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Allgemeine Encyclopädie HIS-Data
5139-1-12-450-1
Erste Section > Zwölfter Theil
Werk Bearb. ⇧ 12. Th.
Artikel: Bremen, eine freie Stadt - BREMERVÖRDE
Textvorlage: Göttinger Digitalisierungszentrum S. 456 : 450
Siehe auch: HIS-Data Bre
Hinweise: Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Bearbeitung
Inhalt:
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BRENNUS ⇨

⇧ S. 450 Sp. 2  
Forts. S. 450 Sp. 2 Bremen, eine freie Stadt des teutschen Bundes, welche noch wegen ihrer Verbindung mit den letzten Hansestädten Lübeck und Hamburg den Titel einer freien Hansestadt führt. –♦  
  Bremen liegt an der Weser unter 53° 4' 57'' Br. und 26° 27' 5'' um sich her ihr geschlossenes Gebiet. Die Weser theilt sie in zwei ungleiche Hälften, wovon die größere Altstadt auf der rechten, die kleinere Neustadt auf dem linken Ufer der Weser sich ausbreitet; zwischen beiden zieht sich der Werder hin, dessen unterster Theil in die Stadt gezogen ist, und außer den Wällen sieht man noch eine Vorstadt. Das heutige Bremen besteht mithin aus 3 Theilen: der Altstadt, der Neustadt und der Vorstadt. Beide erste waren vormals mit Wällen und Bastionen umgeben, und so stark befestigt, daß  
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  sie wol eine Belagerung auszuhalten im Stande waren: da indeß theils die Unterhaltung zu kostbar fiel, theils auch bei der Größe der Stadt ihre Bewachung die Statskräfte überstieg, so hat man sie in neuern Zeiten in Promenaden und englische Partien verwandelt.♦  
  Aus denselben führen 6 Thore in das Freie, die Stadt hat in ihrem Innern, besonders in der Altstadt, zwar viele krumme und enge Straßen, die mit Häusern aus dem Mittelalter besetzt sind, indeß machen diese immer mehr bessern Gebäuden Platz, und die Neustadt ist nicht allein regelmäßiger angelegt, sondern besitzt auch manches gute Gebäude in einem modernen Style. Große offene Plätze sind gar nicht vorhanden; schön und lebhaft ist immer die Weserbrücke, die die beiden Städte verbindet, wenn gleich ihre Struktur lange der Dresdner und Würzburger Brücke nicht gleichkomt.♦  
  Unter den öffentlichen Gebäuden steht das alte gothische Rathhaus mit seinen Gewölben, worin der älteste Rheinwein aufbewahrt wird, oben an: andere öffentliche Gebäude sind die Börse, der Schütting, wo sich die Älterleute oder Repräsentanten der Kaufmannschaft versammeln, das Gießhaus, der Schützenwall, der Marstall, die Wage, die Kornhäuser und als Privatunternehmungen das Schauspielhaus und das Museum, letzteres ein Vereinigungspunkt der gebildeten Volksklassen.♦  
  Unter den 9 Kirchen ist die Domkirche als die Mutterkirche des ganzen Herz. Bremen merkwürdig; sie war bisher die einzige lutherische Kirche in der Stadt und unter ihr befindet sich der berufene Bleikeller mit seinen unverwest erhaltenen Kadavern. Die Liebfrauen-, Martins-, die Stephans- und Neustadtkirchen gehören den Reformirten, in der Ansgarkirche predigt ein reformirter und lutherischer Geistlicher, die Vorstadt enthält ebenfalls 2, das Armenhaus 1 Kirche.♦  
  An wissenschaftlichen Anstalten bestehen das seit 1823 Lutheranern und Reformirten gemeinschaftliche akademische Gymnasium, 1 Realschule , 1 Seefahrtsschule, mehre Elementarschulen und Privatinstitute, auch besitzt die Stadt auf dem Rathhause eine Bibliothek von 16,000 Bänden und ein kleines Museum.♦  
  Unter den milden Stiftungen sind das Johanniskloster, jetzt eine Irrenanstalt und Hospital mit 1 kleinen Kirche, 1 Hospital für bejahrte Frauenspersonen, 1 Armenhaus, 1 Hospital für alte Schiffer unter dem Namen Seefahrt, 1 luth., 1 ref. Waisenhaus, 3 Witwenhäuser, 1 sogenannter Pröven bei der Rembartskirche, 1 Beguinenhaus und mehre sogenannte Gottesbuden als freie Wohnungen für bedürftige Personen; es fehlt also in dieser freien Stadt nicht an Unterstützungen aller Art, es ist auch ein Armeninstitut vorhanden und die Armenanstalten sind neuerdings sehr verbessert.♦  
  Die Anzahl der Häuser, die in den beiden Stadttheilen und in der Vorstadt stehen, beläuft sich auf 5850, die der Einw. auf 38,000, worunter etwa 14,000 Reformirte und 1000 Juden, der Rest Lutheraner, die bisher die unterdrückte Partei in der Stadt bildeten und erst seit neuern Zeiten mit den Reformirten gleiche Rechte erhalten haben.♦  
  Die Einwohner ziehen ihre Nahrung aus den Fabriken, aus der Schifffahrt und aus dem Handel. An Fabriken waren 1806 in der Stadt 1 Amidonfabr., 10 Baumseidenmanufakturen, 1 Bleiweiß-, 2 Bremergrünfabr., 3 Buchdruckereien, 1 chemische Fabr., 3 Cichorienfabr., 5 Essigbrauereien, 8  
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  Färbereien und Leinwanddruckereien, 2 Fischbeinreißereien, 2 Garnmanufakturen, 5 Hutfabr., 5 Kalkbrennereien, 2 Kamlotmanufakturen, 3 Kattundruckereien, 11 Korkschneidereien, 2 Leimsiedereien, 2 Lichtziehereien, 4 Leinenmanufakt., 1 Papiermühle, 9 Raschwebereien, 1 Schnallenfabr., 1 Segeltuchweberei, 4 Seifensiedereien, 2 Siegellakfabr., 59 Wollenstrumpfwebereien, 70 Tabaksfabr., 5 Wollengarnmanuf., 6 Zuckersiedereien, 2 Zwillichwebereien und 1 Zwirnbleiche.♦  
  Einige sind seit der französischen Usurpation zwar aufgegeben, dafür aber neue an die Stelle getreten, andere leiden unter dem Fluche der Zeit, der auf die ganze teutsche Manufaktur wirkt, und erwarten erst von der bessern Zukunft einen neuen Schwung. Indeß steht es jetzt um das Bremensche Fabrikwesen wol nicht schlimmer, als vor jener Periode.♦  
  Die Schiffahrt hat dagegen seitdem an Thätigkeit zugenommen; die Bremer unterhalten nicht allein Seeschiffe, sondern sie theilen sich auch mit Münden in die Schiffahrt der Weser, doch nehmen die Bremer daran bei weitem geringern Antheil, indem 1788 von 247 Fahrzeugen, die damals von Bremen nach Münden abgingen, nur 2 Bremer waren. Um desto wichtiger ist die Seefahrt: 1806 hatten die Bremer 178 1817 201 Schiffe in See, wovon in letzterm Jahre 11 auf den Heringsfang ausliefen, die übrigen sich aber über die Ostsee, über die britischen, französischen und spanischen Meere, selbst bis nach Nordamerika verbreiteten, jedoch aus Korsarenfurcht selten über Cadix hinaus sich in das mittelländische Meer wagten. 1817 gingen 11 Bremensche Schiffe durch den Sund.♦  
  Zwischen Hamburg und Bremen ist die Wattenfahrt durch Börtschiffe, die etwa 30 bis 40 Lasten tragen, bedeutend, indem gewöhnlich von Bremen nach Hamburg 100, von Hamburg nach Bremen 70 dergleichen Schiffe damit beschäftigt sind, noch stärker aber die Güterspedition auf der Achse, die von Bremen sich nach Stade richtet und bei den Sandchausseen im Bremenschen oft beschwerlich ist. Wird einst der Kanal, der querdurch das Herzogthum sich zieht, zur Schiffahrt eingerichtet seyn, so wird dies den Verkehr zwischen den beiden Stapelstädten sehr erleichtern.♦  
  Die Bremensche Seeschiffahrt wird vorzüglich durch den Mangel eines Hafens behindert; große Seeschiffe können auf der Weser nur bis an den Oldenburgischen Hafen zu Bracke, geringere bis Vegesack, dem der Stadt zugehörigen Hafen, gelangen, wo sie dann löschen und das Gut auf Leichterschiffen oder großen Booten nach Bremen schaffen müssen. Nur geringe Schiffe können an die Kaien gelangen. 1797 liefen in diesen 3 Häfen 1018, 1803. 901, 1817. 1223 und 1823. 1098 Schiffe ein.♦  
  Der Handel ist von dem weitesten Umfange, und hat sich in neuern Zeiten noch erweitert: er umfaßt das ganze teutsche Wesergebiet und alle Gegenstände der teutschen und französischen Produktion, der ost- und westindischen Kolonialwaren und der teutschen, französischen und britischen Fabrikation, doch sind uns keine detaillirte Handelslisten darüber bekant. Die ausgebreitetsten Geschäfte macht es in Bordeauxweinen; diese werden aus der Quelle auf der Mutter gezogen, erhalten hier Schnitt und Appretur, worin die Bremer es unter allen Teutschen am weitesten gebracht haben und in Europa in dieser Kunst nur von den Bordeauxern selbst übertreffen werden, und gehen von hier aus durch  
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  beide Sachsen und Westphalen; doch hat in neuern Zeiten die stärkere Verbreitung der Franken- und Rheinweine in Teutschland, die zum Theil durch die Weinreiter hervorgebracht ist, so wie der stärkere Impost in den preußischen Staten dem Bremenschen Handel beträchtlichen Eintrag gethan. 1806 fand man in Bremen überhaupt 290 Kaufleute, 57 Kommissionäre und Spediteure, 10 Lotteriekollekteure, 3 Buchhandlungen, 4 Apotheker, 6 Banquiers und Wechsler, 4 Assecuradeure und 22 Mäkler aller Art. Man rechnet, daß der Bremer Handel doch nur ⅓ des Hamburgischen ausmache.♦  
  Die Stadt besitzt ihre eigene Wechselordnung, und hat als Beförderungsmittel des Handels eine 1815 eröffnete Girobank, eine Discontokasse seit 1817, und eine Heringsfischereigesellschaft, auch ein eigenes Seerecht und Börse. sie hält 2 Jahr- und Roßmärkte, 4 Pferdemärkte, 1 Lukasfreimarkt, 2 Stuhl- und 2 Brodmärkte, und besuchte Wochenmärkte. Das Leben in dieser freien Stadt ist nicht wohlfeil. Zu ihren Vergnügungen gehören das Theater, das Museum und die gewöhnlichen Lustbarkeiten der nordischen Städte, auch ist hier 1 Loge. Die Stadt ist der Geburtsort der Geschichtschreiber Adam von Bremen und A. H. Heeren und des Astronomen Olbers *).  
  Die Verfassung dieses Freistats hat gegenwärtig einen ganz demokratischen Zuschnitt, ist aber noch nicht völlig regulirt, und man arbeitet gegenwärtig an einer neuen Konstitution, deren Entwurf schon seit 1815 vorgelegt ist. Bisher hielt die höchste gesetzgebende Gewalt der Bürgerkonvent in Händen, welchen alle freien nicht dienenden Bürger ohne Unterschied der Kirchen bilden: an ihrer Spitze stehen die verschiedenen Älterleute, welche unter sich auch noch ein Kollegium ausmachen, zu dessen Geschäftskreise alles, was Gewerbe, Handel und Schiffahrt betrifft, gehören.♦  
  Die ausübende Gewalt ist dem Senate oder Magistrate anvertrauet, der aus 4 Bürgermeistern, 2 Syndicis und 24 Rathsherren, wovon 16 Gelehrte und 8 Kaufleute seyn müssen, zusammengesetzt ist: die wirkliche Geschäftsthätigkeit wechselt halbjährig unter der Hälfte des Senats ab, an deren Spitze einer der Bürgermeister den Präsidenten macht. Der Senat ergänzt sich aus sich selbst, indem er aus 3 vorgeschlagenen Kandidaten denjenigen aufnimt, welcher die absolute Stimmenmehrheit für sich hat. Was für Abänderungen jetzt in dieser Verfassung eintreten möchten, darüber wird die Folge entscheiden: schon sind den Lutheranern, die bisher nur einen
 
 
  • *) Buch und Rechnung wird in Bremen in Reichsthalern zu 72 Groot, jeder zu 5 Schwaart gehalten. 1 Reichsthaler hält 2 ¼ Bremer Mark, 6 Kopfstücke, 16 Dütchen, 18 Flinriche, 48 Schillinge, 72 Groot und 360 Schwaarte, wobei der Werth dieser Münzen nach dem Konventionsfuße bestimt wird. Wirklich geprägte Geldsorten sind Dukaten in Golde zu 2 ½ Rthlr., in Silber ganze, ½ und ¼ Speciesthaler zu 96, 48 und 24 Grooten, Kopfstücke 1⁄6 Species und Flinriche zu 4 Grooten, auch 6, 3, 2, 1, ½ Grootstücke; in Kupfer Schwaarten. — Das Längenmaß sind Ruthen zu 2 ½ Klafter = 8 Ellen oder 16 Fuß, die Elle zu 256 2⁄5, der Fuß zu 128 ¼ Par. Linien. Der Quadratfuß hält 114 1⁄8 Par. Quadratzoll, und der Kubikfuß 1219 3⁄10 franz. Kubikzoll. Der Scheffel von 4 Vierteln zu trocknen Waren hat 3685, das Stübchen von 4 Quart zu flüssigen Waren 160 Par. Kubikzoll. Das Weinmaß theilt sich in Oxhofte, Ohme, Anker und Bouteillen. — Das Bremer Pfund Handelsgewicht ist 10,380 holl. Asen schwer.
 
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  beschränkten Antheil an der Regirung nahmen, mehre vortheilhafte Concessionen nachgelassen, und gewiß werden sie mit den Reformirten völlig gleiche Rechte erhalten.  
  Die Bürgermeister und Rathsherren sind in 4 Quartiere getheilt. Der Senat hat die Kasse unter Händen. Bei wichtigen Angelegenheiten wurde bisher die Wittheit zugezogen. Diese bestand aus den Älterleuten und den Schoß gebenden Bürgern. Die Kämmerei verwalten 4 Rathsherren, die an die Bürgerschaft oder die Älterleute Rechnung ablegen.♦  
  Der Senat ist zugleich das erste Dikasterium; es theilt sich in das Ober- und Niedergericht ab. Jenes machen die beiden jedesmal im Eide sitzenden Quartiere des Raths aus, dieses verwalten abwechselnd 2 gelehrte Richter und 2 Beisitzer aus den jedesmal regirenden Rathsquartieren. Das kaiserliche Gastgericht hat mit den Ober- und Niedergerichten konkurrirende Gerichtsbarkeit und ist auf eben die Art besetzt. Von beiden geht die Berufung an das gemeinschaftliche Appellationsgericht zu Lübeck. Die Gogrefengerichte im Gebiete der Stadt halten die 4 Gogrefen. Bei dem Borgfeldschen Gerichte steht dem Erbrichter einer der Bürgermeister zur Seite, die Stadt hat auch ihr eigenes Kriegs- und Seegericht. Bürgerliche Kollegien bilden 1) das Kollegium der Älterleute, deren 14 sind, und 2) die Bürgerkompagnien, 20 in der Altstadt, 5 in der Neustadt und 5 in der Vorstadt.  
  Die freie Stadt hat mit Frankfurt, Lübeck und Hamburg die 17. Stelle auf der Bundesversammlung, im Plenum eine eigene Stimme; zum Bundeskontingente stellt sie 385 Mann, die 1 Bataillon ausmachen, und mit der übrigen hanseatischen Legion zur 2. Division des 10. Heerhaufens stoßen.♦  
  Das Wapen ist ein silberner schräg rechts liegender Schlüssel mit aufrechts und links gekehrter Schließplatte in Roth; die Statseinkünfte betragen etwa 400,000 Guld. Die Abgaben sind wenig drückend, nur ist die Konsumtionsabgabe an den Thoren für den gemeinen Mann lästig. Die Stadt hat beträchtliche Schulden, die um 1815 mehr, als 4 ½ Mill. Guld. betrugen: aber sie hat von jeher die Zinsen richtig abgeführt und daher einen festen Kredit, fängt auch gegenwärtig an, Kapitalien abzutragen. Ein stehendes Militär hält sie nicht: die Bürgerwehr bildet ein Regiment von 4 Bat., wovon das vierte auf Kosten des Stats uniformirt ist.  
  Das Gebiet der Stadt — 321 Quadratmeilen mit 9640 Emw. — liegt um die Stadt her, besteht meistens aus Gärten und Fettweiden, und ist außer dem Marktflecken Vegesack unter die Gogerichte Obervieland, Niedervieland, Hollerland, Blockland und das Gericht Borgfeld vertheilt. Es zählt 1 Marktflecken, 14 lutherische Kirchspiele, 35 Dörfer und Weiler und 2550 Häuser **).  
  Bremen ist ein alter Ort, wo sich bereits Fischer und Schiffer angesiedelt hatten, als Karl der Große den Entschluß faßte, 787 oder 788 an demselben ein Hochstift zu gründen. Um die Kathedrale desselben blühete bald eine
 
 
  • **) Die Hansestadt Lübeck und Bremen. Leipz. u. Ronneburg 1807. 8. — Adreßbuch der Stadt Bremen von Heyse 1801 und von 1821. — Länder- u. Völkerkunde B. XXII. H. 6. — Weim. vollst. Handbuch V. S. 797—808. — C. A. Heineke Charte des Gebiets der freien Hansestadt Bremen. Bremen 1806. — Murtfeld's Grundriß von Bremen. Bremen 1811.
 
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  Stadt auf, die Karl einem Statthalter, der den Titel Potestat führte, untergab. Als 858 das Bremer Bisthum mit dem Erzbisthume Hamburg verbunden wurde, entstanden zwischen beiden Domkirchen große Streitigkeiten, die erst in der Folge 1223 zu Gunsten Bremens entschieden wurden, und das Erzstift, welches zu Bremen blieb, hatte nun 2 Kathedralen und 2 Kapitel, der Erzbischof zu Hamburg erhielt indeß von König Otto I., daß der zu Bremen sitzende kaiserliche Potestat abberufen und keiner wieder angesetzt wurde, wodurch der Grund zu der bischöflichen Autorität in dieser Stadt, die 934 ihren ersten Magistrat und große Privilegien erhielt, gelegt war; doch mußten die Bischöfe die erworbenen kaiserlichen Gerechtsame durch besondere Kastenvögte verwalten und ausüben lassen (Ursprung des Gastgerichts).♦  
  Bremen wuchs unter dem Krummstabe mächtig heran und wurde bald die Stapelstadt des Stroms, an dem sie lag, und trat schon vor 1260 zu der Hanse. Indeß herrschten in der Stadt zwischen Rath und Bürgerschaft langdauernde Unruhen, die sie von 1289 an in verschiedene auswärtige Fehden verwickelten und ihr zweimal die Ausschließung aus der Hanse und sogar Acht und Oberacht zuzogen, bis solchen 1433 endlich ein Vertrag, die Tafel oder Eintracht genant, und nach neu entstandenen Zwistigkeiten 1532 die neue Eintracht ein Ende machten. Das Verhältniß mit dem Erzbischofe, der sich als Herrn der Stadt ansah, und der Stadt, die sich als freie Reichsstadt, was sie doch nicht war, gerirte, blieb dabei immer gespant.♦  
  Ihre Händel mit den Rustringern, Oldenburgern und Harlingern unterbrachen auch zu verschiedenen Zeiten ihre Ruhe, und als sie 1522 zu der protestantischen Kirche übertrat und den Schmalkaldischen Bundesgenossen Hilfe sandte, wurde sie zwar 1550 in die Acht erklärt, entging aber dem Ungewitter, was sich über Magdeburg zuerst entlud, durch den 1552 von Moritz erzwungenen Passauer Vertrag. Nun brachen aber die Zwistigkeiten unter den Lutheranern und Reformirten in dieser Stadt in lichte Flammen aus; die Lutheraner lagen völlig unter und wurden bis 1638, wo der letzte Erzbischof in Bremen ihnen seine Domkirche trotz des widersprechenden Senats öffnete, aller Kirchen im Umfange der Stadt beraubt.♦  
  Noch war die Stadt nicht als Reichsstadt anerkant. Zwar wurde sie 1640 zum Reichstage berufen und im westfälischen Frieden ihre Freiheiten und Gerechtigkeiten in geistlichen und weltlichen Sachen mit der völligen Reichsunmittelbarkeit bestätigt. Doch sahe sie sich in dem Vergleiche mit Schweden zu Habenhausen 1666 zu dem Versprechen genöthigt, ihr Sitz- und Stimmrecht auf dem Reichstage, wenn derselbe zu Ende gegangen seyn würde, aufzugeben. Da derselbe indeß seitdem permanent blieb, so behielt sie ihren Sitz und ihre Stimme, und 1731 gestand ihr endlich das Haus Braunschweig-Lüneburg als nunmehriger Besitzer des Herzogthums Bremen die Reichsfreiheit völlig zu.♦  
  Ihre übrigen Verhältnisse mit Braunschweig regulirte sie in dem Vertrage von 1741, worin sie das Amt Blumenthal, das Gericht Neuenkirchen und die Meier und Köther auf dem Düvelsmoore abtrat. 1803 wurde ihre Unmittelbarkeit aufrecht erhalten und der Deputationsrezeß sicherte ihr alle fremdherrliche Gerichtsbarkeiten in der Stadt, die Güter des Bremer Stifts und die Dörfer Hastedt,  
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  Schwachhausen und Wahr zu, auch sollte zu ihren Gunsten der Elsflether Zoll, weshalb sie bereits im Anfange des 17. Jahrh. eine langwierige Fehde mit dem Grafen von Oldenburg geführt und sich 1652 sogar die Reichsacht zugezogen hatte, aufgehoben werden †).♦  
  Aber 1810 schlug Napoleon sie zu dem neuerrichteten Departement der Wesermündungen, und suchte zwar den Verlust ihrer Unabhängigkeit mit dem Titel einer guten Stadt und der Fixirung der Departementalautoritäten in ihren Mauern zu versüßen, indeß wurde durch diese Maßregel ihr Handel ganz vernichtet und ihr Wohlstand auf das tiefste erschüttert. Zum Glück erhielt sich dieser Zustand nur wenige Jahre, schon 1813 befreiete sie die Leipziger Schlacht von der französischen Usurpation, und der Wiener Kongreß gab sie 1815 dem teutschen Bunde als freie Stadt zurück.♦  
  Sie hat sich seitdem bemühet, die nöthigen Abänderungen in ihrer veralteten Konstitution herbeizuführen, und sich ihrem vormaligen Wohlstande durch weise Verfügungen zurückzugeben. Auch ist 1821 die Aufhebung des Elsflether Zolls wirklich erfolgt, und die neue Weserconvention von 1823 verspricht ihrem Handel auf dem Strome eine gesicherte Existenz. Als Hansestadt steht sie noch immer mit Lübeck und Hamburg in Verbindung.
   
Bremerlehe Bremerlehe, s. Lehe. ⇧ Inhalt 
   
Bremervörde BREMERVÖRDE, ein ansehnlicher Marktflecken im Herzogthum Bremen mit Weichbildes-Gerechtigkeit, 3 Meilen von Stade an der schiffbaren Oste.♦ ⇧ Inhalt 
  Hier baute Herzog Lüder von Sachsen im J. 1122 ein Schloß, welches nachmals die Residenz der Bremischen Erzbischöfe und darauf der schwedischen Statthalter war. Auch befand sich hier die erzbischöfliche Kanzlei, bis sie zu schwedischer Zeit nach Stade verlegt wurde. Jetzt ist Bremervörde der Sitz eines königlichen Amtes, welches den Marktflecken Bremervörde, die Börde Öhrel und Hesedorf mit 18 Dörfern und 14 Weilern und Höfen, die Moorvogtei Gnarren dorf mit 11 Dörfern und Weilern, die Börde Lamstädt und das Gericht Warstade mit 20 Dörfern und 12 Weilern und Höfen, zusammen mit 1772 Häus. und 10,412 Einw. begreift, eine Präpositur, unter welcher die Pfarren Altluneberg, Basbeck, Bevern, Beverstedt, Bexhövede, Bremervörde, Gnarrenburg, Kirchwistedt, Lamstedt, Lockstedt, Mulsum, Öhrel und Ose stehen, und einer Hauptreceptur, hat 1 Kirche, 211 Häus. und 1593 Einw., die Brantweinbrennerei, Schiffbau und mehre Gewerbe und einen lebhaften Verkehr unterhalten. Es werden 4 Jahr- und 1 besuchter Viehmarkt gehalten. —♦  
  Das Amt, welches sich an der Oste herunter erstreckt und einen Theil des großen Düvelsmoors enthält, wodurch seit 1766 der Schiffahrtskanal zieht, hat nach dem Kataster 185,270 Kalenb. Morgen; seine Bewohner nähren sich vom Viehhandel, vom Holz- und Torfhandel. In der Börde Lamstedt ist der Ackerbau einträglich, es wird vieles Garn gesponnen und auf dem Vitimarkte zu Belm versilbert. Sonst findet sich im Amte nur 1 Papiermühle, die bereits seit 1695 im Gange ist, aber die bei Bremervörde errichtete Glashütte ist wieder eingegangen. Von den in das Amt gehörigen Vehndörfem siehe den Artikel Vehn-Colonien.
 
  • *) Vgl. Ch. N. Roller's Vers. e. Geschichte der kais. und reichsfr. Stadt Bremen. (1799, 1803. 4 Bde. 8.)
 
   
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Stand: 9. März 2018 © Hans-Walter Pries