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Zedler: Schönheit HIS-Data
5028-35-820-6
Titel: Schönheit
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 35 Sp. 820
Jahr: 1743
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 35 S. 424
Vorheriger Artikel: Schönheim, (Otto Wilhelm)
Folgender Artikel: Schönheitsessenz
Siehe auch:
Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel

Übersicht

Stichworte Text Quellenangaben
  Schönheit, Lateinisch Pulchritudo, man redet immer von der Schönheit, und liebet etwas, das schön ist; die wenigsten aber haben einen deutlichen Begriff von der Schönheit.  
  Das machet, weil man dieses Wort auf so unterschiedliche Art brauchet. Man kan die Schönheit auf zweyfache Art betrachten: einmahl, wie sie von der Empfindung und Vorstellung eines Menschen dependiret, wenn er an einer Sache etwas anzutreffen vermeynet, das schön ist und vergnüget. Nach dieser Absicht geschieht es, daß bisweilen eine Sache wahrhafftig schön ist, einem Menschen gefället und ihm Vergnügen erwecket; zuweilen aber ist etwas schön und vergnüget ihn nicht, weswegen auch hierinnen der Begriff und der Geschmack der Menschen so sehr von einander unterschieden sind. Was der eine vor schön preiset, und sich daran belustiget; daran will ein anderer nichts schönes erblicken.  
  Vors andere hat man die Schönheit anzusehen, wie sie sich würcklich an einer Sachen befindet und darinnen die Vorstellungen und Neigungen der Menschen übereinstimmen, daß also ein gewisser Grund vorhanden seyn muß, daher solche Übereinstimmung rühret. Es muß sich etwas an der Sache befinden, welches macht, daß alle, die sie betrachten, ein Vergnügen und Wohlgefallen daran haben.  
  Unserer Seelen gefällt nichts mehr als Veränderung. Sie wird verdrüßlich, wenn sie immer einerley vor sich hat. Die vielfältigen Veränderungen aber an sich würden uns Verwirrungen machen, und daher muß eine Gleichförmigkeit da seyn, woraus die Ordnung und Proportion entspringet; diese Stücke machen das Schöne aus.  
  Es wird eine Abwechslung, Ordnung und Proportion erfordert. Die Abwechslung begreiffet die verschiedene und von einander abweichende Theile, welche die Ordnung zusammen hänget, so, daß sich eines zu dem andern schicket, und überall die gehörige Harmonie zu sehen. Aus solche Weise muß man sagen, daß die Schönheit keine Chimäre, kein Ding sey, das nur in der Einbildung bestehet, sondern daß sie etwas wahrhafftiges sey, eine aus vielfältigen Stücken zusammen hangende Ordnung und Harmonie. Sind diese Dinge beysammen, so kan man sagen, daß eine Sache schön zu nennen sey.  
  Ein Mensch, der nicht mehr als eine Sache lernet, wird nicht geachtet, er soll mehr wissen. Unterdessen, wenn er viel weiß  
  {Sp. 821|S. 425}  
  ohne Ordnung, so ist es auch nicht angenehm, und man findet in seiner Gelehrsamkeit keine Schönheit. Es würde übel aussehen, wenn ein Baumeister eine Reihe Säulen setzen wollte, da eine hoch, die andere niedrig wäre; sondern es soll ein jedes sein gewisses Maaß haben, welches sich den Augen besser vorstellen wird, siehe den folgenden Artikel: Schönheit in der Baukunst.  
  Aus einem Gebäude, aus der Mischung der Farben, aus einem schönen Gesicht und vielen andern Sachen kan man sehen, daß die Schönheit auf solche Gründe beruhe, wie wir sie vorher angezeiget. So kan man die Schönheit in gantz weitem Verstand nehmen, und selbige von vielen Dingen, geistlichen und leiblichen, natürlichen und künstlichen nehmen; in engern Verstand aber, wie man sich dessen insgemein bedienet, braucht man selbiges von dem menschlichen Leibe und dessen Gliedern.  
  Der Herr Crousaz hat diese Materie sehr geschickt in einer besondern Schrift ausgeführet und heraus gegeben traité du beau. Die Verfasser des journal litteraire hatten verschiedenes daran ausgesetzet, welches in der neuen Bibliothek part. 40. pag. 839 beantwortet worden. In des Herrn Abts Schmids fasciculo miscellaneorum physicorum handelt die erste Dissertation de pulcritudine hominis. Herr D. Buddeus hat eine commentationem de eo, quod pulcrum est in theolog. drucken lassen, und indem Fecht in den noctibus christianis exercit. 10. de forma faciei Christi handelt, so bringt er pag. 371. seqq. verschiedenes von der Natur der Schönheit an; die er aber in gar enge Grentze setzet, wie denn auch der Discurs davon, den Lälius Peregrinus de animi affectionibus p. 71. angestellet, gar schlecht gerathen.  
  Zu Londen ist 1726 zum andernmal, und zwar in englischer Sprache herausgekommen disquisitio de origine idearum, quas de pulcritudine et virtute habemus, deren Verfasser Franciscus Hutcheson heisset, und davon man in den actis eruditorum 1727 p. 349 einen Auszug findet.
   
Baukunst Schönheit in der Baukunst, ist die Vollkommenheit oder ein nöthiger Schein derselben, in soweit sowol jener, als dieser wahrgenommen wird, und ein Gefallen in uns verursachet.  
  Weil uns um eines Vorurtheils willen etwas gefallen kann: so können wir für schöne halten, was in der That nicht schöne ist, und im Gegentheil entweder die Schönheit nicht mercken, oder gar einen Übelstand daraus machen. Und daher ist es möglich, daß einer etwas für schöne hält, der andere nicht.  
  Die Regeln der Schönheit eines Gebäudes kommen sonderlich auf die Symmetrie an, oder die proportionirliche Übereinstimmung und wohlangebrachte Ordnung aller Theile eines Gebäudes, also, daß alles wohl auf einander correspondiret, und im proportionirlichen Ansehen sich gegeneinander verhalte, z.E. daß die Theile, die ihres gleichen nicht haben, in der Mitte stehen, die andern hingegen zur Seiten, in ihrer Grösse, Figur, Zahl, Höhe, Breite, u. s. w. mit einander übereinkommen: daß nicht ein Theil, in Ansehung des andern oder des gantzen Gebäudes zu groß oder zu klein; nicht zu reichlich oder zu schlecht
  {Sp. 822}  
  gezieret: dass die Stärcke, Bequemlichkeit und Zierrath der Absicht des Gebäudes gemäß sey, nichts ohne Noth wider den Wohlstand und gemeinen Gebrauch gemacht, auch die Combination oder natürliche Zusammenfügung aller Theile; die Acribia, da alles just nach dem Linial, Winckel, Circkel und Maßstab, nicht aber nach dem blossen Augenschein gemacht ist; und die regelmäßige Abwechselung wohl beobachtet worden ist.  
  Da nun der menschliche Leib als ein vortreffliches Meister-Stücke des höchsten Schöpffers nach den Regeln der vollkommensten Symmetrie oder Wohlgereimtheit gebildet ist; so haben auch nach dem Zeugnis des Vitruvii L. 3. c. 1, die alten Baumeister die Maasse zu ihrem Tempel-Bau von dem menschlichen Leibe genommen, indem sie alle Theile in demselben nach den Gliedmassen des Menschen angeordnet.  
   
Frauenzimmer Schönheit des Frauenzimmers, ist eine äusserliche wohlgefällige Gestalt und höchstangenehme Disposition des weiblichen Leibes, so aus einer richtigen Proportion, Grösse, Zahl und Farbe der Glieder herrühret, und dem weiblichen Geschlechte von GOTT und der Natur mitgetheilet, auch durch eigene Politur und angewendete künstliche Verbesserung immer mehr und mehr erhöhet wird.  
  Ein gewisser Französischer Scribente erfordert dreyßig Stücke zu einer vollkommenen Schönheit, als da ist:  
 
  • 1) die Jugend;
  • 2) Eine mittelmäßige, nicht zu kleine, noch zu grosse Länge des Leibes;
  • 3) Nicht zu fett, nicht zu mager;
  • 4) Eine gleichstimmige und förmliche Ordnung aller Glieder des Leibes;
  • 5) Weisse, gelbe oder recht schwartze Haare, zart und kräußlich;
  • 6) Eine zarte Haut, mit kleinen blauen Äderlein unterleget;
  • 7) Eine röthliche weisse Farbe des Leibes;
  • 8) Eine hohe und aufgeheiterte Stirne;
  • 9) Gleiche und nicht eingebogene Schläfe;
  • 10) Zwey schmale und nicht zu lange Augenbraunen;
  • 11) Liebliche und feurige Augen;
  • 12) Eine wohl proportionirte scharfe Nase;
  • 13) Gleich runde und nicht allzu dicke rosinfarbene Wangen;
  • 14) Ein holdseliges Lächeln;
  • 15) Corallen-rothe Lippen;
  • 16) Ein kleiner wohlgebildeter Mund;
  • 17) Kleine weisse und einander gleiche Zähne;
  • 18) Ein sanfter und reiner Athem;
  • 19) Eine liebliche und angenehme Sprache;
  • 20) Ein Kien mit einem Grüblein, nicht zu weit, auch nicht zu wenig vorschüssend;
  • 21) Kleine röthliche Ohren, so nicht allzuweit von dem Haupte abstehen;
  • 22) Ein langer elfenbeinerner Hals;
  • 23) Weisse, mittelmäßige, runde und derbe Brüste;
  • 24) Völlige und Schnee-weisse Hände;
  • 25) Mittelmäßige und schlancke Finger;
  • 26) Ablange gleiche Nägel;
  • 27) Freye, doch darbey sittsame und ungezwungene Geberden;
  • 28) Ein modester und gleicher Gang, mit aufgerichteten Leibe;
  • 29) Eine zärtliche und weisse Haut, und endlich
  • 30) wohl proportionirte und auswärts gesetzte kleine und schmale Füsse.
 
  Wiewohl nun diese alle oberzehlte Stücken allerdings vor schöne zu preisen, so kan doch der Schönheit wegen nichts gewisses und absolutes bestimmet werden, angesehen der Geschmack und Neigung des männlichen Geschlechtes unterschieden, und einer dieses, der andere wieder etwas anders schöne und seinen Augen gefällig heißt. In-  
  {Sp. 823|S. 426}  
  dessen ersiehet man daraus, wie viel zur wahren Schönheit gehöret, auch wie seltsam sie sey, und wie schwerlich sie bei, einer Person im höchsten Grade angetroffen werde; Jedoch, gleichwie die Mutter der Schönheit, nemlich die Gesundheit, sich in etwas weit erstrecket, und ein Mensch, der etwan einmal nicht recht isset, trinckt und schläft, nicht deßhalben für ungesund zu halten; Also ist es mit der Schönheit auch beschaffen, und müssen eben alle Eigenschaften nicht beysammen seyn, daß man ein solches Frauenzimmer für häßlich halten wollte; Gnug, wenn alles übereinstimmet, und an den Handlungen und Verrichtungen des Leibes kein Mangel erscheinet.  
  Dieses kan man annehmen, was bereits Gellius l. 5. c. 11. wohl beobachtet, da er sagt: Man könne die Schönheit in drey Gestalten eintheilen, nemlich in die allervollkommenste, mittle, und gemeine Schönheit; Denn es giebet ja zwischen der schönsten und häßlichsten Gestalt des Weibsvolcks noch eine mittlere Gattung, die zwar nicht die schönsten, doch gleichwol nicht häßlich sind, und werth, daß man sie hebet.  
  Nächst dieser wäre auch noch eine schlechte Pöbels- Gestalt, die, ob sie schon nicht sonderlich anmuthig, doch auch nicht häßlich; Solche gehen auch noch mit, und sind formæ quotidianæ, Alltagsgesichter. Woferne nur die Glieder und Stücke wohl beschaffen, die Liniamente gut, Freundlichkeit, artige Geberden, und eine liebliche Stimme darzu kommen, so kommt solches noch über die Schönheit, da ein Frauenzimmer gleich einem schönen gemahlten oder ausgehauenem Bilde, wie ein Götze da stehet, eine Zierlichkeit und Anmuth, welche unsern Sinnen gar annehmlich, denn unsere Sinnen lieben die Proportion der Dinge.  
  Weil nun die Schönheit in solcher bestehet, und in einer Übereinstimmung, werden die Sinnen davon eingenommen und zu einer Freude gebracht. Fast alle Sinnen haben ihren Theil daran, massen ja die annehmliche Farbe mit der schönen Leibesstatur, einem so gleich in die Augen fället, daß sich die Augen, das Sehen, daran belustigen, und also die Schöne eine rechte Augenlust wird; die Hände, wenn sie die wohl proportionirten, weichen, subtilen Glieder betasten, haben von dem Fühlen auch ihren Theil daran; Das Gehör wird erfreuet durch die liebliche Rede und anmuthiges Singen; das Rüchen meynet, und zeiget, wie eine schöne Person nicht übel rüchen könne, als wie man vom Alexander dem Grossen saget; daß seine Ausdünstungen annehmlich gerochen; geschweige was nicht der schöne Geruch in der gemachten Schönheit mit schönen Specereyen vor Erquickung und Ergötzung nach sich zühet; das Schmecken nimmt gleichfalls Theil daran, indem ein Kuß von und bey schönen Leuten, unter den Verliebten, Honig- und Zuckersüße deucht.  
  Aus dergleichen Anmuth nun folget in dem Gemüthe eine Begierde und Sehnsucht, der Liebe von der Schönheit zu genüssen, nur daß man sich hüte, damit nicht eine viehische und verbotene Liebe daraus werde.  
  Die Hauptursache der Schönheit ist GOtt, der Schöpffer aller Creaturen, er ist der Meister aller Schönen und aller Vollkom-  
  {Sp. 824}  
  menheiten des Guten und Schönen. Die Natur ist gleichsam die Werck- und Baumeisterin, welche die Schönheit im Mutterleibe anleget und bildet. Und ist wohl wahr, daß öfters schöne Eltern schöne Kinder zeugen; Was aber auch an der Einbildungskraft lieget, ist bekannt, indem, wenn schwangere Weiber schöne Menschen, oder nur ein schönes Bild fleißig ansehen, und sichs wohl einprägen, der Frucht im Mutterleibe zu gute kömmt.  
  Oder, wenn sich nur die schwangern Weiber eine schöne Person fest einbilden, und fast stets an solche gedencken, werden sie meistens schöne Kinder auf die Welt bringen, sonderlich müssen sie den Anfang flugs mit dergleichen Einprägung im Beyliegen machen, und hernach mit solchen Gedancken, währender Schwangerschaft, fortfahren, wie dergleichen viele Exempel und Historien bekannt, welche anzuführen, unnöthig sind.  
  Die Gesundheit und der Wohlstand des Leibes thut auch viel zur Schönheit, und kan Schönheit ohne Gesundheit nicht bestehen, aber wohl Gesundheit ohne Schönheit. Was eine gute Diät, gutes und gesundes Essen und Trincken zur Schönheit thut, ist leicht zu erachten, denn was Essen und Trincken anbelanget, muß es etwas gutes seyn, damit eine gute Nahrung geschehe, und die Lebensgeister hübsch erhalten werden, denn an solchen ist hierinnen auch viel gelegen, müssen sie das subtileste Geblüte auf die Haut absonderlich des Gesichtes führen, alle Räumgen im Fleische und der Haut erfüllen, und nebst einem frölichem Gemüthe liebliche Lineamente machen; denn was Melancholie, Sorgen, Unruhe, Mißvergnügen, Grämen u. Traurigkeit, der Schönheit Schaden thun, kan man an Fingern abzehlen, Hunger und Kummer, Schlaflosigkeit, Verstopffungen, ungesunde und schlimme Luft, helfen die Schönheit balde stürtzen.  
  Zur Schönmachung tragt auch vieles bey die Kunst, Putz, und Kleidung, worzu die Haarstirne und Haarlocken mit gehören, wie auch ein guter Geruch von allerhand Specereyen, Gewürzen, und andern niedlichrüchenden Delicatessen. Ingleichen die Positur und Stellung des Leibes; wie manches Herze durch liebliches Singen, Instrumentalmusik, sonderlich Clavier, annehmliche und wohl eingerichtete Reden und Complimente, kan bezwungen werden, ist gewiß. Feuer und Stahl sind gewaltige Dinge; Ein schönes Weib aber kan sie beyde überwinden.  
  Was die Schönheit oft vermag, und wie kräftig sie sey, auch die groben Sitten zu ändern, hat man hier und dar Exempel, derer Theils in Büchern zu lesen, theils aber so bekannt sind. Eine alte Historie ist sonderlich bekannt, wie ein Edelmann etliche Söhne gehabt. Darunter einer zwar der Schönste, aber auch der Dümmste, dieser alberne Kerl ging einsmals in Felde herum, mit einer grossen Keule, kommt in ein Wäldgen, da er eine überaus schöne Dame unter einem Baume ruhen und schlafen siehet, er bleibet stehen, lehnet sich auf seine Keule, schauet das schöne Frauenzimmer hertzinniglich an, bis sie erwachet; In diesem Augenblick und Betrachtung wird ihm sein Hertz dermassen gerühret, seine Vernunft also ergäntzet, daß er gantz umgekehret nach Hause gegangen, seinen Vater gebeten, er wolle  
  {Sp. 825|S. 427}  
  ihn seinem andern Bruder gleich kleiden, und halten, fähet an zu studiren, und kommt in kurtzer Frist so weit, daß er nicht allein ein guter Gelehrter wird, sondern darnebenst ein erfahrner Musicus, wird auch in allerhand Ritterlichen Übungen exerciret, daß es ihm um selbige Gegend niemand vorthun können; Hat auch hernach diese schöne Jungfer geheyrathet.  
  Die Schönheit des Leibes nun wird desto mehr verherrlichet, wenn eine solche schöne Person mit innerlicher Schönheit geschmücket ist, mit wahrer Gottesfurcht, herrlichen Tugenden, als Frömmigkeit, Keuschheit, Freundlichkeit, Demuth, Wahrheit, Häuslichkeit, und andern schönen Tugenden mehr; und haben sich diejenigen, welche GOtt mit Schönheit begabet, sonderlich wohl vorzusehen, daß sie nicht in Versuchung und schädliche Stricke fallen, und diese edle Gabe nicht, sonderlich durch Unkeuschheit, Hochmuth und dergleichen, etwan mißbrauchen, denn ein fleißiges Gebeth, und daß sich ein Frauenzimmer fein eingezogen hält, Müßiggang und starcke Compagnien meidet, sowohl mit Manns- als Weibespersonen, viel darbey thut. Eine grosse Thorheit und Eitelkeit ist, wenn sich ein Mensch der schönen Gestalt übernimmt.  
  Es ist die Schönheit, wie schon gedacht, eine Gabe GOttes, der sie leichtlich wieder nehmen kan. Die Schönheit ist eine anmutige Blume, welche nach Art der Blumen leichtlich dahin fället, im Alter vergehet sie, durch Kranckheit und Kummer; auch andere Zufälle verwelcket sie. Es vergehen die schönsten Blumen; Wenn der Winter kommt, hat die Blumenfreude ein Ende, oder auch sonst durch ein Ungewitter und Unfall. Die Schönheit gleichet diesen; denn kommen die grauen Haare herbey, so stellen sich auch die Runtzeln ein, denn verschwindet die vorige Schönheit. Eine kleine Maladie, ja nur ein paar Schlaflose Nächte, verderben den Spiegel und fällt die äusserliche Schönheit um ein grosses weg.  
  So ist es aber nicht mit einer innerlichen Schönheit, nemlich der Gottesfurcht und Tugend, beschaffen, die leben auch noch nach dem Tode in dem Hertzen redlicher, Christlicher und Tugendliebender Leute. Es ist gar zu eine ungewisse und unsichere Sache um die Schönheit der Menschen. Die Erfahrung ist Zeuge genug, wie bald es um eine Schöne geschehen, ein kleines unsanfftes Lüfftgen eines Widerstandes oder Widerwärtigkeit, verkehret die klare, weisse und zarte Haut in eine, lappe, hangende, bleiche oder schwartzgelbe Haut, die sonst liebreitzenden und funckelnden Augen sehen drübe, düster und hohl aus; Aus den rothen Corallen der Lippen werden kalte Saphiere, sie werden blaß und bleich, die Rosen und Lilien der Wangen verwelcken, ja alle äusserliche Annehmlichkeiten und Schönheiten, können leichtlich verrauchen und verschwinden.  
  Die Schönheit ist wenig Ruhmes werth, die nicht mehr in als auf dem Laden hat, ist aber beydes richtig, so stehet es schön, ja es ist besser, sich schon machen, als schön gebohren werden. Manches Frauenzimmer, die nicht eben gar schön, versorget GOtt doch so wohl, daß sie sich darüber zu erfreuen, ja sie erlanget ewiges Lob bey vernünfftigen Leuten; O ein gutes verständiges und vernünfftiges, weises, Christliches, tugendhafftes und häusliches Frauenzimmer ist nicht genug zu  
  {Sp. 826}  
  loben, sie ist eine edle Gabe vom HErrn, man freuet sich, sie anzusehen, mit ihr zu discutiren, und findet bey ihr grosse Vergnügung.  
  Der alte Kirchen-Lehrer Tertullian giebt dem Weibesvolcke die besten Lehren, und saget: Nehmet von der Einfalt eure weisse, und von der Züchtigkeit eure rothe Farbe. Eure Augen seyn mit Schamhafftigkeit geschmücket, und eure Worte mit der Stillschwiegenheit gezieret. Hänget an eure Ohren das Wort GOttes, und an euren Hals das Joch Christi; Wenn ihr dieses thun, und euch euren Männern unterwerffen werdet, so seyd ihr genug gezieret.  
  Bewickelt eure Hände mit Wolle, und haltet eure Füsse zu Hause, so werdet ihr mehr als im Golde und Silber gefallen. Kleidet euch mit Seidenzeug der Gottseligkeit, und stattlicher Leinwand der Heiligkeit und mit Purpur der Keuschheit: Wenn ihr so geschmücket seyd, so werdet ihr GOtt selbsten zum Liebhaber haben. Pythias, des Aristotelis Tochter, als sie einsmahls gefraget wurde : welche Farbe das Frauenzimmer am besten ziere, und welche die schönste wäre? hat geantwortet: welche die Schamhafftigkeit auf die Wangen mahlet. Kurtz! die Schönheit des Leibes muß mit der Schönheit des Gemüths, die äusserlieche und innerliche Scheinheit mit einanander verknüpffet seyn und bleiben.  
  Bisher haben wir also von der äusserlichen und innerlichen Schönheit überhaupt geredet, nun wollen wir auch insbesondere von der äusserlichen, solche zu erhalten, reden, weil diese gleichsam eines Frauenzimmers Augapffel ist, daher sie lieber was anders fahren lassen, als die edle Schönheit, damit sie manchen fangen, und wohl, wenn die innerliche mit der äusserlichen Schönheit übereinstimmet.  
  Um nun der Schönheit beyzustehen, wenn sie etwan einige Mackel bekommet, so kömmt dieses denen Medicis zu, ihnen möglichst beyzustehen, nemlich die natürliche Schönheit in ihrem Wesen zu erhalten, und wenn dieselbe Schaden leidet, oder verlohren wird, wieder zu ersetzen und gut zu machen; es können auch die sogenannten Schmincken und dergleichen hieher gezogen werden, wenn man anders solche nicht mißbrauchet.  
  Denn der Mensch, als ein Abdruck des göttlichen Ebenbildes, hat auch die leibliche Schönheit GOtt zu dancken, und wenn sie Schaden gelitten, soviel möglich zu verbessern, und eine schändliche Mißfarbe, Befleckung, Gestanck, und andere widernatürliche Dinge, welche die Schönheit verdunckeln, und den Menschen verstellen, abzuschaffen, oder doch zum wenigsten zur Besserung zu bringen, zumahl der Mensch nicht um sein selbst willen erschaffen, sondern die Nebenmenschen erfordern auch ein Theil von einem Menschen, um deren willen man sich billig, so gut mans haben und machen kan, reinlich halten muß und soll.  
  Wie manchmahl geschiehet, daß Eheleute einander nicht wohl leiden können, und wohl gar Irrwege gehen, und ihre schuldige Liebe anderwärts hinwenden, wenn bey einem Theile die Häßlichkeit einreisset; Weswegen nicht unrecht, durch gute Mittel der Häßlichkeit zu widerstehen, weil es ja zu einem guten Ende geschiehet, um die Gemüther zu besänfftigen, wie denn in solchen Fällen die Sophisticatio virginum, um einer Weibsperson alle jungfräuliche Eigenschafften wieder an-  
  {Sp. 827|S. 428}  
  zukünsteln, selbsten statt findet.  
  Die Heil. Schrifft selbst redet von Judith und von Esther, daß sie sich mit köstlichem Wasser gewaschen, sich gesalbet und herrlich geputzet, damit sie schön ausgesehen. Ist es demnach keine Sünde, sich nett und reinlich zu halten; doch sey die Zierde des Leibes nicht affectuös, üppig sondern natürlich, damit der Nothwendigkeit und Ehrbarkeit nichts abgehe. Der übermäßige Putz und Schlammigkeit sollen beyde vermieden werden. Man kan sich zieren und schmücken, doch, daß es nicht zu üppig oder gar zu zierlich heraus komme, sondern nur in so weit, als dadurch das wilde hinläßige Wesen eines liederlichen faulen Menschens möge vermieden werden. Daß aber manche aus einem bösen Vorsatz, Geilheit und dergleichen, die Schönheit sich zum Ärgerniß machen, darzu kan die Schönheit nichts, wenn anders kein schlimmer Vorsatz ist.
  Eine schöne Haut nun muß seyn wohlgefärbt, nicht fleckigt, nicht verunreinigt, gantz unverletzt und glatt. Also wird die Schönheit verletzt, und die Haut häßlich gemacht von der Mißfarbe, Flecken-Verunreinigung, Verletzung, Rauhigkeit und dergleichen.  
  Welch Frauenzimmer nun die Häßlichkeit der Haut und ander unzierliches Wesen abhalten, und die Schönheit erhalten will, hat vornehmlich mit dahin zu sehen, daß sie sich in acht nehme vor rauher, scharffer, auch sehr kalter Lufft, Sonnenbrand, Staub und Rauch, zumahl da die Mertzenlufft, wie bekannt, schwärtzet, und die Sonne die Haut verbrennet. Dahero gut, wer doch hinaus muß, oder will, etwas auf dem Kopfe zu tragen, um Schatten zu machen.  
  Vornehme Damen gebrauchen sich auch der Masquen, sonderlich mag man sie nach dem Gesichte zu mit guter Pomade oder tüchtigen Ölen bestreichen, wie auch dergleichen Handschuh zugerichtet werden, Tags und Nachts an Händen zu tragen. Die Genuesischen Weiber streichen sich, wenn sie ausgehen wollen, mit Nachtschatten-Safft. Andere klopffen Eyerweiß in Rosenwasser, und salben das Gesichte damit, oder mit Schleim aus Quittenkern, Flöhkrautsaamen, oder Tragant mit Rosenwasser ausgezogen, oder mit ausgezogener Milch von Hanffsaamen, oder den vier kalten Saamen.  
  Wenn man Ochsengalle, nach und nach, an der Sonnen trocknet, und die Tinctur mit Branntewein ausgezogen, und sich damit salbet, thut es gut, doch daß man sich drey Tage der Lufft enthalte. In Hellwigs Frauenzimmer-Apotheckgen wird man mehr finden
  Bittere Mandeln frühe nüchtern gekäuet, und sich darmit gerieben, ist herrlich, ingleichen Schminckbohnen. Die Masquen können also zugerichtet werden, wie in der Schatzkammer zu lesen: Nehmet weiß Wachs vier Untzen, Ziegenfett, Wallrath, jedes zwey Untzen, Campher eine Untze, lässet alles zusammen schmeltzen, und durchziehet eure Tücher darmit.  
  Man nimmt auch schöne Holländische rohe Leinwand, tuncket solche etliche mahl in durchgeseiget Froschleich-Pflaster, daß es allezeit wieder trocken werde, wenn es zuletzt gantz trocken, zerläßt man weisses Wachs ein halbes Pfund, Pomade zwey Loth, Wallrath zwey Quentgen- Campher sieben Gran, wohl gemischt, und den Campher zuletzt, wenn man es vom Feuer nimmet, drunter gethan; Mit dieser Mixtur wird, die Lein-  
  {Sp. 828}  
  wand, vermittelst eines grossen und weichen Pinsels, auf einer Seite, nach dem Gesichte zu, überstrichen, und wenn es kalt und hart ist, mit einem andern reinen Tüchlein gerieben, und polirt. Solche Masquen kühlen die rothen Gesichte, machen die Haut weich und zarte.  
  In Essen und Trincken haben sich Weibesbilder, sonderlich schöne Damen, auch in acht zu nehmen, damit sie nicht häßlich, (denn häßlich kommt von hassen her, weil man häßliche Leute nicht leichtlich lieben kan,) werden, sondern eine hübsche Haut behalten, oder bekommen. Sehr saure, scharffe, gewürtzte, blehende Speisen, Honig und Zucker, viel Milch-Speise, scharffe Käse, viel Fett, gar jung und gar alt Bier, saurer Wein, öffters Branntewein, ja, was eine Gährung im Geblüte machet, und die Säure vermehret, müssen schöne Personen meiden, sonsten gehet die Schönheit leichtlich fort. Pfeffer machet geel, geil und garstig, Honig, Pfefferkuchen und Milch machen Flecken, zumahl zur Monatszeit genossen.  
  Der Tranck vermag viel in Verwandelung der Farbe, aus schöner in eine garstige: Man siehet leichtlich, was eine Wein- und Bierschwester und Brannteweins-Bulle ist, sonderlich an den Octobergesichtern, die brave finnicht und hochroth sowohl von Weine, als andern öfftern Geträncken, aussehen. Mit frischen Wasser können sie sich auch ordentlich waschen, denn warmes Wasser macht runtzlicht, und Branntewein, oder dergleichen Geist, haaricht; Sie sollen die Haut hübsch abreiben, sich salben und balsamiren. Seife, und was sonsten vom Kalck und scharff, nutzt nicht eher als zur Noth, den Schmutz wegzunehmen, denn sonsten machet es vor der Zeit runtzlicht und schäbig.  
  Essen und Trincken, Schlafen und Wachen, muß alles mäßig seyn. Wer viel Kümmel in der Kost geneußt, der wird blaß. Was Grämniß, Melancholie, Traurigkeit und Sorgen, der Schönheit Feinde sind, ist nicht auszusprechen, da heißt es wohl recht, wie der König und Prophete David saget: Meine Gestalt ist verfallen für Trauren und ist alt worden. Ingleichen mein Gebein klebt an meinem Fleische für Heulen und Seuffzen; Meine Tage sind dahin, wie ein Schatten, und ich verdorre wie Gras, meine Gebeine sind verbrannt wie ein Brand. Daher dergleichcn so viel möglich, sich zu entschlagen, und sich zuläßiger Freude und Ergötzlichkeit zu gebrauchen. In Venerischen Wercken sich zu vertieffen, ist gleichfalls gar schädlich.  
  Die Schönheit zu erhalten, oder eine hübsche Farbe im Angsichte zu machen, hat David Friedel im II. Haupt-Theile seines expediten und bewährten Medici p. 16. folgende Mittel vorgeschlagen: Wenn es nemlich am Blute liege, daß der Mensch keine gesunde Farbe im Angesichte habe, so könne man der Sache wohl abhelffen, und neben innerlichen Blutreinigungen auch folgende Artzneyen gebrauchen: als  
 
  • 1) das Diaphrasium Nicolai, denn es macht eine lebhafft Farbe, munter und frisch.
  • 2) Das Diacurcuma Mensuæ s. Diacrocum; denn es öffnet alle innerliche Verstopffungen, verbessert die garstige Farbe eines Menschen, welche von einer kalten Natur entspringet.
  • 3) die Confectio Anacardina Mesuæ, macht auch lebhafft und frische Farbe, erwärmet die Adern und Geblüte.
  • 4) der Syrupus Diasereos Andernaci thut dieses dergleichen.
  • 5) die Essentia
 
  {Sp. 829|S. 429}  
  Ambræ, in Aquæ Magnanimitatis oder guten Weine bisweilen genommen, macht roth und schön:  
  wie auch folgendes Waschwasser:  
  Rec. Rad. ari, pulv.
Ceruss. ana, q.v.
Aqu. Rosar. q. s.
 
  Mischet es und machet ein Waschwasser, damit zu reiben und zu waschen. Oder:
  Rec. Aqu. Fragor.
Fabar.
Lil. alb.
Rad. Sigill. Salom.
Rosar. ana, q.
s.
 
  Mischet es. Oder:  
  Rec. Fol, Rorismar. [Apothekerzeichen].
Lap. Tartari [Apothekerzeichen].
Vin. alb
. [Apothekerzeichen].
 
  Destilliret es untereinander. Oder:  
  Rec. Cinamom. [Apothekerzeichen].
Caryophyll. [Apothekerzeichen].
Flor. Macis [Apothekerzeichen].
Gum. Ladan
. [Apothekerzeichen].
Hb. Rorismar.

Basilic. ana,
[Apothekerzeichen].
Lavendul. Miv.
Lign. Santal. alb.
citr.
aa. [Apothekerzeichen]. Galang.
Mastich. ana,
[Apothekerzeichen].
Aqu. Rosar. [Apothekerzeichen].
 
  Lasset es acht Tage zusammen in einem Glase stehen,und in der Wärme digeriren, hernach destilliret es durch den Helm oder Blase, und hänget hernach in dasjenige, so übergestiegen, einen halben Scrupel Mosch, und behaltet es in einem Glase zum Gebrauche. Oder:  
  Rec. Aqu. Rosar.
Fabar.
Lil. alb.
Nympheæ,
Sperm. Ranar. aa.
[Apothekerzeichen]
Tinct. Bezoin. [Apothekerzeichen].
Ol. lign. Rhod. in
spirit. Camphor. solv. gutt. [Apothekerzeichen]
Ess. Ambræ, gutt. XXX.
 
  Mischet es. Oder folgende Salbe:  
  Rec. Butyr. maj. [Apothekerzeichen].  
  Thut solche in eine Waldenburgische Büchse, stellet sie an die Sonne, daß sie stets darauf scheine, güsset Erdrauch-Wasser dran, und rühret es immer um, güsset das Wasser ab, und frisches darauf, etliche mahl, zuletzt nehmet Rosen-Wasser darzu, und rühret es wohl um, hierunter thut ferner:  
  Terebinth. ven. [Apothekerzeichen].
Vitell. Ov. q. j.
 
  Rühret alles einen gantzen Tag mit einem höltzernen Keulgen, bis der Terpenthin wohl zerrieben thut ferner darzu:  
  {Sp. 830}  
  Ol. flor. Aurant vel Jasmin, q. j.  
  Mischet es. Diese Salbe aufgestrichen, des Abends, und frühe mit einem Tuche abgerieben, erhält das Gesicht rein, weiß und wohlgestalt, heilet auch die Rauhigkeit von der Luft.  
   
Gebäude Schönheit eines Gebäudes, siehe Schönheit in der Baukunst.  
   
menschlichen Leibes Schönheit des menschlichen Leibes, bestehet theils in richtiger Form und Grösse aller Gliedmassen, theils in proportionirter Verhältniß und Zusammensetzung derselben, und zuletzt in angenehmer Gestalt und Farbe des Gesichts.  
  Es giebet zwar die Schönheit dem Leibe eine besonders Zierrath; gleichwohl aber ist sie das geringste Mittel in der Welt, was rechts auszurichten. Jedoch weil sie Vergnügen erwecket, und bey andern Menschen beliebt machet, kan sie schon nützlich angewendet werden, so fern Tugend und Verstand dieselbe begleiten: Und muß sie allerdings als eine herrliche Gabe GOttes und der Natur angesehen werden.  
  Wir wollen uns daher noch etwas bey denen Haupt-Stücken der Schönheit des menschlichen Leibes aufhalten, und solche bestehen nun theils in der Symmetrie oder Ebenmaaß, theils in der Eurythmie oder Wohlgereimtheit aller und jeder Theile des Leibes als nach deren Regeln derselbe natürlicher und ordentlicher Weise gebildet ist.  
  Anlangend erstlich die Symmetrie, so erfordert dieselbe, daß alle und jede Glieder so wohl unter und gegen einander, als auch in Vergleichung gegen den gantzen Leib, der Grösse nach, ihre richtige Proportion oder Verhältniß haben. Damit nun diese proportionirliche Grösse und schönste Vergleichung aller und jeder Glieder gegen einander, desto genauer in einem jeglichen Gliede determiniret und ausgemessen werden könne, so pflegt man die gantze Statur eines Menschen, von der Fußsohlen an bis auf die Scheitel, in 60 gleiche Theile zu theilen; und also zehlet man derselben in einem wohlgewachsenen und schön gebildeten Leibe,  
 
  • von der untersten Fußsole an bis zu oberst an die Stirn, 58 Theile,
  • bis an die Augen 56,
  • an die Nase 54,
  • an das Kinn 52,
  • an das oberste Brustbein 50, welches denn 5/6 Höhe des gantzen Leibes ist;
  • bis mitten auf die Brust 48,
  • bis an die Brust-Wartzen 46,
  • an das oberste Bein des Magens 44,
  • an den Nabel 36,
  • an das Schaam-Bein 30, welches also in die Mitte des Leibes trifft;
  • bis an die Knie 16,
  • an das äusserste des Fusses 15,
 
  und eben so viel, das ist, ¼ des Leibes, werden dem Ellenbogen zugeeignet.  
  Desgleichen werden von der höchsten Scheitel bis auf den Nabel gezehlet 24 Theile, bis mitten auf den Bauch 20, bis mitten auf die Brust 12, bis auf das Kinn 8. Und so auch von einem ausgestreckten Arm bis zum andern, ausgenommen die Hände, 48 Theile, von der rechten Schulter, bis ans äusserste des Mittel-Fingers in der lincken Hand, und so wieder im Gegentheil 36, von der äussersten Schulter bis ans äusserste des Mittel- Fingers eben desselbigen Armes 24, bis wo die Hand sich anfänget, 18, bis an die Beugung des Arms 9, vom äussersten des Daumes, bis ans äusserste des kleinen Fingers, das ist, eine Spanne, 7 ½  
  {Sp. 831|S. 430}  
  Theil.  
  Andere messen die gantze Länge nach dem Gesicht, also, daß  
 
  • vom Anfang der Haare bis auf das Kinn das Gesicht sey, oder 1 Theil des Leibes,
  • bis an die Höhle der Kehle, 1 ½ ,
  • bis an die Wartzen der Brust 2 ½,
  • bis an den Nabel 3 ½, an die Schaam 4 ½,
  • bis mitten auf die Schenckel 5 ½,
  • an die Knie 6 ½,
  • mitten auf die Waden 7 ½,
  • bis ans äusserste der Füsse 8 ½,
  • bis an die Fuß-Sohle 9
 
  Gesichts-Längen.  
  Dergleichen Maasse vom menschlichen Gesicht genommen, hat sich bedienet der berühmte Testelin, Königlicher Mahler, Professor und Secretarius der Königlichen Mahler- und Bildhauer-Academie zu Paris, welcher in den Anmerckungen der vortrefflichsten Mahler unsrer Zeit über die Zeichen- und Mahler-Kunst die Proportionen und Verhältnisse eines schönen menschlichen Leibes, nach dem Unterscheid des Alters folgender massen ausgedruckt hat:  
  Bey Kindern von 3 Jahren werden für die gantze Länge 5 Kopff-Grössen, als von der Scheitel bis auf den untersten Theil des Bauchs 3, von dar bis auf die Sohlen 2, für die Breite der Schultern 1 1/8, bey den Hüfften nur 1; Bey Kindern von 4 Jahren zur gantzen Leibes-Höhe 6 1/3 Gesichts-Längen, nemlich von der Scheitel bis an das unterste des Bauchs 3 ⅓, von dar an bis auf die Sohlen 3, für die Breite der Schultern 1 ⅔, bey den Hüfften 1 ⅓; bey Kindern von 5 und 6 Jahren; für die gantze Höhe 6 ½ gerechnet, und wird der völlige Cörper in 2 gleiche Theile getheilet, nur daß der untere ⅓ einer Gesichts-Länge kürtzer wird.  
  Bey Jünglingen von 12 oder 23 Jahren rechnet man für die gantze Höhe 9 Gesichts-Längen, für die Breite der Schultern 2, bey den Hüfften 1 ⅓; bey denen Personen von mannbaren Alter für die gantze Höhe 10 Gesichts-Längen, von der Scheitel an bis auf die Fußsohle, und zwar 1 von der Scheitel bis unter die Nase, 2 bis an die Höhle des Halses, 3 bis auf die Hertz Grube, 4 bis unter den Nabel, 5 bis an den Ort unter der Pyramidal-Muscel, 7 ½ bis auf die Knie, und endlich von dar bis auf die Sohlen 2 ½.  
  Wenn der Mensch seine Arme ausstreckt, so ist er eben so breit als lang. Er hält nemlich von dem äussersten des Mittel-Fingers bis an das Gelencke der Hand 1 Gesichts- Länge, von dar bis zum Buge des Arms oder Ellenbogen 1 ⅓, weiter bis zum Anfang der Schulter 1 ⅓, von dar bis an die Höhle der Kehle 1 ⅛, welches zusammen 5 Gesichts-Längen austrägt, und die halbe Breite ausmachet.  
  Ferner ist die Breite der Schultern, und zwar bey dem Musculo deltoide 2 1/6 ; der Brust, wo die Arme stehen, 2, der Hüfften beynahe 2 ¼, der Schenckel, wo sie am dicksten sind, 1, der Knie 1 7/8, der Waden 2 ⅛, des äussersten Knöchels 1 3/8, des untersten Fusses 1 5/8.  
  Nach dieser propertionirlichen Übereinstimmung wäre es den Mahlern und Bildhauern was leichtes, etwa aus der Grösse eines Fingers oder Zehe, die Gestalt des gantzen menschlichen Cörpers richtig zu finden: Und also ist die Symmetrie ein Grund der Schönheit in denen verschiedenen, doch wohl zusammen gesetzten Theilen des menschlichen Leibes.  
  Aber auch nicht weniger die Eurytthmie oder Wohlgereimtheit bestehet darinnen,daß alle Thei-  
  {Sp. 832}  
  le des Leibes, der Lage und Stellung nach, ihre wohl angebrachte Ordnung und Ansehen gegen einander haben, also, daß die Theile, die ihres gleichen nicht haben, in der Mitten stehen, die zu beyden Seiten aber an Grösse, Weite, Gestalt, Farbe und übrigen Bildung einander ähnlich sind.  
  Dahero denn der Leib des Menschen von GOtt also gebildet worden, daß diejenigen Theile, die ihresgleichen nicht haben, als die Nase, das Kinn, der Mund etc. gerade in der Mitte zu stehen kommen; die andern, welche doppelt sind, als die Backen, die Augen, die Ohren, die Hände und Füsse, beyden Seiten, und zwar so, daß sie von der Mitten gleich weit abstehen. Ja selbst die eintzelen lassen sich in zwey ähnliche Theile theilen, so daß, wenn man den gantzen Leib mitten von einander spaltete, eine Seite der andern gantz ähnlich seyn würde.  
  Es ist wohl wahr, daß, da es in der Natur nicht zwey ähnliche Dinge geben kan, auch diese beyden Theile nicht einander vollkommen ähnlich sind, sondern man vielmehr allezeit in dem einen Theile etwas finden wird, was in dem andern nicht anzutreffen ist, und wodurch man sie von einander unterscheiden kann: allein wir verlangen hier keine völlige Ähnlichkeit, es ist genug, daß so viel davon vorhanden, als dem ersten Anblicke ein Gnügen thut, ehe man nehmlich alles genau zu betrachten und stückweise gegen einander zu halten beginnet.  
  Aus diesem allen nun erkennet man, daß GOtt in Bereitung des menschlichen Leibes unter andern auch die Schönheit zu seinem Augenmercke gehabt. Diese Schönheit dienet unter andern auch dazu, daß wir uns einander lieben, mithin vor des andern Erhaltung sorgen. Hätte der Mensch eine heßliche Gestalt überkommen, würde einer vor dem andern einen Abscheu tragen, und ihm feind seyn.  
  Von der Schönheit insbesondere des Frauenzimmers gehet ein eigener Artickel vorher.  
   
Pferd Schönheit eines Pferdes, was dazu erfordert wird, siehe Pferd, im XXII Bande, p. 1376 u. ff. sonderlich p. 1387 u. f.  

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Stand: 3. November 2016 © Hans-Walter Pries