Forts.) §. 6. Aus diesem recht des wild-banns oder hohen wild-fuhr-gerechtigkeit, etlicher orten auch Forstliche Obrigkeit genannt, entspringen nun allerhand jagd-ordnungen, mandata und patente, deren in den landen und fürstenthümern hin und wieder viel zu finden, und absonderlich gelesen werden mögen. Scan 464
  Zu erhaltung des rechten gebrauchs, und pfleglicher übung des weydwercks, wird vornemlich dieses geordnet, daß die jagden nicht das gantze jahr, noch zu der zeit, da das wildprät und gethierig sich paaret und vermehret, oder etwa der atzung und weyde halben gering, und wenig nutzbar ist, sondern zu bequemer jahres-zeit getrieben werden mag, der sich denn der Landes-herr selbst, ausser sonderbahren vorfallenden ursachen zu halten pfleget, um deswillen ist zu der hohen jagd der hirsche u. schweine die zeit von dem hohen Sommer bis zu ende des Herbsts, als etwa von Trinitatis bis Andreä, oder Johannis Baptistæ bis Weyhnachten: Zu dem niedern weydwerck, von Bartholomäi biß Fastnacht, oder Egidii biß Petri bestimmet: In der andern zeit aber die übung des weydwercks bey straffe verboten: Etlichen ist auch wohl eine andere zeit, durch sonderbahre zulassung oder lehen-briefe, vergönnet, und wird mit dergleichen verbot auch dahin gesehen, daß weil das wildpret an keinem ort versperret ist, sondern auf den wäldern herum wandert, nicht einer
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  und anderer, durch stetig unzeitige verfolgung desselben, dem benachbarten solches gar entziehen. und die wild-fuhr und gehege letztlich auch zu seinem selbst schaden gar veröden, und verderben möge.
  Ferner dienet auch zu diesem zweck die verbietung allerhand allzu vortheilhafftiger und unweydmännischen art des jagens und weyd-wercks, als daß einer vor die an ihn gräntzende wälder des nachts lappen vorziehen, oder mit hunden vorhalten, oder sonst abschrecken und vortreten lassen wolte: Ingleichen da man unerfahrne leute zu dem schiessen brauchte, und dadurch das wildprät zu holtz schösse, daß es nicht gefället, und gleichwol verderbet würde. Wenn man auch in zugelassenen orten fremde mithetzer oder jäger mitnimmet, oder solche gerechtigkeit andern mehrern und vortheilhaftigen personen um geld, oder einen gewissen theil wildpräts verpachtet, und dergleichen mehr.
  Zu behauptung der fürstlichen und anderer jagds-gerechtigkeiten zielen die mandata dahin, daß niemand, als reisende, oder zur landes-defension erforderte, mit büchsen oder anderm geschoß durch die wild-fuhr ziehen, oder hunde mit sich lauffen lassen, die schäfer ihren hunden brügel oder quer-knittel anhängen, desgleichen die bauern ihre hunde auch an ketten halten, oder mit dergleichen knütteln verwahren, oder so kleine hunde haben sollen, daß sie zwar das wild vom schaden an ihren früchten abschrecken, aber demselben nichts thun können: Insgemein ist auch jedwedern, der des jagens entweder gar nicht, oder an dem ort nicht
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  befugt, bey hoher straffe an 100. und mehr oder weniger, goldgülden verboten, wild zu schiessen, oder auch hasen zu hetzen, und werden die wild-schützen, welche solches räubisch- und diebischer weise thun, nach gelegenheit des verbrechens, mit gefängniß, geld busse, landes-verweisung, und endlich, auf verspürte beharrlichkeit, trotz und widerspenstigkeit, auch grösse des schadens, auf rechtliche erkäntniß, gar am leib und leben gestrafft:* Ingleichen wird nicht gestattet, jung gethierig aufzuheben, vögel oder eyer auszunehmen, schlingen zustellen, fallen zu machen oder dergleichen mittel, zu abbruch des weydwercks, und zuläßiger geniessung desselben, zugebrauchen.
  Wenn auch das wildprät setzet oder kalbet, ingleichen, wenn die Herrschafft eine jagd anstellen will, müssen sich die hirten der forste gantz, oder doch der bequemsten und dicksten örter enthalten, und die holtz-fuhr und andere arbeit in den wäldern muß bey solcher zeit unterlassen werden, alles nach mehrerm inhalt solcher jagd-ordnungen.
  Es pflegen auch etlicher orten die Landes-Herren, zumal in der hohen jagd, denen ständen im lande, die sonst des jagens berechtiget sind, das recht der nachfolge nicht zu verstatten, daß sie nemlich ein geschossen oder mit hunden gehetztes thier auf die fürstliche wälder verfolgen und fahen, oder daselbst aufheben dörffen, es wäre denn dieses recht aus sonderbaren ursachen einem und andern vergönnet. Sonst aber üben solches die Landes-Herrn in den jagd-bezircken ihrer landsassen, und ist
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  auch wol zwischen benachbarten fürsten und andern jagd-herren dieser gebrauch der nachfolge nicht ungewöhnlich,** und wird keinem gewehret, ein solches thier, so er in dem seinigen angeschossen oder angehetzet, auch in ein ander gebieth oder jagds-bezirck, zu verfolgen, jedoch, daß er es entweder auf frischer that und bey zeit thue, also, daß er den anschuß oder aufstand auf dem seinigen sichtbarlich beweisen könne, oder da er es des andern tages vornehmen will, solches denen benachbarten jägerey-bedienten anzeige, wiewohl mehrentheils zu solcher nachfolge gewisse zeit, etwa 24. stunden, oder 2. bis 3. tage verglichen und herkommen sind.
  * Dergleichen straffe unsere ICti mit grossen fleiß zu rechtfertigen suchen, mag auch vor alters wohl schon statuiret worden seyn, massen Gregorius Turonensis von König Gunthram in Francken gedencket, daß er um dieser ursache willen einen habe steinigen lassen. Gleichwie aber dieser könig eine grosse reue alsobald gehabt, daß er einen menschen um einer bestie willen umgebracht; Also ist überhaupt bey der sache noch vieles zu erinnern. Und was unsere ICti auch sagen, so gehen alle deren rationes mit auf die verachtung des Fürsten und dessen gebote, auf hartnäckigkeit des delinquenten und darunter periclitirende gemeine ruhe und dergleichen mehr, so daß eigentlich die umstände dieses delictum agraviren, u. dahero ein hoher regent in bestraffung derselben behutsam zu verfahren hat.
  ** Nach der observanz einiger orten pflegen auch die hohen und alten fürstlichen häuser in Teutschland sich zwar solcher nacheile in der benachbarten, obgleich reichs-freyen von adel, jagd-reviren zu gebrauchen, da hingegen diesem solche folge nicht verstattet wird.
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Stand: 27. Mai 2017 © Hans-Walter Pries