Titel: |
Schrancken |
Quelle: |
Zedler Universal-Lexicon |
Band: |
35 Sp. 1100 |
Jahr: |
1743 |
Originaltext: |
Digitalisat BSB
Bd.
35 S. 564 |
Vorheriger Artikel: |
Schrancke |
Folgender Artikel: |
Schrancken, Geschlecht |
Siehe auch: |
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Hinweise: |
- Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe
Hauptartikel
- Für die Auflösung der Quellenangaben siehe:
Bibel
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Text |
Quellenangaben |
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Schrancken, heissen ein abgestecktes Ziel,
nach dem vor
Zeiten die Heydnischen Läuffer
lieffen, und bestanden in 600 Fuß, oder 150
Schritten; am Ende war ein Kleinod gestecket,
nach welchen zwar viele lieffen, doch traffs nur
einer. |
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In heiliger Schrifft werden die Schrancken mit
der Lehre und dem
Leben JEsu Christi; das
Kleinod |
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{Sp. 1101|S. 565} |
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aber mit dem ewigen Leben verglichen, 1
Cor. IX, 24. wo es heisset: Wisset ihr nicht, daß
die, so in den Schrancken lauffen etc. |
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Dieses besser zu
verstehen, darzu wird
folgendes dienen: Es waren nemlich die
Olympischen Spiele dazumahl in gantz
Griechenland sehr bekannt, und hatten den
Nahmen von dem ersten, das bey der
Stadt
Olympia am Flusse Alpheo dem Jupiter zu
Ehren
gehalten wurde. Der Anfänger war Hercules,
welcher, nachdem er den Augeam, einen
König in
Elis, überwunden, auf den Olympischen Feldern
einen Wettkampf anstellte, so alle 5 Jahr
wiederholet wurde, und zwar zu dem Ende, daß
die Juden[1] in Griechenland sich darinnen mit
fünfferley Exercitien üben solten, als
nehmlich: |
[1] |
HIS-Data: wohl richtig: Jungen |
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1) |
Caestibus, mit
Streitkolben, die gar wunderlich aussahen, an
dessen statt die Fechter heut zu Tage die
Dissecken brauchen. |
2) |
Cursu, mit
Lauffen. |
3) |
Saltu, mit
Springen, |
4) |
Disco, mit einer schweren
steinernen Kugel, wer dieselbe von der Erden am
weitesten in die Höhe heben kunte. |
5) |
Palaestra, mit
Fechten. |
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Wer nun in diesem Kampf-Spiele das beste
gethan, wurde mit einem Crantz von Öl-Zweigen
gecrönet, und viel höher gehalten, als einer, der
zu Rom triumphirte, denn man erzeigte ihm so
grosse Ehre, daß er auf einem Wagen nicht zum
Stadt-Thore, sondern über die eingerissenen
Mauren hinein geführet wurde. |
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Und kamen zu diesem Spiele unterschiedene
Völcker, weil es nicht allein in Griechenland,
sondern auch in Italien, Sicilien, Asien, Egypten
und Syrien sehr berühmt war. Nach diesem aber
wurden dergleichen Kampfspiele auch zu Dio in
Macedonien, zu Athen, Smyrnen, Pergamo und
Alexandrien gehalten. |
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Von diesen führet der Apostel nur eine,
nemlich die andere
Art des Kampfes, an, so im
Lauffen bestund, weil dieselbe zu Corinth im
Brauch war, und bey dem Feste der Minerven
gehalten wurde, welches geschahe in einem
Laufplatze von 600 Fuß lang, wie solchen zuerst
Hercules mit seinen eigenen Füssen
abgemessen. In dem lieffen nun die Jünglinge mit
einander um die Wette, und hatte ein jeder eine
brennende Fackel in Händen, unter welchen
derjenige das Kleinod bekam, der am ersten mit
der brennenden Fackel zum
Zwecke kam; wer
aber zu langsam kam, oder die Fackel unter
wegens auslöschte, der lief umsonst. |
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Dieser Lauf-Kampf solte den Corinthern ein
feines Vorbild seyn, wie sie geistlicher Weise in
ihrer Gottseligkeit solten fortlauffen. Denn wie sich
jene Jünglinge mit ihrem
Leibe aufs äusserste
bemüheten, daß sie mit ihrer brennenden Fackel
am ersten zum vorgesteckten Ziele kämen, und
das aufgesetzte Kleinod erlangen; so solten
vielmehr sie sich allesamt als geistliche Kämpffer
und Läuffer aufs heftigste bemühen, daß sie mit
ihrer brennenden Glaubens-Fackel ungehindert
fortlieffen, bis sie an den Zweck der Seligkeit
gelangten, und das verheissene Kleinod
empfiengen. |
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Die Scribenten
erzehlen viererley Arten der Kleinodien, die bey solchem Lauf und andern Kampfe
ausgetheilet wurden, welches 4 unterschiedene Cräntze oder Cronen waren, unter
denen |
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- der erste aus einem wilden Ölbaum geflochten wurde;
- der andere von einem fruchtbaren;
- der dritte war eine Cro-
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{Sp. 1102} |
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- der vierte aber hatte zugleich einen Palmen-Zweig bey sich, der dem Uberwinder in die Hände
gegeben wurde.
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In den Pythischen Spielen, so dem Apollo zu
Ehren geschahen, war der Crantz aus einem
Lorbeer-Zweige; in den Isthmischen aber, die dem
Neptunus zu Ehren, und nicht weit von Corinth
gehalten wurden, war er von einer Fichte. Also
wurde hingegen in den Nemeischen Spielen, dem
Archemorus zu Ehren, eine Crone von Eppich
ausgetheilet. Die geistlichen Kämpffer empfahen
auch eine Crone, aber nicht eine vergängliche,
wie jene waren, sondern eine
unvergängliche, |
1 Cor. 9, v. 25. |
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Denn der HErr Zebaoth wird seyn eine
liebliche Crone und herrlicher Crantz den übrigen
seines Volcks, |
Esa. 28, v. 5. |
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welche Verheissung zwar die meisten
Ausleger auf das irdische Königreich Juda deuten,
welches noch durch
GOttes Gnade den Uberbliebenen seines Volcks eine Zeitlang
blühen solte, wenn das Königreich Israel in Ephraim wäre untergegangen: |
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Allein etliche ziehen es aufs N. Testament als eine Weissagung von Christo,
der der Gläubigen Lohn und Crone seyn solte, weil auch der Chaldäische
Dolmetscher es ausdrücklich gegeben, daß es der Meßias seyn solte. Und so halten
wir JEsum nicht allein im
Reiche
der Gnaden, sondern auch im Reiche der Herrlichkeit für unsere schöne
Sieges-Crone, darinnen wir ewig prangen werden. |
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