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Seckendorff: Teutscher Fürsten-Staat HIS-Data
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Dritter Theil > Cap. 3 > Sect. 8 > §. 3
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Und geschicht die entrichtung derselben nach den steuer- anschlägen, oder consumtions-imposte, it. durch kopff steuern
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S. 496 (Forts.) §. 3. Es seynd aber in den meisten landen schon vor vielen jahren gewisse Steuer-anschläge und register gemacht, und die liegende gründe, güter und andere beständige nutzungen der unterthanen, darein verzeichnet, und auf eine gewisse summ angeschlagen, da denn von jeden thaler, gülden oder schock, ein gewisses zur steuer oben gedachter massen gewilliget und gegeben werden: Dieselben register und anschläge werden auch je zu zeiten, durch gewisse personen und commissarien, aus des Landes-herrn räthen, cammer-verwandten und landes-ständen, auf das neue revidiret, so sich etwas daran vermehret oder vermindert, enderung getroffen, der leute ferner vermögen, nach gelegenheit, darzu gebracht, und also auf das haupt-fundament in dieser sachen, welches die natur selbst an die hand giebt, gesehen, daß derjenige, welcher den genieß eines guts oder anderer einkunfft hat, auch die beschwerungen, nach rechter u. gleicher proportion, wie andere seine mit-unterthanen nach dem ihrigen tragen mögen.* Und ob wohl im vorigen seculo die güter in der steuer nach dem marck-werth angeschlagen worden, wird doch solcher ietziger zeit, weil Scan 516
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  die beschwerungen der leute vieler ursachen halben sich ohne das vermehren, und die steuer-erlegung sich auf etliche jahre erstrecket, also der werth ungewiß wird, an den meisten orten so genau nicht gehalten, sondern ein leidlicher tax gemacht. In manchen ort, und sonderlich in kauff- und handels-sachen, wird eines ieden vermögen zu beschreiben bedencklich gehalten, darum lässet man die leute auf ihre pflicht und eyd ihr vermögen versteuern,** und werden dabey gewisse ordnungen gemacht, was in solcher steuer mit einzurechnen, oder zu verrechten, und was davon befreyet, wie denn mehrentheils ausgenommen wird, was zu nothwendiger nahrung und kleidung eines jeden hauswirths, und der seinigen, gehöret: Anderswo, da die steuer-register, wie gedacht, auf die liegende güter, und darauf hafftende nutzungen, und etwa auf das viehe, ausgeliehene baarschafft, auch gewerbe und handthierung gerichtet werden, sind dieselbe unentbehrliche nothwendigkeiten ohne das nicht darinnen begriffen: Und wird demnach auch ferner die maasse gehalten, daß diejenigen stände und personen im lande, die etwa dem Landes-herrn mit ritter-diensten verbunden, oder sonst kostbarlichen stand führen müssen, etwa anders, als die mit dergleichen unbeschweret sind, in der steuer-proportion angesehen werden, wie denn bey den grafen und herren, und denen von adel, die landsassen sind, ein solcher unterscheid mehrentheils in acht genommen wird.*** So pfleget man auch in den land-steuren die kirchen- und schul-diener, auch andere der
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  Herrschafft bediente, und gemeine dienstboten, die ihres solds und lohns leben, und nichts eigenes besitzen, damit, nach heutigem gebrauch, zu verschonen, wiewohl vor alters in vorfallenden Türcken-kriegen auch diesen personen etwas angesetzet worden, so auch noch, nach gelegenheit grosser landes-noth, geschehen könnte. Wenn auch die steuern nicht von jedem unterthanen aus seinem seckel unmittelbar der Herrschafft entrichtet, sondern auf das geträncke, als auf fleisch, auf saltz, auf geträid, und dergleichen gemeine durchgehende sachen, ein gewisser pfennig oder antheil des werths gesetzet wird, welches man tranck-steuern, ungelder, bier- oder wein-accisen oder zehenden, fleisch-pfennige, mühl-accisen, und dergleichen zu nennen pfleget: So werden doch theils stände und personen deren obgedacht, nach jeder landschafft gebrauch, und ordnung, mit gewissen befreyungen versehen, und also nicht eine arithmetische zahl-gleiche, sondern eine geometrische, das ist, auf die personen und dero stand, gewerbe und wesen, gerichtete proportion gehalten.
  In oberzehlten hohen nothfällen aber sind auch wohl die kopff-steuern, oder ein gewiß geld von jedem haupt zu erlegen angesetzet worden: Wiewohl solche capitation oder kopff-steuren sonst in der billigkeit keinen grund dergestalt haben, daß nemlich einer wie der andere, und also der arme so viel als der reiche, geben solle. Wenn aber gewisse classes der vermögenden und unvermögenden gemacht, oder gar ein weniges zur Capital-steuer
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  angesetzet oder auch die häupter zwar gezehlet, und ihnen eine gewisse anlage zugeeignet, aber gleichwohl nach dem vermögen nachmahls austheilung getroffen wird, wie denn solche und dergleichen umstände bey der reichs-steuer der gemeine pfenning genannt, hiebevor in acht genommen worden, so hat man sich dessen, zumahl in vorfallenden nöthen, die öffters keine lange betrachtung und austheilung leiden wollen, so hoch nicht zu beschweren.
  * Es mögen aber von neuen steuer-anschläge gemacht, oder die alten revidiret werden, so kömmt allein auf des landes-herrn ermessen an, was vor personen er dazu committiren, auch was vor eine art und proportion in den anschlägen er darzu vorschreiben wolle. Unterthanen den modum collationis und die subrepartition dessen, was überhaupt gefodert oder bewilliget wird, anheim zugeben, ist um so weniger rathsam, ie bekannter es ist, wie unter den leuten die affecten und partheylichkeit zu regieren pflegen, massen man solches bey den Steuer-revisionen, wenn die commissarii sich blosser dings auf das gut- achten derer, so man aus dem ältisten eines orts mit herbey zu ziehen pfleget, verlassen, sattsam wahrnimmet. Besser ist also, wenn der landes-herr selbst die art und weise zu collectiren samt der proportion mit seinen räthen überleget, und darauf eine hinlängliche instruction abfassen lässet. Worzu denn ferner ein grosser behulff aus einer ordentlichen fluhr-buch und darauf sich gründenden amts- und landes-beschreibungen entstehen kan, von welchen aber in den addit. versprochener massen gehandelt werden wird.
  ** Welches man die vermögen steuer nennet, und geschicht solche also, daß jeder nach seiner pflicht seine quotam in der Einnahm- oder Rechnungs-stuben
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  auf einen tisch ungezählt ausschüttet, und darff ihm weiter keine quæstion gemacht werden.
  *** In einigen orten sind bekannter massen dergleichen personen, oder wer sonst befreyete ritter-güter hat, von steuern gar frey, und geben dagegen præsent-gelter oder freywillige beyhülffe. Ja es finden sich Fürstenthümer, woselbst aus alten herkommen gar nichts gegeben wird. Ich glaube aber, daß auch solcher orten sothane stände zu denen Türcken und andern aus unvermutheter noch entstehenden steuern einen beytrag thun müssen, alsdenn in den reichs-abschieden ausdrücklich versehen. Es wäre auch ein gleiches von denen im text berührten kirchen- und schuldienern zu sagen, massen denn auch unter dem Fränckischen Reiche bereits die kirchen und Clöster einen beytrag thun müssen. Wegen der dienstbothen ist es wohl billig, daß solche leute verschonet werden; Dienlicher aber wäre, diejenigen, welche keinem herrn gut thun und dienen wollen, sondern sich, wie man zu reden pfleget, auf ihre eigene Hand und gewerbe setzen, mit einer jährlichen steuer zu belegen, wie davon vormals in den Sächsischen landen d. a. 1448. 1650. 1687. verordnungen und instructionen ergangen.
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Stand: 30. Mai 2017 © Hans-Walter Pries