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Zedler: Religions-Friede HIS-Data
5028-31-514-3
Titel: Religions-Friede
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 31 Sp. 514
Jahr: 1742
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 31 S. 270
Vorheriger Artikel: Religions-Freystellung
Folgender Artikel: Religions-Gespräche
Siehe auch:
Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel
  • Für die Auflösung der Quellenangaben siehe: Personen

  Text Quellenangaben
  Religions-Friede, Pax Religiosa, Pax religionis publica, ist eines derer vornehmsten Reichs-Grund-Gesetze, und kan füglich also beschrieben werden, daß er sey eine zwischen dem Kayser und den Reichs-Ständen auf dem Reichs-Tage zu Augspurg im Jahre 1555 zu Ausgang des Septembers auf ewig getroffene Convention, daß forthin die Römisch-Catholischen und Augspurgische Confeßions-Verwandte gleiche Religions-Freyheit genüssen, und keine Parthey die andere in dem Besitz der eingezogenen Kirchen-Güter stöhren, wie auch die Jurisdiction des Pabsts und der Päbstlichen Clerisey über die Augspurgischen Confeßions-Verwandte in Ruhe gestellet, und aufgehoben seyn solte.  
  Es wollen zwar einige Päbstliche Scribenten läugnen, daß der Religions-Friede eine Convention sey, weil die Catholischen zu dem Religions-Frieden gezwungen worden. Allein es erhellet ja unter andern aus dem R.A. von 1532, daß alles mit freyem Willen des Kaysers und der gesammten Reichs-Stände geschehen §. 1. ib.. "Darum haben Wir als Röm. Kayser von sonderlicher Liebe und Begierde wegen, so wir zu gemeiner Deutscher Nation tragen etc." Besiehe Schweder in Dissert. de Pac. ...
  {Sp. 515|S. 271}  
  Zu diesem Wercke hat hauptsächlich Gelegenheit gegeben die Reformation Luthers, welcher einige Sätze wider Tetzels Ablaß-Kram angeschlagen, und dadurch den Anfang zu diesem heilsamen Wercke gemacht hat. Da nun die Römisch-Catholischen die Dultung der Evangelischen Religion nicht wolten geschehen lassen; so hat sich der blutige Schmalkaldische und andere Kriege entsponnen.  
  Und obwohl solcher vor die Protestierenden, da die beyden Häupter derselben, nemlich der Churfürst von Sachsen und Landgraffe von Hessen, in die unglückliche Gefangenschafft geführet worden, unglücklich ausgeschlagen, und dahero so wohl die Religions- als auch nicht minder die Freyheit des Deutschen Reichs in augenscheinliche Gefahr gesetzet worden; so hat doch endlich, als Moritz Churfürst von Sachsen wider den Kayser unvermuthlich mit einer starcken Armee zu Felde gieng, und ihn dergestalt in die Enge trieb, daß er bey der Nacht von Inspruck fliehen, und mit ihm zu Passau im Jahre 1552 einen Vertrag eingehen muste, die Sache gar bald ein ander Ansehen bekommen, worauf hernach im Jahr 1555 der Religions-Friede zu Augspurg und dessen fernere Confirmation im Jahr 1566 erfolget; wovon in Sleidans Commentat. ... weitere Nachricht zu finden.
  Dieser Religions-Friede ist also auf ewig getroffen worden. Es wollen zwar die Catholischen behaupten, daß solcher nicht als ein ewiger, sondern nur als ein Interims-Friede anzusehen wäre, welcher nachgehends durch das Tridentinische Concilium vernichtet worden. Allein heutiges Tages ist dieser Zweifel völlig gehoben, nachdem dieser Friede so wohl in dem Osnabrückisch. Friedens-Schlusse, als auch in denen Capitulationen ausdrücklich bestätiget worden. Siehe Leopolds u. Josephs Capit. Art. 2. ibi. "als ein immerwährendes Band zwischen Haupt und Gliedern."  
  Der Inhalt des Religions-Friedens ist kürtzlich dieser:  
 
1) Daß die Römisch-Catholische und protestirende Religion im Römischen Reich soll gedultet werden;
 
 
2) Daß die Kirchen-Güter, welche von denen weltlichen Herrschafften eingenommen worden, denen Protestirenden solten gelassen werden, wenn nur die Clerisey dieselbe zur Zeit des Passauischen Vertrags nicht inne gehabt hätte;
 
 
3) Daß die Kirchen-Jurisdiction des Pabsts über die Augspurgischen Confeßions-Verwandte und ihre Religion aufgehoben seyn solle;
 
 
4) Die Brecher dieses Friedens solten mit der Straffe der Friedens-Brecher beleget werden. Wobey
 
 
5) ferner Kayser Ferdinand wider Willen der Protestirenden diese Clausul mit einrücken lassen: daß wenn es sich zutrüge, daß wenn ein Catholischer Geistlicher die protestirende Religion annehmen würde, derselbe sein Ertz- oder Bißthum, Prälatur oder andere Beneficia im Stiche lassen solte.
 
  Und obwohl die Protestirende sich über dieses Reservat sehr beschweret, und selbiges aufs hefftigste angefochten, insonderheit im Jahre 1582, als damals Ertzbischoff Gebhard von Cölln, gebohrner Truchses von Waldburg, die Religion veränderte, und sich mit einer Gräfin von Manderscheid copuliren ließ; so ist doch ein solches  
  {Sp. 516}  
  nichts destoweniger durch den Oßnabrückischen Friedens-Schluß bekräfftiget worden; jedoch solcher gestalt, daß bey denen protestantischen Bischöffen ein gleichmäßiges gelten, und wenn selbige die Religion changiren wolten, ihr Bißthum zu verlassen schuldig seyn solten, J.P. Caes. Suec. ...
  Zwar stehet Titius Spec. J.P. ... in den Gedancken, ob sey solches im Westphälischen Frieden auf Seiten der Römisch-Catholischen nicht bestätiget worden. Denn es könne das geistliche Kirchen-Reservat als eine zwischen denen Protestirenden und Römisch-Catholischen getroffene Convention nicht gültig seyn, weil es gar nicht glaublich, daß jene diese bey Verlust ihrer Güter, solten verbunden haben, die Päbstliche Religion nicht zu verlassen; so könne auch nicht gesaget werden, daß die Protestirende in das Reservat solten eingewilliget haben, daß es als ein Pact die Römisch-Catholischen unter sich verbinde: weil es dem göttlichen Gesetze zuwider, indem es die Religions-Freyheit aufhebet, ja das Pabstthum, das ist, die Herrschafft, so dem Willen Gottes zuwider, auf kein Recht gegründet und Deutschland unerträglich, gewaltsamer Weise beyzubehalten suche.  
  Allein hierauf ist leicht zu antworten. Denn wiewol nicht zu läugnen, daß die Protestirende in das Kirchen-Reservat durchaus nicht einwilligen wollen; so hat dennoch der Catholischen Stände Beharrlichkeit, mit welcher sie die Clausul zu behaupten gesuchet, verursachet, daß die Protestirende endlich auch darein gewilliget. Dergestalt, daß, weil derer Römischen Stände ihre Convention, welche sie unter sich gemachet, gültig seyn solte, die Protestirenden auch eine solche Convention aufgerichtet, die von denen Catholischen gleichfalls ratihabiret worden.  
  Daß aber Titius vermeynet, es hebe dieses geistliche Kirchen-Reservat die Freyheit der Religion auf, und erhalte das Pabstthum gewaltsamer Weise; so sind zwar bishero die Publicisten der Meynung gewesen, daß, wenn der geistliche Vorbehalt nicht wäre, viel der Catholischen-Bischöffe die protestirende Religion annehmen würden. Allein wie ungegründet dieses Vorgeben sey, hat sonderlich Thomasius in not. ad Monzamb. c. 2. mit dem Exempel der weltlichen Catholischen Fürsten erwiesen, welche kein geistliches Reservat haben, und dennoch von ihrer Religion nicht abtreten.  
  Gesetzt aber, es wäre dem also, wie Titius vorgiebt; so kan man sich doch nicht bereden lassen, daß solches Reservat die Religions-Freyheit aufhebe. Denn es ist ja den Geistlichen so wohl Catholischer, als protestirender Religion nicht verbothen, die Religion zu verändern, sondern es ist nur bedungen worden, daß selbige alsdenn die Stiffts- und Kirchen-Güter, jedoch ihren Ehren unnachtheilig, verlassen solten, R.A. 1555. §. Und nachdem 18. ib. wo ein Ertzbischoff etc.
  Dieser Religions-Friede gehet demnach die Römisch-Catholische und Augspurgische Confeßions-Verwandten an. Ob aber durch die Augspurgischen Confeßions-Verwandten auch die Reformirten im Religions-Frieden verstanden werden? Darinnen sind die Publicisten nicht einig. Schultz  
  {Sp. 517|S. 272}  
  in seiner Anleitung zu dem Jure publico p. 84. hält es mit denen, so diese Frage verneinen. Denn die Worte im R.A. 1555. §. 17. "Doch sollen andere, so obbemeldten beyden Religionen (nemlich so der Römisch-Catholischen und Augspurgischen Confeßion zugethan) nicht anhängig, in diesem Frieden nicht gemeynet, sondern gäntzlich ausgeschlossen seyn," bezeugen klärlich, daß selbige im Religions-Frieden nicht mit begriffen worden.  
  Unterdessen ist wohl bekannt, daß die Lutheraner niemals zugeben wollen, daß die Reformirten von den Römisch-Catholischen unterdrückt würden, sondern haben sich vielmehr jederzeit also erkläret, daß selbige den Religions-Frieden mit genüssen sollen. Lehmann in Act. publ. ...
  Ubrigens ist bekannt, daß in dem Westphälischen Friedens-Schlusse Art. 7. die Reformirten denen Augspurgischen Confeßions-Verwandten in allen Stücken gleich gemachet werden. Wer ein mehrers zu seiner Nachricht verlanget, kan
  • Schilters Tractat de Pace Religiosa und
  • Cortreii observ. Historico-Politic. ad Pac. publ. Relig.
  • Obrechts Dissert. de reserv. Eccles.
  • Lehm. not. publ. de pace relig. ...
  • Londorp Act. publ. ...
nachsehen.
     

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Stand: 1. März 2013 © Hans-Walter Pries