Titel: |
Natur-Triebe |
Quelle: |
Zedler Universal-Lexicon |
Band: |
23 Sp. 1225 |
Jahr: |
1740 |
Originaltext: |
Digitalisat BSB
Bd. 23 S. 630 |
Vorheriger Artikel: |
Natur-Stimme |
Folgender Artikel: |
Natur-Ubel |
Siehe auch: |
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Hinweise: |
- Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe
Hauptartikel
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Text |
Quellenangaben |
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Natur-Triebe, natürliche Triebe, Triebe der Natur, instinctus naturæ,
Stimuli naturæ, oder wie sie die
alten Stoicker
nennten, Prima naturalia. |
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Man hat zu aller
Zeit bemercket,
daß
GOtt, da er
gewollt, daß
die
Menschen nicht
allein
sollen erhalten werden,
sondern auch unter sich vergnügt und ruhig
leben, und sie dazu
sowol durch Schmertz als
Lust hätte antreiben
können: er aus
Gnade und Güte solches lieber
durch Lust, als Schmertzen, hat befördern wollen. Darum hat er dem Menschen |
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von welchen mit mehrern handelt
Rüdiger in
Institut. Erudit. unter dem
Titel der
Principiorum liciti, p. 451. und in Philos. Pragmat. L. II. § 151. u. ff. |
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Es
müssen aber diese
natürliche, von GOtt gegebene Lust-Triebe nicht mit andern, zwar auch natürlichen,
aber nicht von GOTT gegebenen Trieben, dergleichen sind
Ehr-Geitz und
Geld-Geitz, verwirret
werden: man
erkennet
sie daran, daß jene einen GOtt gefälligen, auf alle Menschen zu allen Zeiten sich
erstreckenden
Zweck haben, diese
aber entweder keinen GOtt gefälligen, als Schaden-Froh; oder nicht allen Menschen,
zukommenden, als Ehr-Begierde; oder endlich nicht zu allen Zeiten sich ereignenden
Zweck, als Geld-Begierde. (Denn wo kein
Eigenthum
nicht eingeführet ist, hat auch diese nicht
Platz.) |
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Darum
nenneten die alten
Welt-Weisen,
gar nachdrücklich, die erste
Art dieser
Triebe, prima naturalia, die ersten natürlichen Triebe, um sie von den andern
natürlichen, die sich erst nach Verderbniß und
Fall des
menschlichen Geschlechts |
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{Sp. 1226} |
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eingefunden, zu entscheiden. Und diese von
GOtt gegebene
natürliche Lust-Triebe
meynten die
gantz alten Welt-Weisen,
wenn sie
sagten, um
glückselig zu
seyn, solle man nur der Natur folgen: sie wollten aber nicht allein die Lust-Triebe,
sondern auch den Zweck derselben, verstanden haben. Denn weil andere Menschen
besagten Zweck aus den Augen gesetzet hatten, waren diese Lust-Triebe zu
schändlicher
Wollust,
Hurerey, Völlerey, und
dergleichen worden. |
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Weil nun der Zweck dieser Lust-Triebe ein Göttlicher Zweck ist, und eine
Fertigkeit
Göttlichen
Willen zu beobachten, eine
Tugend, so folgte aus
besagtem
Satze, daß glückselig zu
seyn, müsse man denen Lust-Trieben mit gehöriger Mäßigung nachhängen, und sich der
Tugend
befleißigen; wodurch gar
fein die Absichten der
Klugheit mit den
Absichten der
Gerechtigkeit
verbunden wären. |
-
Rüdigers
Anweisung zu der Zufriedenheit menschlicher Seele, p. 46. u. ff. Lamys Christliche
Sitten-Lehre, hin und wieder,
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siehe auch
Natur. |
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Sonsten ist noch eine
Frage mitzunehmen: ob die
Natur-Triebe den
Grund des
natürlichen Rechts abgeben könten? davon aber schon gehandelt worden im Artickel:
Natur-Rechts (Grund-Satz des). |
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