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⇦ S. 457: §. 9 |
S. 457 (Forts.) |
§. 10. Dabeneben ist zu betauren, daß grosse Herren vieler
orten hierinnen allzuwenig ordnung und maasse halten, sondern vielmehr dieselbe
in viele wege überschreiten, die zeit, welche sie stündlich zu |
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Teutschen Fürsten-Staats |
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nutz ihrer selbst, und ihrer unterthanen, anzuwenden ursach
haben, fast mehrentheils mit dieser lust, welche zwar an sich selbst und bey
rechtem gebrauch zuläßig, edel und wohl anständig* ist, zubringen und
verschwenden, unsägliche grosse kosten, welche mit daher erlangtem genieß gar
nicht zu vergleichen, dadurch verspilden die arme unterthanen mit harten
langwierigen frohnen ausmergeln, darbey von unbescheidenen leuten übel halten
und tractiren lassen, das wild zum abbruch deroselben ackerbau und nahrung in
allzu grosser menge hegen, bey den jagden die gottes-dienste versäumen, oder
andere darzu veranlassen, die leute zu der bequemsten jahres-zeit von der
erndte und einbringung des segens verhindern, allerley üppigkeit und
unordentliches wesen beym jagen verstatten, und was der excesse mehr seyn
mögen. |
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* Die alten Teutschen haben sich sonderlich dieser
ergötzlichkeit bedienet, und sind die jagden gleichsam ihre schule und
ritterspiele gewesen, wobey sie den krieg erlernet, oder sich in übung der
waffen erhalten. Daher zehlet der sonst von uns angeführete berühmte Hertius in
seinem tractat de notit. veter. German. pop. p. 45. das jagen mit unter die
virtutes intellectuales derer alten Teutschen, wie es denn auch an und vor sich
nicht zu tadeln, sondern als eine edle und zur geschicklichkeit anführende
Leibesübung vielmehr zu loben ist: doch muß nicht über |
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Dritter Theil. C. 3. S. 6. vom Forst-Bann etc. |
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den rechten gebrauch geschritten, oder statt dessen der im
text angemerckte mißbrauch erwehlet werden. Von erstbelobten alten Teutschen
haben die Scribenten, und sonderlich Tacitus verzeichnet, daß sie des jagens
nicht jederzeit, sondern wenn sie von andern verrichtungen, deren die
vornehmste in kriegen bestunden, frey gewesen, sich bedienet. Wolte man nun das
werck umkehren, und aus dem jagen eine tägliche arbeit, mit hindansetzung der
ordentlichen geschäffte, welche GOtt einem jeden menschen anvertrauet hat,
machen, so degeneriret die sache in einen schädlichen mißbrauch. Man findet
aber, daß nicht so wohl grossen Fürsten und herren, wie im text bemercket,
sondern vielmehr müßigen leuten und dienern, welche sie um sich haben, und die
sonst nicht gerne arbeiten mögen, solche unordnung anhange: Zumahl stehen junge
von Adel in den gedancken, daß das jagen ihnen sonderlich eine wohlanständige
tugend sey, worinnen sie sich dermassen vergaffen, daß endlich das hauptwerck
gar vergessen wird. Und möchte nicht unrecht die satyre des Erasmi hier statt
haben, wenn er in encom. moriæ schreibet: In diese classe gehören auch
diejenige, welche vor das jagen alles stehen und liegen lassen, und eine
unglaubliche gemüths-ergötzung gefunden zu haben vermeinen, so offt sie ein
gräßliches und wildes gestösse, oder ein heulen der hunde hören. Ich glaube,
daß so offt sie auch die excrementa der hunde riechen, ihnen solches als ein
angenehmer Cimmet vorkomme. u d.g. Diesem kan man hinzu thun, was Henr. Corn.
Agrippa de vanit. scient. c.77. angeführet hat. |
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