⇧ S. 450 Sp. 2 |
|
|
Forts. S. 450 Sp. 2 |
Bremen, eine freie Stadt des teutschen
Bundes, welche noch wegen ihrer Verbindung mit den letzten
Hansestädten Lübeck und Hamburg den Titel einer freien
Hansestadt führt. –♦ |
|
|
Bremen liegt an der Weser unter 53° 4' 57''
Br. und 26° 27' 5'' um sich her ihr geschlossenes Gebiet. Die
Weser theilt sie in zwei ungleiche Hälften, wovon die größere
Altstadt auf der rechten, die kleinere Neustadt auf dem linken
Ufer der Weser sich ausbreitet; zwischen beiden zieht sich der
Werder hin, dessen unterster Theil in die Stadt gezogen ist,
und außer den Wällen sieht man noch eine Vorstadt. Das
heutige Bremen besteht mithin aus 3 Theilen: der Altstadt, der
Neustadt und der Vorstadt. Beide erste waren vormals mit
Wällen und Bastionen umgeben, und so stark befestigt,
daß |
|
S. 451 Sp. 1 |
BREMEN |
|
|
sie wol eine Belagerung auszuhalten im
Stande waren: da indeß theils die Unterhaltung zu kostbar fiel,
theils auch bei der Größe der Stadt ihre Bewachung die
Statskräfte überstieg, so hat man sie in neuern Zeiten in
Promenaden und englische Partien verwandelt.♦ |
|
|
Aus denselben führen 6 Thore in das Freie,
die Stadt hat in ihrem Innern, besonders in der Altstadt, zwar
viele krumme und enge Straßen, die mit Häusern aus dem
Mittelalter besetzt sind, indeß machen diese immer mehr
bessern Gebäuden Platz, und die Neustadt ist nicht allein
regelmäßiger angelegt, sondern besitzt auch manches gute
Gebäude in einem modernen Style. Große offene Plätze sind
gar nicht vorhanden; schön und lebhaft ist immer die
Weserbrücke, die die beiden Städte verbindet, wenn gleich
ihre Struktur lange der Dresdner und Würzburger Brücke nicht
gleichkomt.♦ |
|
|
Unter den öffentlichen Gebäuden steht das
alte gothische Rathhaus mit seinen Gewölben, worin der
älteste Rheinwein aufbewahrt wird, oben an: andere
öffentliche Gebäude sind die Börse, der Schütting, wo sich die
Älterleute oder Repräsentanten der Kaufmannschaft
versammeln, das Gießhaus, der Schützenwall, der Marstall, die
Wage, die Kornhäuser und als Privatunternehmungen das
Schauspielhaus und das Museum, letzteres ein
Vereinigungspunkt der gebildeten Volksklassen.♦ |
|
|
Unter den 9 Kirchen ist die Domkirche als
die Mutterkirche des ganzen Herz. Bremen merkwürdig; sie
war bisher die einzige lutherische Kirche in der Stadt und
unter ihr befindet sich der berufene Bleikeller mit seinen
unverwest erhaltenen Kadavern. Die Liebfrauen-, Martins-, die
Stephans- und Neustadtkirchen gehören den Reformirten, in
der Ansgarkirche predigt ein reformirter und lutherischer
Geistlicher, die Vorstadt enthält ebenfalls 2, das Armenhaus 1
Kirche.♦ |
|
|
An wissenschaftlichen Anstalten bestehen
das seit 1823 Lutheranern und Reformirten gemeinschaftliche
akademische Gymnasium, 1 Realschule , 1 Seefahrtsschule,
mehre Elementarschulen und Privatinstitute, auch besitzt die
Stadt auf dem Rathhause eine Bibliothek von 16,000 Bänden
und ein kleines Museum.♦ |
|
|
Unter den milden Stiftungen sind das
Johanniskloster, jetzt eine Irrenanstalt und Hospital mit 1
kleinen Kirche, 1 Hospital für bejahrte Frauenspersonen, 1
Armenhaus, 1 Hospital für alte Schiffer unter dem Namen
Seefahrt, 1 luth., 1 ref. Waisenhaus, 3 Witwenhäuser, 1
sogenannter Pröven bei der Rembartskirche, 1 Beguinenhaus
und mehre sogenannte Gottesbuden als freie Wohnungen für
bedürftige Personen; es fehlt also in dieser freien Stadt nicht
an Unterstützungen aller Art, es ist auch ein Armeninstitut
vorhanden und die Armenanstalten sind neuerdings sehr
verbessert.♦ |
|
|
Die Anzahl der Häuser, die in den beiden
Stadttheilen und in der Vorstadt stehen, beläuft sich auf 5850,
die der Einw. auf 38,000, worunter etwa 14,000 Reformirte
und 1000 Juden, der Rest Lutheraner, die bisher die
unterdrückte Partei in der Stadt bildeten und erst seit neuern
Zeiten mit den Reformirten gleiche Rechte erhalten
haben.♦ |
|
|
Die Einwohner ziehen ihre Nahrung aus
den Fabriken, aus der Schifffahrt und aus dem Handel. An
Fabriken waren 1806 in der Stadt 1 Amidonfabr., 10
Baumseidenmanufakturen, 1 Bleiweiß-, 2 Bremergrünfabr., 3
Buchdruckereien, 1 chemische Fabr., 3 Cichorienfabr., 5
Essigbrauereien, 8 |
|
S. 451 Sp. 2 |
BREMEN |
|
|
Färbereien und Leinwanddruckereien, 2
Fischbeinreißereien, 2 Garnmanufakturen, 5 Hutfabr., 5
Kalkbrennereien, 2 Kamlotmanufakturen, 3
Kattundruckereien, 11 Korkschneidereien, 2 Leimsiedereien, 2
Lichtziehereien, 4 Leinenmanufakt., 1 Papiermühle, 9
Raschwebereien, 1 Schnallenfabr., 1 Segeltuchweberei, 4
Seifensiedereien, 2 Siegellakfabr., 59
Wollenstrumpfwebereien, 70 Tabaksfabr., 5
Wollengarnmanuf., 6 Zuckersiedereien, 2 Zwillichwebereien
und 1 Zwirnbleiche.♦ |
|
|
Einige sind seit der französischen
Usurpation zwar aufgegeben, dafür aber neue an die Stelle
getreten, andere leiden unter dem Fluche der Zeit, der auf die
ganze teutsche Manufaktur wirkt, und erwarten erst von der
bessern Zukunft einen neuen Schwung. Indeß steht es jetzt um
das Bremensche Fabrikwesen wol nicht schlimmer, als vor
jener Periode.♦ |
|
|
Die Schiffahrt hat dagegen seitdem an
Thätigkeit zugenommen; die Bremer unterhalten nicht allein
Seeschiffe, sondern sie theilen sich auch mit Münden in die
Schiffahrt der Weser, doch nehmen die Bremer daran bei
weitem geringern Antheil, indem 1788 von 247 Fahrzeugen,
die damals von Bremen nach Münden abgingen, nur 2 Bremer
waren. Um desto wichtiger ist die Seefahrt: 1806 hatten die
Bremer 178 1817 201 Schiffe in See, wovon in letzterm Jahre
11 auf den Heringsfang ausliefen, die übrigen sich aber über
die Ostsee, über die britischen, französischen und spanischen
Meere, selbst bis nach Nordamerika verbreiteten, jedoch aus
Korsarenfurcht selten über Cadix hinaus sich in das
mittelländische Meer wagten. 1817 gingen 11 Bremensche
Schiffe durch den Sund.♦ |
|
|
Zwischen Hamburg und Bremen ist die
Wattenfahrt durch Börtschiffe, die etwa 30 bis 40 Lasten
tragen, bedeutend, indem gewöhnlich von Bremen nach
Hamburg 100, von Hamburg nach Bremen 70 dergleichen
Schiffe damit beschäftigt sind, noch stärker aber die
Güterspedition auf der Achse, die von Bremen sich nach Stade
richtet und bei den Sandchausseen im Bremenschen oft
beschwerlich ist. Wird einst der Kanal, der querdurch das
Herzogthum sich zieht, zur Schiffahrt eingerichtet seyn, so
wird dies den Verkehr zwischen den beiden Stapelstädten sehr
erleichtern.♦ |
|
|
Die Bremensche Seeschiffahrt wird
vorzüglich durch den Mangel eines Hafens behindert; große
Seeschiffe können auf der Weser nur bis an den
Oldenburgischen Hafen zu Bracke, geringere bis Vegesack,
dem der Stadt zugehörigen Hafen, gelangen, wo sie dann
löschen und das Gut auf Leichterschiffen oder großen Booten
nach Bremen schaffen müssen. Nur geringe Schiffe können an
die Kaien gelangen. 1797 liefen in diesen 3 Häfen 1018, 1803.
901, 1817. 1223 und 1823. 1098 Schiffe ein.♦ |
|
|
Der Handel ist von dem weitesten
Umfange, und hat sich in neuern Zeiten noch erweitert: er
umfaßt das ganze teutsche Wesergebiet und alle Gegenstände
der teutschen und französischen Produktion, der ost- und
westindischen Kolonialwaren und der teutschen, französischen
und britischen Fabrikation, doch sind uns keine detaillirte
Handelslisten darüber bekant. Die ausgebreitetsten Geschäfte
macht es in Bordeauxweinen; diese werden aus der Quelle auf
der Mutter gezogen, erhalten hier Schnitt und Appretur, worin
die Bremer es unter allen Teutschen am weitesten gebracht
haben und in Europa in dieser Kunst nur von den Bordeauxern
selbst übertreffen werden, und gehen von hier aus durch |
|
S. 452 Sp. 1 |
BREMEN |
⇧ Inhalt |
|
beide Sachsen und Westphalen; doch hat in
neuern Zeiten die stärkere Verbreitung der Franken- und
Rheinweine in Teutschland, die zum Theil durch die
Weinreiter hervorgebracht ist, so wie der stärkere Impost in
den preußischen Staten dem Bremenschen Handel
beträchtlichen Eintrag gethan. 1806 fand man in Bremen
überhaupt 290 Kaufleute, 57 Kommissionäre und Spediteure,
10 Lotteriekollekteure, 3 Buchhandlungen, 4 Apotheker, 6
Banquiers und Wechsler, 4 Assecuradeure und 22 Mäkler aller
Art. Man rechnet, daß der Bremer Handel doch nur ⅓
des Hamburgischen ausmache.♦ |
|
|
Die Stadt besitzt ihre eigene
Wechselordnung, und hat als Beförderungsmittel des Handels
eine 1815 eröffnete Girobank, eine Discontokasse seit 1817,
und eine Heringsfischereigesellschaft, auch ein eigenes
Seerecht und Börse. sie hält 2 Jahr- und Roßmärkte, 4
Pferdemärkte, 1 Lukasfreimarkt, 2 Stuhl- und 2 Brodmärkte,
und besuchte Wochenmärkte. Das Leben in dieser freien Stadt
ist nicht wohlfeil. Zu ihren Vergnügungen gehören das
Theater, das Museum und die gewöhnlichen Lustbarkeiten der
nordischen Städte, auch ist hier 1 Loge. Die Stadt ist der
Geburtsort der Geschichtschreiber Adam von Bremen und A.
H. Heeren und des Astronomen Olbers *). |
|
|
Die Verfassung dieses Freistats hat
gegenwärtig einen ganz demokratischen Zuschnitt, ist aber
noch nicht völlig regulirt, und man arbeitet gegenwärtig an
einer neuen Konstitution, deren Entwurf schon seit 1815
vorgelegt ist. Bisher hielt die höchste gesetzgebende Gewalt
der Bürgerkonvent in Händen, welchen alle freien nicht
dienenden Bürger ohne Unterschied der Kirchen bilden: an
ihrer Spitze stehen die verschiedenen Älterleute, welche unter
sich auch noch ein Kollegium ausmachen, zu dessen
Geschäftskreise alles, was Gewerbe, Handel und Schiffahrt
betrifft, gehören.♦ |
|
|
Die ausübende Gewalt ist dem Senate oder
Magistrate anvertrauet, der aus 4 Bürgermeistern, 2 Syndicis
und 24 Rathsherren, wovon 16 Gelehrte und 8 Kaufleute seyn
müssen, zusammengesetzt ist: die wirkliche
Geschäftsthätigkeit wechselt halbjährig unter der Hälfte des
Senats ab, an deren Spitze einer der Bürgermeister den
Präsidenten macht. Der Senat ergänzt sich aus sich selbst,
indem er aus 3 vorgeschlagenen Kandidaten denjenigen
aufnimt, welcher die absolute Stimmenmehrheit für sich hat.
Was für Abänderungen jetzt in dieser Verfassung eintreten
möchten, darüber wird die Folge entscheiden: schon sind den
Lutheranern, die bisher nur einen
|
|
|
- *) Buch und Rechnung wird in Bremen
in Reichsthalern zu 72 Groot, jeder zu 5 Schwaart gehalten. 1
Reichsthaler hält 2 ¼ Bremer Mark, 6 Kopfstücke, 16
Dütchen, 18 Flinriche, 48 Schillinge, 72 Groot und 360
Schwaarte, wobei der Werth dieser Münzen nach dem
Konventionsfuße bestimt wird. Wirklich geprägte Geldsorten
sind Dukaten in Golde zu 2 ½ Rthlr., in Silber ganze,
½ und ¼ Speciesthaler zu 96, 48 und 24
Grooten, Kopfstücke 1⁄6 Species und Flinriche zu 4
Grooten, auch 6, 3, 2, 1, ½ Grootstücke; in Kupfer
Schwaarten. — Das Längenmaß sind Ruthen zu 2 ½
Klafter = 8 Ellen oder 16 Fuß, die Elle zu 256 2⁄5, der
Fuß zu 128 ¼ Par. Linien. Der Quadratfuß hält 114
1⁄8 Par. Quadratzoll, und der Kubikfuß 1219 3⁄10
franz. Kubikzoll. Der Scheffel von 4 Vierteln zu trocknen
Waren hat 3685, das Stübchen von 4 Quart zu flüssigen Waren
160 Par. Kubikzoll. Das Weinmaß theilt sich in Oxhofte,
Ohme, Anker und Bouteillen. — Das Bremer Pfund
Handelsgewicht ist 10,380 holl. Asen schwer.
|
|
S. 452 Sp. 2 |
BREMEN |
|
|
beschränkten Antheil an der Regirung
nahmen, mehre vortheilhafte Concessionen nachgelassen, und
gewiß werden sie mit den Reformirten völlig gleiche Rechte
erhalten. |
|
|
Die Bürgermeister und Rathsherren sind in
4 Quartiere getheilt. Der Senat hat die Kasse unter Händen.
Bei wichtigen Angelegenheiten wurde bisher die Wittheit
zugezogen. Diese bestand aus den Älterleuten und den Schoß
gebenden Bürgern. Die Kämmerei verwalten 4 Rathsherren,
die an die Bürgerschaft oder die Älterleute Rechnung
ablegen.♦ |
|
|
Der Senat ist zugleich das erste
Dikasterium; es theilt sich in das Ober- und Niedergericht ab.
Jenes machen die beiden jedesmal im Eide sitzenden Quartiere
des Raths aus, dieses verwalten abwechselnd 2 gelehrte
Richter und 2 Beisitzer aus den jedesmal regirenden
Rathsquartieren. Das kaiserliche Gastgericht hat mit den Ober-
und Niedergerichten konkurrirende Gerichtsbarkeit und ist auf
eben die Art besetzt. Von beiden geht die Berufung an das
gemeinschaftliche Appellationsgericht zu Lübeck. Die
Gogrefengerichte im Gebiete der Stadt halten die 4 Gogrefen.
Bei dem Borgfeldschen Gerichte steht dem Erbrichter einer
der Bürgermeister zur Seite, die Stadt hat auch ihr eigenes
Kriegs- und Seegericht. Bürgerliche Kollegien bilden 1) das
Kollegium der Älterleute, deren 14 sind, und 2) die
Bürgerkompagnien, 20 in der Altstadt, 5 in der Neustadt und 5
in der Vorstadt. |
|
|
Die freie Stadt hat mit Frankfurt, Lübeck
und Hamburg die 17. Stelle auf der Bundesversammlung, im
Plenum eine eigene Stimme; zum Bundeskontingente stellt sie
385 Mann, die 1 Bataillon ausmachen, und mit der übrigen
hanseatischen Legion zur 2. Division des 10. Heerhaufens
stoßen.♦ |
|
|
Das Wapen ist ein silberner schräg rechts
liegender Schlüssel mit aufrechts und links gekehrter
Schließplatte in Roth; die Statseinkünfte betragen etwa
400,000 Guld. Die Abgaben sind wenig drückend, nur ist die
Konsumtionsabgabe an den Thoren für den gemeinen Mann
lästig. Die Stadt hat beträchtliche Schulden, die um 1815
mehr, als 4 ½ Mill. Guld. betrugen: aber sie hat von
jeher die Zinsen richtig abgeführt und daher einen festen
Kredit, fängt auch gegenwärtig an, Kapitalien abzutragen. Ein
stehendes Militär hält sie nicht: die Bürgerwehr bildet ein
Regiment von 4 Bat., wovon das vierte auf Kosten des Stats
uniformirt ist. |
|
|
Das Gebiet der Stadt — 321
Quadratmeilen mit 9640 Emw. — liegt um die Stadt her,
besteht meistens aus Gärten und Fettweiden, und ist außer dem
Marktflecken Vegesack unter die Gogerichte Obervieland,
Niedervieland, Hollerland, Blockland und das Gericht
Borgfeld vertheilt. Es zählt 1 Marktflecken, 14 lutherische
Kirchspiele, 35 Dörfer und Weiler und 2550
Häuser **). |
|
|
Bremen ist ein alter Ort, wo sich bereits
Fischer und Schiffer angesiedelt hatten, als Karl der Große den
Entschluß faßte, 787 oder 788 an demselben ein Hochstift zu
gründen. Um die Kathedrale desselben blühete bald eine
|
|
|
- **) Die Hansestadt Lübeck und Bremen.
Leipz. u. Ronneburg 1807. 8. — Adreßbuch der Stadt Bremen
von Heyse 1801 und von 1821. — Länder- u. Völkerkunde B.
XXII. H. 6. — Weim. vollst. Handbuch V. S. 797—808. — C.
A. Heineke Charte des Gebiets der freien Hansestadt Bremen.
Bremen 1806. — Murtfeld's Grundriß von Bremen. Bremen
1811.
|
|
S. 453 Sp. 1 |
BREMEN |
⇧ Inhalt |
|
Stadt auf, die Karl einem Statthalter, der
den Titel Potestat führte, untergab. Als 858 das Bremer
Bisthum mit dem Erzbisthume Hamburg verbunden wurde,
entstanden zwischen beiden Domkirchen große Streitigkeiten,
die erst in der Folge 1223 zu Gunsten Bremens entschieden
wurden, und das Erzstift, welches zu Bremen blieb, hatte nun
2 Kathedralen und 2 Kapitel, der Erzbischof zu Hamburg
erhielt indeß von König Otto I., daß der zu Bremen sitzende
kaiserliche Potestat abberufen und keiner wieder angesetzt
wurde, wodurch der Grund zu der bischöflichen Autorität in
dieser Stadt, die 934 ihren ersten Magistrat und große
Privilegien erhielt, gelegt war; doch mußten die Bischöfe die
erworbenen kaiserlichen Gerechtsame durch besondere
Kastenvögte verwalten und ausüben lassen (Ursprung des
Gastgerichts).♦ |
|
|
Bremen wuchs unter dem Krummstabe
mächtig heran und wurde bald die Stapelstadt des Stroms, an
dem sie lag, und trat schon vor 1260 zu der Hanse. Indeß
herrschten in der Stadt zwischen Rath und Bürgerschaft
langdauernde Unruhen, die sie von 1289 an in verschiedene
auswärtige Fehden verwickelten und ihr zweimal die
Ausschließung aus der Hanse und sogar Acht und Oberacht
zuzogen, bis solchen 1433 endlich ein Vertrag, die Tafel oder
Eintracht genant, und nach neu entstandenen Zwistigkeiten
1532 die neue Eintracht ein Ende machten. Das Verhältniß mit
dem Erzbischofe, der sich als Herrn der Stadt ansah, und der
Stadt, die sich als freie Reichsstadt, was sie doch nicht war,
gerirte, blieb dabei immer gespant.♦ |
|
|
Ihre Händel mit den Rustringern,
Oldenburgern und Harlingern unterbrachen auch zu
verschiedenen Zeiten ihre Ruhe, und als sie 1522 zu der
protestantischen Kirche übertrat und den Schmalkaldischen
Bundesgenossen Hilfe sandte, wurde sie zwar 1550 in die
Acht erklärt, entging aber dem Ungewitter, was sich über
Magdeburg zuerst entlud, durch den 1552 von Moritz
erzwungenen Passauer Vertrag. Nun brachen aber die
Zwistigkeiten unter den Lutheranern und Reformirten in dieser
Stadt in lichte Flammen aus; die Lutheraner lagen völlig unter
und wurden bis 1638, wo der letzte Erzbischof in Bremen
ihnen seine Domkirche trotz des widersprechenden Senats
öffnete, aller Kirchen im Umfange der Stadt beraubt.♦ |
|
|
Noch war die Stadt nicht als Reichsstadt
anerkant. Zwar wurde sie 1640 zum Reichstage berufen und
im westfälischen Frieden ihre Freiheiten und Gerechtigkeiten
in geistlichen und weltlichen Sachen mit der völligen
Reichsunmittelbarkeit bestätigt. Doch sahe sie sich in dem
Vergleiche mit Schweden zu Habenhausen 1666 zu dem
Versprechen genöthigt, ihr Sitz- und Stimmrecht auf dem
Reichstage, wenn derselbe zu Ende gegangen seyn würde,
aufzugeben. Da derselbe indeß seitdem permanent blieb, so
behielt sie ihren Sitz und ihre Stimme, und 1731 gestand ihr
endlich das Haus Braunschweig-Lüneburg als nunmehriger
Besitzer des Herzogthums Bremen die Reichsfreiheit völlig
zu.♦ |
|
|
Ihre übrigen Verhältnisse mit
Braunschweig regulirte sie in dem Vertrage von 1741, worin
sie das Amt Blumenthal, das Gericht Neuenkirchen und die
Meier und Köther auf dem Düvelsmoore abtrat. 1803 wurde
ihre Unmittelbarkeit aufrecht erhalten und der
Deputationsrezeß sicherte ihr alle fremdherrliche
Gerichtsbarkeiten in der Stadt, die Güter des Bremer Stifts und
die Dörfer Hastedt, |
|
S. 453 Sp. 2 |
BREMEN |
|
|
Schwachhausen und Wahr zu, auch sollte
zu ihren Gunsten der Elsflether Zoll, weshalb sie bereits im
Anfange des 17. Jahrh. eine langwierige Fehde mit dem
Grafen von Oldenburg geführt und sich 1652 sogar die
Reichsacht zugezogen hatte, aufgehoben
werden †).♦ |
|
|
Aber 1810 schlug Napoleon sie zu dem
neuerrichteten Departement der Wesermündungen, und suchte
zwar den Verlust ihrer Unabhängigkeit mit dem Titel einer
guten Stadt und der Fixirung der Departementalautoritäten in
ihren Mauern zu versüßen, indeß wurde durch diese Maßregel
ihr Handel ganz vernichtet und ihr Wohlstand auf das tiefste
erschüttert. Zum Glück erhielt sich dieser Zustand nur wenige
Jahre, schon 1813 befreiete sie die Leipziger Schlacht von der
französischen Usurpation, und der Wiener Kongreß gab sie
1815 dem teutschen Bunde als freie Stadt zurück.♦ |
|
|
Sie hat sich seitdem bemühet, die nöthigen
Abänderungen in ihrer veralteten Konstitution herbeizuführen,
und sich ihrem vormaligen Wohlstande durch weise
Verfügungen zurückzugeben. Auch ist 1821 die Aufhebung
des Elsflether Zolls wirklich erfolgt, und die neue
Weserconvention von 1823 verspricht ihrem Handel auf dem
Strome eine gesicherte Existenz. Als Hansestadt steht sie noch
immer mit Lübeck und Hamburg in Verbindung.
|
(Hassel.) |
|
|
|
Bremerlehe |
Bremerlehe, s. Lehe. |
⇧ Inhalt |
|
|
|
Bremervörde |
BREMERVÖRDE, ein ansehnlicher
Marktflecken im Herzogthum Bremen mit
Weichbildes-Gerechtigkeit, 3 Meilen von Stade an der schiffbaren
Oste.♦ |
⇧ Inhalt |
|
Hier baute Herzog Lüder von Sachsen im
J. 1122 ein Schloß, welches nachmals die Residenz der
Bremischen Erzbischöfe und darauf der schwedischen
Statthalter war. Auch befand sich hier die erzbischöfliche
Kanzlei, bis sie zu schwedischer Zeit nach Stade verlegt
wurde. Jetzt ist Bremervörde der Sitz eines königlichen
Amtes, welches den Marktflecken Bremervörde, die Börde
Öhrel und Hesedorf mit 18 Dörfern und 14 Weilern und
Höfen, die Moorvogtei Gnarren dorf mit 11 Dörfern und
Weilern, die Börde Lamstädt und das Gericht Warstade mit 20
Dörfern und 12 Weilern und Höfen, zusammen mit 1772
Häus. und 10,412 Einw. begreift, eine Präpositur, unter
welcher die Pfarren Altluneberg, Basbeck, Bevern, Beverstedt,
Bexhövede, Bremervörde, Gnarrenburg, Kirchwistedt,
Lamstedt, Lockstedt, Mulsum, Öhrel und Ose stehen, und
einer Hauptreceptur, hat 1 Kirche, 211 Häus. und 1593 Einw.,
die Brantweinbrennerei, Schiffbau und mehre Gewerbe und
einen lebhaften Verkehr unterhalten. Es werden 4 Jahr- und 1
besuchter Viehmarkt gehalten. —♦ |
|
|
Das Amt, welches sich an der Oste
herunter erstreckt und einen Theil des großen Düvelsmoors
enthält, wodurch seit 1766 der Schiffahrtskanal zieht, hat nach
dem Kataster 185,270 Kalenb. Morgen; seine Bewohner
nähren sich vom Viehhandel, vom Holz- und Torfhandel. In
der Börde Lamstedt ist der Ackerbau einträglich, es wird
vieles Garn gesponnen und auf dem Vitimarkte zu Belm
versilbert. Sonst findet sich im Amte nur 1 Papiermühle, die
bereits seit 1695 im Gange ist, aber die bei Bremervörde
errichtete Glashütte ist wieder eingegangen. Von den in das
Amt gehörigen Vehndörfem siehe den Artikel Vehn-Colonien.
|
(Schlichthorst u. Hassel.) |
|
- *) Vgl. Ch. N. Roller's Vers. e.
Geschichte der kais. und reichsfr. Stadt Bremen. (1799, 1803.
4 Bde. 8.)
|
|
|
|
⇧ Inhalt |