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Zedler: Wollen HIS-Data
5028-58-1398-9
Titel: Wollen
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 58 Sp. 1398
Jahr: 1748
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 58 S. 716
Vorheriger Artikel: Wollemann, (Johann)
Folgender Artikel: Wollen, ein Adeliches Geschlecht
Siehe auch:
Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel
  • Für die Auflösung der Quellenangaben siehe: Personen, Bibel
  • : Absatz in der Vorlage vorhanden

Stichworte Text Quellenangaben
  Wollen, Lat. Velle.  
Theologie Wenn die Weltweisen und Gottesgelehrten dieses Wort von GOtt brauchen, so machen Sie einen Unterscheid zwischen Velle approbative, und dem Velle permissive. Sie behaupten, daß GOtt nur das Gute approbative wolle; und nur alsdenn gesagt werde, daß er eine Sache permissive begehre oder wolle, wenn er sie nicht hintertreibe und hindern will. Was GOtt befördert, theils durch Schenckung der Kräffte und Erhaltung derselben nach seiner Allmacht; theils nach seiner  
  {Sp. 1399|S. 717}  
  Weisheit und unendlichen Gütigkeit. Durch Vorschreibung dienlicher Gesetze, durch welche die Würckungen der Kräffte auf die rechte Art geschehen können; dieses will GOtt approbative, denn er trägt alles bey, was zu der Hervorbringung derselben gehören kan.  
  Hieraus ist klar, daß das höchste Wesen adprobative wolle, das Wesentliche in den Dingen, und die nothwendigen Veränderungen der Welt, desgleichen auch die freyen Handlungen, in soferne diese letzteren mit dem Rechte der Natur und der Sitten-Lehre überein stimmen. Es bleibt also nichts mehr übrig, was GOtt allein permissive, (Erlaubniß weise) wolle, als die willkührlichen Handlungen, in so ferne sie denen Göttlichen Gesetzen schnurstracks zuwider lauffen. Reuschii Syst. Metaphys. ...
  Was das velle oder wollen bey den Menschen selber anlanget, so ist es dreyerley?  
 
  • entweder naturale, welches die eigentliche Handlung des Willens ist;
  • oder deliberativum, da man ungezwungen nachdencken und sich besinnen kan, ob man die Sache unternehmen will oder nicht;
  • oder auch ex surreptione, da man durch einen Affect hingerissen wird, daß man eine Sache begehrt, die man doch wohl kurtze Zeit darauf verabscheuet.
Micrälii Lex. Philosoph. ...
  Zu dem Wollen der Menschen gehöret der biblische Spruch Ps. LXXXI, 14.: Wolte mein Volck mir gehorsam seyn. Dieser Spruch ist ein Wunsch-Wort, wie es Cajetanus ausleget, womit der HErr seinen Ernst und Begierde beweiset, das Heyl und die Wohlfahrt seines Volckes gantz väterlich zu befördern, da er nichts mehreres wünschet, als daß dieses sein Volck möchte die ordentlichen Mittel ergreiffen, und allem gegenwärtigen und noch bevorstehenden Jammer und Elend entgehen.  
  Denn es ist GOtt ein fremdes Werck, wenn er die Leute hart angreiffen muß. Denn er betrübet und plaget die Leute nicht von Hertzen,
  • Es. XXVIII, 21.
  • Klagl. III, 33,
  also, daß ob er wohl hier seinem Volck angedrohet, daß er sie wegen ihrer Sünden wolte verstossen, dennoch deutet er denselbigen hier klärlich an, daß er ihnen solchen Schaden nicht gönne; wolte viel lieber, daß sie sich noch besserten, damit er seinen Zorn fallen lassen, und ihnen alles Gutes thun könnte; Er redet also hier als ein liebreicher Vater, dem nichts liebers ist, als wenn der unartige und ungehorsame Sohn sich bessert und umkehret, Luc. XV, 18,
   fast wie der HErr auch Es. XLVIII, 8.
  sich vernehmen läßt: O! daß du auf mein Gebot mercktest, so würde dein Friede seyn, wie ein Wasser-Strom, und deine Gerechtigkeit wie Meeres-Wellen.
  • Weihenm. Kriegs-Posaune ...
  • Biblisches Real-Lexic. ...
Rechte Nach Maßgebung der Rechte setzen die Worte: Ich will, wir wollen. Lat. Volo, Volumus, und dergleichen allemahl einen freyen und ungezwungenen Willen, etwas zu thun, oder zu lassen, oder einen recht ernstlichen, aus selbsteigener freyen Bewegung, aus rechtem Wissen, und mit gutem Wohlbedacht, auch reiffer Überlegung gefaßten Entschluß und Vorsatz, nebst dem ungehinderten Vermögen, demselben auch nach seinem Belieben und Wohlgefallen in das Werck setzen und auszuführen, voraus; wie hingegen das demselben  
  {Sp. 1400}  
  entgegen gesetzte Wort: Müssen, eine dringende Nothwendigkeit, oder einen Zwang, Furcht, u.d.g. anzeiget, wie bereits in denen Artickeln:  
 
  • Wohlbedacht und
  • Wohlgefallen, desgleichen
  • Wille, im LVII Bande, p. 9. u.ff.
  • Willkühr, ebend. p. 268 u.ff.
  • Wissenschafft, ebend. p. 1346. u.ff.
  • Wissentlich, ebend. p. 1527 u.ff.
  • Vorsatz, im L Bande, p. 1187 u.ff.
  • Furcht, im IX Bande, p. 2326.
  • Exceptio metus, im VIII Bande, p. 2295 u.ff.
  • Nicht Wollen, im XXIV Bande, p. 515. und
  • Nolle, ebend. p. 1197 u.f.
 
  mit mehrerm ausgeführet worden, und auch unten bey dem Worte: Zwang, noch deutlicher gemacht werden soll.  
  Daraus folget nun, daß Kinder, Unmündige, Minderjährige, Verschwender, Rasende und Unsinnige, wie auch nach Gelegenheit Weibs-Personen, und überhaupt alle diejenigen, welche entweder einen natürlichen Mangel am Verstande haben, oder denen es etwan sonst in denen Rechten ausdrücklich untersaget worden, nicht im Stande sind, sich gültiger Weise zu etwas zu verpflichten und zu verbinden, oder dasjenige, was sie zwar bey sich selber wollen, auf eine große Rechts-beständige Weise auszurichten, wie ebenfalls schon in denen unter erstgedachten Benennungen so wohl, als auch ins besondere in denen unter dem Worte: Verpflichtung, im XLVII Bande, p. 1555 u.ff. befindlichen Artickeln, umständlich dargethan worden.  
  Absonderlich aber haben die Worte: Ich will, in testamentarischen Verfassungen die Krafft einer vollkommenen und beständigen Verordnung. Siehe Testament, im XLII Bande, p. 1204 u.ff. desgleichen gelten auch die Worte: Ich will, oder Wir wollen, in Landesherrlichen und andern obrigkeitlichen Verordnungen so viel, als ein Gebot oder Befehl. Siehe Wir wollen, im LVII Bande, p. 1220.  
  In Contracten und andern verbindlichen Handlungen aber, als z.E. im Kauffe und Verkauffe, bey Schenckungen u.s.w. da einer zum anderen sagt: Ich will dir das verkauffen, oder: Ich will dir dieses schencken, u.s.w. haben diese Worte die Krafft einer völligen Einwilligung, und eines freywilligen Beyfalls, und geben also auch dem andern, mit welchem wir uns solchergestalt eingelassen haben, das Recht, uns durch richterliche Hülffe zu Vollziehung eines solchen geschlossenen Handels, auf den Fall der Weigerung, anhalten zu lassen; es wäre denn, daß die Natur dieses Handels, zu dessen wesentlicher und vollkommener Würcklichkeit, ausser einem solchen geschehenen und von dem andern gehörig angenommenen Versprechen, auch noch die würckliche Ubergebung der verkaufften, verschenckten oder nur versprochenen Sache erfordert. Siehe  
 
  • Verkauff, im XLVII Bande, p. 954 u.ff.
  • Vergleich, ebend. p. 715 u.ff.
  • Versprechen, ebend. p. 1933 u.ff.
  • Schenckung, im XXXIV Bande, p. 159 ff. und
  • Übergebung, im XLVIII Bande, p. 614 u.ff.
 
  Ob und in wie fern aber hiernächst die Worte: Ich will dich haben? Ich will dich nehmen; Wenn ich eine Frau haben wolte, so wolte ich keine lieber, oder keine andere, als dich, nehmen; Willst du mich? Ja, ich will dich, u.d.g. vor einen wahrhafftiges und gültiges  
  {Sp. 1401|S. 718}  
  Ehe-Versprechen anzunehmen; davon siehe in denen bey dem Worte: Verlöbniß, im XLVII Bande, p. 1125 u.ff. befindlichen Artickel.  
  Hierbey fragt es sich auch, wie denn besonders das Wort: Wolten, im Religions-Frieden, oder dem Reichs-Abschiede vom Jahre 1555 §. Und damit solcher Fried etc. und §. Wo aber Unsere etc. da von dem Emigrations-Rechte gehandelt wird, zu verstehen sey? Und ist kein Zweiffel, daß hierdurch denen Unterthanen, welche einer von ihrer Obrigkeit unterschiedlichen Religion zugethan sind, die völlige Freyheit gelassen worden, sich zu desto besserer und freyerer Übung derselben aus einem Lande oder Gebiete in das andere zu ziehen, oder zu emigriren, wie der völlige Zusammenhang des bemeldeten §. 24. Wo aber Unsere etc. mit mehrerm besaget und ausdrücklich also verordnet:  
  Wo aber Unsere, auch der Churfürsten, Fürsten und Ständen Unterthanen, der alten Religion, oder Augspurgischen Confeßion anhängig, von solcher ihrer Religion wegen, aus Unsern, auch der Churfürsten, Fürsten und Ständen, des Heil. Reichs Landen, Fürstenthümern, Städten und Flecken, mit ihren Weib und Kindern, an andere Orte ziehen, und sich nieder thun wolten, denen soll solcher Ab- und Zuzug, auch Verkauffung ihrer Haab und Güter, gegen ziemlichen billigen Abtrag der Leibeigenschafft und Nachsteuer, wie es jedes Orts von Alters anhero üblich-hergebracht und gehalten worden ist, unverhindert männigliches, zugelassen und bewilligt, auch an ihren Ehren und Pflichten allerdings unentgolten seyn."  
  Doch soll den Obrigkeiten an ihren Gerechtigkeiten und Herkommen der Leibeigenen halben, dieselben ledig zu zehlen, oder nicht, hierdurch nichts abgebrochen oder benommen seyn."  
  Welche Verordnung aber auch besonders in dem Osnabrügischen Friedens-Schlusse Art. V. §. 37. nicht allein nochmahls bestätiget, sondern auch noch weiter erkläret worden. Besiehe anbey auch die Artickel:  
   
  Sonst aber bedeutet das Wort: Wollen manchmahl auch so viel, als Vollwort, oder Einwilligung und Genehmhaltung, wie z.E. in denen Clausuln:  
 
  • Mit der Witzigsten Rath und mit Vollwort der Gemeine;
  • Mit des Königs Vollwortung;
  • Ohne des Königs Vollwort;
  • Die Jungfrau hat ihr Vollwort und Willen auf ihren Bruder gestellt, u.s.w.
Besold in Thes. Pract. v. Wollen.
  Siehe auch die Artickel:  
 
  • Vollwort, im L Bande, p. 628.
  • Ratification, im XXX Bande, p. 998 u.ff.
  • Ratificiren, ebend. p. 1003 u.f. desgleichen
  • Clausula: Damit zu schalten und zu walten nach Belieben, im VI Bande, p. 282 u.f.
  • Clausula: Daß dieser Contract wissentlich und wohlbedächtig etc. ebend. p. 286. und
  • besser unten bey den Worten: Zuhaben etc.
 
  Übrigens ist von dem Wollen auch noch der Artickel: Wille, im LVII Bande, p. 9 u.ff. aufzuschlagen; siehe auch weiter unten den Artickel: Wollen Christi; ingleichen Wollen und Thun.  
     

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Stand: 10. September 2016 © Hans-Walter Pries