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Zedler: Treue HIS-Data
5028-45-510-2
Titel: Treue
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 45 Sp. 510
Jahr: 1745
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 45 S. 268
Vorheriger Artikel: Treuchtlinger
Folgender Artikel: TREVE
Siehe auch:
Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel
  • Für die Auflösung der Quellenangaben siehe: Bibel

  Text Quellenangaben
  Treue, Lat. Fides, ist diejenige Tugend, da man bemühet ist, denjenigen Pflichten, dazu man sich durch sein Versprechen freywillig verbunden, nachzukommen, oder dasjenige, was man versprochen hat, zu halten.  
  Sie ist entweder eine gemeine, welche gegen alle Menschen, mit denen wir uns in Verträge einlassen, statt findet; oder eine besondere, welche sich auf eine gewisse Gesellschafft beziehet, darein man sich durch einen Vergleich begeben, dahin die Treue der Eheleute, der Herren und Knechte, der Regenten und Unterthanen gehöret. Aus dieser Treue, welche die Tugend ist, fliesset die würckliche Erweisung der auf sich habenden Pflichten, welches tugendhaffte Verrichtungen sind, so ferne sie aus der Treue kommen, und daher willig und aufrichtig, das ist, zum Nutzen des andern übernommen werden.  
  Sehen wir auf den gemeinen Gebrauch dieses Worts, so wird dasselbige nicht allezeit so genommen, daß es ein Bemühen, sein Versprechen zu halten, bedeute. Denn man braucht es auch von Eltern und Kindern, deren Gesellschafft unter sich gleichwohl durch kein Pactum aufgerichtet worden, daß man sagt, er sey ein treuer Vater; es sey ein treues Kind, wie man auch von andern saget, daß sie es treu meynten, man habe an ihm einen treuen Freund. In dieser Absicht bedeutet die Treue so viel, als die Redlichkeit und Aufrichtigkeit, da man dem andern mit aufrichtiger Liebe zugethan, und dessen Nutzen wahrhafftig zu befördern suchet.  
  Nicht weniger wird bisweilen die obige Bedeutung, da die Treue auf das Versprechen gehet, eingeschräncket, wenn sie insonderheit darinn erwiesen wird, daß man den andern nichts entwendet, als wenn man von einer Magd, oder Knecht und Diener rühmet, daß sie treu wären.  
  In der Schrifft wird öffters von der Treue GOttes, und der Treue der Menschen gegen GOtt geredet. Jenes ist eine Eigenschafft GOttes, dieses ist eine Pflicht der Menschen, die ihnen sehr offt und nachdrücklich von GOTT eingeschärfft wird. Die Treue GOttes, Klagl. Jerem. lll, 22,
  ist eine solche Göttliche Eigenschafft, nach welcher er seine Verheißungen beständig hält und erfüllet.  
  GOtt theilet seinen Creaturen vermöge dieser Eigenschafft die verheissenen Güter ohnfehlbar mit, weil seine Liebe und Treue alle Väterliche und Mütterliche Liebe und Treue weit übertrifft. Wenn alle Menschen auch Vater und Mutter untreu werden, so bleibt er treu, er kan sich selbst nicht läugnen 2 Timoth. II, 13.
  Daher rühmt Moses von GOtt: Treu ist GOtt, und kein Böses an ihm, gerecht und from ist er, 5 B Mose XXXII, 4,
  das heißt; er hält seine Wahrheit treulich im Himmel, Psalm LXXXIX, 9.
  Diese Treue  
  {Sp. 511|S. 269}  
  rühmt auch Jeremias, daß sie groß sey, ja unermeßlich groß und viel, wie auch Moses bezeuget 2 Buch Mos. XXXIV, 6,
  und David wiederhohlt Psalm LXXXVI, 15. CXLV, 8.
  Die Treue welche den Menschen als eine Pflicht vorgeschrieben wird, heisset, so viel als Aufrichtigkeit, da ein Mensch in seinem Hertzen alle Heucheley und Falschheit ernstlich hasset, und mit aufrichtigen Gewissen, sowohl mit GOtt als Menschen in Handel und Wandel umgehet, und dasjenige thut, was ihm befohlen, und hält, was er versprochen hat. Gleichwie ein Knecht getreu heisset, der alles wohl in Acht nimmt, und seiner Pflicht mit allem Fleisse nachkömmt, Matth. XXIV, 45. XXV, 21.
  Den Gläubigen wird Offenb. II, 10, die Treue bis in den Tod befohlen, in welcher Schrifftstelle zu der Ermahnung eine wichtige Verheissung gefügt wird: Sey getreu bis in den Tod, so will ich dir die Crone des Lebens geben. Die Ermahnung bestehet in den Worten: Sey getreu bis in den Tod. Ein Freund kan von dem andern nichts mehr fordern, als Liebe und Treue.
  Dieses ist es auch was Christo an dem Engel oder Bischoff der Gemeinde zu Smyrna wohlgefällt, und von ihm fordert. Er giebt ihm das Zeugniß seiner bisher erwiesenen Liebe. Ich weiß deine Wercke, die du aus Liebe zu mir vollbracht hast; und deine Trübsal und Armuth, die du aus Liebe zu mir über dich genommen hast. Aber nun verlange ich auch von dir Treue. Sey getreu bis in den Tod, nicht nur bis das natürliche Ziel deines Lebens kommt, sondern auch bis an den Marter-Tod. Denn der Teuffel wird etliche von euch ins Gefängniß legen daß ihr versuchet werdet, und werdet Trübsal haben zehen Tage. Darum, sey getreu bis in den Tod.  
  Auf diese Ermahnung zur Treue folgt die Verheißung: So will ich dir die Crone des Lebens geben. Es kan aber keine rechte Treue gegen GOtt bewiesen werden, wenn man nicht Proben davon siehet. Woraus konnte man sehen, daß Jonathan dem David getreu war? Wie er noch fest an ihm hielte, auch da er von seinem eigenen Vater verfolget wurde.
  GOtt stellet zuweilen seine Kinder auf die Probe. Sie sehen es, wie es in der Welt zugehet; wie sich jedermann mit Ungerechtigkeit, Lieblosigkeit, Falschheit, und Boßheit fortzuhelffen suchet; wie die, so ihr Gewissen bewahren wollen, nichts geachtet werden. Da haben sie denn Gelegenheit, ihre Treue gegen Gott zu beweisen, und sich in ihrem Lauffe der Frömmigkeit nicht irre machen zu lassen.
  Diese Treue der Menschen gründet sich auf die Treue GOttes, und zwar auf eine solche Treue, die Gott beständig bey dem Anfange, Fortgange, und Ausgange beweiset. Dieses rühmt Assaph im Ps. LXXIII, 23. u. ff. Dennoch bleibe ich stets bey dir, denn du hältest mich bey meiner rechten Hand, du leitest mich nach deinem Rath, und nimmst mich endlich mit Ehren an. Reinbecks Sammlung einiger Leichen-Predigten l Th. p. 200 u. ff.
  Schließlichen mercken wir noch, daß, wenn das Wort: Treue, so viel, als eine Pflicht und Schuldigkeit, zu Lateinisch Fides, oder Officium genannt, anzeiget; sodann dieselbe dreyerley Art sey, als nehmlich  
  1) die Unterthanen Pflicht oder Treue,  
  {Sp. 512}  
  Lat. Fides subjectionis, siehe Unterthanen-Pflicht;  
  2) die Amts-Pflicht, oder die Amts-Treu, Lat. Fides ministerialis, da ein gantz fremder der kein Unterthan ist, einem Herrn zur Treue und Verschwiegenheit verbunden ist, bey dem er eine Bestallung oder Bedienung angenommen;  
  3) die Lehns-Pflicht oder Lehns-Treue, Lat. Fides Vassallitica, wovon zu sehen unter dem Artickel: Pflicht (Lehns-) im XXVII Bande, p. 1596 u.ff.  
  Siehe übrigens auch die Artickel:  
 
  • Fides, im IX Bande, p. 835 u. ff.
  • und oben den Artickel: Treu.
 

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Stand: 8. Oktober 2016 © Hans-Walter Pries