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Zedler: Fleiß HIS-Data
5028-9-1220-2
Titel: Fleiß
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 9 Sp. 1220
Jahr: 1735
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 9 S. 629
Vorheriger Artikel: Fleisch-Wartz
Folgender Artikel: Fleißig sey nun und thue Busse
Siehe auch:
Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel

  Text Quellenangaben
  Fleiß ist das unermüdete Anhalten in der Arbeit, um das, was wir wünschen, endlich zu erhalten.  
  Es ist also nicht genung, eine Arbeit über sich zu nehmen, noch auch läst sich ein Fleißiger begnügen, obenhin das seinige zu verrichten, sondern er wird das angefangene Werck mit dem Eifer, als es angefangen worden, und so, wie es sich gehört und gebürt, zu Stande bringen.  
  Erstreckt sich nun dieser Fleiß so weit, daß man nicht nur in dem, das man unter Händen hat, unermüdet anhält, sondern auch ohne Arbeit nicht leben kan, ja vielmehr sein Vergnügen in beständigen arbeiten findet, so nennet man dieses, wo uns anders recht ist, gemeiniglich Arbeitsamkeit. Diesem ist entgegen gesetzt der Müßiggang. Wolffs Sitten-Lehre …
  Es deucht uns also, daß die Arbeitsamkeit von dem Fleisse in nichts andern unterschieden, als daß dieselbe ein öffters wiederholter und fortgesetzter Fleiß sey. Es werden dahero folgende Betrachtungen gar leichte auf beyde Eigenschafften können gezogen werden.  
  Es nimmt aber dieser Trieb entweder aus reinen oder aus verderbten Absichten seinen Ursprung. Arbeitet man fleißig und emsig deßwegen, weil man aus denen bey sich merckenden Kräfften schliesset, daß GOtt gewolt, sich und seinen Nächsten durch unermüdetes Anhalten in der Arbeit zu dienen, so ist es gerecht und lobens-würdig. Wir haben aber gesagt, daß unsere Kräffte der Grund unserer Verbindlichkeit wäre, dahero von sich selbsten folget, daß sie so beschaffen seyn müssen, wie GOttes Absichten gewesen, das ist, daß wir uns nicht etwa nur an dem Vermögen, so GOtt in uns geleget, begnügen lassen, sondern bedencken, daß, weil es nun ein Vermögen, selbiges durch Grundlegung gehöriger Regeln und nach denenselben fortgesetzter Ubung müsse zu dem höchsten Grad derer menschlichen Grentzen gebracht werden.  
  Hieraus folget weiter, daß also unser Fleiß sich auf unsere Kräffte beziehen müsse, fehlen diese, so ist es ein sicheres Kennzeichen, das so groß auch unser Fleiß, selbiger dennoch an unrechtem Orte angebracht sey, und folglich gar nicht mit dem göttlichen Willen übereinstimme. Dieses haben diejenigen wohl zu mercken, die  
  {Sp. 1221|S. 630}  
  sich auf etwas legen, dazu sie nicht gebohren. Ihr Fleiß in dergleichen ist nichts wenigers als gerecht, er würde es aber seyn, wenn er auf das gewendet würde, wozu sie gemacht sind.  
  Es ist dieses aber nur denenjenigen gesagt, die entweder zu der Sache, auf die sie ihren Fleiß wenden, gar nicht aufgelegt, oder doch zu etwas andern, als das sie ergreiffen, geschickter sind; wird man aber an sich wahr, daß die Kräffte, ob gleich noch schwach, am meisten zu diesem Zwecke da, der Zweck auch, welches wir zum voraus setzen, gerecht und klüglich, so lasse man sich nicht abschrecken. Ein starcker Fleiß wird alle vorfallende Hindernisse überwinden, und sich endlich seines Wunsches gewähret sehen. Noch eins: Richtet sich unser Fleiß nach unsern Kräfften, so muß selbiger nicht höher getrieben werden, als selbige verstatten.  
  Es ist also an sich sündlich mit Verlust seines Lebens und Gesundheit in der Arbeit anzuhalten, wenn wir uns auch gleich durch einen bürgerlichen Vertrag dazu anheischig gemachet, weil doch in so weit unser Versehen, daß wir uns einer Arbeit unterzogen, der wir nicht gewachsen.  
  Es können aber auch eitele Absichten unsern Fleiß böse machen.  
  An fleißigen Leuten ist endlich noch kein Mangel, nur daß die wenigsten einen rechten Bewegungs-Grund ihres Fleißigseyns haben. Da ist ein Wollüstiger, dem zwar sonst nichts mehr zuwider als arbeiten, noch mehr anhalten in denselben, gleichwohl, wenn es eine Sache ist, die zu seiner Wollust einschlägt, so wird er daselbst keinen Fleiß spahren.  
  Am meisten aber ziehen freylich den Geldgeitzigen und Ehrgeitzigen ihre Neigungen zum Fleiss. Ersterer weiß, daß dabey ein Stücke Geld zu machen und eben deßwegen ist ihm kein anhaltendes Arbeiten zu wider, wenn er nur von der Erlangung des gesuchten Gewinstes versichert. Eben so auch ein Ehrgeitziger: weiß er durch sein fleißiges Bemühen Ehre und Ruhm zu erjagen, so wird ihm keine Arbeit zu schwer oder zu langweilig werden.  
  Hieraus fliesset also, daß, wem aus gerechten Absichten daran gelegen, daß der andere fleißig sey, dessen seine Begierden so zu bewegen, daß sie in den zu erweisenden Fleisse dasjenige vor sich sehen, was ihren Begierden lieb.  
  Je grösser nun die Hoffnung desjenigen, so man wünschet, je grösser ist der Fleiß, welcher destomehr nachlässet, ie geringer die Hoffnung des zu erhaltenden Gute wird. Wolff im vernünfftigen Gedancken von derer Menschen Thun und Lassen ...  
     

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Stand: 30. März 2013 © Hans-Walter Pries