Titel: |
Glaube |
Quelle: |
Zedler Universal-Lexicon |
Band: |
10 Sp. 1606 |
Jahr: |
1735 |
Originaltext: |
Digitalisat BSB
Bd. 10 S. 820 |
Vorheriger Artikel: |
Glatze |
Folgender Artikel: |
Glaube, wird die Predigt des Evangelii |
Siehe auch: |
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Hinweise: |
- Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe
Hauptartikel
- Für die Auflösung der Quellenangaben siehe:
Personen,
Bibel
- Transkribierter griechischer Text der Vorlage
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Text |
Quellenangaben |
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Glaube, im
Philosophischen
Verstande, ist nur mit
wahrscheinlichen
Dingen beschäfftiget,
denn was
gewiß ist, das
weiß man, was aber
unwahrscheinlich, das glaubet man nicht. |
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So vielerley
Arten der
Wahrscheinlichkeiten
nun sind, so viel Gattungen hat man auch vom
Philosophischen Glauben, darunter
vornemlich
der Glaube der historischen und practischen
Wahrscheinlichkeit gehöret. |
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Der Glaube der
historischen
Wahrscheinlichkeit, oder der
historische Glaube
hat nur in geschehenen Dingen Stat, die wir nicht
unmittelbar begreiffen, sondern von andern
erzählet bekommen. Dieser
gründet sich Theils
auf Zeugnisse, da man so wohl auf ihre
Übereinstimmung, als auf ihren Werth zu sehen
hat; Theils auf die
Umstände der
Sache, von der
etwas erzählet wird. |
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Der Glaube der
practischen
Wahrscheinlichkeit hat mit zukünfftigen, und zwar
mit
ungewissen
Dingen zu thun. Er ist ein
vernünfftiges
Vermuthen in ungewissen Fällen
nach den
Regeln der
Wahrscheinlichkeit; Denn
Dinge, deren gäntzliche
Gewißheit unmittelbar in
die
Sinne fällt, zu glauben, ist keine
Kunst: aber
die Behutsamkeit im Glauben
muß sich alsdenn
äussern, wenn wir die
Wahrheit nicht gewiß
wissen können. |
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In Theologischem Verstande ist der Glaube
mancherley: Es ist |
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- Syr. 27. 17. 18.
- 2. Reg. 12, 15.
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- Der historische Glaube, da man etwas vor
wahr hält, das man höret oder lieset;
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1 Reg. 10, 6. |
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- Der Wunderthätige Glaube, da ein
Mensch
den innerlichen Trieb von
GOTT hat, ein
Wunderwerck zu
verrichten, und nicht
zweifelt,
daß es GOTT thun werde: wie CHRISTUS zu
seinen Jüngern
sagte: warlich, so ihr etc.
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- Matth. 17, 20.
- Marc.
11, 23.
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Dahin gehöret auch, wenn einer in seinem
Hertzen glaubet, daß GOTT an ihm ein Wunder
thun werde. Also da jenen Lahmen Paullus
ansahe, und merckete, daß er glaubte, ihm
mögte
geholffen werden, machte er ihn gesund. |
Act. 14, 9. |
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Dieser hat in der Kirche aufgehöret, und sich nur etwa
ausserordentlich ereignet; |
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- der Glaube,
was man glaubet, oder die Glaubens-Lehre, oder
die gesammte christliche Lehre nach allen
Articeln;
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Phil. 2, 17. |
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- Der
gerecht- und seligmachende Glaube,
oder die Glaubens-Übung, welcher nicht ist ein
blosser
Wahn und
Meynung,
Wissenschafft oder
Mund-Bekenntniß der Lehre von GOTT, von
CHRISTO, sondern ist eine
Krafft, eine feste
Zuversicht auf GOTT,
|
Ebr. 11, 1. |
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auf seine Wahrheit, hertzliche
Barmhertzigkeit, Treue und unendliche Allmacht,
da ein
armer bußfertiger Sünder, aus Eingeben
des heiligen
Geistes, gewiß davor hält, das ihm
seine
Sünden durch CHRISTUM vergeben,
Gerechtigkeit, Heil und Seligkeit versprochen
worden. |
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Es hat aber der Glaube drey
Theile oder
Stuffen:
Wissenschafft, Beyfall und Vertrauen;
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die Wissenschafft erweisen wir daher: weil
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Theils der Glaube selbst seiner seligmachenden
Würckung nach, durch |
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- gnosin und
epignosin, das ist, durch
eine
Erkenntniß,
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Es. 53, 11. … |
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{Sp. 1607|S. 821} |
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sin, das ist, durch ein Mercken, |
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Ebr. 11, 3. |
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Matth. 13, 19. |
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beschrieben wird; |
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Theils weil das
wissen
gläubige machet, und diese hinwiederum ihre
Wissenschafft bezeugen; |
Jo. 3, 10. 11. … |
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Theils auch endlich, daß Unwissenheit,
Blindheit, Thorheit, und Finsterniß dem Glauben
entgegen gesetzet werden. |
Act. 17, 23. 30. … |
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Und über dieses kan weder der Beyfall im
Verstande, noch das Vertrauen im Hertzen auf
etwas unbekanntes gerichtet seyn: denn ignoti
nulla cupido. Darum als der Blinde beym Jo. 9, 36.
gefraget ward: Ob er an den
Sohn GOTTES
gläubte? antwortete er: HERR, welcher ists? auf
daß ich an ihn glaube. Also wird aller Dings die
Wissenschafft zum Glauben erfordert. |
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Daß aber auch der Beyfall da seyn muß,
folget daher, weil der
Verstand viel wissen und
begreiffen kan, das er doch mit seiner
Urtheilungs-Krafft niemahls
billiget oder vor wahr
hält. Und dieser Beyfall zwar, ob er gleich auf die
gantze Lehre, welche die Propheten und Apostel
aus Eingebung des heiligen
Geistes bekannt und
aufgezeichnet, gerichtet ist, wird dennoch, weil
CHRISTUS in seinem Mittler-Amte der Kern und
Haupt-Zweck der gantzen
heiligen Schrifft ist, von
dem Glauben dem Worte GOTTES
vollkommen
gegeben, der
Gestallt, daß er alle
Zeit seine Augen
steif und feste auf die
Gnaden-Verheissungen im
Evangelio gerichtet habe, und alle Stücke der
himmlischen Lehre auf diese Verheissung
zühe; |
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daher folget drittens das Vertrauen, das ist
eine solche
Bewegung in unsern Hertzen und
Willen,
Vermöge welchen ein
Mensch in der durch
CHRISTUM geleisteten Genugthuung und damit
erworbenen Gerechtigkeit eine höchst
angenehme
Beruhigung findet. |
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